Obwohl die Mediaanalyse der letzten Woche etwas Anlass zu Optimismus gab, grummelt der Streit um die Ursachen der Zugewinne. Erstmals seit langer Zeit hat das Radio bei den 14- bis 29-Jährigen wieder zulegen können. Das macht unser gutes Programm, tönen die Einen, das sind nur kurzelebige Iphone-Effekte warnen Andere. Webradio ist kein Thema, oder doch die Zukunft?
Der Streit entzündet sich an einem halben Prozent Reichweitenzugewinn. Nun, eine Trendwende ist das nicht, schon eher eine Messtoleranz. Wenn es ein Zugewinn ist, könnte es daran liegen, dass die Befragten nun auch Sender nennen können, die sich nicht am Radio sondern über den PC oder das Mobiltelefon gehört haben?
Insgesamt sind die sonstigen Empfangswege noch kein großes Pfund, aber vielleicht finden verlorene Radiohörer über über ihr Iphone und den dort aus Lust und Laune installierten Radio-Apps wieder zu ihrer alten „Welle“ zurück? Das iPhone-App des WDR hatte im deutschen Apple-App-Store Downloads bis zum Abwinken und auch Sender wie Rockantenne und FFH können dürften zufrieden sein.
FFH-Chef Hans-Dieter Hillmoth, der seit Jahren nicht recht weiß, ob er beim Thema Digitalradio DAB warm oder kalt sein soll, kann sich inzwischen für das Internet erwärmen. „Im Internet spielt die Musik“, auch wenn noch niemand sagen kann, wie sich das rechnen soll.
Da lässt sich auch die Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) nicht lumpen und erklärt dass demnächst 15 Radioanbieter mit 46 Programmen auf das Iphone gehen. Jede Station präsentiert sich auf Apples Store im Itunes mit dem eigenen Programmlogo. Diese "App", wie die Programme auf dem Iphone heißen, wurde auf Initiative der APR für ihre Mitglieder entwickelt und das reißt den APR Vorsitzenden gleich zu gewagten Vergleichen hin: "Im Iphone bündeln sich moderne Technologien, kreative Apps, ein vielfältiges Angebot und eine ordentliche Portion Zeitgeist", schwärmt Felix Kovac. Genauso wie das "Transistorradio" vor rund 50 Jahren vom technischen Begriff zum Ausdruck für ein Lebensgefühl junger Leute mutierte mit ihrem "Content", der neuen Rock'n'Roll-Musik und einem ganz eigenen Livestyle, steht das Iphone für eine Entwicklungschance des Radios.
Ganz hat der nüchterne Realismus aber noch nicht ausgedient: "Wir sind uns bewusst, dass auch eine hohe Akzeptanz der Radioprogramme auf dem Iphone im Vergleich zur wirtschaftlichen Bedeutung von UKW kein Geschäftsmodell ist", fügt Kovac an. Im Gegenteil ist die Versorgung eines Hörers durch einen Internetstream auf dem PC, einem handelsüblichen Webradio oder dem Iphone um ein Mehrfaches teurer als die Versorgung durch UKW oder andere digitale Übertragungstechnologien.
Vielleicht kann man mit der Zukunft des Radios und den erforderlichen Weichenstellungen aber auch noch warten – wenigstens bis zur nächsten MA?