Der PC ist aus. Das Webradio empfängt Stationen aus A wie Aserbaidjan bis Z wie Zypern. Doch Hörbücher und Musikdateien liegen auf der PC-Festplatte. Nachdem das Radio dem PC entrissen wurde, ist jetzt die digitale Hörbuch- und Musiksammlung an der Reihe.
Niemand will sich einen lärmenden PC in das Wohnzimmer stellen. Für das Musik-Streaming von der Festplatte wäre eine solche Lösung ohnehin überdimensioniert. Darf es also etwas weniger sein?
Netzwerkfestplatten, so genannte Network Attached Storage (NAS), sind daher eine gute Alternative. Ein NAS hilft nicht nur bei der Datensicherung, sondern stellt per WLAN anderen Rechnern im selben Netzwerk Dateien zur Verfügung. Für unseren Zweck ist vor allem ein integrierter Medienserver interessant.
Getting NASty
Für die Tests haben wir das Avox Indio mini als Internetradio und eine Netzwerkfestplatte der Firma Raidsonic ausprobiert. Die Konstellation ist keinesfalls zufällig gewählt: Die Avox Internetradios setzen auf die Chipsätze der Firma Reciva. Im Falle des Avox Indio mini kommt das Radio mit einer aktuellen Firmware daher.
Reciva, das ist so etwas wie der Volkswagen unter den Webradio-Lösungen. Die Chipsätze besitzen eine hohe Verbreitung und setzten frühzeitig Standards, an denen sich der Wettbewerb bis heute orientiert. Zugleich galten die Reciva-betriebenen Radios lange als Problemkind beim Betrieb an Musikservern. Inzwischen verspricht Reciva, DLNA 1.5-kompatibel zu sein. Die DLNA bildet einen Zusammenschluss von IT- und Unterhaltungselektronik-Herstellers, mit dem Ziel der problemlosen Gerätevernetzung. Die Fortschritte ließen sich am Avox Indio mini bestens überprüfen.
Die Firma Raidsonic aus Ahrensburg ist vor allem mit dem Markennamen Icybox bekannt geworden. Früh schon erkannte man den Trend zu Medienservern und Netzwerkspeicherlösungen im Büro- und Heimbereich.
Perfekt: Icybox 4200 mit Twonkyvision
Unsere Wahl im Raidsonic-Programm fiel auf die NAS Icybox 4210-B. Beim Medienserver vertraut Raidsonic bei diesem Modell auf Twonkyvision; bekanntermaßen ein echter Musterknabe in Sachen Kompatibilität. Die NAS-Lösung wird eigentlich ohne Festplatte geliefert. Die Straßenpreise für die Icybox 4210-B inklusive 500 GB eSATA-Festplatte liegen derzeit zwischen 150 und 180 Euro. In der IcyBox 4210-B kann eine bis zu 2 TB (2000 GB) große Festplatte verbaut werden.
Lüfterlos in der Medienströmung
Netzwerkfestplatten wie die IcyBox 4120-B sind mehr als einfache externe Festplatten. Auf der Platine im Gehäuse ist tatsächlich ein Betriebssystem (Linux) eingebettet und es gibt einen Prozessor (ARM 9 mit 300 MHz), der Programme ausführen und die Netzwerkfunktionalitäten bereitstellen kann. Ist der PC abgeschaltet, managt die Netzfestplatte bei Bedarf alle „Datenverbraucher“ und stellt die auf ihr abgelegten Dateien mit typischen Serverdiensten zur Verfügung. Im Falle der IcyBox 4120-B ist auch der „Twonky Audio“-Videoserver mit von der Partie.
Das Twonky-Verzeichnis der beiliegenden CD wird vollständig in den extra angelegten Ordner „applications“ kopiert. Die Hardware des Netzwerklaufwerks startet Twonky automatisch und meldet sich als UPnP-Medienserver sogleich auf dem Internetradio.
