Die Bemühungen der Schweiz, Wechselanreize pro Digital Radio zu setzen, tragen erste Früchte und die weitere Entwicklung könnte schneller voranschreiten als ursprünglich geplant.
Auf den ersten Blick könnte man behaupten, DAB stünde in der Schweiz vor den gleichen Problemen, wie in Deutschland. Die Programmauswahl ist noch unzureichend, die Sendernetze wurde 1999 ebenfalls nur für den mobilen Empfang ausgelegt und die Netzabdeckung ist bis heute deutlich kleiner als in Deutschland. Zwischenzeitlich hatte die SRG ihre DAB-Pläne wieder zurückgefahren, doch seit gut zwölf Monaten rührt sich wieder etwas bei den Eidgenossen.
Der Medienvermarkter Radiotele, das Verlagshaus Tamedia und die SRG SSR idée suisse haben ein Konsortium für die Förderung des Digitalradios gegründet. Sie planen ab 2006 in Bern, Basel, Zürich und weiteren Orten neue Programme. In diesem Konsortium sind die Privaten mit an Bord.
Die Chancen der Schweizer als weiteres europäisches Land den DAB-Durchbruch zu schaffen, stehen vergleichweise gut, denn das UKW-Senderangebot ist dürftig. Die schwierige Topografie erfordert in analoger UKW-Technik zahllose Sender und Frequenzen. So lassen sich in Zürich lediglich elf Programme auf UKW empfangen. „Mitte 2006 wird man in Zürich 20 Sender auf DAB empfangen können“, freut sich Pietro Ribi, Programmleiter der Swiss Satellite Radio und Mitglied der nationalen DAB-Projektgruppe.
Schneller als geplant
Er bekräftigt den Vorwärtsgang der Schweiz. Das dritte Ensemble für die Südschweiz geht mit neun Programmen noch im Dezember „on air“ und damit früher als geplant. Der Sendernetzaufbau DAB wird beschleunigt. Die Aufschaltung wird nur durch die lokalen Sendergenehmigungen abgebremst. Dazu muss man wissen, dass in der Schweiz strenge Strahlenschutzrichtlinien zu beachten sind. Doch der Plan, das Schweizer Radio zu digitalisieren, wird konsequent verfolgt: „Die SRG hat beschlossen, keinen Rappen mehr in UKW zu investieren2, erklärt Ribi. „Selbst noch für UKW vorgesehene Finanzmittel werden voll in DAB investiert.“ 2007 soll ein zentrales Planungsbüro nach britischen Vorbild den Umstieg vermarkten. Bereits 2009 - und damit früher als geplant - wird der Hörfunk in der Schweiz digital sein.
Sich regen bringt Segen: Eine aktuelle Umfrage bei den Hörern von Swiss Jazz zeigt schon heute: 4 % der Hörer empfangen das Programm per DAB. Nach Unterlagen der SRG bieten 300 Händler DAB-Geräte an und die großen Sortimenter signalisieren bereits vorsichtiges Interesse.
Privaten fürchten Fass ohne Boden
Besonders die kleineren Privatsender packt dennoch Unbehagen. Sie mussten es sich auf Kabel und Satellit bequem machen und verfügen teilweise über keinerlei Antennen-UKW-Verbreitung. Der erste Sender hat bereits klar gestellt, keine DAB-Lizenz beantragen zu wollen. Das Swiss Music Radio, ein Radioprogramm für helvetische Pop- und Rockmusik, ist mit der Vorarbeit der SRG unzufrieden. Ohne ausreichende Empfängerpenetration, ohne großen Bekanntheitsgrad und ohne ordentliche Sendernetzabdeckung sollen nun die Privaten mit der zweiten Bedeckung in ein riskantes Unternehmen aufbrechen. Technische Alternativen, wie HD-Radio, die einen sanften Übergang von analoger zu digitaler Übertragung ermöglichen würden, sind nie erörtert worden.
Das kann aber kaum verwundern: Erstens braucht Europa einen einheitlichen Hörfunkstandard und zweitens braucht gerade die Schweiz für einen Zugewinn an terrestrischer Programmauswahl ein Gleichwellensendernetzverfahren. Eine UKW-Digitalisierung auf der heute bestehenden Senderstruktur verspricht wenig Vorteile. Dennoch soll HD-Radio im Rahmen eines Feldversuchs nunmehr ausgiebig getestet werden.
Die Einführung von DAB bedeutet durch neue Kapazitäten zugleich eine weitere Öffnung des Hörfunkmarktes für neue Programmanbieter.