Hörfunk auf neuen Wegen: Satellit

Hörfunk auf neuen Wegen: Satellit Niels Gründel

Die große Unbekannte - Hörfunk per Satellit

Die große Unbekannte - Hörfunk per Satellit Niels Gründel

Für den Fernsehempfang hat sich die Satellitenübertragung inzwischen als hervorragender Standard in den deutschen und europäischen Haushalten etabliert. Vielen Besitzern einer Satellitenempfangsanlage ist dabei gar nicht bewusst, dass damit auch ein unkomplizierter und sehr vielfältiger Radioempfang möglich ist.

Technische Grundlagen

Ein Satellit für die Ausstrahlung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen ist eigentlich nichts anderes als ein Sender mit extrem hohem Standort. Der Vorteil gegenüber allen terrestrischen Sendern ist, dass sich aus dem Orbit ein sehr viel größeres Sendegebiet abdecken lässt.

Damit ein Signal auf der Erde empfangen werden kann, muss sich der Satellit immer an derselben Stelle befinden. Andernfalls müsste man ständig die Ausrichtung seiner Satellitenempfangsantenne ändern. Geostationäre Satelliten erfüllen diese Voraussetzung. Sie befinden in einer Höhe von 36.000 Kilometern und bewegen sich synchron zur Erddrehung. Für den Betrachter am Boden scheinen sie fest an einer Position zu stehen. In dieser Umlaufbahn heben sich zudem die Anziehungskraft der Erde und die Fliehkraft des künstlichen Himmelskörpers gegeneinander auf. Andernfalls würde der Satellit auf die Erde fallen oder im Weltraum verloren gehen.

Wie beim terrestrischen werden auch beim Satellitenrundfunk die Frequenzen, aber auch die Positionen im Orbit auf internationalen Funkverwaltungskonferenzen festgelegt. So wird ein geordneter Betrieb der Satelliten gewährleistet. Deutschland hat zusammen mit weiteren sieben europäischen Ländern die Orbitposition 19° West erhalten.

Kanalnutzung

Digitaler Stereokanal in MHz Analoger Stereokanal Analoger Monokanal Stereokanal
6,12 D01
6,30 D02
6,48 D03
6,56 D04
6,84 D05
7,02 A01 A01 TV-Stereo, links
7,20 A02 A02 TV-Stereo, rechts
7,38 D11 A03 Stereo 01, links
7,56 D12 A04 Stereo 01, rechts
7,74 D06 A05 Stereo 02, links
7,92 D07 A06 Stereo 02, rechts
8,10 D08 A07 Stereo 03, links
8,28 D09 A08 Stereo 03, rechts
8,46 D10 A09

Zielgruppe und Verbreitung

Ob analog oder digital, die Rundfunkvielfalt über Satellit ist schier grenzenlos. Nur das Internet kann seinen Hörer prinzipiell noch mehr Sender bieten.
In jedem Fall ist aber für jeden Radiofreund etwas dabei: Musikprogramme mit Pop, Rock, Oldies, Techno und Klassik sowie Informations- programme und Auslandsrundfunk.

Die wichtigsten Satelliten für den Fernseh- und damit auch für den Rundfunkempfang in Deutschland sind Astra und die 13°-Ost-Hot-Birds von Eutelsat.

In Deutschland empfangen 12,9 Millionen Haushalte Satellitenrundfunk, in Österreich sind es 1,45 Millionen und in der Schweiz 610.000. Davon können rund 98 % die Astra-Satelliten empfangen.

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Astra/Eutelsat

Astra/Eutelsat Niels Gründel

Die Société Européenne des Satellites (SES) in Luxemburg ist die Betreibergesellschaft von Astra. Das Unternehmen ist heute an der Luxemburger und der Frankfurter Börse notiert. Die Gesellschaft hat 1991 den Markt für den Direktempfang von Fernsehen und Radio über Satellit in Europa mit dem Einsatz eines leistungsfähigen Satelliten eröffnet. Er konnte mit einer kleinen Parabolantenne auf dem gesamten Kontinent empfangen werden. Vier Jahre später ko-positionierte die Astra-Betreibergesellschaft erstmals Satelliten in der Orbitalposition 19,2° Ost. Seither können die Zuschauer und Hörer alle Sender, die über sämtliche Astra-Satelliten übertragen werden, mit einer einzigen fest eingestellten Parabolantenne empfangen. Das System der Ko-Positionierung von Satelliten wurde danach auch von anderen Betreibern übernommen.

Astra ist inzwischen aber nicht nur in Europa aktiv. Anteile an der asiatisch-pazifischen AsiaSat, der skandinavischen Nordic Satellite Company NSAB und der brasilianischen Star One sowie die Übernahme der US-amerikanischen GE Americom unterstreichen die internationale Ausrichtung der Europäer.

Der europäische Markt wird von SES derzeit über elf Satelliten auf den Orbitalpositionen 19,2° Ost und 28,2° Ost mit über 1.000 unterschiedlichen Fernseh- und Radioprogrammen sowie Multimedia- und Internet-Diensten versorgt. Die Reichweite beträgt 87 Millionen Haushalte in Europa.

Gegenwärtig sind drei zusätzliche Satelliten im Bau, die vor Mitte des Jahres 2002 gestartet werden sollen. Von diesen wird der Satellit Astra 3 A die dritte Orbitalposition von SES auf 23,5° Ost belegen.

Eutelsat hat sich inzwischen zu einem führenden, global tätigen Satellitenbetreiber mit Sitz in Paris entwickelt. Ursprünglich wurde die Gesellschaft im Rahmen eines breit angelegten zwischenstaatlichen Vorhabens gegründet, um die Europäer in der Raumfahrt unabhängiger zu machen. Zuvor wurde auch die Europäische Raumfahrtagentur ESA gegründet, die mit der Entwicklung der kommerziellen Ariane- Träger-Rakete beauftragt war.

Nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Regime in Mittel- und Osteuropa traten die meisten Länder dieser Region Eutelsat bei, einschließlich der großen Raumfahrtnationen Russland und Kasachstan. Die Mitgliederzahl stieg so von 26 im Jahr 1989 auf 48 im Jahr 2001. Eutelsat hat dadurch eine wirklich paneuropäische Qualität erhalten und Zugang zu allen Märkten der Mitgliedsländer. Inzwischen ist die Organisation in ein unabhängiges Unternehmen umgewandelt worden, das auch privaten Beteiligungen offensteht.

