Beeindruckend ist, was Sangean mit seinem WFR 2D auf den Tisch stellt. Groß, klangvoll und gut bedienbar präsentiert sich das hybride Touchscreen-Radio für UKW, DAB(+) und WLAN-Internet als prächtiges Allroundtalent.
Ganz in schwarzem Glanzlack gehüllt, schält sich ein eine wuchtige Kiste aus der Verpackung. Der Verzicht auf Design-Experimente muss für die stolzen Besitzer eines Sangean WFR 2D kein Nachteil sein, denn das Radio glänzt mit Qualität bei Empfang und Klang.
Auffällig ist das weitgehende Fehlen von Bedienelementen. Ein An-Aus-Schalter – mehr gibt es nicht. Ist das Radio damit zum Leben erweckt, teilen sich der Touchscreen und eine umfangreiche Fernbedienung die Aufgabe, das Musikzentrum zu steuern.
Schon die Einrichtung ist ein Gedicht. Der Assistent führt einen zum einfachen WPS-Setup; wird die Methode verneint, weil der Router diese Netzfreigabetechnik nicht unterstützt, erscheint die WLAN-Passworteingabe. Das Passwort lässt sich über eine Bildschirmtastatur eingeben und macht sofort klar, dass Ansprechgeschwindigkeit und Tippsicherheit bei dem Touchscreen oberste Priorität besitzen.
UKW ordentlich, DAB zeigefreudig
Der erste Empfangsversuch auf UKW stellt zufrieden. Selbst die schwächer einfallenden Sender werden im Suchlauf gefunden. Die Programme kommen mitunter mit Rauschbesatz an, was auf eine gezügelte Empfindlichkeit hindeutet. Es ist wohl gar keine Frage, dass Sangean deutlich bessere reine UKW-Radios im Lieferprogramm hat, doch kann die Abstimmung des chipsatzinternen UKW-Tunerteils als gelungen gelten und gereicht selbst einem Sangean-Radio nicht zur Blamage. Im DAB-Bereich liegt Bonn an einem Ort der Vollversorgung. Die Einbindung der DAB-Slideshows fällt sofort ins Auge. Ein kurzer Tipp auf das Senderlogo und schon werden Zusatzinformationen ganzflächig angezeigt. Ein Tipp auf „Info“ listet wie bei einem Messempfänger alle technischen Parameter der DAB-Übertragung auf : Frequenz, Kanal, Fehlerrate, Signalstärke, Codec und Bitrate, Stereo-Modus und Abtastrate. Für Techniker ist das großes Kino.
Müßig zu erwähnen, dass beim Sangean WFR 2D alle DAB-Kanäle auch manuell abgestimmt werden können. Man muss allerdings eine Weile warten, bis der Signalbalken sein Messergebnis preisgibt. In Bonn haben wir neben dem Kanal 12D (Landesensemble NRW) und dem Kanal 5C (Bundesensemble) vor allen Dingen den Kanal 11A (Landesnetz Rheinland-Pfalz) unter Beobachtung.
Auf der Geräterückseite findet man eine WLAN-Antenne und eine Teleskop-Antenne für den terrestrischen Radioempfang. Die UKW/DAB-Antenne ist mit einem Kunststoffüberwurf gegen ein versehentliches Lösen der Verschraubung gesichert, aber nach Abnahme der Abdeckung doch zugänglich, was den Anschluss einer externen Antenne wohl erlaubt. Wo wir schon einmal auf die Rückseite schauen, lohnt natürlich der optische Digitalausgang eine Erwähnung. Dass Sangean bei Tischgeräten immer auf ein fest eingebautes Netzteil setzt, ist markentypisch. Untypisch ist allerdings der RCA-Videoausgang. In Gedanken schraubten wir schon einen 81-Zentimeter-TV an die Bürowand, um die DAB-Datendienste in Großdarstellung über den Fernseher laufen zu lassen, doch der Videoausgang dient nur dazu, Bildschirminhalte von einem eingedockten Iphone oder Ipod auszugeben. Schade auch.
Apropos: Nachdem Android-Smartphones Apples Betriebssystem weit hinter sich gelassen haben, würde man sich inzwischen hier eine breitere Unterstützung wünschen.
Die Internet-Senderdatenbank ist sehr gut sortiert. Die Sendersuche erfolgt entweder konventionell nach Ländern und Genregruppen, oder aber als Volltextsuche – wieder unter Zuhilfenahme der guten Bildschirm-Tastatur. Die Datenbank selbst stammt vom Chiphersteller Frontier Silicon (www.wifiradio-fontier.com). Das Radio gibt einen Registrierungscode aus, mit dem sich Sender über den PC in eigene Favoritenlisten speichern lassen. Zudem lassen sich neue – in der Datenbank nicht enthaltene – Steamingadressen ablegen.
Viele Features, wie Wetter, Newsfeeds, Musikdienste wie MP3Tunes oder Aupeo sucht man bei Sangean vergebens. Die Beschränkung nutzt zwar der Übersichtlichkeit bei der Bedienung, andererseits ist der Hauptmenübildschirm noch halb leer. Für den US-Markt hat man Pandora mit dazugegeben. Hoffentlich kommt für Europa auch noch was.
