Die so genannte Störerhaftung war in diesem Jahr Gegenstand von Debatten im Bundestag. Sie ist dafür ursächlich, dass WLAN-Netze zur freien Verfügung hier zu Lande quasi nicht existent sind. Andere Länder sehen darin einen wichtigen Standortfaktor. Deutschland bleibt auch weiterhin ein Entwicklungsland und Schlusslicht Europas. Von einer Million WLAN-Hotspots sollen nur knapp 15000 frei verfügbar sein.
Jeder, der privat oder geschäftlich sein WLAN-Netz zur freien Nutzung zur Verfügung stellt, riskiert nach aktueller Rechtslage die Haftung und teure Abmahnungen für Rechtsverletzungen durch die Nutzer des angebotenen Netzwerks. Die Piratenpartei geht inzwischen den Rechtsweg über die Europäische Union: In den nächsten Monaten soll der Europäische Gerichtshof (EUGH) in einem Verfahren des Gautinger Piraten Tobias McFadden gegen Sony Music klären, inwieweit europäische Richtlinien, die im Providerprivileg aus § 8 TMG festgehalten sind, auch für Betreiber von WLAN-Internetzugängen anzuwenden sind und ob Anbieter öffentlicher WLAN-Internetzugänge von der Haftung für begangene Urheberrechtsverletzungen befreit sind (Az. 7 O 14719/12). Die Piratenpartei erhofft sich eine wegweisende Entscheidung, die auch die Bundesregierung zum Handeln zwingt.
„Seit Jahren warten wir vergeblich darauf, dass der Bundestag die aus dem Ruder gelaufene deutsche Regelung zur Störerhaftung korrigiert. Rund um den Globus ist es völlig normal, über frei verfügbares WLAN ins Internet zu gehen. Nur Deutschland gibt sich da als digitales Entwicklungsland. Dabei sollte inzwischen auch der Letzte verstanden haben, dass das Internet ein wichtiger Teil der Infrastruktur für Gesellschaft und Wirtschaft ist“, erklärt Stefan Körner, Bundesvorsitzender der Piratenpartei
Die Piratenpartei und mit ihnen auch einige Vertreter aus Opposition und sogar Koalition fordern, die bisher geltende Regelung zur Störerhaftung fallen zu lassen – und zwar sowohl für kommerzielle und nichtkommerzielle Anbieter als auch Privatpersonen.
Die schwarz-rote Koalition hat sich unlängst gegen die Abschaffung der Störerhaftung ausgesprochen. Sie sind natürlich auch für offene WLANs, aber halten den Ansatz für zu simpel, weil dann mögliche Rechtsverletzungen Dritter nicht mehr geahndet werden können.
Es wird davon ausgegangen, dass der Gesetzentwurf lediglich gewerblichen Anbietern wie Flughäfen, Hotels und Cafés Ausnahmen gestatten wird, offene WLANs bei Privatpersonen aber weiterhin als Einfallstor für anonyme Kriminalität betrachten wird. Es ist schon besonders merkwürdig, dass ausgerechnet Privatpersonen für das Handeln anderer Mitmenschen zur Rechenschaft gezogen werden sollen, Gewerbetreibende, die damit einen Umsatz (an anderer Stelle) generieren, aber nicht.
Dass die Störerhaftung nur für kommerzielle Anbieter abgeschafft werden soll, ist daher kaum nachvollziehbar und erinnert an die Klientel-Politik der FDP etwa zugunsten der Hoteliers. In diesem Fall übernimmt dies die schwarz-rote Koalition allein. Die einzigen Gruppierungen, die maßgeblich von der Störerhaftung und der Rechtsprechung bei privaten WLAN-Internetzugängen profitieren dürften, sind die Telekommunikationsanbieter sowie die Content-Industrie und deren Anwälte.
Erst einfache, niederschwellige Lösungen würden das volle Potenzial von WLAN heben und für zufriedenere Verbraucher sorgen. Das sollte doch auch in Deutschland möglich sein.