Philips ist mit seiner Streamium-Geräteserie eigentlich ein Pionier in Sachen Internetradio und Musik-Streaming. Trotzdem wird Philips mit seinen Streamium-Playern gerne übersehen. Zu Unrecht, wie der Test des Philips Streamium NP2900 zeigt.
Unsere Wahl fiel auf das Modell NP2900. Optisch rangiert das Gerät zwischen Stereoanlagen-Adaptern und den dominierenden Internetradios. Das Gerät beeindruckt gleich beim Auspacken: Der längliche, schwarze Glanzriegel liegt mit gut 1,5 Kilogramm schwer in der Hand. Der Tischsteller ist ganz aus Metall gefertigt. Eine Steckhalterung für die Wandmontage liegt bei. Die
Fernbedienung mit ihrer schwarz lackierten Oberfläche und zahlreichen exklusiven Internetradio-Sondertasten, passt ideal zum NP2900. Der Verarbeitungseindruck ist einfach perfekt.
Beim Einschalten geht das Staunen nahtlos weiter. Ein großer Vollfarb-TFT-Bildschirm führt durch die Bedienmenüs und spätestens die iPhone-artigen Bewegungen der einzelnen Bedienbildschirme, die geschmeidig und elegant nach links Durchhuschen, macht klar, Philips will mit dem NP2900 die Premiumklasse markieren.
Einrichtung und Bedienung
Mit konsequent übersetzten deutschen Bedienmenüs setzt sich Philips positiv vom Gros der Wettbewerber ab. Im Niedrig-Preissegment ist die Bediensprache englisch oder denglisch, meist eine ungenießbare Mixtur von zweifelhaftem Unterhaltungswert, die als „German“ bezeichnet wird.
Die Einrichtung des Philips-Radios ist zwar nicht kniffliger, als bei anderen Geräten, hat aber dennoch Zeit beansprucht. Man kann sich eine Bediendemo am Bildschirm anschauen, wird darauf hingewiesen, dass nach Produktregistrierung tolle Zusatzdienste bereitstehen und gefragt, ob man sich denn nun gleich registrieren wolle. Schließlich sucht das Gerät nach WLAN-Hotspots. Die WPA-Schlüsseleingabe geht mit der Zehner-Tastatur auf der Fernbedienung genauso einfach von der Hand, wie das Schreiben einer SMS am Mobiltelefon. Findet das Streamium keinen DHCP-Server, schließt es schlauerweise daraus, dass man eine statische IP-Adresse zuweisen will.
Nachdem die Hürden der Einrichtung genommen wurden, meldet das NP2900, es werde sich ins Internet verbinden, dann, dass es mit der Radiodatenbank Kontakt aufbaut. Überhaupt ist das Philips NP2900 sehr mitteilsam - wenn nicht schon geschwätzig. Der große Bildschirm macht Dialoge in ganze Sätzen möglich.
Das alles lohnt der Beschreibung, weil es eben nicht die uns vertrauten Bedienschemata der Reciva-, Frontier-Silicon- und BridgeCo-betriebenen Webradios sind. Ausgerechnet der WLAN-Router gibt einen Tipp zur technologischen Herkunft: Als Blackfin meldet sich das Gerät dort an. Das ist eine Chipserie von Analog-Devices.
Stotternd durch die Datenbank
Die schlichte Suchfunktion profitiert von der guten Fernbedienung. Zudem reicht es, die ersten drei Senderbuchstaben als Suchkriterium zu übernehmen. So schnell und schick man mit dem NP2900 die horizontalen Menüs durchblättern kann, umso mehr muss man sich wundern, dass das Stöbern in Datenbeständen vertikal, also in den Senderlisten, kein Vergnügen macht: Nach drei Sendern unterbricht das Radio das Rollen durch die Liste, um offensichtlich ein Häppchen nachzuladen. Wer so 200 Sender hinab zum Wunschsender stottern will, wird seinen Lieblingssender sofort in die Favoritenliste ablegen, um dieses Martyrium nicht nochmals durchleiden zu müssen. Ein nervtötender, ja geradezu unverzeihlicher Schwachpunkt.
VTuner Sortiment
Die Bestückung der Datenbank hingegen gibt keinen Anlass zur Klage. Bei unseren Tests fiel die Datenbank durch wenig Doppelungen auf. Die Einträge „ehemals jugoslawische Republik Mazedonien“ und „Brunei Darussalam“ sind typisch für die Vtuner-Senderdatenbank. Probleme bereitet die Sortierung in deutscher Sprache. Unter Europa steht „Deutschland“ zwischen Ländern mit dem Anfangsbuchstaben „G“, „Großbritannien“ steht hingegen auf der United-Kingdom-Position.
