Digital Radio wird den herkömmlichen Radioempfang auf UKW ablösen, in Deutschland, Europa und der Welt. Das heutige UKW-Radio stützt sich auf eine Technik, die bereits über 50 Jahre alt ist und trotz seiner ungebrochenen Beliebtheit in vielen Punkten nicht länger zukunftsfähig erscheint. Der Klang wirkt matt, die Störungen gerade beim mobilen Empfang sind erheblich und freie Frequenzen in Ballungsräumen sind Mangelware. Es ist an der Zeit Lebewohl zu sagen - zum analogen Radio - und sich zu freuen auf das Programmangebot, die Klangqualität und die Zusatzdienste die Digital Radio bereits heute bietet und in Zukunft bieten wird.
Leider fehlt es bis zum heutigen Tag an einer klaren Ansage aller Bundesländer, Digital Radio mit Nachdruck zu unterstützen. Die Folge ist eine Verunsicherung der Hörerinnen und Hörer, ob denn die Frischzellenkur für das altgediente Radio tatsächlich Zukunft haben wird. Erstaunlich daran ist, dass die Bemühungen den Fernsehempfang zu digitalisieren, allerorten mit positiven Kommentaren begleitet werden, obwohl doch auch der heutige Fernsehapparat ordentliche Bilder und Töne liefert. Digital Radio hingegen ist bislang ein fortwährendes Streitobjekt.
Applaus gibt es auch für die gerade angelaufene Digitalisierung des Hörfunks auf Lang-, Mittel- und Kurzwelle; nur das UKW-Radio, so scheint es, soll auf einer analogen Insel verbleiben und einer zunehmenden Bedeutungslosigkeit entgegensiechen - und das in einem Meer digitalisierter Massenmedien!
100 Programme im deutschen Digital Radio sprechen da erfreulicherweise eine andere Sprache. Den Mediengewaltigen der Länder sei dieses Heft hier dringend zur Lektüre empfohlen: Digital Radio ist da!
Und das ist Digital Radio!
Digital Radio basiert, wie der Name schon sagt, auf einer digitalen übertragungstechnik. Die Sprache und die Musik werden dabei im MPEG1-Layer-2-Format übertragen. Manchem Websurfer wird der Begriff schon für die übertragung von Audio- und Videodateien bekannt vorkommen. Tatsächlich geht es darum, einen Kompromiss zu finden zwischen der übertragenen Datenmenge und dem erzielbaren Klangeindruck, doch der Vergleich zum Internet hinkt ein wenig: Während es im Internet zu übertragungsstörungen kommen kann, die den Datendurchsatz behindern, hat der Datenstrom im Digital Radio immer freie Fahrt zum Empfänger. Deshalb müssen die Audiodaten im Digital Radio weit weniger stark komprimiert werden und erzielen so einen Klang, der einer Audio-CD schon recht nahe kommt.
Die Sender haben allerdings die Möglichkeit, die Breite ihres Datenstroms frei zu wählen. So wird für Wortprogramme weniger Bandbreite benutzt als für ein Musikprogramm. Ansage-Dienste, wie beispielsweise Verkehrsdurchsagen, kommen mit einem Datenstrom aus, der nur etwas mehr Kapazität als ein ISDN-Internetanschlusses benötigt. Das spart Platz (für mehr Programmangebote), Sendeenergie und natürlich Kosten.
Einfach besser
Als Hörerin oder Hörer kommen Sie in den Genuss einer optimalen Klangqualität.
Das gilt zu Hause im Wohnzimmer und umso mehr unterwegs im Auto. Hier spielt Digital Radio weitere Stärken aus. Während das herkömmliche Autoradio in engen Häuserschluchten zum Rauschen und einem flatterhaften Empfang neigt, ausgelöst durch Wellenreflexionen oder Störungen durch undichte Kabelnetzanlagen, bleibt man beim Digitalradio von solchen Störungen verschont. Das System ist daraufhin konzipiert, Reflexionsstörungen auszugleichen; zudem sendet Digital Radio auf gänzlich anderen Funkfrequenzen und kann somit von Kabelanlagen nicht gestört werden.
Apropos Frequenzen: da trumpft Digital Radio auch in punkto Bequemlichkeit auf. Bislang muss ein Radiohörer immer eine Frequenz auswählen und abspeichern, um seine Lieblingssender hören zu können. Mit Digital Radio wählt man stattdessen einen Sendernamen aus. Bedienungsfreundlicher geht es kaum.
In jedem Bundesland wird dem Autofahrer ein neues Bouquet digitaler Programme angeboten. Wer einen der bundesweit präsenten Sender, im Augenblick Deutschlandfunk oder Deutschlandradio, ausgewählt hat, dürfte auf der Fahrt von Rostock nach Freiburg schon bald sein Radio gar nicht mehr anrühren müssen. Von den aktuellen Möglichkeiten akustischer und visueller Verkehrsinformationen, künftigen kostenfreien Lotsendiensten oder akustisch eingeblendeten Streckeninformationen einmal ganz zu schweigen!
Secondary Services: Programme als Untermieter
Eine weitere spannende Möglichkeit, die nur Digital Radio bieten kann, sind die so genannten Secondary Services. Mit ihnen kann ein Radioprogramm mehrere Unterprogramme anbieten. Während im Hauptprogramm eine Musiksendung läuft, lassen sich auf einen Knopfdruck hin Veranstaltungstipps aus der Region anhören und in einem weiteren Unterprogramm Regionalnachrichten hören. Die Unterprogramme haben zwar nur wenig Datenrate, aber den Ideen der Programmmacher sind eigentlich kaum Grenzen gesetzt. Das lokale Eishockeyspiel im Hauptprogramm, das Grand-Slam-Tennisturnier im Nebenprogramm: alles kein Problem mit Digital Radio.