Der erste große kommerzielle Schritt von Eutelsat aber war die Entscheidung, fünf Satelliten auf 13° Ost zu positionieren. Über die so genannten Hot Birds wird seither eine breite Palette von Fernsehdiensten für den Satellitendirektempfang und die Kabelnetzeinspeisungen ausgestrahlt. Die ersten beiden Satelliten (Eutelsat II-F 1 und Eutelsat II-F 6, später umbenannt in Hot Bird 1) waren seit 1995 über 13° Ost in Betrieb. Weitere Hot Birds folgten bis 1998. Gegenwärtig erreichen diese Satelliten die Haushalte in ganz Europa, im Mittelmeerraum und im Mittleren Osten. Eutelsat verstärkt die Marktposition in Europa durch neue Satelliten und treibt auch die globale Expansion voran. In den letzten Jahren wurden von Europa, Nordafrika und vom Mittelmeerraum aus neue Märkte in ganz Afrika, großen Teilen Südostasiens und Teilen Nordamerikas erschlossen. Für die weitere Ausdehnung hat sich die französische Firma bereits mehrere Positionen im geostationären Orbit gesichert.

Im Januar 2001 wurden über die Eutelsat-Flotte mehr als 850 digitale und analoge TV-Programme sowie über 500 Hörfunksender ausgestrahlt. Nach der letzten Reichweitenuntersuchung aus dem Sommer 2000 werden über 60 Millionen Kabel- und 24 Millionen Satellitenhaushalte erreicht.

Analogradio

Analogradio Niels Gründel

Die analoge Signalverarbeitung erfolgt nach folgendem Prinzip: Ein Mikrofon setzt die von einem Ton erzeugten Schallwellen je nach Tonhöhe und Lautstärke in eine elektrische Spannung unterschiedlicher Frequenz und Größe um. Sie kann verstärkt und aufgezeichnet werden. Das Verfahren ist jedoch mit einigen Verlusten behaftet, weshalb heute innerhalb der Sendeanstalten durchweg die digitale Tonverarbeitung Einzug erhalten hat. Nur der letzte Weg zum Empfänger führt noch über eine analoge Verbreitung.

Auf einem Satelliten sind alle Frequenzen für den Radioempfang mehrdimensional: Um nun die vorhandenen Bandbreiten besser auszunutzen, werden Programme via Satellit sowohl horizontal als auch vertikal gesendet. Dadurch wird die Anzahl der Transponder (Übertragungskanäle) verdoppelt. Über jeden analogen Transponder kann ein Fernsehprogramm ausgestrahlt werden. Satelliten verwenden Frequenzen ab 11 GHz. Auf der Erde werden die vom Satelliten ausgestrahlten Frequenzen in einen niedrigeren Frequenzbereich transformiert.

Die analoge Hörfunkübertragung per Satellit erfolgt nach dem Panda-Wegener-Verfahren auf den sogenannten Tonunterträgern und zwar in einem Frequenzbereich, der für die Bildübertragung nicht genutzt wird. Er beginnt mit 7,02 MHz im 180-kHz-Raster. Für einen Stereo-Ton werden zwei Frequenzbereiche benötigt, wobei die Bereiche 7,02 und 7,20 MHz immer für den Fernseh-Begleitton reserviert sind. Es ist aber ebenso möglich, über die verschiedenen Frequenzbereiche Fernseh- Begleittöne in unterschiedlichen Sprachen zu senden. Der paneuropäische Sportsender Eurosport nutzt diese Möglichkeit seit langem.

Technisch müssen sich also auch die Radiosender mit der Funktion eines Fernseh-Begleittons begnügen. Das ist wohl einer der Gründe, warum die Radioübertragung per Satellit noch immer ein Schattendasein fristet.

Für die öffentlich-rechtlichen Anstalten hatte die Hörfunkverbreitung per Satellit von Anbeginn den Vorteil, dass sie auf diese Weise die Tonunterträger der Transponder, die sie ohnehin für die Ausstrahlung ihrer Fernsehprogramme benötigten, preiswert mitnutzen konnten. Die privaten Rundfunksender müssen die Anmietung eines einzelnen Tonunterträgers meist teuer bei den Fernsehsendern bezahlen. Für Lokalsender mit einer verhältnismäßig kleinen Zielgruppe scheidet die Satellitenverbreitung ohnehin aus. Ihr originärer Vorteil liegt ja in der Erreichbarkeit eines begrenzten Zielpublikums innerhalb enger lokaler oder regionaler Grenzen.

Der erfolgreichste Vorstoß im Bereich des analogen Radioprogrammvertriebs über Satellit ist das englische World Radio Network. Hier wurden Programme von Anbietern in verschiedenen Sprachen zusammengefasst, die sich seit 1993 kostengünstig Frequenzen und Übertragungswege teilen, auch Satelliten-Tonunterträger.

Zur Wiedergabe von analogen Radioprogrammen benötigt man lediglich einen inzwischen sehr preiswerten analogen Satellitenreceiver, der üblicherweise zum Fernsehen erworben wird. Daneben benötigt man nur noch ein Cinch-Kabel, das am Satelliten-Receiver-Ausgang und an der Stereoanlage angeschlossen wird. Doch sind fast alle Satelliten-Receiver derart umständlich in der Bedienung, dass der Fernseher einschaltet werden muss, wenn Radiosender programmiert werden sollen.

Prognose

Das analoge Satellitenradio bietet heute eine breite Auswahl europäischer Radiosender in guter Qualität. Nicht nur Unterhaltungssender, auch Informationsprogramme sind in großer Auswahl verfügbar. Das vielfältige Angebot ist leider noch immer weitgehend unbekannt. Zu Unrecht, denn selbst gute analoge Satellitenreceiver kosten kaum mehr als 100 bis 150 Euro. Den Hörfunk der Zukunft wird das analoge Satellitenradio technisch allerdings nicht mehr mitbestimmen können.

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Digitalradio

Digitalradio Niels Gründel

Die digitale Übermittlung von Radioprogrammen nutzt die Möglichkeit, die am Mikrofonausgang anliegende Spannung, die sich mit dem Ton ständig ändert, zu messen und die ermittelten Werte in einen computergerechten Datenstrom umzuwandeln, da der Datenstrom sehr unempfindlich gegenüber möglichen Störungen ist. Spannungen dagegen können durch äußere Einflüsse vielfältig gestört und geändert werden. Zudem erzeugen analoge Verstärker auch dann ein Rauschen, wenn gar keine Spannung an ihrem Eingang anliegt, also gar kein Ton übertragen wird.

