In Amerika heißt es oft “Big is beautiful”. Wer das PocketDAB 2000 zum ersten Mal in Augenschein nimmt, könnte zu der Schlussfolgerung gelangen, das Sprichwort sei britischen Ursprungs. Das PocketDAB sprengt nämlich in jeder Hinsicht den klassenüblichen Rahmen.
Verglichen mit einem Ipod Nano ist das PocketDAB ein ungehobelter Klotz. 63x117x25 mm sind eine gerade noch taschentaugliche Größe, hinzu kommen stramme 217 Gramm Lebendgewicht mit Akkus, womit der DAB-Taschenspieler rund 100 Gramm schwerer ist als ein gewöhnlicher MP3-Player mit SD-Karte. Auf dem Schulhof kann man damit buchstäblich auf “dicke Hose” machen. Skaterhosen sind da empfehlenswert. Kurzum: Handlich ist anders.
Dafür hat der Taschenspieler aber ein paar gute Tricks auf Lager: DAB Radio mit Band-III und L-Band-Empfang, UKW ohne RDS, MP3-Player auf SD-Wechselspeichermedien (bis ein Gigabyte getestet), DAB-Aufnahme und Wiedergabe, das Anhalten einer DAB-Radiosendung und Wiederaufnahme (zeitversetztes Hören “ReVu”) sowie eine Text-Store-Funktion.
Extra-Tasten für Extra-Funktionen
Hinter Textstore verbirgt sich die Möglichkeit einen Dynamik-Label-Text intern zu speichern. Praktisch ist das, wenn ein neues Musikstück aufgenommen wurde und man nachher wissen möchte, wie Interpret und Titel doch gleich hießen. Dafür hat das Gerät eine eigene Taste. Der Text kann also ohne Menü-Hangelei sofort abgelegt werden. Für das Wiederaufrufen muss man in die Menüs eintauchen, doch der Lohn der Mühe ist eine Liste, in der auch zu lesen ist, an welchem Tag, um wie viel Uhr und von welchem Sender der Text gespeichert wurde. Die Sonderfunktion Aufnahme lässt sich ebenso über eine separate Taste starten und beenden. Auch für Sonderfunktion drei – Radiowiedergabe unterbrechen (ReVu)- ist eine eigene Taste vorhanden. So weit, so übersichtlich.
Viele Gänge im Menü
Insgesamt ist die Bedienung aber nur Mittelmaß. Das ergibt sich schon aus den vorhandenen Bedientasten: Info, Mode, Eq und Menü. Was nach einem Besuch im Einkaufsparadies vor den Toren der Stadt klingt, will erst einmal verstanden sein. Hinter “Info” steht der Abruf unterschiedlicher Anzeigefunktionen, hinter “Mode” steckt nicht minder Anziehendes wie die Funktionsumschaltung zwischen DAB, UKW und MP3-Player, hinter „Eq“ befindet sich ein Wellnesscenter für die Ohren, weil sich hier fünf verschiedene Klangcharakteristiken auswählen lassen. Das “Menü” eröffnet sechs Gänge, die nicht alle schnell verdaulich sind: “Voreinstellungen anzeigen und ändern”, “DAB-Einstellungen”, “MP2/MP3-Einstellungen” und “allgemeine Einstellungen”. Das sollte jeden Normalbenutzer in die Arme der Bedienungsanleitung treiben, die dann immerhin kompetente Hilfestellung gibt.
Innerhalb der Menüs, beim Scrollen der MP3-Titel oder DAB-Senderliste, ist der zentrale Bedienknopf zu Diensten. Der Multischalter ist im Prinzip praktisch, doch die Funktionen sollen per Druck auf den Schalter ausgelöst werden. Dagegen ist nichts zu sagen, wenn der Knopf nur mehr mechanischen Widerstand leisten würde. Macht er aber nicht. Wenn man ihn nicht ganz genau mittig drückt, schliddert man einen Menüpunkt weiter.
