Das JVC KD-DB 711 ist ein Kraftprotz, aber gewiss kein Angeber. Mit 250 Euro liegt die CD-DAB-Autoradiokombination zudem preislich prima im Rennen um die Käufergunst.
JVC ist beileibe kein DAB-Neuling. Im Gegenteil, früh beteiligte man sich mit DAB-Empfängern am Autoradio-Markt der Zukunft. Anfänglich mit separaten Black-Box-Empfängern, später mit CD-Autoradios, in denen der DAB-Tuner gleich integriert war. Mit jedem neuen Modell sank auch der Preis. Der aktuelle Einstiegspreis liegt im Verkauf nun bei rund 250 Euro, mithin einer Preisklasse, in der sich hohe Stückzahlen absetzen lassen. Es ist gar nicht so abwegig, dass sich Käufer eher zufällig für das JVC KD-DB 711 entscheiden und damit DAB im Auto kennen lernen. Das Design oder die Hörprobe könnte den Kaufimpuls liefern: “Und ein Digital Radio-Tuner ist da auch noch mit drin”, erwähnt der Verkäufer. “Macht ja nichts”, denkt sich der Käufer. Hoffentlich geht unter diesen Umständen gleich eine DAB-Antennen mit über den Ladentisch, sonst gurken demnächst viele JVC-711er in reinem UKW-Betrieb über Deutschlands Straßen.
Sado-Maso-Buchse
Die Sache mit der DAB-Antenne ist durchaus nicht so unproblematisch, denn das JVC KD-DB 711 kommt mit einer SMB-Buchse als DAB-Antennenanschluss daher. Über die Verwendung von SMB-Anschlüssen für DAB-Empfänger gibt es wohl ein EU-Agreement mit der Autoindustrie. Hiesige Verkäufer in Elektronikgeschäften schüttelten bei der Frage nach SMB-Adaptern bedächtig den Kopf, einer fand nach intensiver Suche im Laden schließlich einen einzelnen Stecker. Die Kabelmontage an diesen Steckern ähnelt einer Blinddarmoperation an der lebenden Kopflaus. Den erforderlichen Adapter von SMB auf FME musste ich eigens anfertigen lassen.
Live aus dem Kraftstudio
Nachdem diese Hürde genommen war, konnte das KD-DB 711 etwas genauer inspiziert werden. Unübersehbar ist das üppige Kühlblech an der Gehäuseseite. Immerhin soll die eingebaute Endstufe 4 x 50 Watt erzeugen, das sind immerhin 19 Watt Sinus pro Kanal. Schon die erste Inbetriebnahme im Büro geriet zu einer imposanten Vorstellung: Selbst an unserer einfachen mobilen Lautsprecherkiste klang die Referenz-CD überraschend gut. An 8-Ohm Regallautsprechern war die Wiedergabe geradezu brillant: Kraftvoll, transparent und sehr ausgewogen. Das Gerät verfügt über fünf verschiedene Equalizer-Voreinstellungen für verschiedene Musikstile und diese Klangprofile wussten durchaus zu gefallen. Die JVC-Endstufe geht so voluminös und derartig druckvoll zur Sache, dass es für sie ein leichtes gewesen wäre, die 16er-Bässe in der Auto-Lautsprecherkiste mit Drum´n´Base-Stücken in ihre Einzelteile zu zerlegen. Dabei ist die Kiste mit 8 Ohm Impedanz für 2 x 60 Watt RMS auf dem Papier ausreichend dimensioniert. Für tüchtige Bauchstöße ist bestens gesorgt. Auf jeden Fall das richtige für autoflanierende junge Männer beim City-Cruising, möchte man denken. Doch es wäre ein Fehler, das JVC zur GTI-Disco zu degradieren. Klanglich macht das Gerät auch Jazz- und Klassikliebhabern ein gut klingendes Angebot: Rene Olstead konnte zum Beispiel stimmlich auf dem JVC einmal mehr mit ihrem Talent überzeugen. Ganz ohne Bumm-bumm.