Digitale Datenströme bestehen jedoch aus immensen Datenmengen und könnten unbearbeitet nur mit sehr aufwendigen und kostspieligen Verfahren gesendet und empfangen werden. Daher bedient man sich so genannter Datenreduktionsverfahren. Sie sind auf die jeweiligen Datenströme ideal abgestimmt, immer mit dem Ziel, eine möglichst hohe Komprimierung zu erreichen. So wurden die Grundlagen des heute weitverbreiteten Standards ISO MPEG 1/2 Layer II, umgangssprachlich besser bekannt unter Musicam (Masking pattern UniverSal Integrated Coding And Multiplexing), am Institut für Rundfunktechnik zusammen mit den Partnern Centre Commun d’Etudes de Télédiffusion et Télécommunications und Philips entwickelt und bei internationalen Normungsgremien wie dem Comité Consultatif de la Radiodiffusion (CCIR), dem European Telecommunications Standards Institute (ETSI) und der International Telecommunication Union (ITU) ausgiebig getestet und anschließend standardisiert. Die Entwickler nutzten für die Entwicklung die Eigenschaften des menschlichen Hörens und der Psychoakustik in Verbindung mit digitalen Codierverfahren.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass das menschliche Gehör einem nichtlinearen Empfänger für auftreffende Schallwellen gleicht. So ist das menschliche Gehör nicht in der Lage, Töne wahrzunehmen, die nicht eine gewisse Mindestlautstärke aufweisen. Leise Töne werden außerdem von lauteren Tönen überdeckt, die in einer ähnlichen Tonhöhe liegen. Auch ein lauter Ton überdeckt einen zeitlich kurz zuvor eintreffenden leisen Ton; diese Zeitspanne beträgt 1 bis 20 ms vor einem lauteren Ton und bis zu 200 ms nach einem derartigen Ton.

Da solche leisen Töne ohnehin nicht vom menschlichen Gehör wahrgenommen werden können, entfallen sie ganz aus dem Datenstrom. Letztlich kann ein qualitativ hochwertiger Datenstrom um den Faktor 7 reduziert werden, ohne dass sich ein hörbarer Klangverlust ergibt. Je nach den Anforderungen an die Qualität des Audiosignals sind auch andere Kompressionsfaktoren denkbar.

Digitaler Hörfunk wird heute sowohl von den Astra- als auch Eutelsat-Satelliten abgestrahlt. Es gibt derzeit zwei Verfahren, die beide annähernde CD-Qualität bieten: ADR und DVB.

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ADR

ADR Niels Gründel

Die Übertragung erfolgt beim Astra-Digital-Radio (ADR) nach dem internationalen Musicam-Standard mit einer Datenrate von 192 kBit/s und ist damit deutlich besser als jede analoge Radio-Übertragung. Die reduktionsbedingten Qualitätsunterschiede machen sich lediglich bei akustisch sehr hochwertigen Sendungen wie klassischer Musik oder einigen Hörspielen bemerkbar. Allerdings führen Gewitter oder andere ungünstige Empfangsbedingungen zu digitalem Knistern oder zur Funkstille, während eine analog übertragene Sendung unter diesen Bedingungen immerhin noch mit begleitendem Rauschen wiedergegeben werden.

ADR nutzt ebenso wie die analoge Übertragung per Satellit den Frequenzbereich der Tonunterträger in einem 180 kHz breiten Raster, allerdings von 6,12 MHz bis 8,46 MHz. Ein einzelner Tonunterträger kann hier schon die vollen Stereo-Informationen übertragen oder eben zwei Mono-Programme. Abzüglich der beiden reservierten analogen Tonunterträger für den Stereo-Fernsehton, verbleiben zehn Frequenzen für die Stereo-Radioübertragung. Insgesamt ist die Übertragung von rund 600 Hörfunkprogrammen möglich. Eingeführt wurde das System anlässlich der Internationalen Funkausstellung 1995 in Berlin. ADR war anfangs fast ausschließlich bei den deutschen Radiostationen beliebt. Inzwischen ist das Angebot jedoch internationaler geworden. Genutzt wird es von rund 100 Hörfunksendern.

Für den Empfang der digitalen ADR-Angebote benötigt man weder eine neue Parabolantenne noch einen neuen LNB, einen Low Noise Block Converter, der die eigentliche Antenne eines Satellitenempfängers ist und im Brennpunkt des Parabolspiegels angebracht wird. Erforderlich ist aber ein besonderer Empfänger oder ein Kombigerät für den Analog- und ADR-Empfang, wie es heute die meisten Gerätehersteller anbieten. Die Geräte sind meist anwenderfreundlich. So unterstützen sie beispielsweise eine automatische Speicherung aller verfügbaren Programme. Zusätzlich werden Informationen wie Titel und Interpret, teilweise auch Nachrichtentexte mitübertragen. Viele Geräte bieten eine Auswahlmöglichkeit nach Programmkategorien wie Klassik, Nachrichten, Pop oder Rock.

Vor dem Kauf sollten Sie beachten, dass preiswerte ADR-Receiver durch Mobiltelefone, Mobilfunkstationen und vor allem die schnurlosen DECT-Telefone (Digital Enhanced Cordless Telecommunication), allerdings nur beim Telefonieren, gestört werden können. Selbst bei hochwertigen Geräten sind derartige Ärgernisse in Einzelfällen nicht ganz auszuschließen. Insofern sollten Sie die Störfestigkeit vor dem Kauf zu Hause testen.

Die Bestückung des Einzelhandels mit ADR-Receivern ist heute gut und das System inzwischen hinreichend eingeführt.

Das Astra-Digital-Radio bietet auch die Möglichkeit, Programme codiert auszustrahlen. Diese Möglichkeit wurde vom Pay-Radio-Anbieter DMX (Digital Musik eXpress) kommerziell genutzt. Er hat werbefreie aber mit einem eigenen Verschlüsselungsstandard codierte Spartenkanäle ausgestrahlt, welche die Kunden gegen eine monatliche Abogebühr von 10 Euro empfangen konnten.

DMX konnte jedoch nicht genügend Kunden begeistern, die bereit waren, für den Radioempfang Geld zu bezahlen, und so wurde das europäische Programm in der Nacht vom 10. auf den 11. Juli 1997 abgeschaltet. In den USA besteht das System noch heute fort.

Im Sommer 1999 gab es einen Versuch, die ADR-/DMX-Empfänger der ersten Generation mit einem speziellen Radioprogramm für Arztpraxen, dem Umwelt- und Gesundheitsradio (UG-Radio), zu nutzen. Es wurde aber noch vor der durch die zuständige Landesrundfunkanstalt gesetzten Frist für den Beginn der Verschlüsselung abgeschaltet, wohl weil keine Einigung mit den Patentinhabern des DMX-Verschlüsselungsverfahrens gefunden wurde. Zuvor war das Sparten-Programm einige Zeit unverschlüsselt zu empfangen.

Prognose

Die ADR-Programme bestehen in der Gesamtheit vorwiegend aus musikorientierten Angeboten, die von der hohen Klangqualität profitieren können. ADR ist daher weit davon entfernt, ein lebendiges Abbild der europäischen Radioszene zu sein. 
Kurz, ein klangorientierter Special-Interest-Verbreitungkanal mit treuer Fangemeinde, aber kein Hörfunksystem der Zukunft, das in dem Ruf stehen könnte, einmal den Radiomarkt zu revolutionieren. Im internationalen Hörfunk mit seinen nachrichten- und wortorientierten Programmen spielt ADR keine Rolle. 