Sehr hübsch bei der Internetradiowiedergabe: Hinter vielen Sendern sind Logos hinterlegt, die auf dem Farbdisplay angezeigt werden. Selbst wenn man im Radiobetrieb ins Hauptmenü wechselt wird am Menüpunkt Internetradio das Logo des aktuellen Senders mit eingebunden.
Verblüffender Klang
Als Tischradio bringt das Philips NP2900 eigentlich zu wenig Gehäusevolumen mit. Die Lautsprecher sind winzig, nehmen nicht einmal den zur Verfügung stehenden Platz ein. Umso verblüffender ist die Klangvorstellung. Mit Stereobasis-Verbreiterung und „Living Sound“-Schaltung, die wegkomprimierte Tonbestandteile wieder anfügen soll, klingt das elegante Radio gleich doppelt so groß.
Seitliche Lautsprecher-Abdeckungen sorgen für eine Überraschung: Vier Lautsprecher arbeiten gemeinsam an der Schallverteilung.
Alle Sound-Gimmicks abgeschaltet, klingt das Gerät fade. Mit „Full-Sound“ und „Living Sound“ ergibt sich hingegen eine angenehme Tondarstellung. Wer mag, kann man den „Living Sound“ gegen den DBB-Bass-Booster eintauschen, oder mit der Equalizer-Taste fünf Musikstil-bezogene Klangprofile abrufen. In der Praxis lassen sich Verfärbungen im Mitteltonbereich durch die Equalizer-Profile gut kaschieren. Der erzeugbare Schalldruck ist vollkommen ausreichend. Selbst mit voller Lautstärke, bei basslastigen Stücken, rasselt und scheppert am Philips NP2900 nichts. Der Pegel reicht genau bis an die Grenze erster, hörbarer Verzerrungen. Mehr kann man von einem Radio dieser Größenordnung schwerlich erwarten.
Energiemanagement
Bis zu 40 Watt leistet das Netzteil. Für die Stromaufnahme hat es keine Bedeutung. Bei normalen Lautstärken haben wir aber vergleichsweise sparsame 6 Watt gemessen.
Der Stand-by ist zweistufig ausgeführt. Ein kurzer Druck auf den Ein-Aus-Schalter führt zum aktiven Stand-by. Der Bildschirm fungiert als Uhr, das WLAN-Modul hält den Funkkontakt zum Hotspot aufrecht und frisst scheinbar den letztgehörten Radio-Stream weiter stumm in sich hinein. Ein Druck auf die Power-Taste erwidert das Radio mit sofortiger Radio-Wiedergabe. Der aktive Stand-by wurde mit rund 4 Watt gemessen.
Ein langer Druck auf den Netzschalter, bewirkt eine Vollabschaltung, bei der offenbar nur der Datenspeicher mit winzigen Energiemengen am Leben gehalten werden; der Stromverbrauch liegt dann bei extrem niedrigen 0,4 Watt.
Musikalischer Befreiungsschlag
Natürlich kann das Philips NP2900 Musikdateien von der PC-Festplatte per WLAN auflesen. Das erfolgt mit der mitgelieferten Software Twonky-Music. Wer sein Streamium auf der Philips-Webseite registriert, kann auf weitere Dienste zugreifen. Die wichtigste, zusätzliche Funktion ist sicher das Einpflegen von eigenen Stream-Adressen. Die stehen im Radio dann unter eigene Sender zur Verfügung. Der Philips-Clubbereich enthält dazu noch den Tipp, sich mit dem Online-Musikdienst Rhapsody zu befassen, der ebenfalls vom NP2900 integriert werden kann.
Als Futterlieferant für die Stereoanlage ist das NP2900 keine schlechte Wahl. So gibt es einen digitalen koaxialen Signalausgang oder den Kopfhöreranschluss als analoge Notlösung. Ein analoger Line-out wäre wohl doch praktischer gewesen. Neben WMA (ohne DRM) und MP3 beherrscht das NP2900 immerhin AAC, PCM, Ogg Vorbis und das verlustfreie FLAC-Format.
