Unmittelbar nach Veröffentlichung der umstrittenen KEF-Gebührenempfehlung, überschlug sich die Presse mit Meldungen einer nahen DAB-Abschaltung. Auch das DeutschlandRadio wurde mit solchen Gedankenspielen zitiert. Im reinHÖREN-Interview gibt Dr. Chris Weck, Abteilungsleiter Rundfunk- und Informationstechnik bei DeutschlandRadio und Deutschlandfunk, die DAB-Marschroute des nationalen Hörfunks für die kommenden Jahren bekannt. Hörer dürfen aufatmen.
Bedeutet die KEF-Entscheidung das Aus für DAB beim Deutschlandradio?
In der Tat hat uns als Deutschlandradio die Entscheidung der KEF, das Entwicklungsprojekt „Digitales Radio” und dessen Finanzierung zu stoppen, besonders hart getroffen. Aber Sie werden wahrgenommen haben, dass sich nicht nur das Deutschlandradio, sondern auch die ARD, die Landesmedienanstalten und die privaten Radioveranstalter für die Weiterführung der digitalen Ausstrahlung innerhalb der so genannten DAB-Systemfamilie einsetzen, denn hier handelt es sich um ein erprobtes System, dessen technischer Standard im Laufe der Zeit weiter verbessert werden konnte.
Insofern hat die KEF ihre Entscheidung gegen DAB getroffen, bevor einige Entwicklungen in ihrer Bedeutsamkeit voll erkannt werden konnten: Zum einen konnte durch Verhandlungen der Bayerischen Staatskanzlei mit dem Militär eine Vervielfachung der Sendeleistung der DAB-Sender durchgesetzt werden, sodass überall ein optimaler Empfang möglich wird. Zum anderen hat die regionale Wellenkonferenz in Genf RRC-06 entsprechende Frequenzressourcen für die Ausstrahlung lokaler, regionaler und nationaler Programme für den privaten und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland abgestimmt, sodass auch auf dieser Seite langfristig Planungssicherheit und Entwicklungsmöglichkeiten bestehen.
Mittlerweile hat die KEF deutlich gemacht, dass sie eine Neuauflage der digitalen Radioausstrahlung Technik neutral genehmigen will, und zur Neutralität gehört dann auch, dass auf das Bewährte zurückgegriffen werden könnte. Jetzt ist es an den Hörfunkveranstaltern, den privaten wie den öffentlich-rechtlichen, einen Neustart anzugehen und gemeinsam mit der Industrie, den Empfangsgeräteherstellern und dem Handel für die beschleunigte Digitalisierung des Hörfunks zu sorgen. An diesem Punkt sind wir dran.
Gibt es für dieses Vorhaben einen Zeitplan?
Zieltermin ist, auf der IFA 2009 in einzelnen Startgebieten mit einem deutlich erweiterten digitalen Programmangebot zu beginnen und weitere Gebiete dann im Laufe des folgenden Jahres dazu zu schalten. Bleibt die Frage, was mit den Digitalradio-Netzen, die derzeit in Betrieb sind, passiert. Das Deutschlandradio will jedenfalls die noch vorhandenen Mittel einsetzen, um eine geeignete Übergangsversorgung möglichst bis 2010 sicher zu stellen.
Das heißt aber auch, Ihre Hörer brauchen ab 2010 ein DABplus-Radio?
Nein, denn das Deutschlandradio plant diesen Neustart mit einer zur bisherigen DAB-Ausstrahlung kompatiblen Toncodierung, damit die bisherigen Empfangsgeräte weiter verwendet werden können. Zusätzliche Hörfunkangebote, insbesondere von privaten Anbietern, könnten allerdings auch mit neuen Codierungsstandards der DAB-Systemfamilie (z. B. DAB plus oder DMB mit Video) übertragen werden, die dann ein DAB-plus-fähiges Gerät erfordern würden.
Durch den vorgesehenen bundesweiten Multiplex, über den Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur ausgestrahlt werden sollen, könnten beide Programme im Endstadium von Bayern bis Schleswig-Holstein auf einer einzigen Frequenz über DAB empfangbar sein.