Vom Medienfeuerwerk rund um den Ipad-Start kann man lernen, dass sich die Kunden ein problemloses Bedienerlebnis wünschen. Ein geschicktes Marketing für das Produkt tröstet dann auch über Schwächen und den hohen Preis hinweg.
Preise ab 500 Euro verlangt Apple für seinen neuesten Mediencoup: das Ipad. Es handelt sich hierbei um einen Tablet-PC mit Touchscreen. Tablet-PC sind im Grunde ein alter Hut. Neben dem kleinen Vorläufern, wie den Touchscreen-PDAs vom Schlage eines Compaq iPaq hat selbst Siemens (heute Fujitsu) schon fast eine Dekade lang Tablet-PC unter dem Produktnamen Stylistic im Programm.
Einen Markt für diese Geräte suchte und fand man bislang in der mobilen Datenerfassung und Dokumentation. Schadensachverständige, Ärzte bei der Visite und Außendienstler bei der Kundenpräsentation gehören zu den Kunden.
Surfen ohne Grillstreifen
Nun kommt Apple, bläst sein Iphone auf und es klingt, als sei eine neue Produktgattung entstanden. Das stimmt zumindest zu einem gewissen Teil, denn Apple verspricht Couchpotatos mit gut gefülltem Bankkonto eine neue Interneterfahrung, ohne Grillstreifen am Bauchspeck.
Die Gestennavigation auf dem großen Touchscreen ist etwas ganz anderes als das elende Rumgerutsche auf kleinen Laptop-Touchpads. Damit lässt sich ein „Muss-ich-haben-Gefühl“ erzeugen. Auch WLAN-Internetradios verdanken ihren Erfolg einer einfachen Verfügbarmachung der Internetradio-Programme.
Mit Design und Bedienbarkeit setzt Apple Trends. Das Ei und Oh der Apple-Produkte ist iTunes. Nur da gibt es die Apps. Ich kenne i-Nutzer, die für ihre Musiksammlung keinen müden Cent bezahlt haben, sowie werbungsallergische Websurfer, die sich jedes Werbebanner von den Internetseiten bügeln lassen und trotzdem monatlich Geld an Apple überweisen. Die Abhängigkeit von iTunes treibt teilweise bizarre Blüten: Der politische Karikaturist Mark Fiore musste erst den Pulitzer-Preis bekommen, damit seine App bei iTunes Gnade fand. Apple entscheidet, welche Anwendungen in Ordnung sind und welche draußen bleiben und jeder Nutzer muss sich die Frage stellen, ob er Steve Jobbs profitablen Gegenentwurf zum Internet wirklich haben will.
Konkurrenz für nur 250 Euro
Allerdings ist Apples Erfolg auch der Innovationsschwäche der Wettbewerber geschuldet. Die wagen keine neuen Konzepte, sondern imitieren nur. Auch bei der Bedienphilosophie zeigen sich die anderen Branchengrößen als visionslos. Man überlässt Apple die Schrittmacherfunktion und scheut das Risiko, selbst neue Produktkonzepte in den Markt zu bringen.
Immerhin hat Conrad-Electronic wenige Tage vor dem Ipad-Start einen möglichen Mitbewerber ins Rennen geschoben. Das Toshiba Journ.E ist schon seit Anfang 2010 im Markt und kommt nun dank Conrad auch nach Deutschland. Der 7-Zoll große Tablet-PC kommt serienmäßig mit Opera-Browser, Shoutcast-Internet-Radio mit den Fotodiensten Flickr und Picasa sowie E-Book- und RSS-Reader ins Haus. Als Betriebssystem dient Windows CE 6.0. Mit einem Verkaufspreis von nur 250 Euro ist das Toshiba Journ.E ein regelrechtes Schnäppchen.
Auch beim Marketing, wo sich Apple in der Werbung als unser Dutzfreund ausgibt und damit auf erfolgreichen Ikea-Pfaden wandelt, lassen sich andere PC-Hersteller nicht blicken. HP warb zaghaft mit Produktlösungen für Dich und mich, bleib aber mit dem Werberuf „The Computer is Personal Again“ merklich auf Distanz.
Multifunktion statt Netzradio
Das Konzept des Tablet-PC ist ebenso ein Fingerzeig für die Entwicklung des Internetradios. Die Vernetzung einer leicht handhabbaren Kommunikationszentrale kann auch Multimediainhalte steuern. Mit einer gut gemachten Internetradioanwendung und einer vernetzten Steuerung von Musikinhalten, wird das Web-Tablet zum Universalunterhalter. Die Zuführung des Audiosignals könnte via Bluetooth über das A2DP-Protokoll geführt werden. Dass die Entwicklung weg führt von Problemlösern für Einzelfunktionen, zeigt sich ebenfalls in der Entwicklung von App-orientierten Webradios wie Pure Sensia und Chumby.