Das „Noxon dRadio 110“ kommt mit einer Neuerung, die sich Journaline nennt und von seinen Erfindern als Videotext für das Radio angepriesen wird. Darüber hinaus ist es ein klassisches Radio, das sowohl das analoge UKW als auch das digitale DAB+ empfangen kann.
Beim Auspacken fällt direkt positiv auf, dass das Gerät über kein externes Netzteil verfügt und sich auf der Rückseite eine Antennenbuchse befindet, an der sich sowohl die mitgelieferte Stabantenne anschrauben lässt als auch mithilfe eines der mitgelieferten Adapter eine DAB-Aktivantenne oder eine Hausantenne verwendet werden kann.
Mit zum Lieferumfang gehört ein Reinigungstuch, was eher ungewöhnlich ist. Dabei macht die schwarze, leicht mattierte Oberfläche nicht den Eindruck, als sei das Gerät wesentlich Staub-anziehender als vergleichbare Radiogeräte.
Das Gehäuse des „dRadio 110“ ist gut verarbeitet und wirkt trotz Kunststoff-Design nicht minderwertig.
Es ist seit langer Zeit mal wieder ein Gerätetest für ein reinrassiges terrestrisches Gerät. Erfreulich gegenüber Internetradios ist die schnelle Einstellung: Nach dem Einschalten prüft das Gerät den USB-Anschluss und startet dann unmittelbar den DAB-Suchlauf.
Etwas ernüchternd ist die geringe Zahl der Sender, aber dafür kann das Gerät erst einmal nichts.
Doch bald stellt sich heraus, dass trotz einiger Standortwechsel kein DAB-Sender stark genug einfällt (und vom Gerät ausgewertet werden kann), um einen beliebigen Sender auch nur für einige Minuten einwandfrei zu hören. Im Vergleich zu DAB ohne Plus ist keine Verbesserung zu erkennen – damals gab es durchaus Geräte, die an gleicher Stelle eine bessere Signalausbeute vorweisen konnten. Die viel beworbene kristallklare Tonwiedergabe ist mit der Stabantenne nicht möglich, das digitale Signalhackwerk ist zwar zweifelsohne Rausch-frei, klingt aber wie bei einem Satellitenempfänger während eines vorbeiziehenden Gewitters.
Der Empfänger weist im analogen Bereich eine unscharfe Kanaltrennung auf und zeigt sich eher grob, bei DAB-Geräten war das schon immer eine Schwachstelle. Aber das UKW-Signal fällt so stark ein, dass es einen normalen Nutzer wenig bedrücken wird.
Nun zurück zum Gerät und seiner Bedienung: Sofort positiv aufgefallen ist der Bedienregler für die Lautstärke und die klare Tastenanordnung auf der Gehäuseoberseite.
Wie die Mehrfachbedienung über das Bedienrad und den darum liegenden Bedienring mit Taster funktioniert, erschließt sich zwar nicht auf Anhieb – ist aber nicht wirklich schlimm, da ein flüchtiger Blick in die Kurzanleitung schon Klarheit bringt.
Die übrigen Tasten auf der Gehäuseoberseite sind selbsterklärend: „SCAN“ startet einen Suchlauf, „DAB/FM“ ist der Schnellumschalter zwischen den digitalen und analogen Frequenzbändern, über „i“ lassen sich zusätzliche Informationen auf dem Display anzeigen und bei Sendern mit Journaline die entsprechenden Textinformationen.
Ein durchgestrichenes Lautsprecher-Symbol steht für die Stummschalttaste, recht praktisch, wenn mal das Telefon klingelt und ein Stand-by-Schalter, den man nicht lange suchen muss, ist auch nicht verkehrt.
Zusätzlich befinden sich in der zweiten Reihe fünf Stationstasten. Die Anleitung verrät, dass das Belegen der Tasten sowohl mit einem Programm für UKW als auch DAB möglich ist. Das Belegen funktioniert ganz einfach durch das Gedrückthalten der entsprechenden Stationstaste für drei Sekunden, wenn man einen Sender hört, den man als Favoriten speichern möchte.
Dicht beisammen: Sonne und Schatten
Die wirklich durchdachte Hardware findet bei der Bedienung in der Software (Version 2.11) ihren Meister. Oder um es anders auszudrücken: Dort hat niemand mehr genau hingeschaut. Die eingestellte Sprache ist „Deutsch“, als Alternativen sind über das Menü noch „English“, „Holländer“, „Französisch“ und „Dänisch“ erreichbar.
Diese Lieblosigkeit zeigt sich auch ansonsten in der Sprachführung, die mal Denglisch, mal eher deutsch, mal eher englisch oder sogar Fachchinesisch ist.
„Piepton“ heißt es noch korrekt im Konfigurations-Menü, wobei es im Menü eine Hierarchiestufe danach dann zum „Beep-Setup“ wird.
Wenn auf UKW keine RDS-Auswertung erfolgen kann, verfällt das Gerät in Fachsprache: „[kein PTY]“ - gemeint ist Programmtyp.
Doch schon die gedruckte Kurzanleitung weist wahrscheinlich darauf hin, denn sie wird auf dem Deckblatt als „Manual“ bezeichnet. Dabei richtet sich das Gerät mit seiner ertastbaren Menüführung extra an Sehbehinderte. Warum aber werden an anderer Stelle unnötige Hürden geschaffen?
