Im Rahmen eines Symposiums der Technischen Konferenz der Landesmedienanstalten (TKLM) erörterten Experten unter anderem die Frage, ob das Internet im Begriff ist, die Bedeutung der klassischen Rundfunknetze in den Hintergrund treten zu lassen.
„LTE ist nicht besser als die aktuellen Rundfunktechnologien.“ Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die Prof. Dr. Ulrich Reimers bei dem Symposium 2010 der Technischen Konferenz der Landesmedienanstalten (TKLM) Ende September in Berlin vorgestellt hat. Das Symposium, an dem mehr als 150 Experten teilnahmen, beschäftigte sich mit dem Thema "Rundfunk jenseits der Rundfunknetze".
Im Auftrag der Landesmedienanstalten hatte das Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig untersucht, ob das Mobilfunksystem LTE (Long Term Evolution) für die Ausstrahlung von rundfunktypischen Inhalten geeignet ist. Anlass war die Versteigerung von bisher vom Fernsehen genutzten Frequenzen an die Mobilfunkunternehmen im Mai 2010, um mittels LTE bundesweit schnelles, mobiles Internet anzubieten.
Professor Reimers wies darauf hin, dass LTE trotz vieler Ähnlichkeiten kein Konkurrent für aktuelle Rundfunktechnologien sei. Rundfunknetze würden aufgebaut, um mit einem Sender möglichst viele Teilnehmer gleichzeitig zu erreichen. Mobilfunknetze würden geplant, um möglichst hohe Datenkapazitäten an einzelne Nutzer übertragen zu können. Er stellte fest, dass es keinen Sinn mache, das neue Mobilfunknetz für Fernsehübertragungen einzusetzen. Für Radioprogramme sei LTE zwar technisch geeignet, zurzeit hätten die Mobilfunkbetreiber dafür aber noch kein Geschäftsmodell.
Netzmedien lösen Rundfunknetze ab
Der Medienwissenschaftler und Publizist Dr. Stefan Münker erläuterte auf dem Symposium, wie die Digitalisierung die Gesellschaft bereits durchdrungen habe, und dass dieser Prozess nicht mehr reversibel sei. Die Zeit der Rundfunknetze sei vorbei. Sie seien von den "Netzmedien" abgelöst worden. Rundfunk müsse jetzt nicht mehr technisch, sondern vom Inhalt her definiert werden.
Auf diesen Aspekt machte auch Dr. Pascal Schumacher (Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht der Universität Münster) aufmerksam. Unabhängig vom Verbreitungsweg müssten die verschiedenen Inhalte als Rundfunk bzw. Telemedien qualifiziert werden. Die Regulierung von "Plattformen" gewinne immer mehr an Bedeutung, weil immer mehr Unternehmen Inhalte verschiedener Anbieter bündelten.
Datennetzen droht Überlastung
Am Beispiel der Deutschen Telekom AG beschrieb Peter Kerckhoff (Leiter Content & Media Partnerin Deutsche Telekom AG), wie solche Inhalte zusammengefasst und den Nutzern auf unterschiedlichen Wegen bereitgestellt werden. Ziel sei es, dem Nutzer jederzeit und überall die von ihm gewünschten Inhalte zur Verfügung zu stellen. Dazu würden die für die jeweilige Nutzung geeigneten Verbreitungswege eingesetzt.
Uwe Schnepf, Geschäftsführer des Streamingsdienstleisters Nacamar, berichtete, dass die Verbreitung von Videos im Internet immer weiter zunehme. Mit den neuen Fernsehgeräten würden in Zukunft neben den üblichen Programmen auch Inhalte direkt aus dem Internet abgerufen werden können. Dadurch steige die Belastung der Netze weiter. Unabhängig davon, ob es sich dabei um Rundfunk oder andere Inhalte handele, wachse die Gefahr, dass die Internet-Service-Provider Anbieter bevorzugten, die für die Verbreitung ihrer Inhalte bezahlten.
Welche Funktionen die neuen Fernsehgeräte haben und welche Angebote aus dem Internet verfügbar sind, demonstrierte Volker Blume (Technischer Produktmanager Television) am Beispiel von Philips NetTV.
Hörer kehren zum konventionellen Programm zurück
Dass auch der Hörfunk die Herausforderungen des Internets angenommen habe, beschrieb Caroline Werner, Leitung Online International (Energy Deutschland). Um der wachsenden Nachfrage nach den Webradioangeboten von Radio Energy nachzukommen, habe man das Streaming nach Finnland verlagert, weil die Kosten dort deutlich unter denen in anderen europäischen Ländern lägen. Trotz der sich stetig ausweitenden Webradioangebote lasse sich aber feststellen, dass die Hörer nach einiger Zeit des Ausprobierens wieder zu den von ihnen bisher bevorzugten Radioprogrammen zurückkehren würden.
Die Vorträge sowie die LTE-Studie sind unter http://www.alm.de/148.html abrufbar.