Nachdem wir das Pappradio 2.0 einem Test unterzogen hatten, versprachen wir weitere Experimente, um die Leistungen dieser kostengünstigen SDR-Lösung zu verbessern. Auch der Entwickler Stephan Schaa hatte uns noch ein paar Tipps übermittelt. Schalten wir also jetzt einmal auf Kurzwelle.
Beim Pappradio (zum Testbericht) handelt es sich um einen Software Defined Receiver (SDR) für die Lang-, Mittel und Kurzwelle. Die Signalaufbereitung und Dekodierung der Signale erfolgt weitgehend im PC. Das wichtigste PC-Bauteil für diesen Job ist die Soundkarte. Im Test machte die bei uns so allerlei Probleme. Die Verwendung schlechter Soundkarten, so berichtet der Entwickler Stephan Schaa aus Oldenburg, kann den Empfang bis zur Unkenntlichkeit entstellen.
Grundvoraussetzung für den erfolgreichen I/Q-Betrieb ist ein Stereoeingang für die Verarbeitung der Signale und ein Antialisingfilter in der Soundkarte, der höhere Frequenzen außerhalb des Samplingbereichs ausfiltert. Eigentlich sollten hierzu auch gewöhnliche On-Board-Soundchips aktueller Laptops und PC völlig ausreichend sein. Bei unserem einem Jahr alten HP-Rechner ist ein Realtek-HD-Soundchip verbaut, aber die serienmäßige Treiberausstattung war unzureichend. Nachdem wir die aktuellen Realtek-Originaltreiber nachinstalliert hatten, fand sich in der Soundkarteneinstellung endlich eine Möglichkeit, auf 96 kHz umzuschalten. Damit steht nun ein 96-kHz breites Empfangsfenster zur Verfügung - und das mit fast durchgehend hoher Empfindlichkeit.
Alternative Soundkarten
Als preiswerte Soundkarte zur Nachrüstung käme eine Creative Audigy SE infrage, die bei Amazon für rund 20 Euro zu haben ist. Deutlich besser ist eine Asus Xonar D1 mit 115 dB Dynamikbereich und 192 kHz Abtastrate. Die Xonar D1 liegt bei 50 Euro.
Antennenexperimente
Unsere Antennenexperimente führten uns zur Verwendung einer britischen Kurzwellen-Vertikalantenne, doch deren Leistungen enttäuschten. Überraschend gut lief indessen eine Verzweiflungslösung: Hierbei wurde die 12 Meter lange Drahtschlaufe des Taubenabwehrnetzes am Balkon als „Rahmenantenne“ einer neuen Nutzungsmöglichkeit zugeführt. Schon die Verbindung des Koaxsteckers mit dem Außendraht brachte eine gutes Signalangebot. Später haben wir das Provisorium mit einem Balun professionalisiert und nebenbei eine Anpassung auf das 50-Ohm-Kabel erreicht. Die Störsituation bleibt auch bei dieser Lösung etwas heikel, weil der Antennendraht ganz eng an der Hauswand anliegt. Verbesserungen verspräche allenfalls noch eine magnetische Antennen, die etwas unempfindlicher gegen elektrische Störgrößen ist. In der lokalen Störsituation, mit einer Straßenbahn in 200 und einer Bundesbahnstrecke in 300 Metern Entfernung, ist man um jedes Dezibel Störentlastung dankbar.
Mit Mischprodukten leben
Zu den Mischfrequenzen auf Mittelwelle schreibt Stephan Schaa, dass der Schaltmischer, schaltungsbedingt mindestens alle 3- und 5-fachen (ungraden) Vielfachen der Empfangsfrequenz mitnimmt. Ohne die Verwendung von guten Bandpassfiltern lässt sich das nicht abstellen. Das Pappradio hat nur Filter für die Kurzwellenbänder. Theoretisch lassen sich drei weitere Bandfilter noch nachrüsten. Für Mittel- und Langwelle will Stephan demnächst eine kleine zusätzliche Platine anbieten, die "Huckepack" mit ins Gehäuse passt. Wer will, kann die Platine auch unbestückt bekommen und Filter für den eigenen Wunschbereich aufbauen.
Beim DRM-Empfang mit Dream empfahl uns der Pappradioentwickler, das Problem mit dem 10-kHz-Offset nicht ganz so eng zu sehen. Durch die Bandbreite der DRM-Signale von meistens 10 kHz kann der Offset zwischen eingestellter Frequenz in Winrad und funktionierendem Empfang in Dream zwischen 5 und etwa 15 kHz betragen. In unseren Screenshots war zu sehen, dass wir das DRM-Signal wegen der Soundkartenprobleme schon zu weit herausgeschoben haben, was die Empfangsleistung vermindern konnte. Das Platzproblem haben wir bei 96-kHz Sichtbandbreite nun sowieso nicht mehr.
Hohe Empfindlichkeit ausnutzen
Die Frage nach der richtigen Antenne und die Leistungsfähigkeit der Soundkarte bleiben damit beim Pappradio die bestimmenden Elemente.
Bei uns läuft das Pappradio oberhalb von 10 MHz mit dem provisorischen Mauerdraht als Antenne verblüffend gut. Bei sorgfältiger Nutzung des Abschwächers kann das kleine Pappradio den zum Vergleich herangezogenen Sony ICF 7600GR immer Paroli bieten.
So kam Radio Farda auf 15.690 kHz auf dem Pappradio mit deutlich klarerer Modulation durch. Das schwache Signal von VoA Botswana auf 15.730 kHz war knapp verständlich auf dem Pappradio, konnte auf dem kleinen Sony hingegen nicht nachgewiesen werden. IRIB Teheran ging mit dem 65-Euro-PC-Empfänger „berichtsreif“ (berichtsreif nennen Kurzwellenhörer den Empfang in einer Qualität, bei dem man das Programm lückenlos und verständlich aufnehmen kann, um einen Empfangsbericht mit den Programmdetails an den Sender schreiben zu können) auf 13.800 kHz, war auf dem Sony hingegen definitiv nicht zu verstehen. Für Kurzwellenverhältnisse sind das schon bemerkenswerte Leistungsunterschiede. Es lohnt sich demnach, die Antennenfrage und ihre Anpassung mit großer Sorgfalt zu beantworten, um die nutzbare Empfindlichkeit optimal einsetzen zu können.