Zur Funkausstellung 2005 präsentiert und erst jetzt wirklich im Handel: Lextronix hat sein DAB-Radio konzeptionell neu überdacht. So wartet das Sound 102 DAB nun mit einer Ipod-Docking-Station auf.
Sound 102: Nice curves, nice sound. So beschreibt Lextronix die Fähigkeiten des kleinen UKW-DAB-Tischradios. Die ersten Muster und Werbeanzeigen kündigten UKW-, DAB- und Mittelwellen-Empfang an. Doch da hat man sich bei Lextronix letztlich etwas ganz anderes ausgedacht. DAB-Tischradios gibt es in Hülle und Fülle und kaum ein Interessent wird wegen der Mittelwellenfähigkeit dem Lextronix den Vozug geben. Also hat man das Radio überdacht: Der Mittelwellenempfang entfällt, dafür kommt eine vollwertige Ipod-Dockingstation. Vermutlich ein guter Tausch, denn die Vollsteuerung eines angedockten Ipod-Spielers über die Radiofernbedienung bietet in der DAB-Tischradioklasse derzeit sonst niemand.
Sexy Schöpfkelle
Kommen wir zu den schönen Kurven. Wir haben unser Testmuster ganz bewusst in Ipod-Weiß bestellt. Weiß ist die Trendfarbe 2007. Das Lextronix Sound 102 DAB ist recht kompakt. Die Gehäuseschale - eine Ausnahme in der DAB-Tischradioklasse - besteht weder aus Holz, noch aus furnierten Sägespähnen, sondern aus Kunststoff. Vor Resonanzen scheint man sich bei Lextronix nicht zu fürchten - die Materialstärke der Hülle ist jedenfalls nicht allzu hoch. Dadurch wirkt das Gehäuse etwas filigraner gezeichnet. Die Bedientasten - mit Ausnahme des großen Drehreglers unter dem schwarz eingefassten Display - sind ebenfalls Weiß; auch das Tastenfeld für die Weckalarm- und Schlummersteuerung auf der Gehäuseoberseite. Gerade in Weiß steht die Präzision der Gehäuseteile auf dem Prüfstand, weil man jede Spaltunregelmäßigkeit sofort entlarvt. Während die Tasten so gut eingepasst sind, wie das mechanisch realisierbar ist, zeigt die Gehäuseschale an der linken Seitenwand eine deutlich Einschnürung: Eine Kurve, die so sicher nicht gewollt ist. Einzigartig erscheint hingegen die Metall-Lautsprecherabdeckung. Sie erinnert entfernt an eine Abdeckung für das Abflusssieb an der Küchenspüle, ist nur geringfügig größer. Noch etwas größer und man könnte einen Stiel anlöten, um das gelochte Gitter Kerners Köchen als Schöpfkelle anzureichen. Am Radio sieht es recht lecker aus. Einige Anschlüsse garnieren die Rückseite, so ein Line-in für alle Nicht-Ipod-Besitzer, einen Kopfhörerausgang und einen Line-out für die Stereoanlage.
Mitten in der Verdun-Schlucht
Das zweite Argument soll der Klang sein. Beim ersten Anschalten ist sofort klar, dass da eine Menge Bass aus dem Kurvenkasten kommt. Wenige Sekunden später glaubt man an ein breites Frequenzspektrum, denn auch nach oben heraus kommt viel Pegel. In der Mitte - entscheidend für eine warme Stimmwiedergabe - taucht hingegen eine Lücke im Frequenzverlauf auf, die schwer an die Verdun-Schluchten erinnert. Fast wirkt es, als würde Robbie Williams eine Oktave zu hoch singen. Je lauter man das Radio spielen lässt, desto deutlicher werden die Stimmen entstellt. Bei den hohen Tönen tut das Sound 102 eindeutig zu viel. Hier klingt es schon schrill. Oben und unten ein paar Dezibel draufzulegen ist ganz normal. Dieser Klangkosmetik bemühen sich viele Hersteller, um den Klang aufzublasen. Die US-Ingenieure in Kalifornien glauben beim Sound offenbar an ein big is beautiful, treffen aber mit der Abstimmung nicht zwingend den europäischen Geschmack. Im Kopfhörerbetrieb klingt das Sound 102 dagegen viel besser. Zwar bleibt der Charakter, oben und unten etwas mehr zu tun, erhalten, aber den Mitteneinbruch kann man auf unserem Sennheiser HD-600 nicht nachvollziehen. Hier klingt das Lextronix richtig schön füllig, ohne störende Spitzen. Die Klangabstimmung des Sound 102 DAB ist damit gleichwohl eine Geschmacksfrage.