DAB gut, UKW ungenügend
Die Schokoladenseiten liegen klar im DAB-Empfang. Die Empfindlichkeit ist gut. Im L-Band kommt in Bonn das Kölner DMB-Ensemble an. Für ein Tischgerät wäre das ein gutes Zeichen, aber bei einem Pocketradio mit Kopfhöreranschlussdrahtantenne darf das als eine beachtliche Leistung gelten. Auf dem Balkon gelingt zumindest der Signalnachweis des benachbarten Ensembles aus Rheinland-Pfalz. Auch das ist eine respektable Leistung.
Auf UKW ist das PocketDAB hingegen eine Enttäuschung. Dabei ist das fehlende RDS-Modul eher unter der Abteilung Schönheitsfehler abzulegen. Die Empfindlichkeit und Trennschärfe sind mal wieder kein Ruhmesblatt: Was soll man mit einem UKW-Empfänger anfangen, bei dem man die Modulation seines Ortssenders auf 600 kHz verstehen kann? Auch die Empfindlichkeit ist gering. Nicht einmal SWR3 von Standort Linz konnte in brauchbarer Qualität aufgenommen werden - und das wäre kaum mehr als eine Minimalanforderung.
Angenehme Klangcharakteristik
Grundsätzlich positiv ist die Klangqualität zu bewerten. Der mitgelieferte Ohrhörer mit eigenem Lautstärkeregler ist von recht brauchbarer Qualität und man hat ja noch die fünf Equalizereinstellungen zur Wahl. Die Einstellungen passen ganz gut für völlig unterschiedliche Musikstile. Mit der Klangqualität kann man zufrieden sein. Übrigens: Mit guten Kopfhörern für den portablen Einsatz ist da klanglich sogar noch mehr drin.
Das Navigieren durch Musikinhalte der Speicherkarte im MP3-Player macht - mit Ausnahme der oben erwähnten Eigenart des Auswahlschalters - keinerlei Probleme. Musikstücke werden alphabetisch vorsortiert und natürlich kann man die Wiedergabe eines Stücks wiederholen oder auch die Titel in einer zufälligen Reihenfolge hören.
Zum Gerät gibt es sogar noch eine kleine Softwaresuite. Sie dient dazu, per USB DAB-Aufnahmen auf den Rechner zu übertragen oder die Speicherkarte des MP3-Players mit den Lieblingsmusiktiteln zu bestücken. Ferner lassen sich per USB neue Softwareversionen einspielen. Ein kleines Hightech-Gimmick ist der optische Digitalausgang. Wer seinen Pocket DAB immer in der Nähe seines PC aufbewahren will, hat einen schicken Tischständer mit dabei. Die Verkabelung mit dem Netzteil und USB wird mit herkömmlichen Anschlüssen realisiert. Das sieht sicher nicht so elegant aus wie bei einem PDA, ist aber praktisch, weil überall Standardanschlüsse vorhanden sind.
Energiereich
Zur Stromversorgung werden drei 1,2 Volt NiMH-Akkus in handelsüblicher Größe AA (Mignon) verwendet. Im Lieferumfang sind drei solche Akkus mit je 2.300 mAh Kapazität enthalten. Spiele mit dem DAB-Empfänger gehen schon spürbar auf die Batterieladung. Insgesamt hielt das PocketDAB 2000 aber ordentliche 10 Stunden lang durch, wobei das bei den noch neuen Akkus noch nicht das letzte Wort gewesen sein muss: 12 bis 13 Stunden könnten drin sein.
Fazit
Zugegeben, in seiner Funktion, dem DAB-Empfang und seinem Klang ist das PocketDAB 2000 ein seriöses Angebot. Schon der Vorgänger galt bei Fans als das einzig brauchbare DAB-Taschenradio. Trotzdem erzeugt das korpulente Taschenradio unweigerlich eine Diskussion darüber, ob die DAB-Radiotechnik heute schon reif für die MP3-Playerintegration ist. Eine gelungene Synthese aus MP3-Player und DAB-Radio ist das PocketDAB noch nicht. Das Problem ist immer noch der Energiebedarf des DAB-Empfängers, der schwere Akkus erforderlich macht und das Gehäuse aufbläht.
Als käufliche Machbarkeitsstudie ist das Gerät natürlich kein Fehler, wäre da nicht der üppige Preis von 329 Euro. Die großen Taschen braucht man offenbar schon bevor man Pures Taschenspieler sein Eigen nennen will.