Auf den ersten Blick sieht es so aus, als habe die britische Radiogruppe GCap Digital Radio DAB verlassen, weil man darin keine Zukunft sähe. Doch das ist falsch: Man handelt nur konsequent so, wie die Politik im Land entscheidet. Dort verweigert man den offiziellen Abschalttermin für UKW.
Fru Hazlitt, die neue CEO der britischen Gcap-Mediengruppe, will nur das tun, was alle von ihr erwarten, - den Konzern auf mehr Profit trimmen. Und dazu greift sie zu altbewährten Mitteln: Erstens die Kostenstruktur reduzieren, zweitens ausschließlich auf die starken Marken setzen und drittens – das ergibt sich logisch aus den ersten beiden Punkten – wird nur noch die Plattform bedient, auf der sich mit den starken Marken die Mehrheit der Hörer erreichen lassen. Und die heißen: Capital Radio, Choice FM, Xfm in London und die nationalen Stationen Classic FM und The One Network.
Für die Mediengruppe gibt sie ehrgeizige Gewinnspannen vor. Bis Ende März 2009 sollen 12 bis 14 Prozent Profit erwirtschaftet werden, ein weiteres Jahr später sollen es gar 17 bis 19 Prozent sein.
Um dorthin zu gelangen, werden die kleinen Spartensender „the Jazz” und „Planet Rock” aufgegeben. Die regionalen analogen Xfm-Lizenzen in Schottland, Süd-Wales und Manchester werden aufgegeben oder verkauft. Eine Neuerung für die Hörer des Senders „Capital 95.8” sind neun Minuten flexibel verteilte Werbezeit pro Stunde.
Digitalradio = Internet?
Auf UKW kann man auf ein Potenzial von 15 Millionen und im Internet auf 1,7 Millionen Hörer bauen. Wenn sich jetzt die Freunde von UKW vor Freude in die Hände klatschen: Zu früh gefreut, denn GCap setzt für die Zukunft besonders stark auf das Internet und die Verbreitung als Content-Lieferant u. a. über Nokias Visual Radio und man arbeitet schon mit Apple-Technikern an der Umsetzung des ersten live gestreamten Radios für den iPod-Touch in Großbritannien.
Bei 25 Sendern auf Mittelwelle, deren Lizenzen erst 2012 bis 2016 auslaufen, wird es keinen Sofortausstieg geben, aber in keinem Fall eine Verlängerung einzelner Lizenzen. Das Engagement auf Mittelwelle wird jedoch reduziert; bewahren will man dort lediglich den Markennamen des „Gold Network”.
Das nationale digitale „Digital One”-Ensemble dagegen wird verlassen, um die DAB-Übertragungskosten einzusparen. „Wir beabsichtigen unserem Interesse entsprechend Digital One aufzugeben, weil wir der Auffassung sind, dass DAB für unsere Mediengruppe keine ökonomisch tragfähige Plattform ist“, so Fru Hazlitt. Möglich ist das nur, weil man die DAB-Sender an den Sendernetzbetreiber Arqiva verkaufen kann, während dessen man die UKW-Lizenzen – bis auf die für Classic FM – jedoch behält. Normalerweise verliert man nach geltendem Recht mit der Aufgabe von DAB auch das Recht auf die UKW-Aussendung. Die Regulierungsbehörde Ofcom wäre unter normalen Umständen dazu berechtigt, die UKW-Lizenzen von GCap sofort neu zu vergeben.
UKW-Abschaltung gefordert
Während die britischen Medien nun in großen Lettern über die Zukunft des Digital Radio DAB herfallen, um alleine den Käufern der rund eine Millionen DAB-Radios im letzten Quartal 2007 die Zornesröte ins Gesicht zu treiben, reagierte die Londoner Börse umgehend: Am Tag der strategischen Entscheidung fiel der Kurs von GCap Media plc von von 189 auf 183 Pfund. Finanzanalysten und Wirtschaftsjournalisten halten die Entscheidung von GCap für kurzsichtig:„Welche Zukunftsperspektiven kann GCap seinen Anlegern bieten”, lautet die nicht unberechtigte Frage? Die Antwort von Fru Hazlitt, die aus einer Führungsposition von Yahoo zum Medienunternehmen Gcap wechselte überzeugt nicht. Man wolle an Online-Communities und mit Breitbandinhalten wachsen. Angesichts der augenblicklich hauchzart ausgehenden Kostendeckung wird diese Strategie nur mit Kopfschütteln quittiert. UKW ist Stagnation, digital ist das Wachstum, aber DAB-Wachstum ist schneller profitabel. Da beeilen sich andere private Radioketten schnell ihr Engagement für DAB zu bekräftigen, um einen breiteren Flurschaden zu vermeiden.
Die britischen Radiounternehmen wenden 20 Millionen Pfund (26,9 Mio Euro) für digitale Radiodienste auf. Trotz deutlich über 20% Haushaltsreichweite drängen die Investoren auf einen verbindlichen UKW-Abschalttermin, spätestens bis 2015. Zu diesem Thema gab es bereits im Juni 2007 parlamentarische Anhörungen, doch blieb das erhoffte politische Signal aus. Die Regulierungsbehörde Ofcom entwarf stattdessen ein Szenario des schrittweisen Auslaufens der UKW-Ausstrahlungen. In der Zwischenzeit bleibt es bei der Doppelbelastung der parallelen Ausstrahlung auf DAB und UKW.
Gespart haben die privaten britischen Radiomacher hingegen bereits am Programm, was sich nicht selten als PC-Musikkonserve entpuppt und an den Bitraten, die DAB in den Ruf gebracht haben, nicht besser zu funktionieren als die analoge Mittelwelle. Qualität statt nur Quantität könnte den Migrationsprozess von UKW zu DAB jedenfalls ohne politische Hilfe beschleunigen.