Wer immer öfter zum Download, statt zum CD-Kauf neigt, sollte sich die Musikplayer-Funktion in seinem Internetradio etwas genauer anschauen.
Bei der Kaufentscheidung steht die Funktion, mit einem WLAN-Internetradio Musikfiles von der Festplatte leidlich ortsunabhängig abzuspielen, selten im Vordergrund. Die Voraussetzungen für die Nutzung der Musikplayer-Funktion sind unterschiedlich. Knapp zusammengefasst kann man sagen, dass alle WLAN-Internetradios Musikdateien abspielen können, die mit einem kleinen UpnP-Medienserver im Datennetz, bestehend aus PC, DSL-Router und WLAN-Webradio, normgerecht angeboten werden.
UPnP, das ist die Abkürzung für Universal Plug'n Play, zu deutsche etwa einfach einstecken und los spielen. Die Ursprungsidee von Microsoft steht für eine Technik, mit der Internet-fähige Geräte ohne Zutun des Nutzers über Standardprotokolle miteinander Kontakt aufnehmen können.
Die Technik entstand allerdings schon in den Jahren 2001/2002, also in einer Zeit, wo die Hersteller von Unterhaltungsgeräten nichts mit den lauten, mausgrauen Kisten auf den Büro- und Heimschreibtischen zu tun haben wollten. 2003 gründete der Chipgigant Intel mit dem Elektronikriesen Sony eine Allianz zur Heimvernetzung. Heute ist das DLNA-Industriekonsortium der legitime Nachfahre dieses Vorstoßes.
DLNA steht für Digital Living Network Alliance, zu deutsch mit Netzwerkvereinigung für digitalen Lebensstil trefflich übersetzt. Und das ist das Problem: Rund 250 Firmen suchen einen Schulterschluss in der DLNA. Heraus kommt dabei ein Minimalkonsenz, auf welche Weise Geräte in einem Datennetz miteinander in Kontakt treten sollen. Die praktischen Erfahrungen in den vergangenen Jahren waren eher ernüchternd: Statt einstecken und los spielen, hieß es all zu oft, einstecken und Hilfe herbei holen.
Doch die erzielten Fortschritte bei der Interoperabilität kommen jetzt durchaus in einen Bereich, in dem Normalnutzern das Experiment mit dem Medien-Streaming auch ohne Erfahrungen als Netzwerkadministrator empfohlen werden kann.
Windows Mediaplayer
Nutzer von Windowsrechnern haben bereits einen Medienserver in der Grundausstattung mit dabei. Der Mediaplayer ab Version 11 kann so etwas. Öffnen Sie einfach das Menü „Medienbibliothek“ und dort auf den Menüpunkt „Medienfreigabe“. Das Internetradio erscheint in einer Liste. Erlauben Sie dem Radio, auf die vom Medienplayer erfassten Inhalte zuzugreifen. Schon fertig.
Fritzbox ab 7170 und höher
Es ist ja kein Geheimnis: Die Fritz-Boxen von AVM sind wahre Verkaufsschlager. Das verdanken sie ihrer Vielseitigkeit und den leidlich sauber implementierten Funktionen. Ab dem Modell 7170 verfügt die Fritzbox über einen eigenen Medienserver.
Twonky-Music
Die Mehrheit von WLAN-Internetradioherstellern setzt beim Thema Audio-Streaming auf das Programm Twonky (http://www.twonkyvision.com/). Diese Serverlösung, eine Kaufsoftware im Wert von 30 Euro, entpuppte sich als besonders kompatibel, spielte stabil auf den Chipsätzen unterschiedlicher Hersteller.
Die Noxon-Reihe von Terratec setzt ebenso auf Twonky wie die Firma Pure. Für Radios mit Reciva-Chipsätzen (DNT, AVOX, Revo Blik Radiostation) ist Twonky gleichfalls empfehlenswert.
Reciva Radios
Obschon Hersteller von Radios mit Reciva-Chipsätzen bislang keine Präferenzen zeigten, hatte das zwei Gründe. Reciva-Radios können mit einem im Netz freigegebenen Windows-Ordner arbeiten.
Einen Ordner auf Ihrer Festplatte geben Sie frei, indem Sie auf dem gewünschten Ordner einen Rechtsklick machen, das Menü „Freigaben und Sicherheit“ aufrufen und den Ordner im Netzwerk freigeben. Es erscheint ein Händchen unter dem Ordner. Fertig.
Reciva Radios können demnach auch ohne Medienserver auf Musik von der Festplatte zugreifen. Bei großen Musikordnern ist das Radio nach Aufruf des Verzeichnissen unter Umständen eine ganze Weile beschäftigt. Es liest die Titelangaben ein und erstellt eine Playliste, über die das Radio einzelne Titel ansteuern kann. Wir haben hier viele Reciva-Radios auf dem Tisch gehabt. Die meistens zu beobachtende Wiederholung der Einleseprozedur bei jedem Neueinschalten ist etwas nervtötend.
Inzwischen kann die Funktion aber mehr, als einfach nur den Verzeichnisbaum anzeigen. Das Angebot wird nach Album und Interpret verschlagwortet, was eine ziemlich komfortable Titelnavigation erlaubt.
Bei der Frage der Kompatibilität mit Musikservern hat sich Reciva bislang nicht rühmlich hervorgetan. Inzwischen verkündete Reciva im wesentlichen DLNA 1.5-kompatibel zu sein. Wenn der Server auf der Gegenseite ebenfalls DLNA 1.5-konform arbeitet, sollte es in den seltensten Fällen noch Probleme geben.
Nach unseren Beobachtungen funktioniert der Windows-Mediaplayer als Musiklieferant auf allen Reciva-Radios, wobei ein defektes Musikfile im Archiv, die Funktion beeinträchtigen kann.
