Eines muss ja man dem neuen tragbaren XDR-S1 von Sony lassen: Es ist eines der wenigen Radios, die mit einem kompletten Bandbereich aufwarten können. FM, MW, LW, DAB Band III und L-Band - da bleiben keine Wünsche des Radiohörers offen. Im Übrigen: ein ordentliches, solides Radio ohne besondere Höhen und Tiefen.
Silbergrau und elfenbeinweiß, in diesen Farben schält sich das Kofferradio XDR-S1 aus dem Karton. Ein erster Blick auf die Bedienelemente und man kann sich schon mit dem Gerät anfreunden: übersichtlich, klar gegliedert, in sinnvoller Anordnung. Gut, das kann man von einem Gerätebauer wie Sony auch erwarten. Ernüchternder der Blick in die Bedienungsanleitung: Die ganze Anleitung ist leider - wie so oft - auf einem einzigen ausklappbaren Zettel zusammengefasst. Folge: Die Buchstaben sind in so winziger Schrift, dass man entweder kurzsichtig sein sollte oder eine Lupe griffbereit halten muss. Vom Erklärungswert her ist sie immerhin brauchbar und verständlich.
Blass mit Mega Bass?
Aber nun die Gretchenfrage: Wie steht es um den Klang? Also gut: Netzstecker anschließen, einschalten, Taste „Band“ drücken. MW und LW sind in gewohnt schön verrauschter Qualität zu empfangen. Pro Band sind übrigens bis zu 10 Sender speicherbar. Gehen wir mal zu FM. Ein Druck auf Taste „Auto Tune“ startet den automatischen Sendersuchlauf und stoppt bei jedem gefundenen Sender drei Sekunden. Das geht alles problemlos in vielfach bewährter Manier. So weit so gut. Der Klang selbst aber reißt nicht vom Hocker. An den fehlenden Höhen und Tiefen lässt sich zwar noch etwas drehen: der „Sound“-Knopf verstärkt wahlweise Bässe und/oder Höhen, alternativ lassen sich auch die Mitten verstärken. Immerhin ein kleiner Klanggewinn. Noch ein Knopf ist im Angebot: „Mega Bass“, das ist selbsterklärend. Aber trotz allem: kristallene Klarheit bietet allenfalls das Outfit des Gerätes, nicht der Sound. Ein 2 x 2.3 W-Lautsprecher kann natürlich nicht unbedingt mit einem raumfüllenden Klang auftrumpfen. Von einem Bass-Reflex Lautsprecher in einem Gerät der Preisklasse um 250 Euro würde man aber schon etwas mehr erwarten. Immerhin funktioniert die Rauschunterdrückungsfunktion auf UKW gut. Ebenfalls ist die Sprachverständlichkeit auch bei geringer Lautstärke in Ordnung.
Macht nur auf Bergen Halt,
im schönen deutschen Westerwald!
Der DAB-Empfang bringt - wie erwartet - bessere Resultate. Auf den Höhen des Westerwaldes - genau zwischen Köln und Frankfurt - besticht zunächst das rheinland-pfälzische Ensemble auf Band III -12A mit klarerem Empfang und vollerem Sound. SWR, Das Ding, sunshine live, cont.ra und Deutschlandradio Kultur kommen mit guten Werten herein. Etwas schwächer, aber doch noch akzeptabel das NRW-Ensemble auf Kanal 12D: Domradio, Deutschlandfunk, Deutschlandradio Kultur, Eins Live, der WDR 2 mit seinen Extras Klassik, Infokanal und Verkehrskanal und schließlich das Fremdsprachenprogramm Funkhaus Europa. Ein vielseitiges Angebot erfreut hier den DAB-Hörer.
Allerdings: schon unsere germanischen, keltischen und römischen Vorfahren benutzten die Höhen meist nur zur Fortbewegung auf größeren Strecken. Man wohnte doch lieber in den gemütlicheren Tälern. So ist es auch heute noch - „man“ wohnt eben im Tal, nicht oben in der unwirtlichen Höhenlage. Neuzeitlich bereitet der terrestrische DAB-Funk deshalb leider einige Empfangsprobleme. Fährt man nämlich von den Westerwaldhöhen hinab in die Ortschaften, so ist es mit der Herrlichkeit vorbei. In Dierdorf beispielsweise, im idyllischen Holzbachtal gelegen, erhält man statt eines satten DAB-Empfangs nur ein trockenes „no ensemble“ im Display. Selbst höher gelegene Ortsteile können mit dem Gerät kein DAB empfangen. Erst 50 Höhenmeter aufwärts an der A3 klappt es wieder.
Dabei ist der Sony XDR-S1 schon eher ein DAB-Radio der empfindlichen Sorte. In der Bonner Redaktion gelang immerhin die Anzeige des Ensembles aus Rheinland-Pfalz. Einen externen Antennenanschluss sucht man hingegen leider vergeblich.
Der Ausweichversuch auf UKW mündet in der Beobachtung einer gebremsten Empfindlichkeit, in der Stadt stört bisweilen die allenfalls zufriedenstellende Trennschärfe.
Ein Vielzweckradio
Was bietet das Gerät noch? Das silbergraue Gehäuse ist aus einem hochwertigen Kunststoff und wirkt stabil. Die Verarbeitung macht einen guten und soliden Eindruck. Runde Formen, ohne Ecken und Kanten. Die Antenne ist etwas schwer ein- und auszufahren. Der Tragegriff ist - vor allem für größere Hände - nicht sehr komfortabel. An Anschlüssen weist das Gerät auf: Line IN, Line OUT, optischer Digitalausgang (für Aufnahmen von DAB-Sendungen), Kopfhöreranschluss.
Textinformationen lassen sich problemlos auf dem ausreichend großen Display ablesen. In der Ablesequalität ist das Sony-Display trotz Helligkeits- und Kontrastregelung kein Augenschmaus. Der Kontrast ist relativ schwach. Zusätzlich hat das Gerät eine leicht bedienbare Weck- und Einschlaffunktion eingebaut, ist also auch ein prima Radiowecker. Die niedrigste Dimmstufe des Displays macht den Sony XDR-S1 echt „schlafzimmertauglich“. Die günstig angeordnete Lautstärkeregelung (Oberkante rechts) macht es auch dem Schlaftrunkenen am frühen Morgen leicht möglich, das Weckgerät auf eine adäquate Lautstärke zu bringen - je nach Situation zum Weiterträumen oder Aus-dem-Bett-springen. Ist das Gerät ausgeschaltet, wird auf dem Display übrigens noch die Uhrzeit angezeigt.
Die kleine und leichte Fernbedienung, die dem Gerät beigefügt ist, ist übersichtlich und leicht zu bedienen. Ob sie überhaupt notwendig ist für ein solches Gerät, sei dahingestellt - viele Hörer würden sich eher freuen über ein Audiokabel (um mal eben den Laptop oder einen Audioplayer über die Radiolautsprecher laufen zu lassen) oder ein digitales Verbindungkabel (um mal eben eine Sendung ohne Verlust aufzunehmen).
Fazit
Der große Vorteil des Gerätes ist die umfassende analoge und digitale Bandbreite - da ist es wirklich perfekt ausgestattet. Der Klang hingegen ist - trotz Bass-Reflex Lautsprechern - nicht überdurchschnittlich. Mit einem ordentlichen Kopfhörer kann man allerdings noch einiges herausholen.