Große Kleinigkeiten
In der Ausstattung fehlen Schlaftimer und Weckfunktion nicht. Das Display kann gedimmt und auch abgeschaltet werden. Die Software reagiert auf einen nicht abrufbaren Radio-Stream, mit dem Aufruf des nächsten Programms der Senderliste. Der Musikplayer hängt sich nicht an DRM-geschützten Files auf, sondern blendet einen Fehlerhinweis ein und probiert ohne Zutun des Nutzers andere Dateien der Playliste aus. Wer aus einem Verzeichnis wählen wollte, dann aber einfach weggeht, braucht kein schlechtes Gewissen zu haben, denn nach einigen Minuten schaltet das NP2900 selbständig in den Stand-by. Es sind solche Kleinigkeiten, die dem Philips NP2900 zu wahrer Größe verhelfen.
Sogar der WLAN-Empfänger, mit der sichtbaren externen und - laut Datenblatt - einer zweiten innen verbauten Antenne, bringt ein paar dB extra. Dank des Antennendiversity liest das NP2900 Signale in Wohnungswinkeln ein, die sonst als sicheres Funkloch gelten. Zwar kündigt das NP2900 durch eine orangefarbene Antennensymbolik das Ende der Reichweite an, lieferte aber tapfer 320 Kilobit-Musikfiles über den Medienserver, ohne jeden Ausfall.
Fazit
Die Perfektion in Verarbeitung und Qualitätsanmutung kann das Philips Streamium NP 2900 beinahe unbeschadet über die Ziellinie retten. Das Konzept ist gut durchdacht, der Klang um einiges besser als das kleine Radio erwarten lassen würde und die Details bemerkenswert. Bemerkenswert ist aber auch die Trägheit, mit der die Senderlisten eingelesen und durchgescrollt werden sollen. Ein Manko, das an Körperverletzung grenzt.
Interessenten sollten daher ihre Vorlieben kennen: Zum Empfang von zehn Lieblingssendern und die MP3-Wiedergabe per Medienserver ist das Philips gut zu gebrauchen. Für Jäger und Sammler von Radiosendern, die durch das Unterholz der Datenbank robben wollen, würden wir es in der von uns getesteten Softwareversion nicht empfehlen.
Technische Daten
- Netzteil 12 V/3,5 A
- Abmessungen (B x H x T) 346.5 x 99 x 69 mm
- Gewicht (netto) Hauptgerät: ~ 1,48 kg
- Stromverbrauch (eigene Messung) 6 Watt Betrieb, 4 Watt Standby, 0,4 Watt Standby II
- Audioausgang SPDIF 1x Cinch (Koaxial), 0,5 V, 75 Ω
- Kopfhörer 1x 3,5 mm-Buchse 30 - 18.000 Hz 16 - 150 Ω
- Audioeingang AUX IN (LINE IN) 2x Cinch
- Lautsprecher Nennbelastbarkeit Front-Lautsprecher: 10 W(RMS)/15 W (MPO)
- Seitliche Lautsprecher: 6 W (RMS)/9 W (MPO)
- Impedanz Front-Lautsprecher: 8 Ω
- Seitliche Lautsprecher: 12 Ω
- Abmessungen Front-Lautsprecher:6,5 cm
- Frequenzgang Front-Lautsprecher: 50 Hz- 16 kHz
- Seitliche Lautsprecher: 500 Hz - 16 kHz
- Kabellos WLAN-Norm 802.11g, abwärtskompatibel mit 802.11b
- WLAN Sicherheit WEP (64 oder 128 Bit), WPA/WPA2 (8-63 Zeichen)
- Antenne 2x intern, Diversity Mode aktiviert
- Kabelgebunden (LAN/Ethernet) Kabelnorm 802.3/802.3u Geschwindigkeit 10/100 MBit/s
- Unterstützte Formate MP3 8 – 320 Kbit/s (CBR/VBR) WMA 32 – 192 Kbit/s (CBR/VBR) AAC (M4A) 16 – 320 Kbit/s (CBR/VBR) PCM 1x (1,4 Mbit/s) FLAC, Ogg Vorbis
- Wiedergabelisten *.m3u, *.wpl
- Unterstützt iTunes (über mitgelieferte TwonkyMedia-Software)
- Display / Uhr Auflösung 320 x 240 Punkt-Matrix (QVGA)Farb-TFT, Größe 3,5 Zoll Hintergrundbeleuchtung Ein/Aus/Gedimmt
- Zeit-/Datumsanzeige Automatische Zeitsynchronisierung über Internet (NPT)
- Sleep Timer
UVP: 299,95 Euro.