Nach dem im Juni 2014 erfolgten Start der Digitalradiozonen in Paris, Marseille und Nizza, drückt die französische Medienaufsicht CSA beim Ausbau des DAB-Netzes auf´s Tempo. Die Testnetze in Nantes, Lyon sollen in den Regelbetrieb wechseln. Danach soll DAB+/T-DMB das Radioangebot in den Grenzregionen verstärken. Die Standorte Lille und Straßburg sind hierbei offenbar gesetzt. Der Aufbruch ins Digitalradio findet bislang ganz ohne die großen Privatradios statt.
Die großen privaten Anbieter der französischen Radiobranche haben dem digitalen Antennenradio geschlossen eine Absage erteilt. Fun, Skyradio, NRJ, RTL und Europe1 machen nicht mit und bieten den Plänen der Medienaufsicht ein starkes Sperrfeuer. „Ja, ich bin dagegen, wie alle großen Radiogruppen, die über 85% des Radiopublikums darstellen“, erklärte RTL Radiochef Christopher Baldelli der Tageszeitung Le Monde. „Es ist nicht die Konkurrenz die wir fürchten. Wir glauben aber, dass das Radio bereits stark durch Smartphones und Tablets digitalisiert ist“, so Baldelli. „Ich denke immer noch, dass DAB sehr teuer ist und eine überholte Technologie darstellt.
Es sind die freien, privaten Radios, die Regionalen, die Lokalen und Anbieter von Themenradios, für die auf UKW kein Platz mehr ist. Sie sind es auch, die den Ausbau des Digitalradios in Frankreich mit Nachdruck unterstützen. Der Interessenverband SIRTI repräsentiert 153 Radiostationen die zusammen genommen täglich 10 Millionen Hörer erreichen. Der SIRTI gehen die Ausbaupläne der Medienausfsicht noch nicht weit genug. Die Frequenzknappheit auf UKW beträfe schließlich nicht nur die Grenzregionen sondern auch Großstädte wie Clermont-Ferrand, Toulouse, Montpellier Bordeaux, Rennes und LeHavre.
Emmanuel Rials, Chef der Radios Oui, Collector und Radio Life, hofft für die Mediengattung Radio, dass DAB auch in Frankreich erfolgreich wird. Es sei nötig, die Entwicklung des Digitalradios in Frankreich zu beschleunigen, damit man nicht feststellen müsse, das die Taste Radio im Auto nur noch für Spotify, Deezer oder Rdio steht. Rials spricht ganz offen von einem Kampf, den die unabhängigen privaten Radios seit 15 Jahren für die Modernisierung des Radios auf sich genommen haben. Sein Beitrag für La Lettre-Pro Radio ist eine regelrechte Brandrede: Es sei ein Kampf, um den freien und anonymen Zugang aller Bürger auf eine breites und diversifizierte Radioangebot, ein Kampf gegen die kulturelle Spaltung beim Programmzugang und ein Kampf gegen die Marktbehinderung durch einige multinationale Medienhäuser, die ihre Marktanteile mit allen Mitteln verteidigen, ohne die Wünsche der Hörer zu berücksichtigen.
Beobachter glauben indes, dass eine Ausschreibung von DAB-Kapazitäten in Straßburg zum Prüfstein für die großen privaten Radioketten werden kann, denn dort sind UKW-Frequenzen so knapp, dass nicht alle Ketten diesen attraktiven Hörermarkt erreichen können. Die Bewerbungen könnten Aufschluss darüber geben, wie ernst es den großen Privaten mit ihrer Digitalradioabstinenz wirklich ist.