Nach der Funkausstellung scheint das Digitalradio auf einem guten Weg. Für 2012 soll die Marke von einer Millionen verkaufter Digitalradios fallen. Die Meldungen sorgen für Verunsicherung in jenen Verlagshäusern, deren Radioengagement auf UKW beschränkt ist. Mit zwei Monaten Verspätung erklärt man DABplus für überflüssig.
Der Start des bundesweiten Digitalradios hat ausreichend mediale Aufmerksamkeit erhalten. Mit der Funkausstellung in Berlin konnte man die Aufmerksamkeitsspanne noch erweitern. Selbst die negativen Schlagzeilen unter dem Stichwort Kabel-TV-Störung und Störung des Polizeifunks sorgten dafür, das Thema DABplus weiter in den Zeitungen zu halten.
Der Zentralverband Elektrotechnik und Elektronikindustrie (ZVEI) glaubt an ein gutes Weihnachtsgeschäft, in dem einige 100.000 Digitalradios über die Ladentheke gehen könnten. Zwar sind selbst eine Million DABplus-Radios in der Masse der UKW-Empfänger kaum mehr als eine Schippe Sand am Strand, aber trotzdem ein erstes kleines Votum, dass sich die Hörer andere, neue Programme wünschen.
Während in Bayern der Digitalradiozug richtig losfährt, tut man sich in anderen Bundesländern schwer. In Thüringen soll eine Ausschreibung die Frage beantworten, ob es Radiomacher gibt, die digital auf Sendung gehen möchten. In Hamburg und Hannover wagen die Medienhüter gar nur eine Interessensbekundung.
Die Neue Westfälische Zeitung aus Bielefeld kommentiert den DABplus-Start mit zwei Monaten Verspätung. Radiohören sei eine lokale Angelegenheit, findet Nico Buchholz von der Neuen Westfälischen. Die Menschen in Ostwestfalen-Lippe wollen wissen, was vor ihrer Haustür passiert.[...] Zudem sind die Hörer an die Stimmen der Moderatoren gewöhnt, so die Pressemitteilung. Eine elektronische Medienanalyse würde dies bestätigen: Mit Reichweiten von bis zu rund 38 Prozent liegen die Lokalradios weit vor allen anderen Radiosendern. Aus diesem Grund, so die Neue Westfälische, wird es ein bundesweites Radiosignal schwer haben.
Kommentare diesen Zuschnitts liest man häufiger. Wenn es denn so ist, wäre es wohl überflüssig, die Diskussion um das bundesweite Programmangebot im Digitalradio per OTS-Pressemitteilung in die Welt zu posaunen. In Deutschland ist man noch nicht so weit, auch die regionalen Digitalradio-Versorgungszonen zu errichten. Da ist es vernünftig, wenn sich die Lokalfunker bei DAB zurückhalten. Das Bundes- und die Landesensemble müssen dem digitalen Lokalradio erst den Nährboden bereiten.
Bangt das Lokalradio um seine unangefochtene Stellung? In NRW sind es Zeitungsverlage, wie die Neue Westfälische GmbH, die für das Lokalradio zuständig sind. Sie stecken zu 75 % in den Betriebsgesellschaften drin. Ein gemeinsames Digitalprogramm für NRW ist da nicht in Sicht und die Medienhüter in Düsseldorf schweigen sich aus. Das politisch belobigte Zweisäulenmodell entpuppt sich als Investitions- und Innovationsbremse.
Wahrscheinlich ist das Privatfunkmodell in Nordrhein-Westfalen ein Fall für die Mottenkiste. Doch den siechenden Zeitungsverlagen im Land eine Öffnung des digitalen Hörfunks abzuringen, das wagt heute wohl niemand. Wer die Zukunft des Radios unverändert im Lokalen sucht, sollte dem Überregionalen nicht unnütz im Wege stehen.