Bedienung: Das leichte Leben
Keine Geschmacksfrage hingegen bei der Bedienung. Das Lextronix-Sound 102 DAB tickt da zwar anders, aber nicht wirklich schlechter, als jene Geräte mit denen wir unsere Erfahrungen sammeln konnten. Größte Besonderheit: Das große Drehrad kann im Betrieb nicht viel mehr, als die Lautstärke zu regeln. Die vertikale Knopfleiste steuert den Rest: Die Senderwahl, die Displayfunktionen, die Menüs. Dank logischer Tastenanordnung braucht es nicht lange, um sich mit dem Bedienschema anzufreunden. Die manuelle DAB-Kanalabstimmung wird über ein Gedrückthalten der Taste Display erreicht. Ein kleines bisschen langsam läuft die Schlummer- und Weckzeiteinstellung ab: Auch hier müssen die Tasten so lange gedrückt werden, bis die erste Einstellfunktion (Alarm An/Aus) blinkt. Den Status wählt man über die Tuning-Tasten, mit der Entertaste wird ein neuer Status übernommen und die nächste Einstellfunktion aktiviert. Analog funktioniert die Schlummerfunktion in 15-Minuten-Schritten bis zu 90 Minuten. Das ist durchschaubar, aber wie gesagt, etwas langsam. Der Wecker kann übrigens neben UKW- und DAB-Radiowecken auch mit einem Alarmton auf sich aufmerksam machen. Der Alarmton schwillt nach wenigen Sekunden unbarmherzig an. Damit lässt sich die versammelte Nachbarschaft gleich mit aus den Federn jagen. Per Knopfdruck gestattet das Radio drei Minuten Nachdämmern. Das einfache zweizeilige LC-Display kommt mit blauer Hinterleuchtung daher. Dem Kontrast, der nur aus kleinem Blickwinkel gut ist, hilft diese Beleuchtung nicht weiter. In manchen Fällen, fiel die Demodulation des Programms beim Senderwechsel aus. Der Spuk dauert nur einige Sekunden, als würde der Tuner Ensemble und Programm neu einlesen müssen. Ob da irgendwo vielleicht noch ein winzig kleiner Softwarebug lauert; wir wissen es nicht. Die kleine scheckkartengroße Fernbedienung steuert alle Funktionen und zusätzlich den Ipod in seiner Dockingstation. Auch hier ist die Bedienung unproblematisch. Sogar die Ipod-Bedienmenüs legt die Fernbedienung mit frei.
Pimp my DAB
Ausnahmsweise kümmern wir uns zum Schluss um den Empfang. Dazu muss man wissen, dass die Teleskopantenne hinten zwar angeschraubt ist, sich aber keinesfalls lösen lässt. Die Verschraubung liegt klar unerreichbar in einer Gehäusehülse. Beim UKW-Empfang mit RDS sortiert sich das Lextronix im trüben Tümpel der meisten DAB-Tischradios ein. Es zeichnet sich durch schlechte Empfindlichkeit aus. Das verbleibende Senderangebot trennt der Filter zwar eigentlich befriedigend, aber Mischprodukte erzeugen dann doch einiges an Wellensalat. Schalten wir besser schnell auf DAB um. Das Lextronix kommt mit L-Band-Empfänger in den deutschen Handel. Vielen Dank für dieses Entgegenkommen. Ungewöhnlich: Bei manueller Abstimmung werden Signale und Ensemblekennungen von nicht weiter demodulierbaren DMB-Buketts konsequent unterdrückt. Im Band III zeigte sich das Lextronix Mittelklasse. Das Rheinland-Pfalz-Ensemble wurde erkannt, aber nicht ausgegeben.
Fazit
Es ist nicht unsere Art den Leser mit der Entscheidung, ob er ein Radio kaufen soll oder nicht, ganz allein lassen, doch beim Lextronix Sound 102 DAB entscheidet einzig und allein der persönliche Geschmack. Wer einen klassischen Ipod besitzt und gerne ein DAB-Radio haben möchte, liegt mit dem Sound 102 DAB goldrichtig, wenn ihm oder ihr der Klangcharakter des Gerätes zusagt. Die Kombination aus DAB-Radio und Dockingstation für Apples Ipod ist gelungen und mit 219 Euro nicht zu teuer. Die gute Bedienung und brauchbare DAB-Empfangsleistung bleiben in jeden Fall auf der Habenseite; über den Rest muss der Bauch entscheiden.