Mit dem Sangean DDR-203 hat Sangean ein vielseitiges Tischradio für DAB und UKW im Programm. Im schwarzen Pianolack wirkt das schnöde brikettförmige Radio reichlich rausgeputzt, aber doch wie ein normales Radio. Das ist schon ein wenig Erholung von den neuzeitlichen Designexperimenten. Das Datenblatt verspricht hingegen modernste Technik. Was steckt drin, im kleinen Schwarzen?
Weil das DDR-203 am ehesten wie ein Weltempfänger aussieht und damit positive Erinnerungen wachruft, dürfte das Modell besonders bei Funkamateuren und Kurzwellenhörern Anklang finden. Dort ist zudem der Name Sangean hinlänglich bekannt. Sangean steht bei ihnen für stets überdurchschnittlich gute Empfangsleistungen. Nach dem Testkontakt mit dem Sangean DPR-215, der gleich als Muster an Empfindlichkeit in Sachen DAB-Empfang auftrumpfen konnte, waren die Erwartungen an den DDR-203 hoch. Er kann alles: DAB-Band III, L-Band und UKW mit RDS. Der vollständige Empfangsbereich wird mit der Möglichkeit garniert, eine andere Antennen anschließen zu können. Stark, breit, schwarz: Tuning für schwache DAB-Sender?
Empfang ohne Höhepunkte
Den hochgesteckten Erwartungen entspricht der DDR-203 im Test dann leider doch nicht. Mit der Teleskopantenne konnte er im Band III nicht mit dem Modell DPR-215 konkurrieren und auch mit externen Antennen wie Wittenberg WB-345 oder Axing T AA 3-00 ließ er Tischradios wie den neuen Pure Evoke 1XT Tri-Band tatenlos auf- und davonziehen. Die Empfangsleistung ist zwar befriedigend aber nicht weltbewegend.
Im L-Band macht das DDR-203 hingegen eine gute Figur: In Bad Soden am Taunus brachte das Sangean-Radio das Frankfurter L-Band und das Band-III-Landesensemble Rheinland-Pfalz sogar in eine Erdgeschosswohnung herein. Mit dem hessischen Band-III-Ensemble gab es natürlich keine Schwierigkeiten und auch der Empfang des bayerischen Programmpakets bereitete keinerlei Probleme. Eine Außenantenne war nur für das L-Band aus Mainz erforderlich. Für den L-Band-Empfang noch ein kleiner Trick: Die Sangean-Teleskopantennen haben an ihrem Ende immer eine graue Plastikspitze mit der Aufschrift “Patent-Pending”. Wir haben uns schon oft gefragt, was so patentwürdig an dem Plastikteil sein könnte. Nun haben wir entdeckt, dass der L-Band-Empfang optimiert werden kann, wenn die Teleskopantenne ganz eingeschoben wird. Ein fehlerfreies L-Band aus Frankfurt gibt es nur mit eingeschobener Antenne. Darin könnte das Geheimnis liegen. Laien dürfte es verwundern, dass weniger Antenne zu mehr Empfang führt. Die gesamte Teleskopantenne ist für die Wellen im L-Band zu groß. Eine Antenne funktioniert immer dann besonders gut, wenn ihre Länge in einem geometrischen Verhältnis zur Wellenlänge steht. Im Band III ist eine Welle rund 1 Meter, 50 groß, im L-Band sind es nur 20 Zentimeter. Zugleich ist für Funkfreunde auch die Frage geklärt, ob mit Außenantennen der L-Band-Empfang verbessert werden kann, weil nämlich viele Hersteller auf eine Leiterbahnantenne der Platine im Gehäuseinneren setzen: Der DDR-203 reagiert definitiv auf Außenantennen im L-Band.
Auch auf UKW sind die Leistungen nicht unbedingt hitverdächtig. Die Empfindlichkeit wurde mit den Möglichkeiten der Trennschäfte in ein sinvolles Verhältnis gebracht. Da der Filter recht breit ist, wurde die Empfindlichkeit zurückgenommen. So muss der UKW-Empfänger nicht zu viele Sender sauber voneinander trennen. Für den normalen Hausgebrauch ist der UKW-Empfang brauchbar, eine Offenbarung dagegen nicht. Beim RDS-Dekoder ist eine gewisse Signalstärke erforderlich, um die Sender beim Namen nennen zu können. Zahlreiche Sender werden ohne hörbare Störungen aufgenommen, bleiben aber trotzdem namenlos.
Kömische Läbeltexte
Die Dynamik-Label auf DAB funktionieren natürlich besser. Sehr amüsant ist der missratene Versuch, die Labeltexte zu lokalisieren. Nun halten es die Redaktionen in den Sendern auch ganz unterschiedlich: Die einen strahlen gnadenlos Umlaute aus, die anderen umgehen von selbst Anzeigefehler und umschreiben beispielsweise ‚ö‘ mit ‚oe‘. Im Sangean wird das ‚ö‘ zu einem ‚e‘ mit Punktbesatz, so wie bei Citroën.
