Ein WLAN-Internetradio gut und schön, aber welches ist eigentlich die beste Radiodatenbank? Auf eine knifflige Frage der Versuch einer Antwort.
Der Markt der Radiodatenbanken ist über fünf maßgebliche Anbieter aufgeteilt. Die WLAN-Internetradio-Empfänger laufen in aller Regel, abhängig vom Hersteller, mit einer dieser Datenbanken. Und das funktioniert so: Der Hörer ruft eine Station auf, die Datenbank liefert den Link zum Stream und das Radio verbindet sich via Internet mit dem gewünschten Programm.
Die zwei wichtigsten und am häufigsten anzutreffenden Datenbanken sind Reciva und Vtuner. Reciva ist nicht allein Inhaber der vermutlich gegenwärtig größten Sender- und Podcast-Adressendatenbank, sondern zugleich Hersteller von Mainboards für WLAN-Internetradios. Die Radios mit Reciva-Chipsatz sind leicht an einem Reciva-Aufkleber zu erkennen, ähnlich dem Windows Aufkleber beim PC.
Reciva
Reciva rühmt sich (Stand Januar 2010), rund 18.500 Radiostationen sowie zusätzlich über 48.000 On-Demand-Sendungen in der Datenbank zu haben. Soweit wir das bei unseren WLAN-Radio-Gerätemustern sehen, können die Hersteller zwei Versionen wählen. Eine mit und eine ohne Podcasts. Demnach sollte auf der Radioverpackung angegeben sein, dass Radiosender und Podcasts empfangen werden können, um wirklich in den Genuss der gesamten Datenbank zu gelangen.
Die Reciva-Datenbank ist ohne Frage riesig. Bei der Verschlagwortung wirkt die Datenbank aber immer ein wenig unaufgeräumt. Es existieren Kategorien „Adult Contemporary“ und „Contemporary“, „News“, „News Talk“, „News Update“, die wenigstens hauteng beieinander liegen. Je größer die Datenbank, desto mehr Schlagworte braucht es, um Übersicht zu schaffen. Und wenn man nicht weiter weiß, werden die Sender unter die Schlagworte „Varied“, „Unknown“ oder „World“ einsortiert.
Manchmal sind Schlagworte auch falsch gesetzt. Ein angeblicher HipHop-Sender aus Martinique entpuppte sich als Reggae-Welle, für Polizeiscanner und Wetter gibt es keine Rubrik. Manche Sender finden sich in verschiedensten Schreibungen gleich doppelt und dreifach in der Datenbank.
VTuner
Bei Vtuner können sich Hardware-Hersteller einkaufen. Die Datenbank fanden wir bei den Noxon-Radios, beim Albrecht DR410, bei Philips und vielen anderen Herstellern. Sie soll kleiner sein, als die Reciva-Datenbank, aber die Qualität ist hoch: Kaum Doppelungen, gute Einsortierung in Schlagworten und Suchkriterien machen den Umgang zum Vergnügen. Zwar ist uns keine Zahl bekannt, die die Größe der Podcast-Sektion beschreibt, aber die Schlagwortliste zum Suchen und Finden ist riesig – so riesig, dass man sich in den Tiefen leicht verirren kann, oder nicht mehr weiß, in welchem Ordner man eine interessante Sendung fand. Größe allein, ist demnach nicht entscheidend. Wenn es um zielsicheres Selektieren geht, hat Vtuner die Nase vorn.
Bei den WLAN-Radios mit Vtuner ist von mehr als 11.500 Stationen die Rede, doch genau hier beginnt das Dilemma: Vtuner hat unterschiedliche Lizenzstufen im Angebot. Gut und empfehlenswert ist der Premium-Account. Dort sind sämtliche 11.500 Stationen und das Podcast-Verzeichnis enthalten. Die Radios können sich auf radio567.com einloggen, um Stationen nachzupflegen und Favoriten zu verwalten. Die billigeren Lizenzen verweisen auf andere Radioportale, bei denen zum Teil die Podcast-Rubrik fehlt. Die Datenbanksätze gehen zum Teil herunter bis auf knapp 4.000 Stationen und dabei fehlen dann in Europa sogar bekannte Größen.
