Schlechte Neuigkeiten von Last.fm. Wer nicht in Deutschland, Großbritannien oder den USA wohnt, soll künftig drei Euro im Monat zahlen. Der Sturm der Entrüstung ließ nicht lange auf sich warten.
Last.fm ist ganz sicher der Musikdienst im Internet, von dem die höchste Faszination ausgeht. Musiker stellen Stücke ein, die Gemeinschaft hört und Benutzer stellen ihre Lieblingslieder aus dem gewaltigen Repertoire zusammen und bieten diese Playlist als eigenes Radioprogramm an. Perfekt gedacht und toll gemacht. Ein Vorbild für die Branche und längst ein Welterfolg. Inzwischen hat man auch mit den großen Labels Verträge, um Videos zu zeigen und Stücke in voller Länge zu hören und all das kostet, neben der aufwändigen Webseite und den Streaming-Kosten, vor allen Dingen jede Menge Geld.
Nun könnte man sagen, der Erfolg frisst Last.fm auf. Nur in Deutschland, Großbritannien und den USA gelingt es, mit Musikverkäufen und Werbung das System Last.fm am Laufen zu halten.
Man habe es sich mit der Entscheidung nicht leicht gemacht, gesteht Richard Jones, Mitbegründer des Last.fm-Netzwerkes, doch der Schritt sei unumgänglich. Zwar kann Last.fm weltweit gehört werden und auf der Kostenseite müssen Lizenzgebühren für die weltweite Verbreitung gezahlt werden, andererseits ist es schon aus Präsenzgründen unmöglich, in allen Ländern der Welt auch tatsächlich Werbung für Last.fm an Land zu ziehen.
Damit legt Jones den Finger zielsicher in die Wunde der Community, denn deren Engagement und Beteiligung verdankt Last.fm seinen Erfolg. Ein solcher Web-Welterfolg basiert auf dem Prinzip, dass Information frei sein muss und somit Kunst und Musik ebenso. Last.fm als Payradio-Dienst widerspricht diesen Grundgedanken in diametraler Weise.
Tausende von Kommentaren begleiten die Erläuterungen zum Bezahlmodell im Last.fm-Blog, nicht alle kündigen der Plattform gleich die Freundschaft und doch werden nicht wenige Nutzer alsbald den Stecker ziehen, um nach einer alternativen Plattform mit Potenzial zu suchen. Die Cyber-Nomaden werden sicher fündig; bis sich die neue Plattform vom Geheimtipp zum Massenmagnet entwickelt hat und die Betreiber des neuen Sterns am musikalischen Webhimmel vor genau den gleichen Problemen steht, an denen Last-fm jetzt eine unangenehme Entscheidung treffen muss.
Reicht es, wie Wikipedia einfach zu Spenden aufzurufen? Gibt es ein konklusiveres Geschäftsmodell? Verbrennen Projekte immer genau dann, wenn die Bruchstelle zwischen Open Source, Free Content und den althergebrachten Musikverlags-Geschäftsmodellen zusammen rasseln?
Schlecht ist die Bezahlpflicht allemal. Besonders in eher geschlossenen und eingeschlossenen Gesellschaften ist Last.fm ein Ventil, musikalisch aus der gesellschaftlichen Enge zu entfliehen, sich in einer internationalen Gemeinschaft zu präsentieren und Respekt zu erhalten. So nutzen zum Beispiel viele jungen Weißrussen Last.fm als Plattform, um ihre Musik bekannt zu machen. Liebevoll produzierte Videoclips und Musik, die durchaus europäischen Geschmack trifft, gelangt über Last.fm ins Rampenlicht.
Es sind solche Entdeckungen, die klar machen, weshalb Last.fm mehr ist als ein reines Unterhaltungsportal, sondern darüber hinaus als musikalischer Schaukasten eine sozio-kulturelle Funktion erfüllt. Das ist vielleicht ein Punkt, der selbst den Last.fm-Machern gar nicht so bewusst ist.
Immerhin realisieren die Last.fm-Verantwortlichen das Bezahlen per Kreditkarten und Paypal in vielen Ländern keine Lösung darstellt. Man denkt deshalb über andere Möglichkeiten nach und das verschafft den begeisterten Last.fm-Nutzern wenigstens noch eine Gnadenfrist. Play the last for free...