Beim Stöbern in den Weiten des Webradio-Universums öffnet sich auch musikalisch manche Tür. Der Rai, ursprünglich eine algerische Hirtenmusik aus der Gegend von Oran, ist heute mehr als folkloristischer Pop. Er ist Lebensgefühl und Bewegung zugleich.
Die 1980er Jahre sind nicht nur ein Datum für Synthie-Pop und Neue Deutsche Welle, sondern auch für die Plattenabteilung „Weltmusik“, wo schlichtweg alles einsortiert wurde, was das US-Europäische-Ohr nicht gleich verstand. Dort landete auch der Rai. Der Musiker Cheb Khaled (Aicha) darf wohl als der international populärste Botschafter des Rai gelten. Zusammen mit dem Ethno-Pop-Phänomen geriet so der Rai ins Blickfeld der Musikwissenschaften.
Was als Herz-Schmerz-Musik begann, hatte aber auch stets eine gewisse erotische Freizügigkeit, die der algerischen Islamisierungsbewegung in den 1990er Jahren völlig entgegen lief. Gewalt gegen Rai-Künstler entfesselte dabei eine neue inhaltliche Dimension des Rai als soziale Bewegung. Heute wird der Rai vor allem von Jugendlichen mit algerischen Wurzeln im französischen Marseille und in Paris als sozialkritisches Sprachrohr verwendet. Einen Eindruck von der musikalischen Vielfalt bietet die Station Wah´rai aus Oran. Die Station bezeichnet sich selbst als das offizielle Radio des Rai. Der Claim ist Programm: Rai nonstop und das in guter technischer Qualität.