Optimistisch wie lange nicht mehr liest sich der aktuelle Newsletter der Bayern Digital Radio GmbH. Auslöser ist das politische Startsignal der Rundfunkkommission der Länder, den Weg für bundesweite DAB-Radioprogramme frei zu machen.
DAB-Bekenntnisse kommen aber auch vom neuen DeutschlandRadio und Deutschlandfunk-Intendanten und von den Privaten. Seit 2007 übten sich die Newsletter der Bayern Digital Radio in leisen Tönen. Ein Projekt hier, ein Modul dort, doch mit dem Markt rund um den Empfang von Digital Radio DAB hatte das nicht viel zu tun. Sicher hat auch die Diskussion um die KEF-Fördermittel und um DABplus eine Auszeit erfordert, die die Strategien zu überdenken.
Doch der Newsletter, der uns gestern erreichte, strotzte förmlich vor Selbstbewusstsein. Das wirkt vielleicht noch verfrüht, ist aber dennoch richtig, denn der Markt schläft nicht und es sind nicht nur die Sendernetzbetreiber wie die Bayern Digital Radio, sondern diesmal auch die Radiomacher die ein gesteigertes Interesse daran haben müssen, den Spannungsbogen für DABplus, mit neuen bundesweit ausgestrahlten Programmen noch bis 2010 aufrecht zu erhalten: Alles klein Reden nutzt nichts, die Deutschen entdecken die Vielfalt des Internetradios und die Discounter drängen mit WLAN-Webradio-Angeboten knapp oberhalb von 100 Euro in den Markt und verkaufen von den Paletten herunter.
So berichtet Bayern Digitalradio über eine Studie des Institut Eureca-Research. Die bescheinigen dem DAB-Radio ein Marktpotential von 70 Millionen Empfänger bis zum Jahr 2015. In Großbrittannien sollen es alleine 34 Millionen werden. Man mag einwenden, die Studie stamme aus Großbritannien und stütze einfach nur den harten, kompromisslosen und nicht gerade billigen BBC-Kurs des „DAB first“, doch Eureca-Chef Gareth Owen und sein Team sieht das DAB-System noch nicht am Ziel: „Die nächsten fünf bis sieben Jahre werden kritisch für die DAB-basierten Rundfunksysteme. Gelingt es in dieser Zeit nicht eine kritische Masse von Hörern zu erreichen – und das gilt besonders für Deutschland und Frankreich – stehe die Zukunft der DAB-Plattform in Frage. Owen glaubt, ein EU-weit koordinierter harten Wechseltermin auf Digital Radio, wird erforderlich sein.
Überhaupt scheint sich das Thema DAB international zu bewegen. Die Franzosen giessen den Umstieg auf Digital Radio gleich in eine Gesetzesform, in Tschechien startet die Telko-Radiogruppe nun mit einem DAB-Programmensemble und in Australien, wo der DABplus-Regelbetrieb gerade erst beginnt, haben Privatradioanbieter die Regierung aufgefordert, das DAB-Radiosystem für einen flächendeckende Ausbau vorzusehen. Bislang ist es für Ballungsräume geplant. Hierfür müssten die erforderlichen Frequenzen im Band III verbindlich für DAB zugesichert werden. Bislang galt Australien in der Fläche eher als DRM-Kandidat.
Doch auch andernorts hört man heute Bekenntnisse zum Thema DAB: Der neue Intendant von DeutschlandRadio und Deutschlandfunk, Willi Steul, lässt in einem Interview mit dem Digitalmagazin, einem Fachinformationsdienst der Zeitschrift Infosat, keinen Zweifel daran aufkommen, dass er vollauf hinter DAB steht:„Ohne die digitale terrestrische Verbreitung wird der Hörfunk langfristig keine Zukunft haben. So einfach ist das.“
Das glaubt auch Felix Kovac, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk. Zwar bescheinigt Kovac dem Internet ein Teil der Digitalisierungsstrategie für das Radio zu sein, sieht aber andererseits auch die erheblichen Streamingkosten für die Sender: „Ein leistungsfähiger terrestrischer Vertriebsweg für die mobile und kostengünstige Versorgung mit dem Massenmedium Radio wir aber zusätzlich benötigt", bekräftigt Kovac deshalb.
Das Institut für Rundfunktechnik widmete dem Thema Steamingkosten eine eigene Veranstaltung unter den dramatischen Titel: „Desaster ante portas“ Die explodierende Popularität von IP-Radio stellt Rundfunk-Stationen vor existenzielle Fragen. Matthias Wäßle von Tobit-Software zeigte den Radiomachern, wie sich Audiostreaming wirtschaftlich und wirklich für den Massenmarkt skalierbar aussenden ließe. Doch die Auswege aus der Kostenfalle, sind eher ein schmaler Trampelpfad. Das Multicast-Verfahren ist seit 10 Jahren nicht wirklich mehr als eine Idee. Das Peer-Steaming, bei den Radiohörer den Sender von ihrer DSL-Bandbreite etwas abgeben, um einen weiteren Hörer zu versorgen, funktioniert zwar, erfordert aber die Einwilligung und die Einrichtung durch den Benutzer, hat also Akzeptanzprobleme und taugt noch nicht für die Massenanwendung.
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15 years 9 monthsDAB
Sicher, Webradio setzt die Radiostationen unter Druck. Die Frage ist nur, wie wollen sie dagegenhalten?
Die "alten" DAB-Hörer sind verprellt, denn DAB wurde politisch vor die Wand gefahren und Dab+ ist mit den alten Geräten nicht kompatibel. Die werden sich kaum neue Geräte kaufen.
Und Soundqualität hat keine Priorität, da sich die Hörgewohnheiten in Richtung Hintergrundbeschallung und übermäßige Dynamikompression verschoben haben. Also werden wohl eher niedrige Bitraten gesendet - so wie im Web halt auch, wo es selten über 128k hinausgeht und die meisten Stationen zusätzlich komprimieren.
ich bin also wenig optimistisch: sollte tatsächlich DAB+ gestartet werden, werde ich selbst auch erst mal sehr lange abwarten - meine letzte 400€-DAB-Fehlinvestition liegt mir noch im Magen.