Über ADR wird es auch kein weiteres Pay-Radio mehr geben, schon weil die heutigen Geräte überhaupt kein Verschlüsselungsmodul mehr enthalten und die älteren Geräte lediglich über das des abgeschalteten DMX-Systems verfügen.

DVB-S

DVB-S Niels Gründel

Die digitale Übertragung nach dem internationalen Standard DVB (Digital Video Broadcasting), genauer MPEG 2, ermöglicht für die Übertragung der Toninformationen ein variables Mehrkanalsystem. Einzelne Tonkanäle lassen sich den Erfordernissen entsprechend variabel kombinieren, die gängige Mono- und Stereoübertragung etwa ebenso wie Sourround-Informationen für Kinoeffekte beim Fernseh-Begleitton. DVB ist wegen eines anderen Trägersignals auf der Empfängerseite zu ADR leider inkompatibel.
Eutelsat startete bereits 1995 von 13° Ost die ersten digitalen Fernsehübertragungen in Europa mit dem DVB-Standard. Astra folgte ein Jahr später.

DVB ist zwar nicht ungeeignet für die Hörfunkverbreitung, ganz im Gegenteil, aber der Schwerpunkt liegt sowohl bei den Sendeanstalten als auch bei den Satellitenbetreibern in der Übertragung von Fernsehprogrammen. Die Einführung des Digitalstandards ermöglicht höhere Übertragungskapazitäten, denn pro Transponder können jetzt fünf bis acht Programme ausgestrahlt werden, nicht mehr nur ein einziges, weil unveränderte Bildanteile nicht mehr ständig neu ausgesendet werden. Die Audio-Programme sind jedoch immer an den Anbieter des TV-Paketes gekoppelt. Einige kostenpflichtige Digital-TV-Pakete setzen auf die Nonstop-Unterhaltung mit Spartenkanälen, auch im Musikbereich. In einigen Fällen, wie dem britischen Sender XtraMusic auf Astra, werden spezielle Musikrichtungen ohne Moderation und Werbung geboten, vornehmlich aber für die kommerzielle Nutzung beispielsweise für die Unterhaltung der Kundschaft in Geschäften oder Gastronomie- betrieben. Privatpersonen kostet der Empfang rund 50 Euro pro Jahr.

Für den Empfang digitaler Satellitenangebote wird eine so genannte Set-Top-Box benötigt, in die jedoch fast immer auch ein Satellitenreceiver eingebaut ist. Set-Top-Boxen übernehmen häufig auch die Entschlüsselung codierter Pay-Angebote über einen speziellen Einschubschacht für die Decodierkarten der Betreiber an der Gerätefront, das Common-Interface (CI). Viele private Betreibergesellschaften sehen durch die preiswerten Transponderkosten auch erstmals die Möglichkeit, Geld zu verdienen, obwohl sie viele Transponder mit ihrem Angebot belegen, z. B. bei Cinema-on-Demand.

Neben einer Set-Top-Box muss auf der Empfängerseite die vorhandene Satellitenempfangsanlage möglicherweise noch mit einem Universal-LNB aufgerüstet werden, weil die digitalen Transponder in einem Bereich senden, dem sogenannten Ku-High-Band, der von älteren LNB-Einheiten nicht mehr empfangen werden kann.

Diese günstigen Übertragungskosten versprechen einen sehr hohen Verbreitungsgrad für Hörfunkprogramme.

Bereits heute sind viele Programme zu empfangen. Über Astra beispielsweise im ARD-Digital-Paket die Hörfunkprogramme hr1 plus, hr2, hr2 plus, hr XXL, Radio 3 (NDR), NDR 4 Info, Radio Bremen 2, Bayern 4 Klassik, B5 aktuell, EinsLive (WDT), WDR 2, WDR 3, WDR Radio 5, MDR Kultur, MDR Info, MDR Sputnik, MDR Life, SWR 2, Fritz!, SFB 4 Multikulti. Und im ZDF-Paket sind die Radioprogramme Deutschlandradio Berlin und Deutschlandfunk vertreten. Der österreichische Rundfunk ORF nutzt das Angebot ähnlich stark mit den Programmen Ö1, Ö Regional (Radio Wien, Radio Niederösterreich, Radio Burgenland, Radio Oberösterreich, Radio Tirol, Radio Voralberg, Radio Steiermark und Radio Kärnten), Ö3, FM4, ROI Wien. Aber auch einige Privatsender sind bereits vertreten wie etwa Antenne Bayern, Rock Antenne, Hitradio Antenne, Hundert,6 Berlin und RTL Radio.

Eutelsat bedient vor allem ein internationales Publikum mit Radioprogrammen wie Deutsche Welle, Hellenic Radio Europa 1, France Inter, France Info, Fip, France Culture, France Musique, Radio Bleue, Le Mouv, Hector, Elisa und Radio RAI.

Doch die sehr viel preiswerteren Transponderkosten bei gleichzeitig hoher Reichweite nutzen auch immer mehr kleine Radiosender ohne einen lokalen Bezug. Häufig scheitert ihre bundesweite terrestrische Verbreitung an mangelnden Frequenzen und das Zielpublikum verfügt ohnehin bereits über einen Satellitenreceiver oder ist bereit, die Investition dafür zu übernehmen.

Ein Beispiel ist das „!F. A. Z. Business-Radio” der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, das bereits am 20. November 2000 in Berlin auf Sendung gegangen ist. Wenige Monate später war das Programm bereits europaweit digital über die Hot Birds von Eutelsat zu empfangen. Der Sender bezeichnet sein Programm als „innovatives, privates Nachrichten-, Wirtschafts- und Serviceradio mit interaktiven News- und Businessprogrammen in einem 100%igen Wortformat.” Halbstündlich gibt es aktuelle Nachrichten aus Deutschland und der Welt. Dazu kommen alle 15 Minuten Live-Schaltungen, Analysen, Expertengespräche und Berichte von weltweiten Börsenplätzen. Am Wochenende werden die Hörer mit Sport, Wochenrückblicken und Diskussionsforen versorgt. Die Zielgruppe sind Führungskräfte, Meinungsmacher und anspruchsvolle Konsumenten.

Eine ähnlich ausgesuchte Zielgruppe hat das JazzRadio als Hörerschaft. JazzRadio bietet als einziger Sender in Kontinentaleuropa melodischen und klassischen Jazz, 24 Stunden am Tag. Der Sender ist ebenfalls in Berlin gestartet, allerdings schon im Jahr 1997. Zwei Jahre später konnte er bereits einen ersten kleinen Gewinn ausweisen. Laut Umfrage weist sich die Hörerschaft des Jazz-Senders als besonders gebildet und einkommensstark aus. Inzwischen ist auch das JazzRadio europaweit digital über Hot Bird 5 zu empfangen.