Meisterhaft, selbst bei kleinen Bitraten
Das bringt uns fast automatisch zur Klangvorstellung des Sangean WFR 2D. Probehörer irrten sich regelmäßig dabei, die MP3-Bitrate des gehörten Programms einzuschätzen. Da gingen gut codierte 64 Kilobit-Programme meist als 128 Kilobit durch. Tatsächlich klingt das Radio selbst bei niedrigen Bitraten noch elegant, wo einfache Modelle zischeln und Details in der komprimierten Versenkung verschwinden lassen. Dass DAB+ mit 72 Kilobit im MPEG4-AAC erstaunlich gut klingen, zeigt das Klassikradio bundesweit, zum Beispiel mit einer schönen Aufnahme eines Bach-Flötenkonzert. Da hört man deutlich, dass MP3 technisch betrachtet längst von gestern ist.
UPnP-Medienserver erkennt das Sangean ohne Schwierigkeiten. Alternativ gibt es einen USB-Port, der bereit ist, USB-Sticks bis 64 GB Kapazität einzulesen. Bei Gianmaria Testas „Un pol´ di´ la del mare“ mit seinem geschmeidigen sonoren Kontrabass und filigranen Gitarrenläufen kann eine MP3-Datei sogar schon bei sparsamen 160 Kilobit punkten. Mit zwei 80-mm-Lautsprechern, die von einem Verstärker, der mal gerade 2 x 6 Watt leistet, angetrieben wird, erzeugt das WFR 2D einen enorm präsenten Klang. Der Ton reicht tief in den Keller hinunter, die Höhen sind spritzig, vielleicht einen kleinen Tick zu spitz, die Darstellung in der Breite mäßig, aber in der Tiefe gut gestaffelt. Uns zauberte der saubere Klang glatt eine Träne ins Auge. Und vor unseren geistigen Augen liefen nochmals die besser klingenden Testmuster ab. Wer kann da eigentlich klanglich mithalten? Bei den Multistandard-Hybridradios würde sich nur der Vergleich zum Pure Avanti Flow anbieten. Dabei sind die Lautsprechersysteme des Sangean als Bassreflex ausgelegt, doch das Gerät stand frei, ohne Wand im Rücken. Selbst bei pegelstarker Tanzmusik kann man die Lautstärke fast voll aufdrehen, ohne das etwas dröhnt.
Einmal nachpolieren bitte
Nach so viel Lob bleibt etwas Kritik nicht aus. Man muss jedoch voran schicken, dass wir eines der ersten Testmuster auf dem Tisch hatten. So gut wir die Bedienung fanden, es gab auch Momente der Konfusion: Im Hauptmenü nach dem Anschalten des Radios kann man mit den Pfeiltasten der Fernbedienung keine Funktion auswählen. Man kann aber die Funktion UKW, DAB, Internetradio oder Musikserver über Direkttasten anwählen. Es leuchtet schon ein, dass sich manche Funktionen eher über den Touchscreen ergeben, aber bisweilen irritierte uns der Umgang mit der Fernbedienung – dann mussten wir doch an den Touchscreen. Dabei ist die Fernbedienung ein großer Barren mit einem Haufen Funktionen. Gestört hat uns zudem, dass man damit genau zielen muss, wenn die Bedieneingabe von der Couch aus klappen soll.
Im Testzeitraum hatten wir beim Stöbern in den Internet-Senderlisten einen Systemabsturz zu verzeichnen. Das Gerät musste neu booten und tat das automatisch.
Fazit: Extraklasse
Trotz dieser Notiz ist das Sangean WFR 2D wirklich meilenweit davon entfernt, unfertig oder unausgereift zu wirken. Im Gegenteil: Dieses klangstarke Touchscreenradio ist Extraklasse. Das muss man eigentlich haben, wäre da nicht der Preis: 449 Euro sind wahrlich kein Pappenstiel. Doch es lohnt hier ein Preisvergleich im Internet: Bei www.thiecom.de haben wir das WFR2 D heute für 325 Euro, bei www.Radiostore.de für 359 Euro gesehen. Bei der Hausnummer stimmt das Preis-Leistungsverhältnis unbedingt.
Steckbrief:
- Hybridradio für UKW, DAB(+) und WLAN-Internetempfang
- iPod-Dock
- WLAN: 802.11b and 802.11g, WEP und WPA/WPA2 AES verschlüsselt; WPS Setup möglich.
- Frequenzbereiche: Band III 174–240 MHz und FM 87.5-108 MHz
- WMA, WMA-losless, WAV, MP3, MPEG1, MPEG4, AAC, FLAC
- Musikplayer: UPnP-Medienserver oder NAS-Box mit UPnP-Unterstützung.
- Lautsprecher: 2 x 80 mm Breitbandlautsprecher, Bassreflex
- NF-Verstärker 2 x 6 Watt
- Anschlüsse: 3,5mm-Line-in für Zusatzgeräte. USB-Eingang für Speichermedien bis 64 GB (vorne), Kopfhöreruasgang (hinten), opt. Digitalausgang, RJ45 Netzwerkbuchse, RCA-Video out für Ipod-Inhalte
- Fernbedienung
- Anzeige: TFT-Farbtouchscreen, automatische Helligkeitsregelung, dimmbar
- Netzversorgung: internes Netzteil
- Stromverbrauch (Messwerte): 1,1 W Standby, 3,4 W UKW, 3,5 Watt DAB und 4,5 Watt im WLAN-Internetradio-Betrieb
- Abmessungen ca.: 325 B x 110 H x 207 T. (mm)
- Antennen:Teleskopantenne, Wi-Fi-Antenne