Die chinesische Firma Himalaya hat sich viel Zeit gelassen, ein DAB-DRM-Kombiradio in den Markt zu bringen. Nun ist es da. Dieser erste Test klärt, ob sich die Wartezeit gelohnt hat.
Die Fotos täuschen: Das Gerät ist überaus kompakt und ohne Batterien nur 768 Gramm schwer und somit voll Reisetaschen-tauglich. Das weiße Gehäuse ist zwar nett in Form gebracht, wirkt aber vom Material her eher billig. Die Sensation am Himalaya DRM-2009 liegt - wie der Name schon sagt - im DRM-Empfang. Himalaya zeigte 2006 zwei DRM-Radiomodelle: Das DRM-2008 als reines DRM-Radio in einer DSP-Dekodierungsvariante und das DRM-2009 mit dem Radioscape-Chipsatz RS-500, der auch schon beim Morphy-Richards DRM-Radio verbaut wurde. Dementsprechend gleichen sich die Ausstattungslisten:
- DAB Digitalradio im Band III und L-Band
- DRM Digitalradio für Lang-, Mittel-, Kurzwelle
- Aufnahme auf SD-Karte, automatische Aufnahme, MP3-Wiedergabe von SD-Karte
- Elektronischer Programmführer (EPG) im DAB-Betrieb
- 40 Stationsspeicher (je zehn für UKW, AM, DAB und DRM)
- Externer Antenneneingang, Kopfhörerausgang, digitaler Ausgang
- Zwei Lautsprecher
- Batteriebetrieb (Betriebsdauer nach Werksangabe drei Stunden)
Mit dieser Ausrüstung kann man einen Kurzwellen-Reiseempfänger, das UKW-Radio und ein DAB-Radio ersetzen - von der digitalen Lang-, Mittel-, Kurzwellenempfangsmöglichkeit einmal ganz zu schweigen.
Nach dem Einschalten scannt das Radio alle Frequenzen von 150 kHz (Beginn der Langwelle) bis 27 MHz, UKW von 88 MHz bis 108 MHz, das DAB Band III 175 - 240 MHz sowie das L-Band für DAB-Radio zwischen 1.453 - 1.490 MHz.
Mit der Bedienung muss man sich erst arrangieren. Die Taste ”Mode“ schaltet zwischen DRM, DAB, UKW und analogem Lang-, Mittel-, Kurzwellen-Empfang um. Programme, die im Suchlauf gefunden wurden, können in jedem Modus aus einer Senderliste ausgewählt werden. Wer die Taste Volume drückt, kann danach mit dem zentralen Drehsteller die Lautstärke regeln. Wer sich in den Menüs verirren sollte, findet mit der Back-Taste links vom Drehrad wieder zurück. Zur Anwahl einer Funktion kann das zentrale Drehrad gedrückt werden. Im Großen und Ganzen wird man sich nach kurzer Eingewöhnung gut in den Bedienmenüs zurechtfinden.
Einige Bedienumstände sind allerdings mehr als störend. Es liegt ja in der Natur der Sache, dass der Suchlauf nur eine Momentaufnahme liefern kann. Besonders im DRM-Modus variiert der Inhalt der Stationsliste alle 30 Minuten. Zudem kann es passieren, dass der Empfänger gerade dann über eine Frequenz hastet, wenn sich das Signal gerade in einem tiefen Fadingtal befindet. Der Suchlauf muss immer wieder per Hand angestoßen werden, die Menüs helfen nicht recht weiter: ”Scan all bands or Exit“. Zum Glück lässt sich der Suchlauf für jeden Betriebsmodus einzeln starten. Der Suchlauf ist erstaunlich schnell, bedient sich aber eines Tricks: Das Radio kennt genau die Frequenzen, auf denen in DRM gesendet wird.
Ganz schlecht ist auch das Hauptbedienelement: Der Drehschalter in der Mitte. Die mechanische Qualität ist zweifelhaft, der Kopf liegt locker auf der Achse, die sich ihrerseits nach Herzenzlust verwindet. Es gibt dabei keine großen Abstimm-Alternativen: Wer auf Hand-Abstimmung geht, startet im Keller bei 150 kHz. Behelfsweise kann man sich einen DRM-Sender aus der Stationsliste pflücken, bei dem man weiß, dass die Frequenz in der Nähe des gewünschten Abstimmziels liegt. Das DRM-Bouquet Flevo aus den Niederlanden auf 7.240 kHz zum Beispiel. Ein Gedrückthalten des Abstimmknopfs lässt die manuelle Abstimmung auf 7.240 kHz springen. Der unbedarfte Durchschnittsnutzer weiß freilich überhaupt nicht, wo diese Empfangsfrequenzen liegen. Im DRM-Empfang wird keine Frequenz angegeben.