Kurz zurück zum Konfigurationsmenü. Dort lassen sich zwei Weckzeiten einstellen und etwa eine Funktion namens DRC – Dynamic Range Control, um Lautstärke-Unterschiede zwischen verschiedenen DAB-Sendern auszugleichen.
Obwohl es sich bei dem handlichen Noxon um ein Mono-Gerät handelt (Stereo gibt es nur via Stereo-Anlage oder Kopfhöhrerbuchse auf der Gehäuserückseite) bietet es einen wirklich guten und ausgewogenen Klang mit angenehmer Höhen- wie Tiefenwiedergabe – und ordentlichem Schalldruck.
Auf der Geräterückseite befindet sich ein USB-Anschluss, der aber nur das Einspielen von Firmware-Updates ermöglichen soll und eine Text-to-Speech-Funktion für Sehbehinderte ermöglicht. Dazu lädt man sich die entsprechenden Audiodateien vom Hersteller herunter, entpackt sie und verschiebt das Dateiverzeichnis auf einen USB-Stick. Wenn der USB-Stick hinten im Radio steckt, liest das Gerät die Menüpunkte ebenso wie ausgewählte Sender vor.
Insgesamt ist die Sprachausgabe deutlich genauer als das Gerätemenü. Der Piepton etwa heißt Signalton. Vorlesen kann das Gerät allerdings nicht, welche Software-Version verwendet wird – insoweit stößt die Anpassung für Sehbehinderte durchaus an Grenzen.
Der Stromverbrauch beträgt im UKW-Betrieb 5,06 Watt, im DAB-Modus geringfügig höher 5,28 Watt. Im Stand-by sind es gemessene 3,52 Watt und obwohl das Gerät löblicher Weise über einen Netztrennschalter auf der Gehäuserückseite verfügt, fließt der Strom bei Betätigung noch weiter ins Gerät mit einem Verbrauch von 3,52 Watt. Erst wenn der Netzstecker gezogen ist, fängt das Energiesparen richtig an.
Was ist Journaline?
Journaline ist wie Videotext für das Radio – sagen die Schöpfer des Fraunhofer Instituts - oder um es weniger hochtrabend an die Realität anzupassen: Es ist der Inhalt eines RSS-Feeds – ein Nachrichten-Ticker auf einem kleinen Display. Nachrichten von Internetseiten, die ohnehin im RSS-Format angeboten werden (reinHÖREN via RSS-Feed), können als Datenstrom zusammen mit dem Radiosignal gesendet werden. RSS ist eine Familie von Datenformaten, die seit dem Jahr 2000 zum Einsatz gelangt und damit wahrlich keine neue Erfindung. In der heutigen Zeit mit einer hohen Verbreitung an Smartphones gibt es durchaus angenehmere Wege, derart auf solche Informationen zurückzugreifen – zumal auch das Hören von Nachrichten eine gute Alternative ist.
Gut, manche Sender bieten über den Dienst einen Rückblick auf die Titel der letzten Stunde. Das ist im Einzelfall vielleicht noch ganz praktisch. Aber wirklich überragend ist Journaline nicht.
Noxon bietet mit dem „dRadio 110“ ein schlichtes DAB-Tischradio mit einigen im Ansatz durchdachten Funktionalitäten an. Einige der Mängel – insbesondere bei der Sprache in der Menüführung – ließen sich durch ein Software-Update problemlos beheben. Ärgerlich, dass die Software in dieser Form zum Kunden gelangt, ist es dennoch. Und auch der nicht funktionierende Netzschalter weist auf das grundsätzliche Problem des Sparens in der Fertigung hin. Noxon – das zeigen die meisten Tests - ist kein Einzelfall. Eine Entschuldigung ist das aber nicht. Denn der Kunde erwartet für sein Geld ein einwandfreies Produkt. Das kostet in der unverbindlichen Herstellerpreisempfehlung immerhin 89,99 Euro.
Technische Daten
- Stereo-Digitalradio (Stereo-Ausgabe nur über Kopfhörer oder externen Verstärker) mit vollem DAB+ (DAB Classic) und UKW-Empfang
- Frequenzbereiche: DAB+ Band III 174 - 240 MHz und UKW 87,5 - 108 MHz
- Ausgänge: 3,5-mm-Buchse für Stereo-Kopfhörer, Line-Ausgang (3,5 mm Klinke)
- USB-Schnittstelle für Software-Update und für die Text-to-Speech-Funktion
- LCD-Display: 128 x 64 Punkt-Matrix-Display
- Netzbetrieb: internes Netzteil 230V 50 Hz
- Antenne: abnehmbare Teleskopantenne
- Farbe: schwarz
- Abmessungen (B x H x T): 200 x 115 x 140 mm
- Gewicht: 0,9 kg
Lieferumfang
- Noxon dRadio 110
- Abnehmbare Teleskopantenne
- CD-ROM-Handbuch Deutsch/Englisch
- Schnellstarthandbuch
- Stromkabel
- Zwei IEC-Adapter (weiblich/männlich)
- Servicekarte
- Staubtuch