Die Nutzung von Radio- und Audioangeboten im Internet nimmt weiter zu. Ist der Webradiomarkt in den letzten Jahren vor allem quantitativ durch die Zahl der Angebote gewachsen, befindet er sich nun in einer Konsolidierungsphase und gewinnt an Professionalität. Das zeigen die Ergebnisse des BLM-Webradiomonitors 2012, der auf den Lokalrundfunktagen in Nürnberg vorgestellt wurde.
Laut Webradiomonitor 2012 gibt es aktuell in Deutschland rund 3.000 Webradiosender. Während die Zahl der Kleinstanbieter leicht rückläufig ist, haben sich vor allem die Online-Streams der UKW-Radios stark profiliert. Die Webradionutzung steigt insbesondere auf mobilen Endgeräten. Schon jeder sechste Webradio-Abruf erfolgt heute per Smartphone oder Tablet.
Mit dem Webradiomonitor 2012 erscheint seit 2009 zum vierten Mal eine umfangreiche Marktanalyse zum Thema Webradio in Deutschland. Die Studie wurde von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) beauftragt und von Goldmedia erarbeitet.
Webradioangebote: Vielfalt groß, Anzahl stagniert
Der Webradiomonitor 2012 erfasst rund 2.500 reine Online-Sender, die ausschließlich im Internet zu empfangen sind. Sie stellen mit 82 Prozent aller Angebote die größte Gruppe dar, verzeichnen gegenüber 2011 jedoch ein leichtes Minus von 2 Prozentpunkten. Zugelegt haben die Live-Streams der UKW-Radiosender (so genannte Simulcast-Streams), sie machen 13 Prozent aller Webradios aus (2011 noch 11 Prozent). Konstant blieb die Zahl der Online-Submarken von UKW-Sendern, zu denen beispielsweise genrespezifische Themenchannels gehören (rund 150 mit einem Anteil von 5 Prozent). Zum Webradiomarkt zählt ferner die anteilsmäßig kleine (0,5 Prozent), aber wichtige Gruppe personalisierter Musik-Streaming-Dienste (etwa Spotify, laut.fm, simfy, Last.fm, Aupeo!) sowie Webradio-Aggregatoren (radio.de, phonostar.de, surfmusik.de).
Webradionutzung: Abrufzahlen um 36 Prozent gestiegen
Gab es im April 2011 pro Sender und Tag durchschnittlich ca. 10.200 Abrufe (gestartete Streams), so stieg die Zahl bis April 2012 um 36 Prozent auf 13.800. Die Angebote der UKW-Marken (Simulcast-Streams und Online-Submarken) erzielen dabei höhere Reichweiten und verzeichnen sogar einen Anstieg um 58 Prozent von rund 11.600 täglich in 2011 auf aktuell 18.300 Abrufe.
Verbreitungswege: Smartphones und Tablets werden künftig zentrale Empfangsgeräte
Die Sender-Websites bleiben mittelfristig für Webradio der wichtigste Abrufweg. Allerdings ist der Anteil der Zugriffe, die über den stationären PC erfolgen, nach Aussage der Webradio-Anbieter gesunken, von 69 Prozent (2011) auf aktuell 62 Prozent. Für 2014 rechnen die Veranstalter mit einer Abnahme auf 54 Prozent.
Entsprechend wichtiger werden mobile Geräte: Drei Viertel der Befragten sehen im mobilen Webradio künftig den zentralen Empfangsweg. 57 Prozent meinen sogar, dass mobiles Webradio langfristig das klassische UKW-Radio ersetzen könnte. Derzeit machen die mobilen Abrufe über Apps oder mobile Browser 17 Prozent aus, 2011 lag dieser Wert noch bei 14 Prozent. Bis 2014 soll schon ein Viertel (24 Prozent) aller Webradioabrufe über mobile Endgeräte erfolgen.
Große Erwartungen haben die Anbieter auch an Webradio-Streaming im Auto. 87 Prozent meinen, dass dadurch die Nutzungszahlen deutlich ansteigen werden.
Social Media: Noch keine Bedeutung als „Broadcaster“
Eine Social Media-Präsenz ist für die große Mehrheit der Webradio-Anbieter inzwischen selbstverständlich. 84 Prozent der Angebote haben einen Facebook-Auftritt, 42 Prozent sind bei Twitter aktiv.
Die sozialen Netzwerke werden vor allem zur Hörerbindung und für die Kommunikation genutzt. Eine tragende Rolle als „Broadcaster“ sehen die Anbieter in den Social Media-Plattformen derzeit jedoch nicht. Nur die Hälfte der Anbieter glaubt, dass Facebook & Co. künftig eine größere Rolle für die Webradionutzung spielen werden. Der Anteil an den Abrufen über soziale Netze wird daher nach Einschätzung der Befragten von heute rund 6 Prozent leicht auf 7 Prozent im Jahr 2014 steigen.
Streaming-Dienste: Anbieter sehen keine Konkurrenz für Webradios
Spätestens mit dem Deutschlandstart von Spotify im März 2012 sind On-Demand-Musik-Streaming-Dienste in aller Munde. Die meisten Webradio-Anbieter (64 Prozent) erwarten allerdings keine negativen Einflüsse auf den klassischen Webradiomarkt. Die Dienste werden vielmehr als Wettbewerber zu Download-Plattformen wie iTunes gesehen.
Wirtschaftliche Lage: Nur 71 Prozent Kostendeckung
Der Webradiomonitor 2012 erfasst auch den Kostendeckungsgrad der Webradios (Verhältnis von Gesamtumsatz und Gesamtkosten). Während die Online Only-Angebote im Durchschnitt nur eine Kostendeckung von 69 Prozent erzielen, liegen die Angebote der UKW-Radios mit einem Wert von 98 Prozent nur knapp unter der Profitabilitätsgrenze. Die Ursache dafür sehen viele Anbieter in zu hohen Streamingkosten und GEMA-Lizenzgebühren.
Erst 45 Prozent aller Webradios verkaufen in ihrem Umfeld Werbung, bei den Online Only-Angeboten sind es 43 Prozent, bei den Angeboten der UKW-Sender 64 Prozent. Mehr als die Hälfte der Anbieter (54 Prozent) bewertet die Wachstums-aussichten für Webradios dennoch positiv.
Das unterstreichen auch die Prognosen zum Webradiowerbemarkt: 2011 wuchsen die Online-Werbeeinnahmen (netto) im Umfeld aller Webradios in Deutschland weiter auf 14,1 Mio. Euro, das entspricht einem Plus von 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bis 2016 gehen Anbieter sowie Experten von einer Verdopplung der Netto-Werbeeinnahmen auf knapp 30 Mio. Euro aus.