Mit sieben Programmen startete der Sendernetzbetreiber Norkring gestern im Rahmen eines WorldDMB-Events in Brüssel seinen ersten Privatradio-Multiplex. Von zwei Senderstandorten aus wird Brüssel mit zusätzlichen DAB+-Programmen versorgt. Der Sendernetzbetreiber hofft die Anzahl der verbreiteten Programme weiter anheben zu können. Dann sollen weitere Regionen in den Genuss der neuen Digitalradioangebote kommen.
Der öffentliche Rundfunk sendet schon längst auf DAB, doch das war es dann eigentlich auch. So gesehen markiert die feierliche Inbetriebnahme der neuen Programme in Brüssel einen Wendepunkt. Erstmals gehen in Belgien private Radioanbieter digital auf Sendung.
Mit den Stationen VBRO Radio, Top Radio, Radio Maria, Radio FG, Radio Stad, Familie Radio und ClubFM gehen sieben neuen Programme digital an den Start. Die ganz reichweitenstarken Privaten machen wie in anderen Ländern auch noch einen Bogen um das Digitalradio, um das „System UKW“ nicht zu gefährden. So ist es aus betriebswirtschaftlicher Sicht auch nicht ganz optimal, auf einem DAB+-Multiplex nur sieben Anbieter zu haben. Für die Metropolregion Brüssel ist das immer noch interessant, weil technisch 1,13 Millionen Menschen, knapp 10 % der Gesamteinwohner Belgiens, dort erreicht werden können. Für eine Ausweitung auf andere Regionen möchte Norkring gerne mehr Programmanbieter zusammenbringen.
Am Rande der Veranstaltung in Brüssel, machte Marketingdirektor David Young schon einmal auf das von ihm vertretene Programm Radio X aufmerksam. Mit Radio X soll das erste englischsprachige Radioprogramm Belgiens starten. Auch hier ist natürlich der besonders internationale Standort Brüssel erste Wahl. Der Sendestart von Radio X auf DAB+ ist im August 2015 vorgesehen. Ein solches Programm hat in einer Stadt, in der viele Menschen aus den Ausland arbeiten, eine besonders hohes Aktivierungspotenzial. Für zahllose zugezogene Bewohner, die beruflich in den Sog der EU-Administration geraten sind, liegt der Gang in den nächsten Elektronikmarkt, um sich dort mit einem Digitalradio auszurüsten, besonders nahe.
Überhaupt wird viel davon abhängen, ob es der Allianz der privaten Digitalradioanbieter gelingt das Digitalradio wieder stärker in das Bewusstsein der Hauptstadtbewohner zu transportieren. Die Chancen hierfür stehen nicht schlecht: Die flämische Bevölkerung Belgiens, so Kulturminister Sven Gatz gestern in Brüssel, hört gerne Radio und belegt mit 4,2 Millionen täglichen Hörern einen Spitzenplatz bei der Radionutzung im EU-Vergleich.
Metropolregion Brüssel gut versorgt
Der Sender für das neue Programmpaket steht auf den Sendeturm Sint-Pieters Leeuw, mit 300 Metern das höchste Betonbauwerk Belgiens. Der Turm liegt in der Provinz Brabant, südwestlich von Brüssel. Die Sendeleistung beträgt 6 kW. Zur Unterstützung wird mit 2,3 kW zusätzlich ein Sender auf dem Dach des Administrationszentrums RAC im Herzen von Brüssel eingesetzt.
Auch die praktische Reichweite des neuen Programmbuketts kann sich hören lassen. Entlang der E40 auf dem Weg von Brüssel nach Aachen, reichte das Programm fast 50 Kilometer bis zur Abfahrt Tienen nach Osten.
Bildnachweis Funkturm: „VRT Toren, Belgium“ von Donar Reiskoffer. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:VRT_Toren,_Belgium.jpg#/media/File:VRT_Toren,_Belgium.jpg