Es klang so harmlos, das Eckpunktepapier zur Digitalisierung des Rundfunks, das heute als Pressemitteilung der Bundesnetzagentur (ehemals. RegTP) die Runde machte. Drin stecken - besonders für die Länder - jede Menge Hausaufgaben, damit Deutschland der EU eine digitale Dividende präsentieren kann.
„Mit unserem Eckpunktepapier wollen wir eine Diskussion über eine effektivere Frequenznutzung anstoßen, die Chancen für neue und innovative Angebote und Märkte mit Wachstumsmöglichkeiten eröffnet", begründet Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur diesen Schritt.
Bereits im Juni wird die regionale Radiokonferenz der internationalen Fernmeldebehörde (ITU) in Genf beschließen, wie sich die Länder Europas und Afrikas die Frequenzen aufteilen werden. Die EU drängt darauf, dass jedes Mitgliedsland erklärt, welche Frequenzeinsparungen die Bemühungen zur Digitalisierung des Rundfunks bislang erbracht haben und was mit den frei gewordenen Frequenzen weiterhin geschehen soll.
Hybride Netze, flexible Nutzung
Den Frequenzexperten der Bundesnetzagentur ist es demnach wichtig, von zu starren Frequenzzuweisungen abzurücken, sondern nur noch den Übertragungslayer zu definieren. Bisher sind die Zuweisungen statisch, so steht in bestimmten Frequenzzuweisungen klipp und klar Tonrundfunk drin, dabei können digitale Netze DAB und DVB-T Fernsehen, Radio und Datendienste gleichermaßen übertragen. Bei Letzteren kann es sich auch um Nicht-Rundfunk-Inhalte handeln. Technisch betrachtet dürfte das keinen Widerspruch hervorrufen, aber inhaltlich geht der Weg zu hybriden Netzen und die geforderte klare inhaltliche Trennung in Rundfunk- und Nicht-Rundfunk-Inhalte an die Substanz.
So spart die Bundesnetzagentur nicht mit kritischen Anmerkungen über das Zusammenspiel der Landesmedienanstalten untereinander, dem Vorgehen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und der Landesregierungen.
Einfachere Zuteilung, mehr Markt
Mit dem Gebot zur Frequenzökonomie sei zum Beispiel nicht vereinbar, dass Übertragungskapazitäten gesammelt werden, ohne sie zu nutzen. Es sei weiterhin nicht zeitgemäß, dass länderübergreifende Programmangebote in jedem Bundesland mit unterschiedlichem Ergebnis geprüft würden und schließlich doppelte Frequenzbelegungen durchgeführt werden, damit ein zeitlich begrenztes Regionalfenster ausgestrahlt werden kann, unabhängig davon, ob diese Fensterprogramme dem Schutz der Meinungsvielfalt tatsächlich dienen. Man verweist hier auf vereinfachte Regelungen im Kabelbereich, die zudem mehr Marktwirtschaft ermöglichen.
Mehr Freiheiten fordern die Frequenzregulierer auch für die Vermarkter von digitalen Übertragungskapazitäten (z. B. die DAB-Sendernetzbetreiber). Bislang wählt die Landesmedienanstalt die Kunden für den Vermarkter aus. Leerstehende Kapazitäten können so nicht an interessierte Dienstanbieter vergeben werden. In künftigen Hybrid-Netzen muss aber genau dies ermöglicht werden. Ein Datendienstanbieter sollte künftig nicht über eine Rundfunklizenz verfügen müssen, um auf Sendung gehen zu dürfen.
Kritisiert werden auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für ihre Tendenz der Frequenzüberversorgung. Sie schalten Programmketten zu, ohne dass ein Eingreifen bei Überversorgungen und Doppelversorgungen möglich wäre. Durch die länderrechtliche Vorrangregelung für die Landesrundfunkanstalten stehen solche Kapazitäten auch nach Abbau der Mehrfachversorgung nicht für neue Programme zur Verfügung. So werde die Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum Sammeln und Abschöpfen von Übertragungskapazitäten benutzt.
Zu schwerfällig
So starr, schwerfällig und mit so starkem Länderbezug kommt die Digitalisierung des Rundfunks nur zögerlich in Gang und die digitale Dividende fällt bescheiden aus.