In der Diskussion um eine flüssige Migration von UKW auf DAB+ wird inzwischen der Ruf nach finanziellen Förderungen für die Infrastruktur und den Sendebetrieb lauter. Die Erfahrungen zeigen allerdings, dass Subventionen Gift für eine marktgetragene Entwicklung sein können.
Im österreichischen Standard ist ein interessantes Interview mit dem Präsidenten der Bayerischen Landesanstalt für neue Medien (BLM), Siegfried Schneider, nachzulesen. In Österreich schaut man angesichts des neuen DAB+-Testbetriebs in Wien oft nach Bayern herüber, gilt Bayern doch als Entwicklungsmotor des Digitalradios in Deutschland. Schneider äußert Verständnis für die Privatradios, die ihr funktionierendes UKW-Geschäft nicht übereilt durch DAB+ in Gefahr bringen wollen und er glaubt auch, dass die Festlegung eines UKW-Abschaltdatums heute noch nicht spruchreif ist. Deshalb plädiert er für die Festlegung von Kriterien, die erfüllt sein müssen, um über eine UKW-Abschaltung zu debattieren. (Das ganze Interview gibt es hier: http://derstandard.at/2000018672101/Bayerns-Medienbehoerdenchef-warnt-m… )
Programmliche Innovation, die Anreize zum Wechsel auf DAB+ erzeugt, schriebt Schneider - nach meinem Textverständnis - den öffentlich-rechtlichen Anbietern zu, ohne allerdings eine Ausweitung der ARD-Angebote zu fordern. Das könnte in der Tat gelingen. Gerade kündigt der MDR ein neues Kinderradio an, wobei auch Inhalte von anderen ARD-Anstalten einfließen sollen. Hier scheint der ARD noch eine schlüssige Strategie zu fehlen, denn gäbe es einen systematischen inhaltlichen Austausch der ARD-Wellen untereinander, ließe sich manches Radioangebot in den Ländern im Digitalradio gezielt und ohne hohe Kosten ergänzen. Alleingänge einzelner ARD-Anstalten, das Programmangebot von 63 Wellen noch weiter auszudehnen passen nicht in eine Zeit, in der die Frage nach einer wirtschaftlichen Verwendung des Rundfunkbeitrags ständig gestellt wird und die Akzeptanz des gebührenfinanzierten öffentlich-rechtliche Rundfunksystems innerhalb der Bevölkerung erodiert.
Das Privatradio hat hingegen seine Potenziale zur Entwicklung innovativer Programme für das Digitalradio längst nicht ausgeschöpft. Willi Schreiner, Vorsitzender der Digitalradio Deutschland und damit Sprachrohr der privaten Radioanbieter forderte in der Radioszene (http://www.radioszene.de/82273/schreiner-digitalradio-umstieg-fuer-priv…) Infrastrukturhilfen für den Sendernetzausbau aus den Mitteln der Digitalen Dividende II – und damit aus den Erlösen der kürzlich mit einem Volumen von 5,1 Milliarden Euro beendeten Frequenzauktion der Bundesnetzagentur. Nachdem das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur die digitalen Hörfunknetze als Teil der deutschen Infrastruktur als Handlungsfeld entdeckt hat, ist diese Forderung keinesfalls abwegig.
Schreiner betont weiter, dass die Privatradios den Wechsel ins Digitalradio nicht aus eigener Kraft stemmen können und spricht sich dafür aus, auch den Sendebetrieb der privaten Radioanbieter mit Mitteln des Rundfunkbeitrags finanziell zu flankieren. Dabei war Schreiner gut beraten, die Forderung offen und etwas vage zu formulieren. Solange es darum geht, eine Diskussion um die Verwendung der Mittel des Rundfunkbeitrags anzustoßen, steht Schreiner damit nicht alleine da. Erst vorgestern wurde in der FAZ (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/rundfunkbeitrag-ein-vorsch…) durch einen Meinungsbeitrag von Thomas Frickel eine solche Idee nochmals viel weitreichender formuliert.
Abseits der Frage, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen zu gestalten sind, damit Private vom Nektar der Rundfunkbeiträge kosten dürfen, hat man in Deutschland mit der finanziellen Förderung des DAB-Sendebetriebs keine allzu guten Erfahrungen gemacht. Ohne finanziellen Schmerz, versäumten es die Privatradios den neuen Verbreitungsweg zu bewerben und beeilten sich nach Einstellung der Förderungen die DAB-Ausstrahlung wieder zu beenden.
Wenn eine finanzielle Förderung des Sendebetriebs in Betracht kommt, dann doch nur unter klaren Bedingungen. Programmanbieter die mit neuen exklusiven DAB-Programmen thematische Nischen besetzten wollen, könnten eine Förderung wert sein. Hilfen für die Finanzierung des Simulcastbetriebs, kann es erst geben, wenn ein UKW-Abschaltdatum definiert wurde und es darum geht, die letzten Anbieter rechtzeitig abzuholen, um eine Abbildung des heutigen UKW-Angebots zu erreichen.
Der sich abzeichnende Erfolg des Digitalradio DAB+ hat seine Ursache darin, das öffentlich-rechtliche und private Anbieter bei der Bewerbung des neuen Empfangswegs ein gemeinsames Ziel verfolgen. Wer dieses Prinzip unterläuft, wiederholt einen Kardinalfehler des ersten Digitalradioanlaufs.
(Foto: Esther Stosch / pixelio.de)