„Dort sein, wo die Hörer sind“: Das wollen alle Anbieter von Audioinhalten, ganz gleich ob sie die Nutzer über UKW, DAB oder eine App auf dem Smartphone oder Smart-TV erreichen. Die Frage ist nur, wem in Zukunft das Display gehört. Eine klare Antwort darauf lässt sich derzeit nicht geben, zeigte der Radio-Gipfel der Medientage München.
Insbesondere die Mediennutzung über das Display im Auto werde sich künftig stark verändern, zum Beispiel mit Blick auf autonomes Fahren, sagte Audi-Manager Holger Hees voraus. „Radio im Auto muss digital sein“, forderte Hees. Deshalb wären DAB und IP die idealen Verbreitungswege. Auf den UKW-Empfang im Auto wolle Audi künftig verzichten, um CO2 zu sparen: „Wir rechnen in Gramm.“
Valerie Weber, Hörfunkdirektorin des Westdeutschen Rundfunks (WDR), mochte die Argumentation des Audi-Managers nicht ganz nachvollziehen. Sie plädierte dafür, dass sich öffentlich-rechtliche und private Programmanbieter in Brüssel gemeinsam für einen Multinormchip im Auto einsetzen. Weber verwies auf den Wettbewerb, der durch Internetkonzerne wie Apple (Apple Carplay) angeheizt werde. Deshalb solle sich die Branche nicht mit internen Streitigkeiten aufhalten, sondern mehr gemeinsame Initiativen wie die einheitliche Navigation über radioplayer.de starten. Skeptisch zeigte sich Weber in puncto Radio-Bewegtbild auf dem Display. Studien hätten gezeigt: „Die Leute wollen kein Fernsehen für Arme“, das vom dem Audioangebot ablenke.
Zukunftsmusik ist die Vielfalt der Verbreitungswege inklusive Internetprotokoll (IP) immer noch für Karlheinz Hörhammer, Vorsitzender der Geschäftsführung von Antenne Bayern: „Wir müssen uns refinanzieren und das funktioniert aktuell nicht über IP.“ Allerdings gebe es insbesondere für Smart TV eine wachsende Chance auf dem Audiomarkt, denn die Nutzung von Audioquellen finde auf vielen unterschiedlichen Wegen statt. Deshalb hätten Antenne Bayern und Rock Antenne viele Apps für Smart TV im Einsatz. So werde damit experimentiert, was auf welchem Weg inhaltlich funktioniere oder nicht. Aus Sicht der Werbetreibenden stimmte Philipp von Martius, Geschäftsführer von Studio Gong, dem Antenne-Chef zu: „Wenn ich viele Menschen erreichen will, werde ich weiter Audio buchen.“ Die Bebilderung dazu sei eher ein „Gimmick“ oder ein Zusatznutzen, aber nicht die Kernbotschaft.
Podcast-Inhalte, Geodaten für Parkleitsysteme, Livestreaming: Das Display biete extrem spannende Möglichkeiten, urteilte Bernhard Bahners. Der Geschäftsführer von radio.de möchte aus der Senderplattform ein „Connected-Device-Unternehmen“ machen möchte. Die Frage sei doch, ob der Nutzer noch mehr wolle als UKW-Stationen. So ließen sich Podcast-Inhalte über eine App zum Beispiel mit hohem Zusatznutzen gestalten. Er wünsche sich deshalb so etwas wie „Pinterest für das Auto“, sagte Bahners.
Die Gespräche der Online-Audioanbieter mit Autoherstellern scheinen jedoch nicht einfach zu sein. Das Tempo auf dem Weg dorthin sei ihm viel zu langsam, kritisierte Christian Bollert, Geschäftsführer von detektor.fm. Viele Autohersteller würden von der Schnelligkeit der Mobilentwicklung überholt und bräuchten Jahre für Entscheidungen, lautete Bollerts Einschätzung. Diese Zeit habe man aber nicht. Das Programm von detektor.fm sei mittlerweile auf Screens wie dem Smartphone oder Smart-TV vertreten, sagte der Geschäftsführer. Die Audio-Nutzung darüber habe sich als sehr unterschiedlich erwiesen: Die Spotify- und iTunes-Apps seien eher „podcastgetrieben“ und über Smart TV würden eher Streaming- und Live-Angebote genutzt.
Generell, so lautete das Fazit des Podiums, werde das Medium Audio im Kampf um mobile Relevanz auf vielen Verbreitungswegen vertreten sein müssen, auch wenn das im Auto ein paar mehr Gramm Gewicht ausmache. Wieviel genau? Diese Antwort blieb Holger Hees den Gipfel-Besuchern schuldig, weshalb Moderatorin Caroline Grazé (radioplayer.de) zur nachträglichen Klärung dieser Frage via Twitter aufforderte.