Prognose

Der Empfang digitaler Angebote im DVB-Standard wäre zwar prinzipiell auch heute schon in großem Stil möglich, da fast alle Programme auch digital abgestrahlt werden, doch im Jahr 2000 nutzten diese Möglichkeit lediglich 1,09 Millionen Haushalte in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Die geplante Umstellung der analogen auf eine digitale Rundfunkverbreitung in Deutschland bis 2010 gibt dem digitalen Satellitenempfang zweifellos künftig noch Auftrieb. Die benötigten Set-Top-Boxen sind aber noch immer recht teuer, so dass sich der Trend nur langsam durchsetzen wird. Aufgrund der immensen Möglichkeiten könnte sich in einigen Jahren jedoch ein ungeheures Potenzial entwickeln. Wirtschaftliche Pay-Radio-Angebote für Privatkunden sind eher unwahrscheinlich.
Die Zukunft für ADR sieht mit DVB eher düster aus, weil die neuen Set-Top-Boxen das Programmangebot nicht mehr empfangen können. Allerdings hat ADR heute die weiteste Verbreitung in der digitalen Radiowelt, und es dürfte schwierig werden, die Kunden davon abzubringen.

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DSR - gescheitert trotz optimaler Technik

DSR - gescheitert trotz optimaler Technik Niels Gründel

In Zusammenarbeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit dem Institut für Rundfunktechnik wurde das Digitale Satelliten Radio (DSR) entwickelt. Es war die erste und älteste in Deutschland verfügbare Digital-Radio-Norm.

DSR startete zur Internationalen Berliner Funkausstellung 1990 mit großem Presseaufgebot. Zu empfangen war das Angebot über den Satelliten Kopernikus 1 FM 3 auf 23,5° Ost. Mit einer Mini-Sat-Antenne von nur 19 cm Durchmesser war das DSR-Paket bis Ende 1994 zusätzlich auch noch wesentlich einfacher über den Satelliten TV-Sat-2 zu empfangen.

Über die analogen Transponder konnten parallel zu einem analogen Fernsehprogramm jeweils sechzehn Hörfunkprogramme in CD-Qualität übertragen werden. Durchgängig wurde jedoch lediglich ein DSR-Paket gesendet. Wegen der unübertroffenen Qualität bevorzugte die ARD vorwiegend ihre Klassik- und Kulturprogramme. So bildete sich eine elitäre, für ein Überleben nicht tragfähige DSR-Hörer-Gemeinde.

Zusätzliche programmbegleitende Informationen erreichten den Benutzer über ein kleines Display. Auch die Bedienung war simpel, weil den sechzehn übertragenen Programmen in einem DSR-Paket feste Tasten am Receiver zugeordnet waren. Mit dem Abstimmvorgang entfiel auch die Programmsuche. Die Lautstärke ließ sich für Sprache und Musik getrennt einstellen.

Allerdings war für den Empfang ein spezieller Receiver erforderlich. Letztlich wurden die von der Deutschen Telekom prognostizierten Gerätezahlen nicht annähernd erreicht. Das wundert kaum, wenn man bedenkt, dass auch fünf Jahre nach Einführung die Preise für einen Receiver noch zwischen 250 und 500 Euro lagen. Nach Abschaltung des Satelliten TV-Sat-2 wurden die DSR-Receiver dann zwischen 75 und 250 Euro angeboten, weil sich zeitgleich alle Hersteller aus der Geräte-Produktion zurückgezogen hatten und sich hartnäckig Gerüchte hielten, das ganze DSR-System werde schon Ende 1996 abgeschaltet. Als dann auch noch immer mehr DSR-Programme über ADR empfangen werden konnten, war es vor allem für die Hörer zunehmend uninteressant, für das kleine Angebot von nur sechzehn Programmen in einen speziellen Satelliten-Receiver zu investieren und die Satellitenempfangsanlage auf einen ansonsten uninteressanten Satelliten auszurichten. Dabei bedeutete der Umstieg auf ADR für die Hörer einen Qualitätsverlust.

Die Abschaltung des ersten deutschen Satellitenradios erfolgte kaum zehn Jahre nach Aufnahme des Betriebs, am 15. Januar 1999. Weder ADR noch DVB können jedoch mit der DSR-Übertragung mithalten.

Worldspace - Radio für die ganze Welt

Worldspace - Radio für die ganze Welt Niels Gründel

Die ungeheuren Möglichkeiten der Rundfunkverbreitung über Satellit macht sich ausgerechnet ein Unternehmen zu eigen, das über drei geostationäre Satelliten Hörfunk in Entwicklungsländer verbreiten will: WorldSpace mit Sitz in New York.

Die drei Satelliten heißen entsprechend ihren Ausleuchtzonen über Afrika AfriStar, über Mittel- und Südamerika AmeriStar und über Asien AsiaStar.
Bereits im Oktober 1998 wurde AfriStar als erster WorldSpace-Satellit im All positioniert. Er versorgt seitdem den gesamten afrikanischen Kontinent, den Nahen Osten und Teile Europas mit digitalem Rundfunk. Die drei sich teilweise überlappenden Sendestrahlen (Beams) des AfriStar decken ein Gebiet von mehr als 100 Millionen Quadratkilometern ab. Gesendet wurden von Beginn an mehr als 40 nationale und internationale Programme sowie Multimedia-Informationen. Theoretisch kann jeder Beam 96 Programme, ein Satellit damit 288 Programme abstrahlen.
Das verzerrte Rauschen der in den Entwicklungsländern weit verbreiteten Kurz- und Mittelwellensender ist damit vorbei. Ein kleines Radio mit abnehmbarer Flachantenne und integriertem Decoder genügt, damit man auch in den entlegensten Regionen eine Vielzahl von Programmen in hoher Qualität empfangen kann.
Die Grundlage der Übertragungstechnik basiert auf dem vom Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen IIS-A entwickelten Datenkompressionsverfahren MPEG 1/Layer 3, besser bekannt als MP3.

Neben Ton und Sprache können auch Standbilder und kleinformatige Videoclips gesendet und empfangen werden. Damit eröffnet das WorldSpace-System für den Fortschritt von Rundfunk und Multimedia eine Vielzahl neuer Einsatzgebiete. In Erlangen ist man stolz auf eines der größten Projekte der Fraunhofer-Gesellschaft. „Wir freuen uns, dass Technologie aus unserer Region so wichtige Beiträge zum WorldSpace-System leistet und mit einer Schlüsselkomponente vertreten ist”, so Institutsleiter Prof. Dr. Heinz Gerhäuser.