Rettung: Bandanfänge auf die Speichertasten
Nicht weniger nervend: Wer nahe 27 MHz ist und auf die Mittelwelle möchte, würde es begrüßen, wenn es hinter der obersten Empfangsfrequenz wieder ganz unten bei 150 kHz anfinge. Das geht aber nicht. Man müsste theoretisch wieder 26 MHz per Hand zurückkurbeln. Der Abstimmknopf ist winzig klein und fummelig, Spaß macht das nicht. Keine Taste, mit der man sich wenigstens an die Anfänge der Kurzwellen-Rundfunkbänder bringen lassen kann. Einzige Hilfestellung ab Werk: ein Schwungrad-Effekt. Bei schnellem Drehen der Abstimmung überspringt die Abstimmung schon mal 200 kHz. Trotzdem ein Bedienkomfort wie im Bollerwagen. Empfehlenswert ist es daher, die zehn DRM-Stationsspeicher mit den wichtigsten Bandanfangsfrequenzen zu belegen. Das ist der einzig praktikable Ausweg aus dem Abstimmdilemma.
Kurzwelle: Wenig Signalangebot
Die kleine Teleskopantenne passt optisch zum schlanken DRM-2009, viel Signal traut man ihr aber eher nicht zu. Und so ist es auch, wenn man den analogen Kurzwellenempfang als Messlatte hernimmt. Sieben oder acht Stationen nachmittags auf dem 49-Meter-Band, das ist nicht gerade ein üppiges Angebot. Man muss davon ausgehen, dass eine solche Abstimmung mit verhaltener Empfindlichkeit gewählt worden ist, damit der weitgehend automatisierte DRM-Empfang gelingt. Die automatische Verstärkungsregelung soll das Radio immer im linearen Bereich halten, denn - dass ließ sich aus den Experimenten mit einem 70-Euro-Kofferradio Roadstar ablesen - ist der Mischer erst einmal mit zuviel Signal zugeknallt, nutzt dem DRM-Signal auch die beste digitale Filterung nichts mehr. Mit sehr schwachen Pegeln hat DRM hingegen weniger Probleme, solange der Signal-Rauschabstand ausreicht.
Immerhin hat man beim Himalaya eine externe Antennenbuchse vorgesehen. Sie liegt auf der Rückseite gleich am Fuß der Teleskopantenne und ist als 3,5-mm-Klinkenbuchse ausgeführt.
Die Handabstimmung durchmisst die Kurzwelle (analog und digital) in 5-kHz-Schritten. In diesem Raster hat der Himalaya-Empfänger im analogen Betrieb keinerlei Probleme, Sender sauber zu trennen. Eine Umschaltung des Mittelwellenkanalrasters von 9-kHz (Europa), auf 10-kHz (Nordamerika) ist nicht vorgesehen. Für ein reisetaugliches Radio etwas enttäuschend.
Empfang
1. DAB
Im DAB-Bereich ist der Empfang nicht zu beanstanden. Im Band III kam das zuständige Ensemble Nordrhein-Westfalen (Kanal 12 D). Auf das Ensemble Rheinland-Pfalz (Kanal 12 A) unternahm das Radio mit der Teleskopantenne regelmäßige Abstimmversuche. Zwar gelang die Ensembledarstellung nicht, dennoch kann man daraus schließen, dass der DAB-Empfang mit standesgemäßer Empfindlichkeit aufwarten kann. Sehr gewundert haben wir uns über ebenso hartnäckige Abstimmversuche auf Kanal 12 C (Hessen). Das beobachten wir eher selten in Bonn. Die EPG-Funktion (EPG = Elektronischer Programmführer: Eine Art Radioprogrammzeitschrift auf dem Display, die unter anderem automatisierte Aufnahmen auf Speicherkarte erlaubt) ließ sich nicht testen, weil vor Ort derzeit kein Programmführer ausgestrahlt wird.
Im L-Band wurde das Handy-TV-Ensemble Watcha aus Bonn (DMB-Übertragungsstandard) erkannt. Signale von Watcha aus Köln wurden bemerkt, aber nicht näher aufgelöst. Das ist ein gutes Ergebnis.