Die Hitradio Antenne 1 aus Stuttgart nutzt diese Form der Kanalteilung, um parallel zum ihren Musikprogramm eine Infowelle auszustrahlen. Antenne 1 Info Digital nennt sich das Newsradio in der "Einliegerwohnung" des Hauptprogramms.
Keine Verluste: Digitale Aufnahmen
Zugegeben, die Digital Radio Empfänger für die heimische Stereoanlage sind teurer als gute analoge UKW-Tuner. Dafür könnte das Aufnehmen von Musik aus dem Radio eine Renaissance erleben. Noch vor 20 Jahren saßen Heerscharen von Jugendlichen an ihren Kassettenrekordern, um Musik aufzunehmen. Das macht heute wohl niemand mehr. Stattdessen florieren Musik-Tauschbörsen im Internet. Mit einem Digital Radio Tuner können Audiodaten verlustfrei auf eine PC-Festplatte übernommen werden. Eine Software wandelt die MPEG-1-Dateien in MP3-Files um.
Sogar das brandneue Autoradio Blaupunkt Woodstock DAB 53 kann auf Knopfdruck Radiosendungen auf einer herausnehmbaren Speicherkarte (MMC) aufzeichnen und wiedergeben. Die Speicherkarte lässt sich in gleicher Weise am PC in ein anderes Datenformat bringen: Für den normalen CD-Player und das MP3-Abspielgerät.
Eine Technik für mehr Vielfalt
In den kommenden Jahren profitieren Digital Radio Hörer von einer neuen Programmvielfalt, die sich bereits heute klar abzeichnet. Dass die Technik von Digital Radio Zukunft hat, zeigt sich schon an der Fähigkeit, immer neuen Ansprüchen gerecht zu werden. Ursprünglich wollte man in Großbritannien eigentlich nur die BBC-Programme in einem Digital-Radio-Ensemble auf der ganzen Insel verbreiten. Mit der Liberalisierung der Radiomärkte in Europa, den Privat- und Lokalradios, stellten sich völlig neue Anforderungen. Neben den landesweiten Versorgungsbereichen, benötigen Ballungsräume viel mehr Programmplätze als gedacht. In Deutschland gibt es recht flächendeckend erst eine Senderbedeckung, die Platz bietet, für etwa sieben bis neun Programmangebote. Nun kommen die so genannten L-Band-Frequenzen in den großen Städten hinzu, die diese Kapazität verdoppeln. Schon wird über weitere lokale Abdeckungen in weiteren L-Band-Abschnitten nachgedacht, mit interessanten Lokalfunkangeboten. Das ist eine gute Entwicklung, lebt doch Radio in besonderer Weise auch von lokalen Bezügen.
Digital Radio ist da
Die digitale Zukunft des altehrwürdigen Radios hat also begonnen. Und diese Entwicklung kommt nicht einfach über Nacht zu uns. Es wird noch etwas dauern, bis Digital-Radio-Empfänger ähnlich preiswert sind, wie die normalen UKW-Radios und es wird noch Zeit benötigt, bis Digital Radio mehr Programme bieten kann, als auf dem UKW-Band unterzubringen wären. Doch die Zukunft des Radios ist digital und man kann sich hier und heute davon überzeugen, dass ein Wechsel auf Digital-Radio lohnt .
Radio 2018 - Ein Europa, ein Radio
Digital Radio DAB wird den analogen Rundfunk auf UKW in absehbarer Zeit ablösen. Wäre das UKW-Rundfunkband frei für Digital Radio, so würde es sage und schreibe 70 Programme in CD-naher Klangqualität übertragen können. Doch so weit ist es noch nicht. Dieses Jahr starten hingegen die ersten Aussendungen der digitalen Lang-, Mittel- und Kurzwelle. Der Klangunterschied zwischen der klassischen und digitalen Kurzwelle ist dramatisch. In der Praxis werden digitale Mittelwellen-Programme nur noch mit einem geübten Gehör von einer Mono-Aussendung im heutigen UKW zu unterscheiden sein. Das Verfahren, mit dem man den alten Dampfradio-Frequenzen das Rauschen, Pfeifen und Knattern abgewöhnt hat nennt sich DRM (Digital Radio Mondiale). In 15 Jahren wird es zweifellos Radios geben, die Digital Radio-DAB und Digital Radio-DRM simultan empfangen können. Hörerinnen und Hörer könnten vom Lokalsender im L-Band über die landes- und bundesweit ausgestrahlten Programme nahtlos auf Informationswellen aus ganz Europa zugreifen. Für ein zusammenwachsendes Europa ist das, eine mehr als reizvolle Vorstellung. Ein deutschsprachiges Abendmagazin aus Paris, ein italienisch kommentiertes Fußballspiel aus Mailand, Flamenco aus Barcelona, ein Hörspiel vom Deutschlandfunk und morgens dann die Lokalnachrichten von Radio Augsburg.
Das liebe alte Radio, als polyglott-kosmopolitisches Genussmittel für die Ohren? Ein rezeptfreies Dopingmittel für die Bürger in ganz Europa? Eine schöne Vorstellung, doch längst mehr als eine vage Vision.