Gehörig guter Empfang
Die Power-Endstufe entspricht durchaus dem Vorurteil, nur die Fernost-Autoradios hätten einen so gewaltigen Bumms serienmäßig, müssten aber den deutschen Autoradioherstellern beim Radioempfang den Vortritt lassen. Für UKW mag das immer noch Gültigkeit haben. Unsere stationären UKW-Versuche präsentierten den JVC-Tuner mit allenfalls befriedigender Empfindlichkeit, aber der DAB-Empfang, der bei uns im Vordergrund steht, kann sich wirklich hören lassen. Der DAB-Tuner ist - wie die deutsche Oberklasse auch – mit einem “Anti-Blubber-Schutz” ausgerüstet. Wenn die Empfangsfehlerrate zu hoch wird, schaltet der Empfang einfach hart ab. Im Vergleich dazu blendet das Blaupunkt Woodstock 54 DAB den Empfang seicht aus, während das Roadstar CD 200 DAB den Empfang an der Empfindlichkeitsgrenze munter weiter blubbern lässt.
Eine Tour hinter das Siebengebirge im Rheinland sollte zeigen, welche Potenziale im Band-III-Empfang stecken. In bergiger oder bebauter Umgebung herrschte zwischen Blaupunkt und JVC Gleichstand. Hinter der Bergkette allerdings, also einer Umgebung, in der nur wenig Reflexionssignale aufsummiert werden können, mussten die Tuner zeigen, aus wie wenig Signalstärke des Rheinland-Pfalz-Ensembles ein noch durchgängiger Empfang wird - und da hatte das JVC stets die Nase vorn.
Gut, man muss berücksichtigen, dass die Empfänger nicht an der gleichen Antenne betrieben werden. Das Woodstock hat eine GTI-Flex II DAB-Antenne von Blaupunkt zur Verfügung, das 711 hing an einer ABB-Magnethaftantenne, die, wie wir eimal mehr feststellen müssen, wirklich erstaunliches zu leisten imstande ist. Man darf sich aber wohl auf die Aussage versteigen, dass der JVC-Käufer beim DAB-Empfang erstklassig bedient wird.
Planetenfragmente am Urbacher Wald
Eine weitere Tour von Bonn nach Frankfurt am Main bestätigt in den Senken der A 3 im Westerwald abermals die gute Band-III-Performance und der obligatorische Halt an der Raststätte Medenbach-Ost (bei Wiesbaden) bezeugt ein ordentliches L-Band-Empfangsergebnis. Dort kommen mit dem JVC die L-Bänder aus Mainz, Ludwigshafen und Mannheim ganz problemlos herein. Das Ensemble aus Bayern auf 12 B wird nicht mehr angenommen und auch für das L-Band Frankfurt auf Block LG reicht es nicht. Auf der Rückfahrt ließ sich Planet Radio vom hessischen Ensemble mit einer Unterbrechung bei Diez - auf der Rückseite des Elzer Berges - bis nach Ransbach-Baumbach hören. Selbst an der Raststätte Urbacher Wald reicht es immer wieder für einige Sekunden Empfang. Mit dieser Vorstellung illustriert JVC eindrucksvoll, wo der KD-DB 711 mit diesem DAB-Tuner einzuordnen ist.
Strichmännchen-Gymnastik
Die Frontplatte des JVC KD-DB 711 gibt sich schlicht und übersichtlich. Verglichen mit dem Vorgänger LHX 601, der mit beeindruckenden Lichtspielen an einen Videospielautomaten erinnerte, wirkt das DB 711 sehr sachlich. Auch das Display gibt eigentlich nicht viele Gimmicks her, aber das Repertoire an Strichmännchen-Gymnastik sorgt dann doch für ein vergnügliches optisches Bordprogramm.
Beim System-Boot - wenn Sie das noch Einschalten nennen wollen, ist das auch in Ordnung - wird der Bediener erst einmal mit einem HELLO begrüßt. Aus der dreistelligen Titelnummern-Anzeige schießen dann mit unnachahmlicher 7-Segment-Strichanimation die erforderlichen Textsegmente für die Buchstaben JVC in die Display-Mitte.
