Scharf kalkuliert, aber keineswegs billig gemacht: Mit dem Tangent DAB 50 gibt es einen UKW-DAB-Tuner zum Mitnahmepreis. Wir haben uns den Empfänger ausführlich angeschaut und genau angehört.
Selbst uns entlockte es ein erstauntes "Oooh!", als der im letzten Heft angekündigte Tuner Tangent DAB-50 im Onlineshop von Conrad-Elektronik präsentiert wurde. Mit einem Preis von 129,50 Euro bringt die Sub-Marke des dänischen HiFi-Hersteller Eltax das definitiv preiswerteste DAB-Radio des Jahres 2004 in Umlauf und dazu noch in der Geräteklasse HiFi-Tuner, einer Gerätegattung, in der wir zuletzt mit einem Preisrutsch gerechnet hatten.
Was kann man für das Geld wohl erwarten? Beim Auspacken des Kartons ein nicht minder erstauntes "Aaah!": Wenn man die Augen etwas zusammenkneift, scheint der Preismeister dem Cambridge-Audio Azur 640T wie aus der Frontplatte geschnitten. Doch auch mit offenen Augen erblickt man eine stattliche, massive Metallfrontblende und zugleich einen Design-Gag, der einem die Kinnlade nach unten klappen lässt: Die Displayscheibe ist voll verspiegelt und fügt sich perfekt in die geschliffene Frontplatte ein. Im Karton befindet sich neben dem Tuner ein Stromkabel, die Bedienungsanleitung, eine Fernbedienung, eine Wurfantenne mit F-Stecker und ein mit 50 Zentimetern eindeutig zu kurz geratenes Audio-Cinchkabel.
Ein kleiner Aha-Effekt ergibt sich nach dem ersten Einschalten. Hinter der monströsen Displayscheibe werkelt ein reichlich kleines Anzeigenfeld, keinen Deut größer als bei einem kompakten Tischradio. Rechts vom Display ist das zentrale Bedienelement angebracht: ein rastender Drehknopf. Und der Knopf besteht nicht nur aus unschön wirkendem Plastik, sondern macht auch einen etwas klapprigen Eindruck. Damit sind auch schon alle Elemente benannt, in denen sich die Sparmaßnahmen des Preisbrechers zu erkennen geben.
Die Bedienungsanleitung ist knapp und verständlich geschrieben. Natürlich fanden wir auch hier in der deutschen Version ein paar Schmunzelgeschichten. Unter der Überschrift “Zubehör" wird einem erklärt, dass der Tuner nicht in ein Regal, auf ein Dreibein oder Rollwagen gestellt werden soll. Auf einem Rollwagen soll man - salopp gesagt - nicht über Feldwege fahren und keine Vollbremsung machen. An anderer Stelle soll der Tuner wegen der Wärmeabstrahlungen, nicht auf einen Verstärker gestellt werden. Umgekehrt soll ein schwerer Verstärker nicht auf den 2.400 Gramm leichten Tuner gestellt werden. Da wird es langsam eng mit den Möglichkeiten zur Geräteaufstellung. Wir betrieben den Tuner auf einem PVC-Fußboden, wogegen die Anleitung nichts einzuwenden hatte.
Überzeugen: Software und Bedienung
In der Praxis wird man die Bedienungsanleitung kaum benötigen. Im Vergleich zu manch anderem Konkurrenten ist die Steuerung ausgesprochen fix. Nur die Initialisierung nach dem Einschalten erfordert eine 20-Sekunden-Andacht. Die Umschaltung zwischen UKW und DAB wird dafür angenehm schnell vollzogen. Der Impulsgeber an der Hauptabstimmung hat die nicht zu verschweigende Eigenart, bei langsamem Drehen offenbar die Drehrichtung nicht korrekt zu erkennen. So mancher Schritt geht da wortwörtlich nach hinten los. Das Wandern durch die Senderliste und die alternativ zum Suchlauf angebotene manuelle UKW-Frequenzabstimmung leidet darunter etwas. Auf der anderen Seite setzt der gescholtene Impulsgeber schnellere Drehbewegungen im Vergleich zur Konkurrenz sehr zügig um, was beim schnellen Senderscrollen wiederum höchst angenehm auffällt.
Es gibt nur eine Funktion, die man irgendwie vergessen hat: die manuelle Abstimmung des DAB-Kanals. In der Anleitung steht nur, dass ein kurzes Antippen des Abstimmknopfes einen Schnellsuchlauf startet, ein längeres Drücken einen ausführlichen Suchlauf. Wir möchten an dieser Stelle ergänzen: Längeres Gedrückthalten der Tippfunktion am Drehknopf schaltet den Tuner in die manuelle Abstimmung.
Die Fernbedienung ist eine Systemfernbedienung für alle drei Tangent-Komponenten, also für Tuner, Verstärker und CD-Player. Das obere Drittel ist dem Tuner gewidmet. Die vier Stationsspeicher lassen sich aufrufen, die Senderliste lässt sich vor- und zurückzappen, auf UKW kann umgeschaltet werden und die Displayanzeigen lassen sich beeinflussen. Der Funktionsumfang genügt somit durchaus praktischen Ansprüchen.
Das Display ist zwar zu klein, um vom Sofa aus abgelesen werden zu können, bietet aber über ein mehrfaches Drücken der Taste “Info” alle relevanten Informationen inklusive Dynamic-Labels, also den DAB-Radiotext. Als fehlend oder undokumentiert verbuchen wir eine Signalfehleranzeige als Ergänzung zur vorhandenen Feldstärkeanzeige und eine Auskunft über die empfangene Datenrate. Beides ist im Prinzip verzichtbar. Die Anzeigegeschwindigkeit der Lauftexte ist gut abgestimmt.