Den technischen Gegebenheiten entsprechend, kann über die Kanalnutzung die jeweilige Radiostation selbst entscheiden. Ein Programm in HiFi-Qualität mit 128 kBit/s kann in acht Mono-Programme mit jeweils 16 kBit/s oder in vier Stereo-Programme zerlegt werden. Dadurch kann ein Programmanbieter sein Angebot ideal auf die Hörer in der Zielregion abstimmen, indem er beispielsweise für manche Gebiete Informations- und Nachrichtensendungen parallel in verschiedenen Sprachen produziert und sendet.
AfriStar ist mit seinem nordwestlichen Beam aber auch in Deutschland gut zu empfangen. Die Mehrzahl der Programme wird in Englisch ausgestrahlt. Damit bietet sich jedem Afrika-Interessierten eine einfache Möglichkeit, sich aus erster Hand zu informieren. Allerdings erfordert der Empfang einen speziellen WorldSpace-Empfänger. Die Geräte ähneln einer Mischung aus Weltempfänger und kleiner Stereoanlage und enthalten eine winzige Satellitenantenne für die Ausrichtung auf AfriStar 21° Ost und ein Empfangsteil für terrestrische Sender. Auf dem Markt sind bisher Geräte von den Herstellern Hitachi, JVC, Panasonic und Sanyo. Eine aktuelle Übersicht bietet der WorldSpace-Betreiber.
Der Preis bewegt sich je nach Hersteller und Ausstattung des Gerätes zwischen 200 und 400 Euro.

Nach dem bisherigen Erfolg des WorldSpace-Projektes wollen die Betreiber nun ihre ursprüngliche Planung für die Entwicklungsländer auch auf die Industrieländer ausweiten. Im Jahr 2003 soll ein Satellit für Europa starten. Dabei sollen nicht nur bis zu 100 digitale Hörfunk-Programme verfügbar sein. Besonders für die mobile Nutzung des Dienstes denken die Entwickler an die Übertragung von sinnvollen Zusatzangeboten wie multimedialen Diensten, also begleitende Bildinformationen, Navigationshilfen, Verkehrsnachrichten und Wetterberichte.

Prognose

In Europa würde es sich bei einem WorldSpace-Satelliten um den ersten reinen Hörfunksatelliten handeln. Der Blick auf die derzeitige Akzeptanz bei den bereits verfügbaren Angeboten von Astra und Eutelsat sollte aber nicht zu allzu großer Euphorie verleiten. Vielleicht hat aber auch nur ein reiner Hörfunksatellit gefehlt, damit die Hörer dem Satellitenhörfunk wirklich eine angemessene Bedeutung zukommen lassen?

Weiterführende Links

Worldspace - Sat-Hörfunk ohne Schüssel

Worldspace - Sat-Hörfunk ohne Schüssel Harald Kuhl

Hörfunkempfang per Satellit ist derzeit noch eine Angelegenheit für das Wohnzimmer. Primär verantwortlich hierfür ist die für den Empfang notwendige Offset-, Cassegrain- oder Flachantenne, die möglichst exakt auf das zu empfangende Satellitensystem auf seiner geostationären Position auszurichten ist. Bereits eine leichte Abweichung vom Optimum sorgt bei analogen Empfangsanlagen für eine deutliche Verschlechterung des Empfangs bzw. macht diesen bei digitalen Anlagen komplett unmöglich. Zwar gibt es portable Sat-Anlagen für den Campingbereich und nachführende Spezialantennen für den mobilen Empfang beispielsweise in Bussen oder auf Schiffen, die vom Autoradio oder tragbaren Transistorradio gewohnte Mobilität erreicht der Hörfunkempfang per Satellit damit jedoch längst nicht. Mit der Einführung neuer Übertragungssysteme für den digitalen Satelliten-Hörfunk wird sich dieses Bild schon bald ändern.

Der Pionier: WorldSpace

Als 1999 WorldSpace mit seinem Satelliten AfriStar auf Sendung ging, nahm davon hier zu Lande nur eine Minderheit von Fachleuten Notiz. In der Hauptsache richtet sich das WorldSpace-System nämlich an eine Hörerschaft außerhalb der Industrienationen des Nordens. Auf der Berliner Internationalen Funkausstellung präsentierte man im Technisch Wissenschaftlichen Forum am Stand der Fraunhofer Gesellschaft dennoch erstmals neuartige Satellitenempfänger für den portablen Empfang des neuen Systems. In vielen Ländern des Südens ist es für die dortigen Hörfunkstationen kaum möglich, mit herkömmlichen Sendemitteln eine landesweite Reichweite in guter Empfangsqualität zu gewährleisten. Mit herkömmlichen Sendemitteln sind UKW-Senderketten gemeint oder ein Netz von Mittel- oder Kurzwellensendern. Kaum eine privatwirtschaftlich organisierte Sendeanstalt und nur wenige staatliche Stationen sind in der Lage, die für den Aufbau und die Wartung einer technischen Infrastruktur notwendigen finanziellen Mittel auf die Dauer aufzubringen. In Zimbabwe hatte man beispielsweise über viele Jahre hinweg versucht, die landesweite Hörfunkversorgung allein über den Aufbau eines Netzes von UKW-Sendern zu gewährleisten, während man gleichzeitig die zuvor hierfür eingesetzten und ohnehin überalterten Kurzwellensender nach und nach abschaltete. Allerdings erfordert eine landesweite UKW-Versorgung aufgrund der im Vergleich zur Mittel- und Kurzwelle geringen Reichweite ein relativ dichtes Netz von Sendeanlagen. Da sich dies auf die Dauer nicht finanzieren ließ, kehrte der staatliche Rundfunk schließlich zur Kurzwelle zurück und reaktivierte die über etliche Jahre hinweg ungenutzten Frequenzen. Mittlerweile sind jedoch auch diese wieder weitestgehend verstummt. Die inzwischen bestehende Möglichkeit, sämtliche Programme der Zimbabwe Broadcasting Corporation weltweit über das Internet zu hören, hat für die überwiegend ländliche Bevölkerung des Landes keine Relevanz, für die bereits der Kauf von Batterien für das dörfliche Transistorradio eine nicht unerhebliche Investition darstellt.