2. UKW
Hier paart sich eine schwache Empfindlichkeit mit befriedigender Trennschärfe. Die wichtigsten Sender kommen herein, aber bisweilen bringen die Sender viel Rauschen mit. Die automatische Mono-Umschaltung reagiert erst, wenn die Sender im Rauschen verschwunden ist - viel zu spät. Eine Handumschaltung gibt es zwar, ist aber etwas umständlich zu handhaben.
3. Kurzwelle analog
Wir hatten es bereits erwähnt: Das Signalangebot mit der Teleskopantenne ist bescheiden. Etwas mehr Antenne können dem DRM-2009 auf keinen Fall schaden. Die Trennschärfe ist bei dem Signalangebot nicht gefordert, scheint aber in 5 kHz-Raster Sender gut zu trennen. Die Sprachverständlichkeit bei schwach einfallenden Stationen präsentiert sich durch eine mitten- bis hochtonbetonte Lautsprecherwiedergabe recht ordentlich.
4. Digitale Kurzwelle mit Digital Radio Mondiale (DRM)
Kommen wir zur Hauptsache, dem digitalen Kurzwellenempfang. Das, was der automatische Suchlauf zu finden vermochte, sind die stärksten DRM-Sender, die man jeden Tag wiederfinden wird. Die Sender müssen schon ein sattes Signal in die Landschaft stellen, um erkannt und dekodiert zu werden. Immerhin schaffte das Himalaya DRM-2009 sowohl eine Wiedergabe von B5 aktuell auf 6.085 kHz als auch RTL auf 6.095 kHz.
Wir haben zwischen 13:00 und 14:00 Uhr UTC im 31-Meter-Band manuell einige Stationen abgestimmt, die nach dem DRM-Sendeplan auf Sendung hätten sein müssen. Radio Taiwan International von der Sendestation Rampisham GB (9.850 kHz), Voice of Russia aus Taldom RUS (9.450 kHz) und die Deutsche Welle aus Moosbrunn A (9.495 kHz) und allen Stationen gemeinsam war, dass unser Testmuster keine Tonwiedergabe zusammenbrachte. Das Ergebnis entsprach genau den Resultaten, die wir parallel dazu mit unser billigen Kofferradio-Lösung und PC-gestützter Dekodierung erhoben haben. Auf einer anderen Frequenz der Deutschen Welle klappte die Wiedergabe auf beiden Radios mit gelegentlichen Aussetzern. Erstaunlicherweise waren die Auszeiten der Wiedergabe bei beiden DRM-Empfänger de facto deckungsgleich. Das bedeutet, der spezielle DRM-Empfänger bringt in 90 % der Empfangsfälle vermutlich keinen Vorteil gegenüber der 100-Euro-Kofferradiolösung. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Erfordert die Kofferradiolösung einiges an Abstimmungsaufwand am Radio, der HF-Verstärkung und der PC-Software, gelingt der Empfang mit dem Himalaya einfach auf Knopfdruck. An der Teleskopantenne mit dem mageren Signalangebot, gibt es keine Spiegelfrequenz- oder Überladungs-Probleme. Lang- und Mittelwelle empfängt das Himalaya angeblich auch. Wenn da nicht eine leichte Richtwirkung einer eingebauten Ferritantenne feststellbar gewesen wäre, man hätte wirklich an einen Defekt glauben können. Auf Mittelwelle geht mit Glück ein Signalnachweis der 1.440 kHz RTL. Wiedergabe bringen die Abendstunden auf 1.296 kHz, allerdings stellt die BBC auf dieser Frequenz ein Signal hin, das selbst für Schwerhörige nicht zu ignorieren ist. Oldistar-Radio aus Burg trifft ab 22:00 Uhr UTC ein, sobald auf 100 kW Sendeleitung geschaltet werden darf.
Die ersten Versuche positionieren den Himalaya DRM-2009 nicht als Gipfelstürmer. Der Versuch, ein Radio zu präsentieren, das Radiohörern ohne Kurzwellenerfahrung zu schnellen Empfangserfolgen verhilft, scheint schwierig umzusetzen.
Nachdem wir die ungalante Abstimmung vorgestellt haben, gibt es auch einige Funktionen zu erwähnen, die ausgesprochen gefällig sind. Dazu gehört die einfach nutzbare Pause-Funktion. Die Radiowiedergabe lässt sich anhalten und später fortsetzen. Sie funktioniert sehr gut und ist leicht zu handhaben. Sehr gut auch die Sonderfunktion, Laufschrifttexte statt als Lauftext in einem Textblock stehend über mehrere Zeilen auszugeben. Offenbar stehen bis zu sieben Zeilen zur Verfügung. Die Kurztexte lassen sich auf diese Weise ganz entspannt ablesen. Das Display ist sehr ordentlich. Zwar ist die Schrift nicht gerade groß, aber der Kontrast ist gut und die türkisfarbene Hintergrundbeleuchtung wirkt angenehm.
