Das Internet ist für die Radiomacher Fluch und Segen zugleich. Über das Internet lässt sich die Sender-Hörerbindung verstärken, aber je erfolgreicher das Webradioangebot wird, desto stärker fallen die Streamingkosten ins Gewicht. Die Firma nacamar aus Düsseldorf, einer der ganz großen deutschen Streamingdienstleister, bietet einen überraschenden Ausweg aus der Kostenfalle: Streaming kostenlos.
Ein deutscher Internetnutzer, der gerne Web-TV-Angebote nutzt oder von großen Radiosendern Audiostreams empfängt, wurde ganz bestimmt schon von Servern der Firma nacamar bedient. Neben der ZDF-Mediathek gehen rund 100 deutsche Radioprogramme mit nacamar im Web auf Sendung.
15 Millionen Streams täglich
Rund 15 Millionen Audio- und Video-Streams werden von nacamar täglich ausgeliefert. Radiosender profitieren dabei von dem sog. Freestream-Modell: „Wir streamen das Programm für die Sender tatsächlich kostenfrei“, bestätigt der Geschäftsführer Uwe Schnepf. Und das funktioniert so: nacamar betreibt das Pop-up-Fenster, in dem der Audioplayer startet und vermarktet die darin enthaltenen Werbeplätze. „Das kostenlose Streaming gibt es für Radiosender im Simulcast (das sind jene Programme, die man auch über Antenne empfangen kann) sowie für Webchannels und für reine Webradios. Voraussetzung ist die Einräumung des Werbeplatzes auf dem nacamar-Radioplayer.“ Dabei arbeitet nacamar auch mit der so genannten Pre-Stream-Werbung. Das ist ein Werbespot, der abläuft, bevor die Wiedergabe des eigentlichen Radioprogramms startet. All das dient dazu, die Streamingkosten wieder einzuspielen. „Danach läuft das Radioprogramm aber stundenlang ohne Unterbrechung“, versichert man uns bei nacamar.
Der Radiomacher bekommt dafür Streaming umsonst in einer durchaus brauchbaren Qualität mit 128 kBit/s als MP3 oder WMA-Stream, auch eine AAC+ Audiocodierung für Smartphones ist kein Problem. Technisch betrachtet wären auch Datenraten bis 192 Kilobit machbar, doch die meisten Kunden lassen es bei 128 Kilobit bewenden.
Dass vor allem große und bekannte Namen wie Radio Hamburg, FFN und Antenne1 in der Kundenliste des Streaminganbieters stehen, soll nicht als Hinweis verstanden werden, dass man in Düsseldorf nicht an kleineren Fischen im Radioteich interessiert wäre, vorausgesetzt, man hält sich an die vertraglich vereinbarten Spielregeln.
Radio-Apps und Webradiolinks
Eine dieser notwendigen Spielregeln bezieht sich auf die Verwendung des Streaminglinks. „Die Abruf-URLs in unserem Radioplayer sind geschützt“, erklärt Uwe Schnepf. Das bedeutet, ohne einen Abruf des Pop-up-Players und der darin enthaltenen Werbung, kann das Radioprogramm nicht wiedergegeben werden. Die Bereitstellung von Streams für Radio-Apps und WLAN-Internetradios gibt es hingegen als Extra: „Wir kümmern uns dann um die Abrufmöglichkeit der Streams samt Werbung bei wichtigen Radioportalen wie radio.de oder Phonostar, bedienen aber auch Datenbankanbieter wie VTuner und Reciva zentral immer mit den aktuellen Streamlinks.“ Hier setzt man auf eine Audio-Prestream-Werbung, die dem Programm vorgeschaltet wird.
So funktioniert die Programmübernahme
Die Sender liefern die Streams über das Internet und nacamar sorgt für die Vervielfachung und Verteilung an die Radiohörer. Wenn gewünscht, übernimmt nacamar auch die Erzeugung des Streams selbst. Dazu wird das Radiosignal zum Beispiel über Satellit empfangen und in Echtzeit in das gewünschte Zielformat encodiert. „Das senkt den Aufwand beim Radiosender deutlich“, weiß Uwe Schnepf. „Zudem sorgt dieser Service für eine höhere Verfügbarkeit des Radiostreams, weil wir unsere Installationen hierfür ständig überwachen.“
Zukunftsmusik
Aus Hörersicht stellt sich die Frage, ob das Webradio nicht auch neue Mehrwerte bieten kann. Uwe Schnepf glaubt, hierfür müssten erst noch geeignete technische Rahmenbedingungen geschaffen werden: „Wir arbeiten an Verfahren, die den Radiosender in die Lage versetzen, synchron zum Programminhalt Metadaten zu übertragen. So könnte man sehen, welche Inhalte gerade gespielt werden. Also Werbung, Nachrichten, Wetter, Verkehrsnachrichten.“ Mit solchen Angaben wäre es möglich, die Hörfunkwerbung mit Online-Werbung im Playerfenster zu kombinieren, aber eben auch Wetterkarten oder Stauinfos mit einzublenden.
Neben der klassischen Bannerwerbung lassen sich vor allen Dingen mit vorgeschalteter Video-Werbung Einnahmen erzielen. Deshalb ist man auf das Playerfenster unverändert angewiesen. „Bei der Online-Audio-Vermarktung gibt es definitiv noch Entwicklungsbedarf“, glaubt nacamar-Chef Schnepf. Zusammen mit Vermarktungspartnern wie der Radio Marketing Service GmbH (RMS) arbeitet man an reinen Audio-Werbemodellen, um vom PC-Radioplayer wegzukommen und das Freestream-Modell in Zukunft auch ohne visuelle Werbung zu finanzieren. Noch sind solche Möglichkeiten aber bei der Werbeindustrie nicht angekommen.