Die am 17. Februar 2012 zu Ende gegangenen Weltfunkkonferenz in Genf endete mit einer Überraschung. Der Frequenzbereich 694 – 790 MHz wird künftig vermutlich nicht mehr exklusiv für den Rundfunk genutzt werden können.
Aufgrund des massiven Drucks arabischer und afrikanischer Staaten kam es völlig überraschend zu einer gleichberechtigten Frequenzzuweisung an den Mobilfunk im Rundfunkfrequenzbereich 694 – 790 MHz in der gesamten Funkregion 1 (Europa und Afrika) obwohl das Thema ursprünglich nicht auf der Tagesordnung stand. Die afrikanischen und arabischen Staaten drängten auf diese Zuweisung, weil das sog. 800-MHz-Band (790 – 862 MHz), das bereits im Jahre 2007 für den Mobilfunk umgewidmet wurde, im arabisch-afrikanischen Raum aus verschiedenen Gründen durch den Mobilfunk meist nicht genutzt wird.
In langwierigen und schwierigen Verhandlungen konnten die Rundfunkvertreter erreichen, dass zumindest einige fachliche Aspekte stärker berücksichtigt wurden. Das sogenannte 700-MHz-Band steht erst nach der Funkverwaltungskonferenz 2015 für den Mobilfunk zur Verfügung. Die Zuweisung an den Rundfunk bleibt gleichberechtigt neben der neuen Mobilfunkzuweisung bestehen. Zudem entschied die Weltfunkkonferenz, dass vor dem Inkrafttreten der Mobilfunkzuweisung noch eine ganze Reihe von offenen technischen und regulatorischen Fragen geklärt werden müssen. Hierzu zählen unter anderem der Frequenzbedarf des Rundfunks, die Frequenzharmonisierung mit anderen Funkregionen in der Welt und die Sicherstellung der technischen Verträglichkeit von Rundfunk und Mobilfunk in den betroffenen Funkbändern. Offen ist auch noch eine „Feinjustierung“ der unteren Bandgrenze.
In Deutschland und Europa muss nun die politische Diskussion geführt werden, welcher der beiden Dienste zukünftig im 700-MHz-Band senden darf. Sollte der Rundfunk den Bereich abtreten müssen wäre eine langwierige Frequenz-Umplanung mit drastischen Folgekosten die Konsequenz. Der Bereich war als Entwicklungsraum für das digitale Antennenfernsehen geplant. Aber nicht nur das digitale Antennenfernsehen ist von der Umwidmung betroffen. Seit vielen Jahren ist im selben Frequenzband (in den Frequenzlücken des Antennenfernsehens) eine Vielzahl von drahtlosen Mikrofonen zum Beispiel bei Konzerten, Wahlen, Sportereignissen sowie bei Veranstaltungs- und Rundfunkproduktionen im Einsatz. Die Eigentümer derartiger Mikrofone müssen bereits jetzt den Frequenzbereich der Digitalen Dividende (das 800-MHz-Band) verlassen, ohne dass klar ist, in welche alternativen Frequenzen ausgewichen werden kann. Eine weitere Frequenzräumung verursacht für diese Nutzer, vorausgesetzt es stehen überhaupt Ausweichfrequenzen zur Verfügung, erneut erhebliche Kosten.