Pure hat noch ein weiteres WLAN-Internetradio nachgelegt. Das Avanti Flow greift die guten Anlagen des Pure Evoke Flow auf und will mit dem neuen Modell das Wohnzimmer erobern.
Was aus einem im Grunde braven Tischadio, wie dem Evoke Flow werden kann, wenn man es in ein Gehäuse mit mehr Volumen verfrachtet und einen ordentlichen Verstärker mit einbaut, ist schon beachtlich. In geschwungener Linie mit zwei Lautsprechern vorne und einem nach unten abstrahlenden Tieftöner sieht das Radio schon respektabel aus. Über den optische Zierrat an den vorderen Lautsprecherblenden kann man streiten, aber fest steht: Volumen ist eben doch eine gute Sache, wenn Klangfülle erreicht werden soll.
Klasse D
Und so legt sich das Avanti Flow richtig ins Zeug. Der Verstärker leistet 75 Watt RMS. Eine Verstärker-Wattleistung als RMS anzugeben ist recht nebulös und sagt wenig, sieht aber nach viel aus. Wie viel Watt Sinus dabei tatsächlich herauskämen, wäre eine Frage für Mathematiker. Gut im Futter steht der Avanti-Verstärker allemal. Ein Kunstgriff, der möglich wird, weil man einen so genannten „Class D“-Digitalverstärker bemüht. Ein Digitalverstärker zerlegt das (analoge) Eingangssignal und schaltet Transistoren ein, sofern Energie benötigt wird. Man nennt diese Signalverarbeitung Pulsweitenmodulation. Vorteil gegenüber den herkömmlichen linearen Gegentaktverstärkern ist der geringere Energiebedarf. Um einen runden und sanften Klang hinzu bekommen, muss man das Signal in sehr feine Stücke hexeln. Beim Avanti Flow scheint die Operation geglückt, denn selbst bei gebundenen Musikstilen kommt der Verdacht, es handele sich um einen steril tönenden Digitalverstärker, erst gar nicht auf.
Dabei hat das Tieftonfundament natürlich seinen Anteil. Den britischen Ingenieuren gelang auch hier eine gute Abstimmung. Unaufdringlich verrichtet der in drei Stufen verstellbare Subwoofer seine Arbeit, ohne dabei auf dick geschminkte Tischdiskothek zu machen. Der Bass kommt genau dort zum Tragen, wo er hingehört, ohne den „Rest“ in Grund und Boden zu wummern.
In der weiteren technischen Ausstattung und in den DAB(+) und UKW-Empfangseigenschaften ergeben sich keine fühlbaren Unterschiede zum Evoke-Modell: Im digitalen DAB-Radioempfang präsentiert sich das Radio mit ordentlicher Empfindlichkeit. Die wirkt beim UKW-Empfang deutlich zurückgenommen. In Bonn kommen Sender wie SWR III und BFBS mit hörbarem Rauschbesatz an. Da tröstet es wenig, dass der UKW-Empfänger mit RDS und Signalstärkeanzeige ausgestattet ist.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier
Die Fernbedienung F10RF ist eine genauere Betrachtung wert. Die Tasten haben richtigen Hub, eine glatte Oberfläche und so ist der Telecommander absolut angenehm zu handhaben. Zudem handelt es sich um eine Funk-Fernbedienung. Das Radio lässt sich damit sogar von hinten „abschießen“ und funktioniert selbst durch die geschlossene Zimmertür. Toll!
Für den Ersatz der Wohnzimmeranlage sollte man eigentlich einen CD-Spieler erwarten. Den hat das Avanti Flow nicht. Immer öfter wird der vorhandene Ipod-Dock als ein zeitgemäßer Ersatz betrachtet.
Ins Straucheln gerieten wir schließlich bei der Bedienung. Sie ist anders als bei vergleichbaren Radios. Um zur Senderliste zu gelangen, wählt man „TheLounge“ aus. Es startet das Laden der Gesamtsenderliste (derzeit 8800 Angebote) mit der Dialogtaste „Search“ gelangt man an die Filtermatrix, für Länder, Genre, Sprache und dergleichen. Den Weg kann man sich noch einprägen. Kompliziert wird es erst, wenn man den gehörten Sender wechseln will. In der Radiowiedergabe steht die Dialogtaste „Add to favorites“ und „Options“ zu Wahl. Beides führt nicht in die Liste zurück. Ein Druck auf die „Select +/-“ Taste führt zurück in die Liste mit dem zuvor gewählten Suchfilter. Eine Auswahl, die mit dem letzten Suchfilter nichts mehr zu tun hat, findet man dort unter der Dialogtaste „Search“. Bis dieser Ablauf im Kopf ist, wird man hilflos durch die Menüs irren. Als Rettungsanker fungiert die Taste „Back“. Im Vergleich zu dem von uns getesteten Evoke Flow reagiert der Zurück-Befehl immerhin nun ohne Verzögerungen.
Die Bediendialoge stehen noch nicht in deutscher Sprache zur Verfügung und die Bedienungsanleitung gibt es nur online. So oder so: Die Bedienung erfordert Eingewöhnung.
Mit den weiteren Funktionen lässt es sich gut leben. Küchen-Timer (Minuten-genau bis zu 24 Stunden) Einschlaftimer (0 - 90 Minuten in 15 Minuten Schritten) und zwei verschiedene Alarmzeiten sind über separate Funktionstasten sofort abrufbar. Dabei weckt das Avanti interessanterweise weder mit einem Webradio (zu unsicher?), noch mit UKW (zu altmodisch?).