Auf Reciva funktionierte Twonky hingegen stets sauber und ohne Probleme. Als kostenloser Reciva-Problemlöser bietet sich aber auch kostenlose Open-Source Programme Mediatomb (http://mediathomb.cc) an.
DRM-Support
Die wenigsten WLAN-Internetradios unterstützen die DRM Lizenzverwaltung. Das heißt im Klartext, mit gekaufter Online-Musik steht man in der Regel auf verlorenem Posten. Inzwischen ist der DRM-Kopierschutz massiv auf dem Rückzug.
Die alten Bestandsdateien sollte man ins Audio-CD-Format wandeln und von dort weiter ins MP3-Format. Fader Beigeschmack: Bei jeder Wandlung hat man kleine Qualitätsverluste. Bei Ausgangs-Tracks mit nur 128 Kilobit bleibt die Qualität endgültig auf der Strecke.
Die wenigen Ausnahmen in der Gerätelandschaft, die DRM unterstützen sind bei Terratec, Philips und Logitech zu finden.
Klappt nicht, gibt’s nicht
Sollte es dennoch Probleme geben, dem Radio die geliebten Musikstücke zu entlocken, stecken in aller Regel Firewall-Einstellungen dahinter. Die Verbindung zwischen Radio und Medienserver läuft über unterschiedliche Ports oberhalb von Port 1024. Obwohl es eine kontinuierliche Datenverbindung ist, klopfen der Server und das Radio ständig an anderen Türen und bittet um Einlass. Manch einer Firewall kommt das suspekt vor. Die UDP-Verbindungen müssen freigegeben werden.
Abspielfunktionen
Die vom MP3-Player bekannten Abspielfunktionen werden von den Webradios üblicherweise unterstützt. Dazu gehört der Shuffle-Mode, hier werden die Musikstücke in einer zufälligen Reihenfolge gespielt und der Repeat-Mode, bei dem ein Stück oder eine Wiedergabeliste aus beliebig vielen Stücken kontinuierlich wiederholt wird.
Bei den verbreiteten Reciva-Radios spielen die temopären Wiedergabelisten immer die Hauptrolle. Man kann so beliebig durch Musikalben und Musikfiles zappen, und jedes Stück, das man hören möchte, in eine Wiedergabeliste ablegen. Die so zusammengestellte Liste wird dann abgespielt.
Mitglied seit
16 years 3 monthsDas hilft weiter
Danke, das hat mich jetzt weitergebracht. Die Sache mit der Ordnerfreigabe ist wegen des Titelscans einfach zu umständlich. Jetzt habe ich mir Twonky angesehen. Funktioniert soweit ganz gut. Mir fehlt jetzt ein Twonky-Tutorial, weil ich keine Ahnung habe, was man da noch alles einstellen könnte.
Mitglied seit
15 years 3 monthsavox indio petite mit belkin homebase?
Danke für den hilfreichen Bericht. Die Hersteller halten ihre Anleitungen leider äußerst knapp, da kommt dieser Artikel wie gerufen.
Ich versuche gerade, das AVOX INDIO petite per wlan auf eine Festplatte zugreifen zu lassen, die an einer Belkin Home Base hängt (und angeblich UPNP fähig sein soll).
Über das Menü auf dem AVOX erhalte ich die Festplatte angezeigt, kann aber lediglich auf einen Ordner und darin wiederum nur auf eine Handvoll Unterordner zugreifen. Die vielen restlichen Ordner und Dateien bleiben unsichtbar.
Wie muss ich hier vorgehen, um die Media-server Fähigkeiten der HomeBase tatsächlich nutzen zu können? Hoffe, Sie können mir weiterhelfen?
Danke und Gruß,
winnie_lan
Mitglied seit
16 years 5 monthsUPnP, Odnerstrukturen auslesen
Wenn die Festplatte oder der Belkin-Router einen Medienserver stellt, werden dort nur die Inhelte eines bestimmten Ordners angezeigt. Ihre Beobachtung ist aber richtig, dass der Server die Ordnerstrukturen nur in erster, maximal zweiter Ordnerhierarchie einlesen kann. Viele verschachtelte Unterordner stellen ein Problem dar.
Auf einer normalen, externen Festplatte überlegt man sich ja meist ein System von Ordnern, damit man die gewünschten Alben schnell wiederfindet. Bei einem Medienserver übernimmt der Server die Indizierung der Inhalte und erlaubt so einen Zugriff auf Künstler, Alben, Grenre und so fort.
Es ist also nicht ungewöhnlich, wenn Sie Musik in tiefer liegenden Ordnern nicht einsehen können.
Mit dem Avox könnten Sie aber auch Ordner freigeben und per Windows-Share darauf zugreifen. Zwar dauert das Einlesen der Dateiverzeichnisse eine Weile, aber das Problem nicht sichtbarer Ordner sollte Ihnen so erspart bleiben.
Mitglied seit
15 years 3 monthsWindows-share
Hallo und vielen Dank für die Informationen!
Tatsächlich hatte ich das über den windows share auch schon versucht, das Avox bricht aber das Einlesen der Dateien (und Ordner) nach einigen Minuten ab, mit dem Ergebnis, dass die Struktur und Daten ebenfalls nicht vollständig abgelegt werden.
Nebenbei liest das Avox bei jedem neuen Zugreifen die Struktur wiederum neu ein, was das Ganze völlig unbrauchbar macht...
Ihre Aussagen zur Belkin leuchten mir ein. Welche Struktur würde Ihrer Meinung nach Sinn machen? Bis wieviele Ebenen darf so ein Verzeichnis maximal runtergehen? Macht es Sinn, die Festplatte in verschiedene Partitionen einzuteilen?
Herzliche Grüße,
FloW