Der Einsatz von DAB+-Digitalradio in Fahrzeugen ist unbestritten, ein Zeitplan für den Umstieg von UKW auf DAB+ unerlässlich. Darüber waren sich Referentinnen wie Experten aus Politik, Radio, Autoindustrie und -handel einig. Am 13. Mai diskutierten sie mit einem über hundertköpfigen Publikum in Zürich die weitere Entwicklung von DAB+ im Auto.
Für den Erfolg von Digitalradio spielt die Ausrüstung von Autos mit DAB+ eine wichtige Rolle. Denn in Fahrzeugen wird so oft Radio gehört, wie nirgendwo anders. Zusammen mit dem ARD-Projektbüro Digitalradio veranstaltete die Schweizer Marketinggesellschaft für digitalen Rundfunk (MCDT) deshalb ein DAB+-Automobil-Workshop. Eingeladen waren Vertreter der Automobilbranche, von öffentlich-rechtlichen und privaten Radiostationen sowie Entwicklungsspezialisten aus Deutschland und der Schweiz.
Radiozukunft ist digital
Laut Nancy Wayland Bigler, Vizedirektorin des Bundesamts für Kommunikation (BAKOM), setzt der eidgenössische Bund unter anderem auf finanzielle Unterstützung für die DAB+-Verbreitung. Damit soll die Motivation für einen Parallelbetrieb von UKW und DAB+ erhöht werden. Die Gruppe Digitale Migration (DigiMig), die sich aus allen Branchenvertretern zusammensetzt, wird dem BAKOM noch dieses Jahr einen Schlussbericht vorlegen, der den Weg und einen Fahrplan von UKW nach DAB+ aufzeigen wird. Denn: „Es stellt sich nicht die Frage, ob DAB+ durchstarten wird, sondern wann. Wenn wir die Digitalisierung der Radioverbreitung nicht schaffen, wird das Medium Radio in der heutigen Form keine Zukunft haben“, so Wayland Bigler.
Noch viel Potential
Rund 4,8 Millionen Fahrzeuge mit Autoradios sind gemäß Andreas Burgener, Direktor von Auto-Achweiz, in der Schweiz und in Liechtenstein unterwegs. Dementsprechend hoch ist das Marktpotential für ein Nach- und Umrüsten von DAB+ auf UKW. Erfreulich ist, dass die meisten Automarken zumindest als Option DAB+-Geräte anbieten. Damit Digitalradio auch im Auto zu einer Selbstverständlichkeit wird, „muss die UKW-Abschaltung von offizieller Stelle frühzeitig angekündigt und eine lange Übergangsfrist eingerechnet werden“, wie Burgener betonte.
Die Privatradio-Vertreter bekannten sich einhellig zu DAB+, allen voran die Schweizer Energy-Gruppe, die gemäß Geschäftsführer Dani Büchi schon lange auf DAB+ setzt. Der Erfolg des Ende 2013 lancierten DAB+-Programmes LandLiebeRadio hätte alle Erwartungen übertroffen. Energy will bis Ende 2014 weitere Programme lancieren, die über die Luft nur via DAB+ empfangbar sind. Im Dezember 2013 hatte die Energy-Gruppe kommuniziert, dass sie den UKW-Ausstieg für 2019 plant. Dass sich die Investitionen in Digitalradio für die Energy-Sender lohnen, zeigt der Anteil von DAB+-Hörern, der sich von Dezember 2012 auf Dezember 2013 verdoppelt hat. Ein entscheidender Wunsch von Energy lautet, dass DAB+ bei Autos ab sofort zur Serienausstattung zählt. Auch der Präsident der Union Romande de Radios Régionales (RRR), Philipe Zahno, erläuterte, dass die Privatradios der französischen Schweiz bereit sind, auf Digitalradio umzusteigen. Seit Mai senden alle Privatradios in der Romandie auch über DAB+.
Steigende Nachfrage
Die Vertreter der Automobilindustrie aus Deutschland und der Schweiz berichteten, dass DAB+ bei ihren Kunden immer stärker nachgefragt werde. Denn analoges Radio könne die Bedürfnisse der digitalen Gesellschaft nicht mehr befriedigen. Dabei wurde der Einbau von DAB+ und von Internetservices im Auto nicht gegeneinander ausgespielt, sondern als sinnvolle Ergänzung angesehen. Doch für die gesamte Autobranche sei der flächendeckende Empfang, auch im Tunnel, zentral.
Über den Ausbau der Straßentunnel klärte indes Thomas Saner, Leiter Strategische Versorgungsplanung bei der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG), auf: Das Bundesamt für Straßen (ASTRA) erarbeite zurzeit mit der Branche die Richtlinie für die DAB+-Ausrüstung der Nationalstraßen-Tunnel. Diese werde im Juli in Kraft treten. Danach sollen die Tunnel im Rahmen der Unterhaltsplanung sukzessive mit DAB+ ausgerüstet werden. Insgesamt bei 200 von rund 400 Tunnel muss DAB+ eingebaut werden. Beabsichtigt wird, dass Digitalradio bis 2018/19 in den wichtigsten Tunnel empfangbar ist.
Zeitraum definiert
Die genannten, möglichen UKW-Abschaltdaten reichten vom Jahr 2019 bis zum Jahr 2024. Auch in Deutschland wird im Verein Digitalradio an einer Roadmap gearbeitet. Willi Steul, Intendant des Deutschlandradios, honorierte die bisherigen Anstrengungen: „In der Schweiz ist man schon so viel weiter, dass man darüber nur staunen kann. Tu felix helvetia!“. Er hatte in Deutschland mit dem Jahr 2025 bewusst ein Abschaltdatum ins Spiel gebracht, weil ein konkreter Termin seiner Meinung nach die Entwicklung beschleunigt.
Die positiven Signale, die von den Vertretern der Automobilindustrie ausgesandt wurden, nehmen die Organisatoren des Automobil-Workshops zum Anlass, einen Think-Tank zu bilden. In diesem werden die Erkenntnisse des Workshops aufgearbeitet, um das gegenseitige Verständnis zwischen allen Partnern zu fördern. Ziel ist es, die DAB+ Einführung im Fahrzeug noch kundenfreundlicher und marktgerechter zu gestalten.