Nachdem ein Blaupunkt Woodstock DAB 54 in einem Redaktionswagen installiert wurde, ist es nun an der Zeit, über die Erfahrungen mit dem Gerät zu berichten. Mit hochwertigem UKW- und DAB-Empfänger, MP3-Wiedergabe und DAB-Aufnahme auf der Speicherkarte ist das Gerät Luxusklasse. So viel vorweg: Dass der Wagenmeister in einer automobilen Brot- und Butterumgebung seinen Dienst versehen muss, lässt das Gerät unbeeindruckt.
“Tick, tick, tick, tickle, tickle, tick, klack, klack!” Keine Sorge, das Klappern ist nicht das Handwerk des Blaupunkt-Audio-Systems, beim Abspielen einer defekten CD, sondern eher eines der insgesamt acht Ventile des Leichtmetall-Vierzylinders unter der Motorhaube. Ein durchaus musikalisches Intermezzo und eine akustische Erholung nach einer schnellen Autobahnfahrt, wo der Motor seine Qualen von einem asthmatischen Stampfen bei niedriger Drehzahl bis zu einem heiseren Brüllen bedrohlich anschwellen lassen kann.
Die Frage, ob man von den klanglichen Segnungen von CD-Wiedergabe und Digital Radio profitieren kann, beschränkt sich in einem solchen Fahrzeug auf den Stadtverkehr sowie auf das Drehzahlband zwischen 2000 und 3000 Umdrehungen, also der flotten Überlandfahrt.
Die von uns gewählten Lautsprecher (Blaupunkt IC-115, 130 mm Durchmesser, 2-Wege) sind für ein orchestrales Klangerlebnis freilich zu sparsam gewählt und die Endstufe des Woodstock DAB 54 mit immerhin 4 x 50 Watt Spitzenleistung langweilt sich fast im Leerlauf mit all seiner Kraft, sogar große Lautsprechermagnete unter Strom zu setzen. Immerhin, der Klang ist sauber. Egal, wie laut der Motor schreit, die Audioanlage kann immer noch lauter.
Empfang der Extraklasse
Selbst an einer Blaupunkt GTI-Flex 2 ohne Vorverstärker auf dem Fahrzeugdach bringt das Woodstock DAB 54 in Bonn das entferntere Band-III-Ensemble aus Rheinland-Pfalz mit einer Leichtigkeit, die an ein Wunder grenzt. In südlicher Fahrtrichtung lässt sich das NRW-Ensemble mit ein paar Schwächeanfällen in tiefen Talsenken entlang der A 3 bis nach Ransbach-Baumbach hören, während sich ein stationärer DAB-Hörer in Altenkirchen mit Außenantennen schon reichlich strecken muss, um das Ensemble aus Nordrhein-Westfalen überhaupt zu empfangen. In Montabaur übernimmt Hessen den Staffelstab, rund um das Autobahndreieck Wiesbaden lassen sich über 40 DAB-Programmplätze ausfindig machen: Die Landesensembles Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern sind gleichzeitig zu Gast und auch im L-Band ist das Woodstock unglaublich wach. Zehn Kilometer vor dem Kreuz Wiesbaden auf der A 3 (Rasthof Medenbach) kommen die L-Bänder Mannheim, Ludwigshafen und Mainz herein. Das L-Band Frankfurt lässt bis Wiesbaden auf sich warten. Mit einer aktiven DAB-Antenne könnte sowohl das L-Band Frankfurt als auch das Band-III-Ensemble Bayern auf dem Rasthof ankommen. Beim Kanal 12A stockte der automatische Suchlauf verdächtig lange.
Von Bonn nach Westen ist Belgien nicht allzu weit. Unmittelbar hinter der Kreisstadt Euskirchen in Fahrtrichtung Kall (Eifel) meldete sich das flämische Ensemble erstmals mit Tonempfang.
Und UKW? Wir haben gar keine UKW-Antenne angeklemmt. Nur ein bisschen Antennenkabel, das im Nichts endet. Das UKW-Empfangsteil ist derart empfindlich, dass die fehlende Antenne kaum jemandem auffallen dürfte.
Das Autoradio Woodstock DAB 54 ist in Sachen Empfang eine Klasse für sich und gewiss auch die Messlatte für andere DAB-Autoradio-Hersteller, die wir nun nach und nach überprüfen werden.
Stoischer CD-Player
Auch am CD-Player gibt es wenig auszusetzen. Selbst etwas zerkratze CDs wurden problemlos eingelesen und wiedergegeben. MP3-Tracks mit unterschiedlichen Bitraten konnten das Laufwerk ebenfalls nicht aus der Ruhe bringen. Schlechte Wegstrecken beeindruckten das Laufwerk ebenso wenig. Klasse ist die Funktion, eine CD beim Wiedereinschalten immer am letztgehörten Stück starten zu lassen. Eine MP3-CD immer wieder durchklicken zu müssen, wäre auch reichlich lästig. Da der CD-Spieler aber auch Verzeichnisse auslesen kann, ist die Organisation des Datenträgers zum schnellen Auffinden des gewünschten Musikstücks ohnehin kein Problem.