Beim Stummschalten des Radios erscheint ein witzig animiertes ATT auf dem Display. Beim Sendersuchlauf wirbeln drei kleine Segmenttrommeln über den Displayrand und die blaue Einrahmung, die eigentlich anzeigt, welche Equalizereinstellung aktiviert ist, wird im Kreis herumgewirbelt, als ginge es darum, eine Taste zu drücken, um eine ganze Sonderspielserie an Land zu ziehen. Egal welcher Displaymodus gewählt wurde, von Zeit zu Zeit erscheint immer wieder das JVC-Zeichen im Display. Radiotexte werden nicht als Rolltext sondern als Sprungtext angezeigt, also Wort für Wort eingeblendet. Die Textanzeige hat aber leider nur acht Stellen. Trotzdem liest es sich recht angenehm, nicht zuletzt weil die Geschwindigkeit der Wort-Wechsel gut gewählt wurde. Im CD-Betrieb hingegen, werden ID-3-Tags zur Titelbeschreibung gerollt, also in Laufschrift eingeblendet. Leider rollen die Texte nicht selten unvollständig über die Anzeige, weil im regelmäßigen Rhythmus immer wieder JVC eingeblendet werden muss. Schluss mit lustig? Glücklicherweise verrät die Bedienungsanleitung, wie der Show ein Ende bereitet werden kann.
Menüzirkel
Die Basisfunktionen von Radio und CD lassen sich auch ohne Bedienungsanleitung in den Griff kriegen. Im Radiobetrieb startet ein Druck auf die Aufwärts-Abwärts-Taste den Suchlauf. Die kleine Taste Display wechselt die Infoanzeigen. Eine Empfangsfehler- oder Feldstärkenanzeige ist leider nicht an Bord.
Daneben existieren noch so ominösen Tasten wie “Sel” und “Mode”. Damit werden Tasten zum Aufruf selten benötiger Funktionen einfach über zwei Tasten verteilt und das wirkt etwas umständlich. Mit der Sel-Taste können alle Gerätevoreinsteinstellungen aufgerufen und verändert werden. So lässt sich die etwas nervtötende Displayanimation abschalten. All das sind jedoch Funktionen, die einen Blick in die mäßig verständliche Bedienungsanleitung erforderlich machen. Selbst wichtige Einstellungen, wie die UKW-Verfolgung der auf DAB gehörten Sender erfolgt über diesen verborgenen Menüzirkel. Die Uhrzeit lässt sich über das UKW-RDS-Signal synchronisieren. Über DAB ist die Zeitsynchronisation hingegen nicht möglich.
Am linken Rand des Displays fällt eine blaue, sich auftürmende Segmentanzeige ins Auge. Sie dient weder der Feldstärkenanzeigen noch dem Audiopegel, sondern ausschließlich der Dekoration.
Die Qualität stimmt
An der Verarbeitung des JVC KD-DB 711 gibt es nichts auszusetzen. Alle Schalter und Tasten wirken fest und solide, die Mechanik des CD-Spieler macht ebenfalls einen sehr guten Eindruck. Das Display kann nur acht Buchstaben als Sprung- oder Lauftext anzeigen, lässt sich aber selbst bei direkter Sonnenbestrahlung tadellos ablesen, wobei die Buchstaben weiß und der Untergrund schwarz wirken. Nur die blauen Zusatzsymbole sind dann kaum noch zu erkennen, doch sie sind während der Fahrt auch eher entbehrlich. Insgesamt kann sich das JVC positiv vom gefühlten Qualitätsniveau der 200-Euro-Klasse abheben.
Fazit
Mit einer enormen Klangleistung und einem DAB-Empfang im Oberklasseformat ist JVC mit dem KD-DB 711 ein wirklich guter Wurf gelungen. Die Kombination von ordentlicher Verarbeitung und guter Ausstattung könnte dem Gerät zum verdienten Erfolg verhelfen. Auf diese Weise werden hoffentlich viele Kunden ganz nebenbei die Empfangsqualität von DAB im Fahrzeug kennen und lieben lernen.