Sehr unerfreulich wird es, wenn sich das Radio nirgends einloggen soll. Eigene Sender lassen sich so nicht ins Radio bringen.
Auf der Radioverpackung sollten 11.500 Stationen oder mehr versprochen werden; dann liegt man richtig. Sparversionen von Vtuner findet man vorzugsweise in WLAN-Radios der Preisklasse unterhalb von 150 Euro.
Wifiradio Frontier
Unter wifiradio-frontier.com findet man die Datenbank des Chipherstellers Frontier-Silicon aus Großbritannien. Radios, die mit einem Mainboard von Frontier-Silicon ausgerüstet werden, werden mit dieser Datenbank ausgeliefert. Die Frontier-Plattformen findet man teilweise bei Oxx-Digital, Revo, Grundig und Sangean. Wer diese Technik haben will, sollte auf ein DAB-WLAN-Internetradio-Kombigerät setzen, denn DAB ist die eigentliche Spezialität des Chipherstellers Frontier-Silicon.
Das Beste vorab: Nach unserer Beobachtung gibt es von der Datenbank keinen billigen Auszug, sondern immer das volle Programm. Im Januar 2010 umfasst die Datenbank 13.000 Radiostationen und knapp 8.000 Podcasts. Die Briten kamen mit der Datenbank so überraschend schnell aus den Schuhen, dass anzunehmen ist, dass sie einen Grunddatenbestand angekauft hatten. Offizielle Bestätigungen liegen uns allerdings nicht vor. Unseren Beobachtungen, gerade kurz nach dem Start der Plattform, zeigten aber Sendereinträge, die auf Reciva nicht zu finden waren und zu denen eher selten gelisteten Stationen gehören, die man auf Vtuner finden kann.
Jedenfalls hat die Datenbank nicht nur eine gute Verschlagwortung und eine hohe Trefferquote, sondern zeichnet sich vor allen Dingen durch eine sehr schnelle Antwortzeit aus. Gefühlt ist keine Datenbank so schnell, wie die von Frontier-Silicon. Das Magazin CT testete in der Ausgabe 1/2010 Internetradios. Die Ergebnisse zu Umschaltzeiten zeigten keine Überlegenheit an. Die Sache ist so aber nicht korrekt zu bewerten, weil die Zeit vom Verbindungsaufbau bis zur Tonwiedergabe von der Last am Streaming-Server abhängig ist, für die man die Senderdatenbank selbst nicht verantwortlich machen kann.
Pures Lounge
Der Radiohersteller Pure gehört zwar zum gleichen Konzern wie Frontier-Silicon und nutzt auch deren Chipsätze, leistet sich aber den Luxus, eine eigenständige Datenbank-Plattform zu betreiben.
Unter thelounge.com befinden sich im Januar 2010 immerhin 14.600 Radiostationen und 3.100 Podcasts. Die Auswahl ist gut und stimmig. Zusätzlich lässt sich die Datenbank zum Beispiel nach Kriterien wie Streamqualität und Sendesprache untersuchen. Auch Pure liefert alle seine WLAN-Webradios mit der vollen Datenbankpackung aus.
Radiotime
Mit Radiotime.com ist noch ein weiterer Datenbankbetreiber im Rennen um die Gunst der Datenbankhersteller unterwegs. Die Macher versprechen über 60.000 Stationseinträge. Bislang haben wir diese Datenbank nur in den Logitech-Squeezeboxen in Aktion gesehen. Die Stationssuche über Kontinent, Land, Stadt erschien umständlich. Online ist die Datenbank ein gutes Nachschlagewerk. In der Radioempfangspraxis stört die lexikalische Genauigkeit: Programme für den Iran findet man in den USA, wo die meisten Exil-Iraner leben. Im Iran findet man hingegen nur den Staatsrundfunk. In der Sache richtig, aus Anwendersicht aber ziemlich unpraktisch. Die Datenbankbestände müssten Hörer-gerecht einsortiert und abrufbar gemacht werden, dann ist Radiotime kein Fehler.