Der kleine Prozessor auf der Hauptplatine benötigt keine aktive Kühlung; das ganze System kommt ohne Lüfter aus. Im Betrieb arbeitet die IcyBox annähernd geräuschlos.
Bekomme ich das eingerichtet?
Wer schon einmal sein Netzwerk um einen weiteren PC erweitert hat, sollte keine großen Probleme bekommen, ein solches Netzlaufwerk einzurichten. Immerhin gibt es eine brauchbare geschriebene Bedienungsanleitung, die den Benutzer in verständlichem Deutsch durch die Klippen der Einrichtung lotst.
Die verwendete Festplatte muss neu formatiert werden. Für gebrauchte Festplatten heißt das, die dort gespeicherten Daten muss man vorerst an anderer Stellen zwischen lagern, damit sie nicht verloren gehen. Beim Formatieren der Festplatte in der IcyBox werden automatisch Verzeichnisse angelegt, die das Laufwerk später benötigt.
Die eigentliche Einbindung der Netzwerkplatte ist nicht komplizierter als das Einrichten eines Webradios. Einzig bei der Bestimmung von Nutzergruppen, Passwörtern und Zugriffsrechten betritt man eventuell Neuland.
Der Musik-Ordner sollte zwar frei zugänglich bleiben, doch damit gewiefte Netzeindringlinge nicht auf sämtliche Daten der Festplatte zugreifen können, wird man keinesfalls umhin kommen, Zugriffsbeschränkungen und Datensicherungen einzubauen.
Ab jetzt: Genuß
WLAN-Webradios erkennen den Medienserver-Dienst auf der Netzwerkfestplatte automatisch. Wir haben die Tests nicht nur mit den Avox Internetradios Indio classic und Indio mini durchgeführt, sondern auch mit einem Albrecht DR 440-i und einem Terratec Noxon 2 und können bescheinigen, dass alle Radios an dem Icybox-Medienserver (Twonky) rein gar nichts auszusetzen hatten.
Der Medienserver bringt eigentlich nur Vorteile: Wer sich in seinen Musikordnern nicht mehr zurechtfindet, wird überrascht sein. Der Server ordnet das Chaos plötzlich in Alben, Künstler, Genres. Er bedient sich aller Angaben, die aus den ID3-Tag der MP3-Files abzulesen sind.
Einen Haken hat die Lösung der IcyBox 4210-B dann aber doch. Beim Twonky-Server handelt es sich um eine 30-Tage-Testversion. Die unbeschränkte Lizenz schlägt mit 30 Euro zu Buche. Doch die Technik der IcyBox ist da flexibel: Mit dem Open-Source-Programm Mediatomb (http://mediatomb.cc/) steht alternativ eine kostenlose Software zur Verfügung. Für die Icybox-Serie 4200 gibt es ein passendes Binary mit Installationsanleitung.
Auch Mediatomb gilt als unproblematischer Partner für die Avox Internetradios sowie weitere Geräte mit dem Reciva-Chipsatz.
Viel mehr als eine Festplatte
Die Icybox 4210 verbraucht im Betrieb rund 11 Watt; wenn die Platte nach einstellbarer Zeit geparkt wird, sind es noch 4,2 Watt. Im Vergleich zum PC schont eine Netzwerkfestplatte Klima und Geldbeutel gleichermaßen. Der Gesamtaufwand aus Festplatte und Icybox-NAS beläuft sich auf rund 160 Euro. Also fast so viel wie ein Webradio selbst. Doch mit der hier gezeigten NAS-Lösung kann man zusätzlich drahtlos auf seinen Hauptdrucker zugreifen (Printserver), Inhalte externer Festplatten mit einem Tastendruck auf das Netzlaufwerk sichern, man hat einen iTunes-Support mit eingebaut („Bonjour“ siehe http://developer.apple.com/networking/bonjour/index.html) und kann sogar Bittorrent-Downloads bei abgeschaltetem PC managen. Mal im Ernst: Was will man mehr?