Der gebürtige Äthiopier Noah Samara, der sein Projekt 1990 in Washington startete und trotz aller Zweifler knapp zehn Jahre später mit dem Start des Satelliten AfriStar in die Praxis umsetzte, will mit WorldSpace dem Hörfunk als dem in vielen Ländern des Südens nach wie vor wichtigsten elektronischen Medium eine adäquate Plattform verschaffen. In der aktuellen Aufbauphase sind drei geostationäre Satelliten mit unterschiedlichen Zielregionen geplant: AfriStar sendet seit 1999 für den afrikanischen Kontinent und den Nahen Osten, AsiaStar wendet sich seit 2000 an den riesigen asiatischen Markt. Noch folgen soll der Satellit AmeriStar, der in Lateinamerika und der Karibik zu empfangen sein wird. Jeder dieser Satelliten verfügt über drei Beams (Richtstrahler), über die die jeweiligen Regionen mit unterschiedlichen Programmen versorgt werden können. Diese stammen von einer bunten Mischung bestehend aus nationalen und internationalen Sendeanstalten, wobei öffentlich-rechtlich und privatwirtschaftlich organisierte Anbieter ebenso vertreten sind wie staatliche. Darüber hinaus sind auch Programme vertreten, die entwicklungspolitische Ziele wie die Bekämpfung von Aids verfolgen, einem von Beginn an wichtigen Anliegen Noah Samaras. Neben frei empfangbaren Programmen sieht das System auch die Möglichkeit vor, zu weiteren Inhalten nur gegen Bezahlung Zugang zu erhalten. Über die Tastatur des Empfängers muss dann eine Schlüsselzahl eingegeben werden. Zusätzlich zu Hörfunksendungen werden auch reine Datendienste übertragen. Die Ausstrahlung erfolgt digital im MP3-Verfahren in einem Frequenzbereich mit dem Namen L-Band (1.453, 384 - 1.490,644 MHz), für dessen Empfang spezielle Empfangsgeräte notwendig sind.

Die Besonderheit des WorldSpace-Projektes besteht aber weniger in der Ausstrahlung, die sich bis hierhin nur wenig von anderen geostationären Satellitensystemen unterscheidet, sondern vielmehr auf der Empfangsseite. Denn anders als beim hierzulande verbreiteten Empfang von Satellitensystemen wie Astra oder Eutelsat ist für den Empfang der WorldSpace-Satelliten keine starr ausgerichtete Empfangsantenne notwendig. Stattdessen sind die vier Empfangsgeräte der ersten Generation mit einer ca. 10 x 10 Zentimeter kleinen Flachantenne ausgestattet, die entweder direkt am Gerät oder auch etwas abgesetzt betrieben werden kann. Zwar gestattet auch das WorldSpace-System nicht den Satellitenempfang ohne eine direkte Sichtverbindung zwischen dem Satelliten und der Empfangsantenne, jedoch ist deren Ausrichtung deutlich unkritischer als man es bisher gewohnt war. Es reicht bereits aus, die Antenne lediglich in die grobe Richtung des ausstrahlenden Satelliten zu schwenken, damit die Programme in UKW-ähnlicher Qualität empfangen werden können, teilweise sogar in Stereo. Selbst der Empfang durch die geschlossene Fensterscheibe klappt - im Gegensatz übrigens zum hierzulande verbreiteten DVB-System - in vielen Fällen problemlos. In Ländern in der Nähe des Äquators, in denen der jeweilige WorldSpace-Satellit fast senkrecht über der Empfangsantenne steht und somit kaum Hindernisse den Empfangsweg versperren, ist zudem der mobile Empfang von Satellitenhörfunk bereits heute Realität.

Bedeutung für Europa

Sie mögen sich nun fragen, ob dies alles auch eine Bedeutung für den Hörfunkempfang in Europa hat? In der Tat: Noch während der Erprobungsphase des AfriStar stellte sich heraus, dass aufgrund der höher als erwartet ausfallenden technischen Reichweite ein Teil der dort übertragenen Programme auch in weiten Teilen Europas (bis Südskandinavien) in einwandfreier Qualität gehört werden kann (Beam 1 bzw. Westbeam). Für europäische Radiohörer bietet sich auf diesem Weg eine sonst nicht bestehende Möglichkeit, lokale oder regionale Radiostationen aus Afrika und Nahost in UKW-Qualität zu empfangen, teilweise sogar in stereo. Darüber hinaus strahlen auch einige internationale Sender ihre Programme über AfriStar aus, darunter die Vollprogramme von BBC London, RFI Paris und REE Madrid. Im Rahmen der Programmpakete von World Radio Network (WRN) sind zahlreiche weitere englisch- und deutschsprachige Programme von internationalen Auslandssendern über AfriStar in einer Audioqualität zu empfangen, die bislang weder Kurzwelle noch Internet bieten können. Eine Auflistung der in Europa empfangbaren Programme findet sich im Internet und wird ständig auf dem aktuellen Stand gehalten.

Mittlerweile hat man bei WorldSpace das Potenzial erkannt und bietet nun auch europäischen Inlandssendern die Möglichkeit an, Übertragungskapazitäten anzumieten. Ein deutscher Musiksender hat das Angebot bereits angenommen, ein kirchlicher Sender aus München zögerte bei Abschluss dieses Beitrags entgegen ursprünglicher Ankündigungen noch. Sogar beim ehemaligen Seesender Radio Caroline besteht eine gewisse Chance, dass man künftig per WorldSpace ins Äthermeer zurückkehrt. Gleichzeitig sind WorldSpace-Empfänger nun auch offiziell in Europa erhältlich, nachdem diese zunächst nur auf Umwegen den Weg hierher fanden. Anfang 2001 kündigte WorldSpace sogar den Start eines eigenen Satelliten für Hörer in Europa an.

Prognose

Dass es für den Erfolg eines neuen Übertragungssystems nicht ausreicht, eine gut funktionierende Technologie zu entwickeln, wissen wir nicht erst seit dem Niedergang von DSR und den andauernden Verbreitungs- schwierigkeiten von DAB. Ein Produkt kann noch so gut sein, doch sobald sich dem Kunden dessen Mehrwert nicht erschließt oder die Endgeräte zu teuer sind, wird es problematisch. Nach dem Start des AfriStar wurden die für dessen Empfang notwendigen Empfangsgeräte zunächst in einigen Ländern Süd- und Ostafrikas angeboten, um den Markt zu testen. Ursprünglich war davon die Rede gewesen, dass für WorldSpace geeignete Empfangsgeräte nicht mehr als 100 US$ kosten würden, doch die Realität sah anders aus: Man musste kein Wirtschaftsanalyst sein, um angesichts von zunächst bei 300 US$ startenden Verkaufspreisen dem System eine schleppende Verbreitung zu prognostizieren. Insbesondere in den ländlichen Regionen kann eine solche Summe für ein Radiogerät nicht aufgebracht werden, wenn bereits der Kauf von Batterien gut überlegt sein will. Erst die seit Herbst 2001 in Indien produzierten WorldSpace-Empfänger der zweiten Generation nähern sich dem ursprünglich angestrebten Endverbraucherpreis.

