Nach dem Scheitern von DMB für das mobile Fernsehen, tickt nun auch die Uhr für den nächsten Übertragungsstandard bedrohlich. Und diesmal, bevor es richtig losgegangen ist.
Dem Lizenznehmer Mobile 3.0 fehlen gegenwärtig noch die Frequenzzuteilungen in den letzten Bundesländern Bremen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Was aussieht wie eine Formsache, sorgt nach Informationen der Financial Times Deutschland (FTD) aber für große Unruhe beim Lizenznehmer. Der Ausgang ist ungewiss, auch die Rückgabe der Lizenz wird daher nicht ausgeschlossen.
Schuld haben nicht allein die auf der Bremse stehenden Bundesländer, sondern auch der Betreiber selbst. Gegenüber der FTD konnte kein klares Geschäftsmodell kommuniziert werden. Ein anderes Problem seien ausstehende Gespräche mit den Mobilfunkbetreibern, über die die Mehrzahl aller neuen Handys (subventioniert) verkauft wird.
Dass inzwischen die ersten Mobiltelefone bei den Händlern stehen, die das kostenlose Überall-Fernsehsignals (DVB-T) empfangen können, macht die Situation nicht gerade leichter. Dabei werden die Telefone auch künftig immer leistungsfähiger; die Folge werden steigende Rechenleistung bei abnehmendem Stromverbrauch der Handy-Prozessoren sein.
Mobile Fernseh-Hoffnung verbreiten kann auch eine jüngst erschienene Accenture-Studie unter dem Namen „MobileWebWatch“ nicht. Denn das Handy-TV wird es den Umfrage-Ergebnissen nach schwer haben: Nur 17 Prozent der Befragten würden es nutzen. „Handy-TV wird kommen, aber wohl nur als Nischenanwendung", so Dr. Nikolaus Mohr, Geschäftsführer im Bereich Communications & High Tech bei Accenture.
Rückzug der Öffentlich-rechtlichen
Geradezu bezeichnend ist der zeitgleiche Rückzug von ARD und ZDF, die gemeinsam auf einen Kanal für Handy-TV verzichten.
Der Vorsitzende der ARD, Fritz Raff, und der Intendant des ZDF, Markus Schächter, haben die Länder gebeten, von der geplanten Beauftragung mit einem gemeinsam veranstalteten Programm für den mobilen Empfang abzusehen. In einem Schreiben an den Chef der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, Martin Stadelmeier, nannten sie als Grund, dass der erforderliche finanzielle und administrative Aufwand für ein solches Projekt unangemessen hoch wäre. Die Hauptprogramme von ARD und ZDF werden unbeschadet davon wie bisher auch weiter über Mobile 3.0 verbreitet.
Dies sei auch als klares Signal an die Länder zu verstehen, dass ARD und ZDF nicht auf Gedeih und Verderb ständig neue Programme veranstalten wollten. Vielmehr käme es ihnen darauf an, Programme zu machen, die dem Gebührenzahler einen publizistischen Mehrwert bringen, sind sich ARD-Vorsitzender Fritz Raff und ZDF-Intendant Markus Schächter einig.
ARD und ZDF hatten ursprünglich vorgeschlagen, zusätzlich zu den Hauptprogrammen jeweils einen weiteren Kanal anzubieten, der aus bereits vorhandenem Sendematerial speziell für die Bedürfnisse des mobilen Empfangs über Handys zusammengestellt werden sollte. Auf diese Weise hätten in einem überschaubaren finanziellen Rahmen zum einen wichtige Erfahrungen im Umgang mit mobilem Fernsehen gesammelt und zum anderen die Attraktivität der Plattform Mobile 3.0 gesteigert werden können.
Die jetzt im Arbeitsentwurf zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vorgesehene Beauftragung von ARD und ZDF mit einem „gemeinsam veranstalteten Fernsehprogramm für den mobilen Empfang auf kleinen Bildschirmen (Handy-TV) einschließlich regionaler Elemente“ führt zu einem deutlich höheren bürokratischen, planerischen und sendetechnischen Aufwand mit erheblichen finanziellen Folgen für Herstellung, Rechteerwerb und Verbreitung.
Mehr Informationen:
Mobile 3.0 läuft die Zeit davon
Accenture-MobileWebWatch-Studie 2008
ARD