Mit einem äußerst schlichten Reiseradio beginnt neuerdings das DAB-Modellprogramm vom Radiospezialisten Sangean. Der reinHÖREN-Redaktion stand eines der ersten dieser Geräte zum Testen zur Verfügung.
Passionierten Radiohörern muss man die Firma Sangean nicht vorstellen. Neben Sony ist Sangean aus Taiwan der wichtigste Hersteller von Reise-Kurzwellenempfängern. So ist es keine Überraschung, wenn Sangean sein Kernprodukt Radio in die digitale Zukunft begleitet. Zum Jahresende 2004 gibt es alle Sangean-DAB-Radios außer dem Tischmodell DDR-3 mit der lange erwarteten L-Band Option. Die L-Band-Geräte führen ab sofort immer eine “2” als Startziffer in der Modellbezeichnung.
Ganz einfach, ganz anders
Das neue Einstiegsmodell DPR-215 verzichtet mutig auf den altbewährten UKW-Empfang und bietet ausschließlich Digital Radio mit Band III und L-Band. Nicht alle Radiohörer sind technikverliebte Freaks, denen die Menüstrukturen nicht komplex genug sein können. Das DPR-215 ist das krasse Gegenteil. Ein orangefarbener Knopf startet das Radio. Lange Wartezeiten beim Durchscannen der Frequenzbänder gehören der Vergangenheit an. Ganze 17 Sekunden braucht der Suchlauf um festzustellen, was empfangbar ist. Das ist Rekord. Auch bei der Anzeige von Dynamik-Label-Texten trödelt der DPR-215 nicht lange herum. Auffällig, denn viele DAB-Radios brauchen unglaublich lange, um angeforderte Funktionen auszuführen.
Ebenso rekordverdächtig ist das geräumige LCD-Display (95 x 22 mm) mit seinen großen Buchstaben. Alle Tasten machen zudem einen soliden und hinreichend groß dimensionierten Eindruck. Das Radio kann man problemlos seiner Großmutter in die Hand drücken. Sie wird begeistert sein.
Klingt tüchtig!
Diese weiße Butterbrotdose ist also ein Radio, noch dazu ein Digital Radio. Der DPR-215 will wahrlich kein HiFi-Tuner sein, dafür fehlt ihm bereits ein Line-Ausgang. Trotzdem weiß das kleine DAB-Radio zu beeindrucken, denn mit einem so satten, runden Klang rechnet niemand. Der kleine Lautsprecher bietet ein recht ausgeglichenes Klangbild mit verblüffender Tieftonwiedergabe, einer beachtlichen Sprachverständlichkeit und sogar erfrischende Hochtonbestandteile lassen sich ausmachen.
Der Kopfhörer entlarvt den Trick
Welches Klangpotenzial steckt drin, in diesem kleinen DAB-Radio? Der Sennheiser-Kopfhörer HD-600 mag sich zu Beginn wohl gefragt haben, ob dieses weiße Plastikradio nicht unter seiner Würde ist, bis der goldene Stecker mit leichtem Widerwillen endlich in das Radio rutscht. Der Kopfhörer sollte mit seinen Bedenken Recht behalten: Dumpf und basslastig grummelt es in den Ohren. Besonders bei der Klassikwiedergabe werden die Tonfarben wenig natürlich wiedergegeben. Bei Pop-Musik wirkt die Akzentuierung der tiefen Töne wie ein eingeschalteter Bassbooster. Die Klangabstimmung stellt also ganz auf den kleinen Lautsprecher ab, der mit dieser Schubkraft aus dem Frequenzkeller natürlich eine Menge Eindruck schinden kann. Ferner offenbart der Kopfhörer ein leicht sägendes Geräusch in leisen Passagen. Dabei handelt es sich offenbar um eine Störungseinkopplung der Prozessoren aus dem Geräteinneren. Ein Fehlerchen, das bis zur Serienfertigung noch beseitigt werden sollte.
Minimalist mit Ausdauer
Für die Tests der Empfangsempfindlichkeit fehlt die Möglichkeit, eine externe Antenne anzuschließen. Außer einem Kopfhörer und dem Netzteil lässt sich an den DPR-215 ohnehin nichts anschließen. Also mussten wir mit dem Kleinen ein wenig herumfahren, um herauszufinden, ob fehlerbehaftet empfangbare Ensembles überhaupt durchgestellt werden. Immerhin verspricht Sangean mit vier Monozellen im Gehäusebauch eine hohe Betriebsdauer.
Empfangsleistungen der Extraklasse
Beim Empfang kann der DPR-215 den Tester nochmals richtig für sich vereinnahmen. Bei der Fahrt im geschlossenen PKW fand der Suchlauf bereits in einem tief gelegenen Stadtviertel das Ensemble aus Rheinland-Pfalz. Auf der Bundesstraße 9, im ehemaligen Bonner Regierungsviertel, profitierte der Empfang von den breiten Gebäudeschluchten, die offenbar günstige Reflexionen erzeugen und den Sender DASDING schon durchgehend hörbar machen. Dabei wirkt eine Blechkarosse stärker abschirmend als eine Hausmauer.
Der Indoor-Empfang wurde in einer weiteren Bonner Wohnung getestet, in der bereits andere DAB-Radios ihr Können unter Beweis gestellt haben. Rheinland-Pfalz empfängt der kleine Sangean in dieser Wohnung sogar auf der dem DAB-Sender Linz abgewandten Gebäudeseite problemlos und fehlerfrei. Damit ist der DPR-215 derzeit eines der empfindlichsten DAB-Tischgeräte am Markt.
Fazit
Wer ein wirklich gutes DAB-Radio sucht, dürfte mit dem DAB-Einstiegs-Duo DPR-15 und DPR-215 glücklich werden. Der minimalen Ausstattung, ohne UKW und ohne Ambition an die Stereoanlage angeschlossen zu werden, steht eine maximale Leistung beim DAB-Empfang gegenüber. In so wichtigen Kriterien wie Lautsprecherwiedergabe, Empfangsleistung und Bedienung ist der DPR-215 ein echter Matchwinner. Bleibt eigentlich nur noch das Problem der Preisgestaltung. Akzeptabel erscheint uns allenfalls der L-Band-Aufpreis von 30 Euro. Aber die Preise von 159 Euro für den DPR-15 und 189 Euro für den getesteten DPR-215 sind deftig. Die Idee, ein Digital Radio auf das Nötigste zu reduzieren, macht sich an der Kasse leider kaum bemerkbar.