Spieglein, Spieglein an der Wand, wer hat das schönste DAB-Pocket im ganzen Land? Albrecht ist es, mit seinem DR-300 im eleganten Gewand. Was kann der musikalische Schönling, der MP3 und DAB zusammenbringt?
Endlich eine Kombination aus MP3-Player und Digital Radio DAB ohne Figurprobleme. Ein aalglattes glänzend-schwarzes Kunststoffgehäuse mit gummierten Seitenwangen legt sich geschmeidig in die Hand. “Boah, das ist ja schick!”, findet meine Freundin. Recht hat sie, das DR-300 ist der Latin-Lover unter den DAB-Taschenradios. Nach dem Einschalten des Gerätes sieht es dann erst richtig “geil” aus.
Nüchtern analysiert, schindet vor allem das zweifarbige OLED-Display Eindruck. Das Gehäuse wirkt perfekt durchdacht und verarbeitet: Bandschlaufe, Verschraubung an der Rückseite, ein gummierter Bedientastenring um das Display, Abdeckungen für SD-Karte und USB-Anschluss, die gegen Verlieren am Gehäuse gesichert sind. Besser kann man das eigentlich nicht machen. Die Waage zeigt genau 120 Gramm inklusive eingebautem Akku und eingelegter SD-Karte. Damit liegt man voll in der MP3-Gewichtsklasse. Das Pure Pocket-DAB2000 ist knapp doppelt so groß und auch fast doppelt so schwer.
Rästelhafte Bedienung
Was sich die Entwickler aber zur Bedienung ausgedacht haben, bleibt rätselhaft. Klar ist daran nur die Sender- und MP3-Titelwahl mit den Tasten “<” und “>”. Die Tasten “+” und “-” sind für die Lautstärkeregelung zuständig. Eine kleine Sonne führt ins Menü. Das lässt sich noch merken. Die Herztaste belegt einen Stationsspeicher, auch gut. Dann gibt es noch eine Stopp- und Wiedergabetaste, deren Erstfunktion beim MP3-Player einleuchtet. Ab hier ist man dann ohne Bedienungsanleitung verloren: Es gibt Displayanzeigefunktionen, eine Signalstärkemessung, eine manuelle DAB-Kanalabstimmung, Klangprofile im MP3-Betrieb, Möglichkeiten zur Titelnavigation, wählbare verschiedene Abspielmodi - immer vorausgesetzt man kann sich erinnern, wie man in das Menü kam oder welche Taste in diesem Fall zuständig ist. Mit der Stopptaste kommt man aus Menüs heraus, mit der Play-Taste kann eine Funktion ausgewählt werden. In ganzen Sätzen kann die Bedienungsanleitung da auch nicht weiter helfen, sondern beschreibt die verschiedenen Tastenfunktionen tabellarisch. Das immerhin ist eine gute Idee. Man probiert also die Anleitung durch. Irgendwann wird man das Gerät dann wohl im Griff haben. Ob man damit glücklich wird, ist ungewiss. Der MP3-Player zum Beispiel kann trotz El-Schicko-Display nur eine Zeile der Trackliste anzeigen. Das Navigieren wird in jedem Fall ein undankbarer Akt. Ein kleiner Trost: Die Software lief im Test stabil.
DAB mit Katzenjammer
Der mitgelieferte Ohrhörer taugt nichts. An einem guten Ohrhörer können sich MP3-Stücke ab 128 Kilobit aufwärts hören lassen. Die hinterlegten Klangprofile neigen etwas zur Übertreibung, aber im MP3-Modus geht der Klang in Richtung befriedigend. Ähnliches kann man auch von der UKW-Wiedergabe behaupten, soweit es die Empfangsqualität zulässt. Bei der DAB-Wiedergabe dann ein Schock: Blechern, ungelenk, synthetisch. Mit den üblichen 128 Kilobit pro Sekunde, wie sie auf DAB oft anzutreffen sind, hat das DR-300 ein Problem. Popmusik klingt undynamisch und platt. Das DeutschlandRadio Kultur sendet klassische Musik mit 128 Kilobit und es klingt ein bisschen so, als könnte der Streicher keinen langen Ton halten. Schon richtig, dass 128 Kilobit mit DAB-Kompression etwas schlechter sind als 128 Kilobit MP3, aber auf billigen Ohrhörern ist der Unterschied normalerweise nicht auszumachen. Dabei brüstet sich die DR-300-Verpackung damit, DAB-Audio bis 384 Kilobit wiederzugeben. Die Mehrheit der DAB-Radios unterstützt selten mehr als 192 Kilobit, doch dafür klingen sie bei Popmusik mit 128 Kilobit ordentlich.
Auch beim Empfang kann das kleine Schwarze nicht brillieren. Die DAB-Empfindlichkeit liegt weit hinter dem Pocket-DAB von Pure zurück. Das Kölner L-Band mit seinem DMB-Ensemble wurde in Bonn nicht erkannt. Auf Kanal 12 B wird selbst auf der Straße kein Signal aus Rheinland-Pfalz aufgespürt. Die Handabstimmung gönnt sich nicht mal eine Denksekunde, sondern meckert sofort “no signal”. Hoffnungen auf einen guten UKW-Empfänger kann man in dieser Gerätekategorie ohnehin begraben. Der SWR-Sender in Linz, der in der Kölner Bucht gerne gehört wird, gilt manchem DAB-UKW-Radio als harte Nuss. Immerhin kann das DR-300 diese Miniaturhürde stolperfrei nehmen und verfügt über RDS-Funktionen. Trotzdem sind Trennschärfe und Empfindlichkeit schwach.
Fazit
Schick, leicht und vielseitig ist der kleine DR-300 ohne Zweifel. Genau so müsste die Kombination aus DAB-Radio und MP3-Player aussehen. Doch weder im Empfang noch im Klang kann der DR-300 Punkte sammeln. DAB-Aufnahmen kann das DR-300 nicht erstellen. Vielleicht, weil die Entwickler keine Idee mehr hatten, welcher Taste sie noch eine weitere Funktion hätten hinzufügen können.