Ein Fußballradio ist doch eine gute Programmidee für das Radio. Das fanden bislang auch die Hörer und gaben dem neuen Hörfunkstandard DAB+ eine Chance. Doch diese Rechnung hat man ohne die Rechteinhaber gemacht, die die Audiorechte an den meistbietenden verscherbeln. Die Tragweite der Entscheidung, nunmehr der ARD und dem privaten TV-Kanal Sport1 die Radiorechte zu übertragen, ist heute noch nicht zu übersehen.
Das Programm 90elf wird von erfahrenen Radioleuten produziert, hat sich als Webstream und im Digitalradio DAB+ bundesweit durch die feindlichen Linien gedribbelt, um sich eine ordentlich große Fankurve zu erspielen. Mit der heutigen Entscheidung könnte die Fankurve nach der laufenden Bundesligasaison deutlich schrumpfen: Regiocast Digital, das Unternehmen hinter 90elf, hat sich um die Verwertungsrechte „Netcast“ beworben, unterlag aber dem Angebot von Sport1. Sport1 hat bisher als TV-Sender von sich Reden gemacht und will jetzt offenbar ins Internetradio mit einsteigen.
Die Meldung sorgt durchaus für Konfusion, weil der Rechteinhaber für die Bundesligaübertragungen, die Deutsche Fußball-Liga DFL, mit der Radioentwicklung noch nicht ganz auf Ballhöhe spielt. Hat die Regiocast etwa „nur“ die Webstreaming-Rechte verloren? Nach den Informationen, die uns heute vorliegen, berechtigt das Netcast-Rechtepaket zur digitalen Radioverwertung der Bundesligabegegnungen und schließt hierbei DAB mit ein.
Frust bei 90elf in Leipzig, Freude in Köln beim WDR – federführend für den Fußball bei der ARD: Ihre Audio-Rechte für UKW bleiben bestehen. Sollte die DFL-Rechteaufteilung einer konsequenten Logik folgen, hieße das im Umkehrschluss etwa, die ARD könnte die Fußballübertragungen im Simulcast weder im Internet noch via DAB mitlaufen lassen? Die Rechtepakete bleiben erklärungsbedürftig.
Für DAB+ ist der Wegfall der Bundesligaübertragungen durch 90elf jedenfalls ein herber Schlag. Kein anderes Programm des Bundesmux kann eine ähnliche Sogwirkung entfalten, um Konsumenten an die DAB-Radioverkaufstheke zu treiben. Verständlich ist es, wenn die Regiocast nun überlegen will, was aus 90elf werden soll. Zwar hat man wohl die Rechte für Europe- und Championsleague, aber die Bundesliga ist nun einmal das Zugpferd für die Fußballfans. Gleichwohl ist Fußball nicht der einzig attraktive Sport, der im Radio gut zur Geltung kommt und man darf hoffen, dass die Regiocast andere Lösungen findet, als nach der Saison das eigene Projekt abzupfeifen.