Die Rückseite trägt einen analogen Line-Ausgang und einen optischen Digitalausgang. Einen Kopfhörerausgang sucht man hingegen vergebens.
Zur Stromversorgung noch ein Hinweis, der angesichts steigender Stromkosten nicht ohne Erwähnung bleiben soll: An der Fernbedienung kann der Tuner in einen Stand-by-Mode geschaltet werden. Der Netzschalter links auf der Frontplatte trennt das Gerät hingegen vollständig vom Netz. Davon sollten sich andere Hersteller eine Scheibe abschneiden. Im energieknappen China, wo der Tuner produziert wird, ist man da offenbar deutlich sensibler.
Empfangsleistungen: 1:0 für UKW
Kommen wir zur Hauptsache: Wie steht es um die Empfangsleistungen? Die Empfindlichkeit wird vom Hersteller mit -96 dBm angegeben. Das wäre so die Mitte zwischen der DRBox von Terratec, die mit -90 dBm auskommen musste, und der aktuellen Spitzenklasse, die bei -102 dBm zu liegen scheint. In schwierigen Empfangslagen wird man in der Praxis mit der kleinen Wurfantenne sicher nicht auskommen. Der in Bonn durchgeführte Rheinland-Pfalz-Test brachte es an den Tag: Selbst an der Wittenberg WB-345 (ohne Verstärker) brachte der Tangent-Tuner nur die Programmnamen aus dem benachbarten Bundesland. Das Signal reichte nicht einmal für die Auswertung der Dynamic-Labels. Für die stellenweise dünnen DAB-Feldstärken in Deutschland ist die Empfindlichkeit zu knapp bemessen.
Der UKW-Empfangsteil mit RDS sollte für einen Stereo-Tuner mehr als eine Zugabe sein. So ist der UKW-Empfangsteil im Tangent 50 ernst gemeint. Zwar trifft man auch hier eine zurückhaltende Empfindlichkeit an, die an der Wurfantenne eine allenfalls zufrieden stellende Sendervielfalt ins Haus holt. Kombiniert wird diese Eigenschaft jedoch mit einer vergleichsweise ordentlichen Trennschärfe. Das ist ein Kompromiss, mit dem sich ganz gut leben lässt.
Auffällig und etwas nachteilig ist hingegen der Umstand, dass durch die geringere Empfindlichkeit das RDS-Modul nicht bei allen ohrenscheinlich brauchbar ankommenden Sendern auch mit RDS-Informationen aufwarten kann. Zusätzlich wählt die automatische Umschaltung von Stereo auf Mono einen Schwellenwert, der einfach zu viele Sender verrauscht durchkommen lässt. Da ließe sich möglicherweise noch etwas mehr rausholen. Eine bessere UKW-Empfangsantenne wäre sicher ein guter Plan, dem leider wie so oft ein zweiter Antenneneingang zur problemlosen Umsetzung fehlt.
Klanglich nicht auf der Höhe
Wer sich einen DAB-Tuner für die Stereoanlage anschafft, ist auf der Suche nach einer besseren Radio-Klangqualität. Bei der Bewertung der Wiedergabeeigenschaften ist auffällig, dass DAB und UKW beim Tangent 50 DAB sehr nahe beieinander liegen. Sicher: DAB rauscht nicht, trennt die Kanäle besser und bringt dadurch einen besseren und räumlicheren Klangeindruck. Die hörbaren Unterschiede im Frequenzgang, insbesondere in der Nachdrücklichkeit, wie hohe Tonbestandteile abgebildet werden können, in der Detailzeichnung und Natürlichkeit der Wiedergabe, fallen viel geringer aus als bei anderen Testprobanden, die ebenfalls mit einem ernst gemeinten UKW-Empfangsteil an den Start gegangen sind.
Bei Programmen mit Bitraten von 160 Kilobit aufwärts hatten wir stets den Eindruck, der Tuner sei mit “angezogener Handbremse" unterwegs. Da fehlt es in mittleren Tonlagen spürbar an Luftigkeit, oben an Frische, während die überbetonten Bässe ein wenig schlabberig durch den Raum zu wabern scheinen.
Programme mit niedrigen Bitraten - und davon gibt es in NRW mehr, als einem DAB-Freund lieb sein kann - stellt der Tangent DAB-50 hingegen ganz achtbar dar. Selbst die 112 Kilobit Joint-Stereo des WDR-Funkhaus Europa lassen nur selten blecherne Töne an das Testohr dringen.
Der UKW-Empfangsteil zeigt klanglich eine nahezu identische Charakteristik, die akustischen Vorteile von DAB sind eher gradueller Natur und können zudem nur dann verbucht werden, wenn der DAB-Empfang trotz eingeschränkter Empfangsempfindlichkeit einwandfrei gelingt. Wenn nicht, hat der Kunde nur das Hintergrundrauschen von UKW gegen das Blubbern von Digital Radio eingetauscht.
Fazit
Dieser Test trennt hart zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Ordentlich verarbeitet, preiswert, schick und sehr gut zu bedienen: von der Grundkonzeption ist der Tangent-Tuner ein Gewinn. Doch mit den klanglichen Schwächen, die UKW und DAB annähernd gleichauf präsentieren, sowie der geringen Empfangsempfindlichkeit im DAB-Betrieb bleibt die Sensation aus. Der Tangent DAB-50 ist ein geeignetes digitales Radio-Update für alle Stereoanlagen bis zu einem Gesamtwert von 800 Euro. Dass der Tangent-50 DAB keinen L-Band-Empfang bietet, kann man bei diesem Preis wegstecken, aber bei Eltax sollte man für den deutschen Markt dringend nachforschen, ob da nicht noch ein paar Dezibel Empfindlichkeit herausgeholt werden können.