Inzwischen mussten wir lernen, dass die Software eines DAB-Radios mit überlangen Labeltexten ins Aus geschossen werden kann. Gerade bei Einslive schreibt man gerne ganze Romane ins Radiodisplay. Darin könnte die Ursache liegen, wenn das Radio plötzlich ohne jeden Grund und jede Einstellmaßnahme plötzlich so tut, als wäre das ganze DAB-Ensemble ohne Ton. Das Problem haben wir dreimal beobachtet und stets hatten wir Einslive eingestellt.
DAB klingt besser mit DBB
Das bringt uns nun zur Klangbewertung. In der Auslieferungseinstellung kann man den Sound keinem Esel ins Ohr schütten. Auf der Rückseite verbirgt sich ein kleiner Schiebeschalter mit der Aufschrift DBB. Das Kürzel steht für Dynamic Bass Boost und wirkt in der Tat wie eine Vitaminkur auf den Lautsprecher ein. Präsente Höhen, recht augeglichene Mitten und ein etwas überakzentuierter Bass. Damit kommt das Tischradio immerhin in die Nähe des hausinternenn Widersachers DPR-215. Wir können die Unterschiede in Ermangelung eines direkten Vergleichs nur vermuten, haben aber den DPR-215 mit einem besseren Lautsprecher in Erinnerung. Doch Einerlei, die Klangqualität ist sehr ordentlich. An das ausgewogene Klangbild des neuen Pure Evoke-1XT reicht der Sangean DDR-203 nicht ganz heran, kann aber im mittleren Tonbereich bei der Sprachverständlichkeit gut mithalten. Zudem klingt der Sangean bei der Stimmwiedergabe etwas natürlicher und tönt bei Streichinstrumenten recht warm und angenehm. Die Kopfhörer-Wiedergabe ist wiederum mit eingeschaltetem Bassboost ungenießbar. Ohne die nachträgliche Klangverbesserung klingt der DDR-203 am Kopfhörer zwar etwas besser, bleibt aber insgesamt doch etwas zu flach und blass.
Hauptsache etwas Orange
Die Bedienung des Sangean ist keine Hexerei. Alle Grundfunktionen erschließen sich ohne die brauchbar formulierte Bedienungsanleitung. Ein wenig Rätselraten herrscht aber bei der Aktivierung der zweiten Funktionsebene. Mit orangen Punkten werden die Zweitfunktionen markiert. Der einzige orangenfarbene Knopf am Gerät ist der Netztaster. Ohne Bedienungsanleitung macht man das Radio immer wieder mal an oder aus, weil man die Zweitfunktion in Betrieb nehmen möchte. Ein längeres Gedrückthalten der orange markierten Funktionstasten reicht aber eigentlich schon aus. Die manuelle Abstimmung ist über ein Drücken des Drehrades zu erreichen. Dazu muss der Taster im Drehrad für etwa zwei Sekunden gehalten werden. Die Bedienmenüs lassen sich ebenso mit der mitgelieferten Fernbedienung abrufen. Es handelt sich um eine etwa Scheckkarten-große Fernbedienung mit Folientasten, die in der Handhabung unauffällig ist und problemlos ihren Dienst verrichtet.
Im Standby-Modus bleibt die Display-Beleuchtung an und zeigt die DAB-synchronisierte Uhrzeit. Die Displaybeleuchtung ist von aus bis hell in zehn Stufen dimmbar. Auch eine einfach bedienbare Weckfunktion ist mit an Bord. Eine Erwähnung wert ist das ins Gehäuse integrierte Netzteil und der kleine Schraubenschlüssel zum Lösen der Teleskopantenne. Allerdings sollte der Maulschlüssel nicht gerade, sondern gekröpft sein, weil der Antennenschluss sehr weit versenkt ist. Jedenfalls haben wir es umgehend geschafft, die hintere Gehäuseschale mit dem Schlüssel zu verkratzen.
Eine besondere Anschlussfreude ist dem Sangean DDR-203 nicht nachzusagen. Antenne, Kopfhörer und ein digitaler Audioausgang müssen dem Besitzer ausreichen. Zum USB-Anschluss und analogen Line-Out hat es leider nicht gereicht.
Fazit
Sangean hat mit dem DDR-203 ein vielseitiges und solide gemachtes Radio auf den Tisch gestellt. Es klingt recht angenehm und lässt sich bis auf ein paar Kleinigkeiten ordentlich bedienen. Bei der Empfangsleistung ist der DDR-203 keine Wunderkiste geworden. Für Freunde des Funkempfangs bietet der DDR-203 aber eine gute Basis für Antennenexperimente im Band III und im L-Band.Der Preis beträgt stramme 219 Euro (Stand August 2005). Für das Geld hätte man dem Gerät noch etwas Feinschliff verpassen sollen: Software-Updates per USB, ein analoger Audioausgang und sauber lokalisierte DLS- und RDS-Texte stünden für die Modellpflege auf der Wunschliste.