Die Firma Rapid Solution Software preist mit lautem Getöse ihren Radiotracker 6 Platinum als ultimative Webradio-Aufnahmelösung an. Der inflationäre Umgang mit Superlativen in Marktschreierpose erzeugt eher Misstrauen. Doch zugegeben: Der Funktionsumfang und die Leistung des Radiotracker 6 beeindruckte auch im Test.
Wenn man ein kompliziertes Gebilde beschreiben möchte, ohne Leser in die Flucht zu schlagen, wird gerne ein englischsprachiges Bild benutzt. Hier würde es lauten: „Radiotracker in a Nutshell“. Der ganze Radiotracker soll in eine Nussschale passen. Halten wir es für den Anfang ganz kurz: Radiotracker 6 Platinum gliedert sich in die Funktionen Radio, Podcast und Musikwunsch.
Als Radio-Hörsoftware wird Radiotracker eigentlich gar nicht beworben. Das ist insofern schade, weil die Radiodatenbank mit über 18.000 Einträgen ordentlich sortiert ist. Wie sich das für eine PC-Software gehört, kann man nach Namen, Künstlern, Liedern oder sonstigen Programmbeschreibungsbegriffen suchen. Dabei lassen sich Suchtreffer zusätzlich durch Länder, Audioformat und Bitrate ausfiltern. Das ist weit mehr, als als bei einem Hardwareradio derzeit möglich ist.
Besser suchen in sehr großer Datenbank
Verknüpfte Suchbedingungen sind mit einer PC-Software eine leichte Übung. Frage: Klassiksender, die 320 kBit MP3 senden? Antwort: Linn Classic aus England, Avro Klassiek aus den Niederlanden und JRK-Radio aus Deutschland. Frage: Die breitesten AAC-Musikstreams der Welt? Antwort: Play Radio Romania Full HD Audio, ein Angebot aus Deutschland mit 256 kBit AAC mit einem Dancemusic-Stream, der unter der Serverlast gerne kollabiert. Raw FM aus Australien mit einem 160 kBit AAC ohne Aussetzer und die Firma Orban Opticodec aus den USA streamt wohl zu Demozwecken einen 5.1.Surroundsound im AAC+ Format mit 160 kBit aus.
Die Qualität der Radiodatenbank ist ohnehin nicht zu beanstanden. Ihre Größe von über 18.000 Einträgen muss man allerdings etwas relativieren. Für Deutschland listet die Datenbank zum Testzeitpunkt (August 2010) 3.619 Streams. Das sind über 1.000 Angebote mehr als es Webprogrammangebote gibt. Die Zahl kommt zustande, weil sich einige Sender die Streaming-Kapazität von verschiedenen Serverfarmen zusammen stricken. Das sieht dann nach Doppeleinträgen aus. Daneben listet die Datenbank auch unterschiedliche Stream-Bandbreiten und Audioformate, was einige Einträge verfünffachen kann.
Groß und gut ist die Programmdatenbank für Deutschland dennoch. In Frankreich weist die Datenbank knapp 1.600 Programme aus, was ebenfalls üppig ist, für Großbritannien hingegen nur noch 600 Stationen. Bei den exotischen Hörzielen wird die Datenbank dann plötzlich reichlich dünn: Libanon 0, Nepal 0, Senegal 0, Kenia nur 4, Iran nur 3 private US-Exilsender. Für Welthörer fehlt hier einiges.
45.000 Podcasts frei Haus
Mehr als gut ist die Datenbank aber bei den Podcast-Angeboten. 44.813 Podcasts werden ausgewiesen, davon 8.135 Video-Pods, die man mit entsprechender Playerintegration gleich abrufen kann.
Alle uns bekannten Indikatorpodcasts waren zu finden, wenngleich teilweise mit abweichender Namensbezeichnungen, was etwas Sucharbeit erforderlich machte. Natürlich erlaubt der Radiotracker auch das automatische Abonnement beliebiger Podcasts per Mausklick. Es sorgt dafür, dass bei Programmstart automatisch alle noch nicht von Festplatte abrufbaren Podcastfolgen herunterladen werden.
Aufnahmen, schneiden, exportieren
Die Aufnahmefunktionen sind das Herz dieser Software. Jede Radiostation kann aufgenommen werden. Spannend ist die Aufnahme bei allen Webradiostationen, die sehr zeitgenau die Titelinformationen mit übertragen, denn dort wird die Aufnahme gleich in einzelne Titel vorgeschnitten. Bei unmoderierten Webradiostreams klappt das auch ganz gut.
