In München fanden sich diese Woche vornehmlich Verantwortliche der ARD zum Symposium „Rundfunk über Internet“ beim Institut für Rundfunktechnik ein. An zwei Tagen sprachen hochkarätige Referenten über technische Möglichkeiten, rechtliche Grenzen und die Auswirkungen auf die Programme der Zukunft.
Über eine restlos ausgebuchte Veranstaltung freute sich Dr. Klaus Illgner-Fehns, Direktor des Instituts für Rundfunktechnik, einer Forschungsanstalt von ARD, ZDF, DRadio, ORF und SRG/SSR zum Auftakt der Veranstaltung. Das breite Themenfeld an Vorträgen und Diskussionen traf ganz offensichtlich den Nerv der Besucher.
Und das dicht gedrängte Vortragsprogramm konnte sich wirklich hören lassen. Wie entwickelt sich die Mediennutzung im Internet, was kann das künftige Funk-Internet in LTE-Technik in der praktischen, technischen Umsetzung tatsächlich leisten, wie lässt sich die Datenlast im Internet durch die sprunghaft gestiegene Mediennutzung aus technischer und betriebswirtschaftlicher Sicht begrenzen, welche Lösungen bieten Techniken wie Peer-to-Peer, Mesh-Netze und welche Rolle spielt das lineare Broadcasting, also die traditionelle Aussendung des Programm über Funksender, im künftigen Mix der Transportkanäle zum Nutzer?
Am Ende des ersten Tages kamen die Themen Nutzungsgewohnheiten und gesellschaftliche Aspekte der neuen Medienwelt ins Blickfeld. Die Abschlussdiskussion erörterte unter anderem die Frage nach den Folgen der Angebotszerplitterung und der zeitsouveränen Nutzung von Medien für den innergesellschaftlichen Dialog.
Rundfunk und Mobilfunk auf Tuchfühlung
Bemerkenswerterweise entschieden sich die Veranstalter auch Referenten der Hardware- und Softwarebranche, der Internetdienstleister und aus der Mobilfunkbranche auf das Podium zu schicken. Der Vortag des Telekom-Experten für Frequenzfragen, Karl-Heinz Laudan, blieb zwar beim Ausbauplan einer LTE-Infrastruktur, doch auf einen Schlagabtausch zum Reizthema Frequenzen kam es auch auf Nachfragen des Publikums nicht. Auch Vodafone konnte über Trends und Projekte (IPv6 und MBMS) berichten. Immerhin ist das der Versuch, eines aktiven Dialogs zwischen Rundfunk- und Mobilfunkbetreibern.
Rechtliche Fußnoten
Einen hochinteressanten Einblick in die tiefen Abgründe des neuen Rundfunkänderungsstaatsvertrags und dem damit verbundenen so genannten Dreistufen-Test bot die SWR-Redakteurin Heidi Schmidt. In prägnanter Form zeigte sie auf, welchen neuen Chancen, aber auch welche Absurditäten nunmehr durch das Rundfunkrecht geregelt werden.
Zwischen verändern und verteidigen
Dass es bei allem Innovationswillen durchaus auch konservative Positionen und Stimmen gibt, fand beim Symposium „Rundfunk über Internet“ eher zwischen den Zeilen seinen Niederschlag. Helwin Lesch, Leiter Distribution beim Bayerischen Rundfunk, mahnte ökonomische Aspekte nicht außer Acht zu lassen und schrieb dem klassischen Rundfunk auch in Zukunft den Löwenanteil am Programmverteilungskuchen zu.
Bei den Umbrüchen im Mediennutzungsverhalten der Zukunft prallten unterschiedliche Auffassungen zwischen der öffentlich-rechtlichen Onlineforschung und der universitären Kommunikationswissenschaft aufeinander. Zugespitzt ging es dabei um die Frage, was die heute jungen, interagierenden Mediennutzer in 20 Jahren machen. Die ARD glaubt, diese Nutzer wenden sich gewöhnlichen Programmen stärker zu, die Kommunikationswissenschaftler der LMU München bezweifeln das.
Und so grummelte es schließlich doch noch ein wenig zwischen den IP-Visionären und den Traditionalisten der Rundfunkproduktion. Soll das lineare Programm und der klassischen Rundfunk auch künftig die Hauptrolle spielen?
Hybride Endgeräte und konvergente Verteilnetze
Die Kompromissformel liegt wie so oft in der Mittel der Positionen: Lineare Programminhalte für Viele sollen auch künftig in hybriden Endgeräten per Rundfunk zum Empfänger gelangen, On-Demand-Inhalte zum individuellen Abruf und Themennischen sollen über das Internet abgebildet werden. Die Endgeräte der Zukunft werden schließlich alle Verbreitungskanäle und Anwendungen ohne technischen Bruch verarbeiten.