Welche Empfehlungen man den Programmanbietern für den weiteren Aufbau von DRM-Sendenetzen mit auf den Weg geben kann, klärt der letzte Teil der DRM-Bestandsaufnahme. Was sich wie ein Plädoyer gegen DRM lesen mag, ist keines. Sondern die Warnung davor, mit ungerechtfertigten Versprechungen zu hohe Erwartungen zu wecken, die das weiterhin interessante Medium „Kurzwelle” endgültig ins Abseits stellen könnten.
Viele der verantwortlichen Ingenieure wissen um ihre seit Jahren bewusst betriebene Schönfärberei, die mancher an sich kenntnisreiche Fachjournalist augenzwinkernd und manchmal wider besseren Wissens mitmachte – das junge Pflänzlein sollte schließlich nicht gleich zertrampelt werden. Die Ingenieure aber sollten spätestens jetzt ihren Kontrollorganen (und diese der Politik) reinen Wein einschenken. Das Erwachen wird sonst zum teuren Tod des Kurzwellenrundfunks insgesamt.
Was tun? Die Betriebsart DRM ist genormt und bildet hinsichtlich Quell- und Kanalcodierung einen überzeugenden Standard mit sinnvollen Übertragungsoptionen. Nachdem die Entwicklung eines DRM/DAB-Chips genügend Schwierigkeit gemacht und Zeit in Anspruch genommen hat, wird sich an seinem Konzept mittelfristig nichts ändern. Versprochen wurde, dass in Zukunft damit a) auch batteriebetriebene Kofferempfänger b) länger funktionieren. Die Hoffnung höret nimmer auf. Kurzwelle ist ein primär mobiles Medium.
Aus diesem Szenario lassen sich vor dem Hintergrund ja bei weitem nicht allein meiner Erfahrung folgende Empfehlungen ableiten:
- Kurzwellenempfang in DRM kann vom qualitativen Aspekt her nur dann einen „Massenmarkt” erobern, wenn die Rundfunkversorgung sich auf optimale Ausbreitung bei vorwiegend Ein-Hop-Ausbreitung beschränkt.
- Selbst für eine geographische Region mit „Mitteleuropa” sollten hierfür drei bis vier Parallelfrequenzen zur Auswahl stehen, zwischen denen die DRM-Software ja automatisch schaltet. Die nachmittäglichen Sendungen des BBC-World-Service von Rampisham/U.K. sowie Kvitsoy/Norwegen im 41- und 49-Meter-Band liefern hierfür mit völlig unterschiedlichen Fadingverläufen schlagend positive Beispiele.
- Angestrebt werden sollte ein Signal-/Rauschabstand beim Empfänger von mindestens 60 dB/Hz. Das entspricht bei allerbesten, ruhigen Bedingungen einem Signal-/Rauschabstand von 20 dB im 10-kHz-Kanal. Eine Reserve von mindestens 6 dB, besser eben 10 dB, erscheint mir notwendig. Immerhin liegt das 13 dB unter dem bisherigen Standard für AM (sendeleistungsmäßige Ersparnis: immerhin Faktor 20!).
- Der typische mobile Rundfunkhörer möchte Nachrichten und Kommentare hören, nicht jedoch Stereo-Musik. Hier wäre ein Rückgriff auf die robustere DRM-Norm C oder in Einzelfällen sogar D angebracht, die von Rundfunkern mit Blick auf die geldgebende Politik jedoch gescheut werden.
Die Notwendigkeit, die DRM-Signal um 10 dB zu erhöhen, scheinen die Ingenieure inzwischen eingesehen zu haben und wollen entsprechend handeln. In der Diskussion ist überdies die gleichzeitige Auswertung von zwei parallelen DRM-Ausstrahlungen durch einen DRM-Receiver. Was in der Theorie 6 dB an Gewinn bringt, wird sich in der Praxis auf zwar nur wenige Dezibel reduzieren. Aber ein jedes wird dringend benötigt.
Ein erfolgreiches DRM-Konzept unterscheidet sich damit nicht wirklich vom bisherigen Kurzwellenrundfunk: weiterhin sind Relaisstationen für die angestrebte Ein-Hop-Ausbreitung vorzuhalten, weiterhin ist jedes Zielgebiet mit Parallelfrequenz in insgesamt zwei bis vier Rundfunkbändern zu bedenken und weiterhin ist eine überlegte Frequenzplanung (Interferenz!) Zutat für einen guten Empfang. Kommt dann noch die weitgehende Beschränkung auf Wortprogramme hinzu und eine Betonung der robusteren DRM-Normen, so bietet sich dem Hörer die vollautomatische Wahl der besten Frequenz und ein fast immer durchgehend ununterbrochener Empfang seiner Kurzwellensendungen in einer Qualität, die ihn aufhorchen ließe. Und das ist ja auch der eigentliche Sinn hinter den ingenieurwissenschaftlichen Anstrengungen, aber auch finanziellen Subventionen.