Das Digitradio-DAB von Technisat ist in mehrfacher Hinsicht eine gute Nachricht für alle Digital Radio-Interessenten: Die Preise für DAB-Tischradios bewegen sich endlich in die richtige Richtung – sie sinken und Technisat ist ein starker Name im Fachhandel. Wenn nun noch die Qualität stimmt, sind die Weichen auf Erfolg gestellt.
Mein Opa saß immer an seinem Schreibtisch vor dem Wohnzimmerfenster. Auf dem Tisch ein Radio, das in einem hübschen Holzgehäuse verpackt war und einen angenehm sonoren Klang hatte. Während er genussvoll an seiner Pfeife sog und seine Augen über die weiten Felder der norddeutschen Ebene schweiften, durfte der Seewetterbericht nicht fehlen: “Deutsche Bucht, Nord-Nord-Ost drei bis vier!”
Mit dem Digitradio-DAB bläst Technisat eine frische Brise in die Endgerätelandschaft. Für deutlich weniger als 200 Euro bekommt der Kunde ein universelles Tischradio für UKW und DAB mit Band-III- und L-Band-Empfang. Auch ein zweiter Lautsprecher, der Stereoempfang auf dem Tisch ermöglicht, hat auf der Frontseite Platz gefunden. Es ist durchaus etwas bizarr, erwähnen zu müssen, dass ein solches Ausstattungsmerkmal bei der teureren Konkurrenz entweder extra zu Buche schlägt, oder gar nicht erhältlich ist.
Das Design wirkt sachlich und vermeidet bewusst jedes Experiment. Ganz offensichtlich soll ein breites Publikum Gefallen am Digitradio1 finden. LC-Punktmatrix-Display und die blauen Leuchtdioden für die Abstimmknopf-Hinterleuchtung dürften bei jüngeren Kunden punkten, während sich mein Opa bestimmt schnell mit dem schicken soliden Echtholzgehäuse angefreundet hätte.
All-inclusive-Angebot
Trotz günstigem Preis ist das Digitradio-DAB vollständig ausgestattet. Ein Blick auf die Geräterückseite lässt Freude aufkommen. Die serienmäßige Teleskopantenne ist abschraubbar und bringt eine F-Buchse zum Vorschein. Der Anschluss externer Antennen ist also kein Problem. Weiterhin verfügt das Digitradio-DAB von Technisat über eine Kopfhörerbuchse, einen analogen Line-Ausgang, einen digitalen Signalausgang für Koaxialkabel und einen optischen Lichtwellenleiter-Ausgang. Ganz gleich, wie teuer die heimische Stereoanlage war oder wie alt sie ist, für Anschlussmöglichkeiten an den heimischen Verstärker ist in jedem Fall gesorgt. Eine kleine, funktional umfassende Fernbedienung in Scheckkartengröße rundet die Ausstattung ab.
Problemlose Bedienung
Die Bedienungsanleitung beschränkt sich auf das Wesentliche. Kein Problem, denn die Bedienung ist wirklich kinderleicht zu verstehen. Nach dem Einschalten sucht das Radio selbstständig nach empfangbaren Programmpaketen und startet anschließend die Wiedergabe des jeweils ersten Senders eines Programmensembles. Die einzelnen Sender können über den großen “Abstimmknopf” angewählt werden. Wer seine Favoriten dann noch auf die sechs Speichertasten gelegt hat, kann die Bedienungsanleitung getrost aus der Hand legen. Ein paar Spielarten, wie die Filterung der Programmauswahl nach Programmtypen oder die Menüeinstellungen befriedigen schließlich den technischen Spieltrieb. So kann das zweizeilige Display den Ensemblenamen anzeigen oder Textlabels als Laufschrift einblenden. Nicht unwesentlich ist der Wechsel der Suchlauffunktion (automatisch/manuell) oder die Begrenzung des Suchlaufumfangs auf L-Band-Angebote. Unter der Einstellung “Information” lassen sich technische Angaben wie Kanal, Frequenz, Bitrate, Übertragungsmodus, Signalstärke und Fehlerrate abrufen.