Die Bediensoftware hinterlässt einen sehr guten und stabilen Eindruck. Wenn man bedenkt wie viele Funktionen im DRM-2009 drin stecken, muss das durchaus lobend erwähnt werden.
DRM, DAB: Klingt alles (fast) gleich
Der Klang, wann immer es geht in stereo, entspricht genau der Erwartung angesichts der Gerätegröße. So muss man auf eine wärmende Basswiedergabe praktisch verzichten. Dennoch klingt das Radio nicht quäckig und nervtötend, sondern einfach nur etwas zu blass und hell. Für die Sprachverständlichkeit ist diese Klangabstimmung nicht schlecht. Einen großen Schalldruck liefert das Radio nicht. Was wirklich verblüffend ist: UKW und DAB klingen wirklich nur graduell besser als DRM-Kurzwelle in stereo. Die helle Klangabstimmung sorgt im DRM-Modus dafür, ausgerechnet die hart wegkomprimierten Hochtonbestandteile zu betonen, die sich arg blechern aus den Lautsprechern pellen. Beim Nebenbeihören wird der Nutzer nicht mitbekommen, auf welchem Wellenbereich der Sender gerade gehört wird.
Sprich mit mir, Manuel!
Die Anleitung umfasst enorme vier Seiten je Sprache, nennt sich auf französisch ”Manuel“ und hält sich mit Informationen dezent zurück. Sie enthält keine technischen Daten und keine erhellenden Hinweise, die über wesentliche Bedienschritte hinausgehen. Auch über die Stromversorgung (7-Volt-Netzteil im Lieferumfang) schweigt sich die Anleitung aus. Nach unseren Messungen verbraucht das Himalaya DRM-2009 im Betrieb zwischen 10,5 und 11,0 Watt. Es wird auch im Analogbetrieb nicht weniger. Im Stand-by-Betrieb, wo eine große Uhr ins Display geblendet wird, verharrt unser Strommesser bei 11 Watt. Die vier Babyzellen haben also in der Tat keine Chance auf ein langes Leben. Die Werksangabe geht von drei Stunden aus. Der Hauptschalter an der Gehäuseseite ist vorstehend montiert. Der sollte eigentlich versenkt angebracht sein, um ein versehentliches Einschalten im Koffer zu verhindern. Und noch etwas ist auffällig: Prozessor-Sirren in allen Lebenslagen des DRM-2009. Wenn das Himalaya einen DAB-Sender abstimmt, scheint die Tonabfolge gewollt sein. Im DRM-Suchlauf geht das Sirren in ein verharrendes Knurren über, sobald ein Signal gefunden wird. Auf UKW ist ein monotones ”Tock-Tock“ die akustische Dauerbegleitung. Selbst bei vergleichsweise gut einfallenden Sendern bleibt es hörbar.
Fazit
Das ganze Konzept legt nahe, sich nicht an passionierte Kurzwellenhörer zu richten, sondern an technisch unversierte Radiohörer. Der Radiohörer bekommt ein ordentliches DAB-Radio, ein mäßiges UKW-Radio und einen tauben Kurzwellenempfänger mit DRM. In der Praxis, mit einem DRM-2009 aus dem Karton, bedeutet DRM ein Zusatzangebot von vier bis fünf Kurzwellenstationen, von denen mit Glück drei ohne nennenswerte Aussetzer durchgehört werden können. Ein Durchbruch ist das Himalaya DRM-2009 also beileibe nicht.
Eine Frage drängt sich aber auf: Ist das Radioscape-Konzept des DRM-DAB-Tausendsassas für die digitale Kurzwelle ein Königsweg oder eher eine technische Sackgasse?
Wer auf der Suche nach einem DAB-Radio mit EPG und Aufnahmenfunktion war und sich für DRM interessiert, ist mit dem Himalaya DRM-2009 - mit einem Preis von 249 Euro – gar nicht schlecht bedient.
Dass wir am 12. Juli gleich ein Testmuster des brandneuen Himalaya DRM-2009 auf dem Tisch hatten, verdanken wir dem Funkhändler Charly Hardt aus Remscheid. Herzlichen Dank dafür.