Weiterhin kann man einstellen, dass das Liedende ausgeblendet werden soll. Ein Radioaufnahme des Gesamtprogramm inklusive der Moderation erhält hingegen nur, wer als Option eine „durchgehende Aufnahme“ auswählt. Dabei kann man so viele Radiostationen parallel aufzeichnen, wie der DSL-Anschluss hergibt. Das Limit der zeitgleichen Aufnahmen bestimmt der Nutzer.
Die Königsdisziplin des Radiotracker in der Platinum-Version ist das Erfüllen gezielter Musikwünsche. Man kann entweder nur seine Wunschinterpreten angeben, oder diese Angabe mit bestimmten Musiktiteln kombinieren. Danach heißt es warten.
Im Test haben wir nach Stücken folgender Interpreten gefahndet: Shakira, Pet Shop Boys, Michael Bublé aber auch Massive Attack, Charlotte Gainsbourg, Manu Katché, Bedrich Smetana und Yaron Hermans. Die Auswahl der hierzu zu überwachenden Sender bestimmt die Software selbst. In unserem Falle waren das etwas über 4.000 Sender.
Sobald in den Titelinformationen etwas passendes auftaucht, startet die Aufnahme automatisch. Die Wunschliste zeigt gleich an, ob ein Interpret oft oder selten gespielt wird. Weder Smetana noch Hermans sind demnach regelmäßige Gäste. Nach wenigen Stunden führten die Pet Shop Boys vor Bublé und Shakira. Immerhin 20 Titel in drei Stunden, das ist doch schon ein Wort. Die Top 40 sind auf diese Weise schnell gefiltert; Exoten dauern eben länger.
Das Programm schneidet und beschriftet die Titel. Auch hierbei lässt sich bestimmen, wie viele Wünsche parallel aufgezeichnet und beschnitten werden sollen. Schneiden und Beschriften kostet etwas Rechenleistung, während parallele Aufnahmen unter Umständen den Internetanschluss zufahren können. Später muss der Nutzer die Titel einmal vorhören. In manche Titel wird reingequasselt, manchmal ist die Titelinformation nicht synchron. Es kann am Anfang etwas fehlen oder hinten zu viel mit dabei sein. Ein integriertes, einfach zu bedienendes Schneidewekzeug ermöglicht es, den Titel dennoch zu retten.
Dort, wo die Aufnahmen gut geworden sind, lassen sich die Stücke als MP3 (oder WMA, WMA-Pro, FLAC, Ogg, WAV, MPEG4) exportieren, auf CD brennen oder auf einen MP3-Player übertragen. Auch das Coverbild lässt sich per Mausklick hinzufügen.
Mehr Pflege statt mehr Features
Ohne Frage, die vollmundigen Werbeversprechen kann der Radiotracker 6 halten. Bei der Erfüllung exotischer Musikwünsche, wäre die Einbringung eigener Beschaffungsquellen vermutlich sinnvoll.
Grundsätzlich wirken die Bedienoberflächen leicht angestaubt und unübersichtlich. Die Datenbankfenster kommen im grauen Windowslook, die Hauptbedienflächen wirken etwas überladen. Doch keine Sorge, trotz der etwas gewöhnungsbedürftigen Optik, gibt die Bedienung keine Rätsel auf. Nach kurzer Bedienzeit findet man sich ganz gut zurecht.
Hunderprozent stabil lief der Radiotracker aber nicht. Einmal fror die Senderliste ein, dann fiel die Senderwahl im Hauptfenster aus. Eine Stunde lang lieferten alle Sender Stream-Unterbrechungen, deren Ursache im Dunkeln blieben. Das Programm wurde unter Windows 7 getestet, mit dem Lame der MP3-Encoder in der 64-Bit-Version. Insgesamt waren diese Wackelsituationen zwar nicht gravierend, aber vielleicht ein Signal dafür, dass man statt neuer Features lieber den Quellcode aufräumen sollte.
Fazit
Der Radiotracker 6 Platinum beschafft Musikdateien aus laufenden Radioprogrammen und sucht in der Platinum-Version im Hintergrund nach gewünschten Musikstücken. Doch Stärken hat der Radiotracker auch als Radiohöranwendung wegen einer für die USA und Westeuropa gut sortierten Stationsdatenbank und besten Suchfunktionen. Die Podcastdatenbank und Abofunktionen sind beeindruckend. Die Platinum-Version kostet 29,90 Euro und ist ihr Geld sicher Wert.