Lange Leitung
Wenngleich die Bedienung erfreulich Nerven schonend von der Hand geht, dürfte selbst Durchschnittsnutzern auffallen, dass der Blickwinkel, in dem sich das Display entziffern lässt, ziemlich klein ist. Bei der Laufschriftanzeige zeigt sich das Radio auch nicht unbedingt von seiner besten Seite: Der Text läuft zäh, die Wiederholrate der Anzeige ist langsam; die Folge ist ein undeutliches, ausgewaschenes Schriftbild. Die Stereo-Indikator-LED blinkt im DAB-Modus unregelmäßig und unmotiviert herum. Bei einer Signalfehlerrate nahe null, sollte man sich nicht von der Leuchte irritieren lassen. Wer mit der manuellen Abstimmung spielt, stellt fest, das Problem der Anzeige sitzt tiefer. Das Radio reagiert insgesamt träge auf Bedienbefehle. Schnelle Befehlskombinationen hängen den Mikroprozessor, der die Steuerbefehle ausführen soll, schlichtweg ab. Beim Sendersuchlauf, wenn der Empfang stumm geschaltet ist, wird zudem jede Displayveränderung im Lautsprecher mit surrenden Geräuschen unterlegt. Radiohörer, die keine hochgesteckten Erwartungen haben, werden an alledem kaum Anstoß nehmen.
Angenehmer Klang
Selbst bei Flüster-Lautstärke überzeugt die Wiedergabe durch eine hohe Verständlichkeit. Die Möglichkeit einer Klangregelung gibt es jedoch nicht. Dafür leisten die eingebauten Lautsprecher gute Arbeit. Mit einer Bassöffnung an der Rückseite nutzen sie geschickt den hölzernen Resonanzkörper aus. So entsteht ein richtig überraschend raumfüllendes Klanggefühl. Besucher werden zwar nicht gleich nach externen Lautsprechern Ausschau halten, trotzdem ist der Klangeindruck durchweg respektabel. Die Höhen werden etwas überakzentuiert, die Mitten wirken dagegen angenehm luftig. Die Basszugabe zum Klangereignis ist pointiert, also längst nicht so aufgeblasen wie bei einer Boom-Box, ohne aber tiefe Tonanteile unter den Tisch fallen zu lassen. Bei Bedarf reichen Klangvolumen und Schalldruck locker zur akustischen Befüllung 20 Quadratmeter großer Räume aus. Insgesamt eine ordentliche Vorstellung.
Wie bitte?
Das Problem des Heimempfangs mit einer Innenantenne ist jedoch nicht zu vernachlässigen. Die Teleskopantenne soll für Empfang auf UKW, DAB Band-III und L-Band sorgen. Sie tut ihr Möglichstes, aber ausreichend ist das nicht. So wundert es kaum, dass in Bonn das Band-III-Angebot aus Rheinland-Pfalz nicht zu empfangen ist, obwohl die reinHÖREN-Redaktion südlich der Innenstadt auf einem Hügel liegt. Auch selbst gezimmerte Behelfsantennen brachten nicht den erhofften Durchbruch. Einen Ausbund an Empfindlichkeit liefert Technisat dem ersten Eindruck nach offenbar nicht ab. Leider lässt sich die Signalstärke nicht im Suchlauf einblenden. Einzig die Tatsache, dass der Suchlauf lange am Kanal 12A herumscannt und vorübergehend die Existenz eines weiteren Programmensembles in der Anzeige mit einer “+01” zugibt, lässt hoffen.
Die Hoffnung löst sich allerdings zügig in Wohlgefallen auf. Eine passive Empfangsantenne für das terrestrische Digitalfernsehen DVB-T, die immerhin für ein paar Dezibel Gewinn im Band-III sorgt und sich zudem im Außenbereich am Balkongeländer befindet, kann nicht weiterhelfen. Die DAB-Empfangsempfindlichkeit ist schlicht unzureichend.
Dem UKW-Teil fehlt es hingegen nicht an Empfindlichkeit, sondern vielmehr an Trennschärfe. Den undichten Kabelnetzen sei Dank, vermeldet der UKW-Empfänger eine völlige Überladung mit Signalen und schafft es nicht, auch nur ansatzweise Ordnung in das analoge Wellenchaos zu bringen.
Fazit
Das Digitradio-DAB ist eine erfreuliche Erscheinung und Bereicherung des Empfängerangebots in Deutschland. Für Hörer, die fern jeder Landesgrenze zu Hause sind und zugleich noch im Fokus einer L-Band-Versorgungszone wohnen, ist das Technisat Digitradio-DAB eine gute Wahl. Um diese Empfehlung auf alle skeptischen und preissensiblen reinHÖREN-Leser auszuweiten, müsste seitens des Herstellers bei der Empfindlichkeit noch nachgebessert werden. Mit einem Straßenpreis von 159 Euro markiert das Digitradio-DAB in jedem Fall ein erfreuliches neues Preistief in der Tischradio-Klasse. Weitere Angebote werden gerne entgegen genommen.