SD-Card mit Tücken
Bei der SD-Card-Funktion sollte man wissen, dass mit steigender Speicherkapazität auch die Kompatibilitätsprobleme steigen. Das ist kein Blaupunkt-Problem, sondern eine allgemein gültige Beobachtung. Wir testeten hier mit einer preiswerten 128-MB-SD-Karte von Hama. In seltenen Fällen wollte die Aufnahme nicht starten. Durch ein Neueinlegen der Karte ließ sich das Problem beheben. Während der Fahrt ist das nicht leicht zu bewerkstelligen, weil es nicht genügt, das Bedienpanel herunterzuklappen. Es muss das ganze Bedienteil abgenommen werden.
Bedienung: Leichter als vermutet
Inzwischen hat sich die Design-Philiosophie der Autoradio-Hersteller ja wieder gewandelt: Weg vom Knöpfchen-Overkill, hin zur leichten Bedienung der Basisfunktionen. Die erste Woodstock-Betriebsstunde erfolgte im Stand und mit dem Bedienhandbuch auf dem Schoß. Doch die Basisfunktionen erschließen sich ausgesprochen schnell, sofern man sich die Zeit zur “Einarbeitung" nimmt. In die tieferen Eingeweide der Woodstock-Funktionalitäten entführt die Taste Menü, hinter der sich viele selten verwendete Funktionen verbergen. Das DAB-Menü mit der Frage nach der automatischen UKW-DAB-Umschaltung zum Beispiel, oder das Feature der über 4.000 Displayfarben, das Soundmenü mit der Equalizereinmessung über ein optionales Einmessmikrofon oder die Uhrzeitfunktionen, um nur einige Beispiele zu nennen.
Wäre das System fest in die Fahrzeugelektronik integriert, man sollte die Sperrung dieser Menüfunktionen im rollenden Fahrzeug einrichten. Der Versuch, während der Fahrt die Displayfarbe von Ocean Blue auf Nature Grün zu ändern, kostete viele Versuche und elf Autobahnkilometer.
Trotz und alledem ist der Bedienung, angesichts der Komplexität und Funktionsfülle ein Lob auszusprechen. Im Vergleich zum Woodstock DAB 53 brilliert das Display mit erstklassiger Ablesbarkeit, sogar bei direkter Sonneneinstrahlung. Selbst der Display-Betrachtungswinkel lässt sich über die Software beeinflussen.
Der ideale “DAB-Tester-Mode” ist die Funktion DAB-Scan. Dort werden alle Kanäle durchsucht und jedes Programm für 30 Sekunden angespielt. Dafür muss man nur die blaue OK-Taste rechts zwei Sekunden gedrückt halten, solange bis ein Piepton erschallt, schon startet der Dauer-Suchempfang zur gezielten Beifahrervergrämung.
Software: Division by Zero?
Wenn es irgendetwas am Woodstock zu beanstanden gibt, man wird es auf der Softwareseite finden können. Zu den Kritikpunkten gehört die unzuverlässige Dynamik-Label-Anzeige. Beim manuellen Ensemblewechsel bleibt die Anzeige auf der Ensemble-Information stehen, obwohl im versteckten DAB-Menü der Radiotext aktiviert wurde. Der RDS-Radiotext auf UKW bereitet dagegen keine Probleme. Ungünstig erscheint auch die Bedienung der Aufnahmefunktion auf SD-Karte, insbesondere für schnelle Aufnahmen. Denn leider startet die Aufnahme nicht ganz so fix: Die entsprechende Taste muss wenigstens eine Sekunde gehalten werden. Beim Umschalten von DAB auf SD-Kartenwiedergabe schaltete sich unser Testmuster zudem manchmal einfach ab. Leider ließ sich der Fehler nicht stabil vorführen. Insgesamt arbeitet das Woodstock DAB 54 aber zuverlässig. Durchschnittsnutzer dürften solche Abstürze kaum zu Wege bringen. Nur wir Spielkinder schaffen das von Zeit zu Zeit.
Made in Germany!
Um die Qualität des Blaupunkt-Gerätes zu ermessen, reicht der Druck einer beliebigen Taste. Da gibt es keine Blechfolie, die ein billiges “Knick-Knack-Gefühl” auslöst, stattdessen Tasten mit Tastenweg und sauber weich-definiertem Druckpunkt. Qualität kann man nicht nur hören, sondern auch fühlen. Insofern ist das Woodstock DAB ein rundum sinnliches Erlebnis.
Fazit
In Hotels ab vier Sternen aufwärts darf der Kunde erwarten, dass ein Wagenmeister dafür sorgt, das Auto in die Tiefgarage zu bugsieren und die Koffer auf das Zimmer zu bringen. Dem Blaupunkt Woodstock DAB 54 gebühren wegen sehr guter Ausstattung, erstklassigem Empfang und hoher Qualität sogar fünf Sterne. Das hat zwar seinen Preis, es hat aber auch seinen Wert.