Das gut ablesbare fünfzeilige OLED-Display dimmt automatisch je nach Umgebungshelligkeit. Zur Wiedergabe von Musikfiles, die auf einer PC-Festplatte schlummern, erwartet Pure einen Medienserver. Der Flow-Server ist von der Webseite thelounge.com herunter zu laden, sobald man sein Radio dort registriert hat, aber auch mit den Microsoft Mediaplayer ab Version 11 kann das Avanti Flow zusammenarbeiten.
Das Format-Repertoire ist auf MP2, MP3, Real, WAV, WMA und AAC+ beschränkt, auch Musikfiles mit Kopierschutz verdaut das Avanti Flow nicht.
Die Besitzer des Avanti Flow sollen unter allen Umständen auf thelounge.com gelotst werden und ihr Radio dort auch registrieren. Danach kann man beliebig Radiosender in die eigene Favoritenliste verfrachten und fehlende Streams für das eigene Radio nachtragen.
Das war für unseren Fall tatsächlich nötig, weil wir „SwissGroove“, den kanadische „CKRL“ und den „Daily French Pod“ allesamt nicht in der Datenbank fanden. Ist die Trefferquote auch hoch, selbst die Unternehmens-interne Konkurrenz WiFiRadio-Frontier.com bietet klar mehr Auswahl. Angesichts von 8800 Datenbankeinträgen bei Pures Lounge, sicher ein Klagelied auf luxuriösem Niveau.
Pure stattet das Avanti Flow mit einem ECO-plus-Label aus. Produktion und Entsorgung sollen umweltschonend sein und der Energieverbrauch gering. Im Mittel ergaben sich im Betrieb bei Zimmer-verträglichen Lautstärken Verbräuche von rund 6 bis 6,5 Watt. Im Stand-by waren es immer noch 5,5 Watt und die WLAN-Verbindung bleibt aktiv. Allerdings gibt es einen Netztrennschalter auf der Geräterückseite, der den Verbrauch auf 0 Watt senkt. Alle Nutzerangaben und Alarme bleiben trotz Netztrennung erhalten. Gut: Das Netzteil ist im Radiogehäuse eingebaut.
Fazit
Klangvoll, hochwertig verarbeitet und dank der Integration von UKW- und DAB(+)-Empfangszug bestens für jede Radiozukunft gerüstet ist das Pure Avanti-Flow ein Gedicht. Ein Schnäppchen ist das Gerät allerdings wahrlich nicht: 449,95 Euro, das ist eine ganze Menge Geld und plötzlich findet man die Audioformat-Ausstattung für den ernsthaften Musikliebhaber eher dürftig und wünscht sich zugleich noch eine Festplatte mit hinein.
Technische Daten:
- Flow Terrestrisches Radio: Das Gerät erfüllt ETSI EN 300 401, decodiert alle DAB-Übertragungsmodi 1-4 bis 256 kbps und unterstützt UKW-RDS mit RadioText. DAB+ fähig
- iPod-Unterstützung: iPod-Dock-Unterstützung über mitgelieferten Adapter
- WLAN: 802.11b and 802.11g, WEP und WPA/WPA2 verschlüsselt.
- Frequenzbereiche: Band III 174–240 MHz, L-Band 1452–1490 MHz und FM 87.5-108 MHz.
- Codecs: MPEG: 8kbps–320kbps (umfasst MPEG-1-Band-III, MPEG-2-Band-III und MPEG 2,5-Band-III). WMA: 64kbps–385kbps (WMA4, WMA7, WMA8 und WMA9, einschließlich Unterstützung von VBR & CBR). AAC: 16kbps–320kbps (einschließlich .m4a). Real Audio: 8kbps–96,3kbps.
- Medienstreaming: Medienstreaming erfordert einen UPnP-Medienserver oder PC/MAC mit UpnP Serversoftware oder NAS-Box mit UPnP-Unterstützung.
- Lautsprecher: 2 x Vollbereich 3", 5,25" Down-Firing-Subwoofer
- Eingänge: 220-240V AC Netzadapterbuchse (für mitgeliefertes Netzkabel). 3,5mm-Line-in für Zusatzgeräte. iPod-Anschluss mit Adaptern. USB-Eingang (Typ Mini B) für Software-Upgrades.
- Ausgänge: 3,5-mm für Kopfhörer
- Fernbedienung: Reach F10 RF Fernbedienung.
- Speicherplätze: 30 DAB-, 10 UKW- und unbegrenzte Internetradio-Favouriten
- Anzeige: Kontraststarkes OLED-Display, gelb auf schwarz, Grafik 128 x 64, automatische Helligkeitsregelung.
- Netzversorgung: Netzbetrieb: 220-240V interne AC-Versorgung.
- Zulassungen: CE-Zeichen. Erfüllt die EMV- und Niederspannungsrichtlinien (2004/108/EC und 2006/95/EC). IEEE 802.11b, IEEE 802.11g, WPA - Personal, WPA2 - Personal.
- Abmessungen: 385 B x 125 H x 225 T. (mm)
- Antennen: Abnehmbare Teleskopantenne, interne Wi-Fi-Antenne.