Auch der Verkauf von Übertragungskapazitäten an Programmanbieter blieb bislang hinter den Erwartungen zurück, von einem ursprünglich diskutierten Ersatz der Kurzwelle kann keine Rede mehr sein. Internationalen Sendeanstalten wie beispielsweise die Deutsche Welle stehen heute vor dem Problem, dass immer neue Vertriebswege entstehen. Erreichen diese eine große potenzielle Hörerschaft, müssen sie zur Sicherung von Marktanteilen genutzt werden, ohne dass man die alten Vertriebswege einfach aufgeben kann. Neben der Kurzwelle sind heute die weltweite Ausstrahlung per Rundfunksatellit und Internet unverzichtbare Vertriebswege, die von den internationalen Sendeanstalten trotz sinkender Budgets finanziert werden müssen. Technisch noch so ausgereifte und sinnvolle Sonderlösungen wie der von WorldSpace geebnete Weg werden folglich weniger gut angenommen, sobald deren Massenwirksamkeit hinter den Erwartungen bzw. im Vergleich zu den anderen Vertriebswegen zurück bleibt. Als WorldSpace 1990 an den Start ging, waren die derzeitige Neuorientierung des internationalen Auslandsrundfunks und dessen sinkende Etats allerdings noch nicht abzusehen. Für nationale Sendeanstalten bietet die Ausstrahlung über einen der WorldSpace-Satelliten hingegen eine gute Möglichkeit, die eigene Reichweite erheblich zu steigern. Auch in vielen Ländern Afrikas ist die nationale Rundfunklandschaft in den zurückliegenden Jahren deutlich vielfältiger geworden, nachdem das staatliche Rundfunkmonopol aufgegeben wurde. Problematisch ist aber offenbar auch hier die Finanzierung der Übertragung, so dass eine regelmäßige Fluktuation der per AfriStar ausgestrahlten Programme festzustellen ist.

Wohl auch deshalb ist in jüngster Zeit bei WorldSpace ein Strategiewandel festzustellen: Neben digitalen Hörfunkdiensten werden nun auch verstärkt Datendienste ausgestrahlt. Ein Testmarkt ist zunächst das ostafrikanische Land Kenia, wo seit Sommer 2001 eine spezielle PC-Einsteckkarte angeboten wird. Über eine daran angeschlossene Flachantenne ist gegen Entrichtung einer Monatsgebühr ein spezieller Dienst namens WorldSpace Direct Media zugänglich, der neben den Hörfunkprogrammen auch den Empfang von Daten, Bildern und ausgewählten Inhalten aus dem Internet unabhängig von der lokalen Infrastruktur gestattet. Das Produkt soll bald auch in anderen Ländern Afrikas und in Indien verfügbar sein. Angesichts einer maximal möglichen Übertragungsgeschwindigkeit von 128 kBit/s ist dies sicherlich kein vollwertiger Ersatz für den herkömmlichen Datenempfang, dürfte aber für viele kommerzielle und private Kunden durchaus interessant sein. Bei WorldSpace betrachtet man diese neue Initiative übrigens nicht als Abkehr von dem Vorhaben, für einen Großteil der Weltbevölkerung auch ohne das Vorhandensein einer lokalen Infrastruktur einen Zugang zu Informationen zu schaffen. Dem mag man entgegnen, dass Computer in den Regionen noch weniger Verbreitung haben werden, in denen bereits die Anschaffung eines WorldSpace-Empfängers nicht finanzierbar ist. Die bei Redaktionsschluss jüngste Initiative umfasst eine Kooperation zwischen WorldSpace, der UNESCO und dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) zur Unterstützung humanitärer Projekte in Flüchtlingscamps in Tansania durch die Errichtung von so genannten Telezentren. Durch eine Verbesserung der Kommunikation soll unter anderem die Zusammenführung von durch Bürgerkriegswirren getrennter Familien unterstützt werden. Mittelfristig wird mit der Beteiligung weiterer UN-Organisationen gerechnet, darunter vielleicht sogar United Nations Radio.

Ob es tatsächlich zur Realisierung des angekündigten WorldSpace-Satelliten für Hörer in Europa kommt, lässt sich derzeit schwer abschätzen. Eine technisch bedingte Tatsache ist, dass ein geostationärer Satellit wie der AfriStar eine gute Lösung für den portablen oder mobilen Empfang in südlichen Breiten ist. Denn dort befindet sich der Satellit in einem hohen Erhebungswinkel (Elevation) über dem Empfänger. Je weiter man jedoch nach Norden kommt, desto flacher wird der Empfangswinkel, und desto öfters sorgen Bäume, Berge oder Gebäude für Empfangsstörungen. Nur mit Hilfe einer großen Zahl von terrestrischen Füllsendern ließe sich in Europa dieses Problem umgehen, wodurch die Systemkosten jedoch deutlich steigen würden.

Weiterführende Links

Global-Radio - DAB aus dem All

Global-Radio - DAB aus dem All Harald Kuhl

Untersuchungen der Branche bestätigen es regelmäßig: In den Industrienationen wird Radio am häufigsten im Auto gehört. Und so sind es auch die Autofahrer Europas, die sich der Luxemburger Paul Heinerscheid zur Zielgruppe seines ambitionierten Projektes auserkoren hat: Der Aufbau eines Satellitensystems namens Global Radio, über das digitale Hörfunkprogramme und Datendienste an mobile und portable Empfangsgeräte gesendet werden.

Was sich zunächst wie eine Variante von WorldSpace anhören mag, ist in Wirklichkeit doch ganz anders: Anstelle eines geostationären Satelliten mit seiner festen äquatorialen Position zur Erde und einem in Europa flachen Empfangswinkel soll Global Radio aus drei beweglichen Satelliten bestehen. Diese drei Satelliten werden in elliptischen Umlaufbahnen um den Globus kreisen und sich während des europäischen Überflugs alle acht Stunden mit ihren Übertragungen abwechseln. Auf diese Weise wird in weiten Teilen Europas ein nahezu senkrechter Sendewinkel zwischen dem umlaufenden Satelliten und dem Empfänger auf der Erde erreicht (Elevation: 70 - 90°), so dass Häuserschluchten oder bergiges Gelände den Empfang kaum beeinträchtigen können. Und bei Tunneldurchfahrten soll ein im Empfangsgerät integrierter Datenpuffer dafür sorgen, dass keine Empfangsunterbrechungen auftreten.

Die Idee ist so neu nicht und hat Vorbilder in den USA, der wohl derzeit größten Nation von Autofahrern. 2001 gingen dort mit Sirius Radio und XM Radio zwei konkurrierende Anbieter an den Start: Jeweils bis zu 100 digitale Radiokanäle werden per Satellit an mobile Empfänger ausgestrahlt. Für den Empfang der Programme wird eine monatliche Gebühr erhoben, die rund 13 US$ beträgt und von den autofahrenden Nordamerikanern ein Umdenken verlangt. Denn bisher war man es dort zwar gewohnt, für das allgegenwärtige Kabelfernsehen zu bezahlen, nicht aber für den Hörfunk. Dieser war weitestgehend kostenfrei empfangbar, abgesehen natürlich von den zu ertragenen extensiven Werbezeiten des werbefinanzierten Kommerzradios oder von den freiwillig entrichteten Mitgliedsbeiträgen für den Bürgerfunk. Und wie bei allen neuen digitalen Übertragungssystemen der Fall, muss jeweils auch ein neues Empfangsgerät angeschafft werden, um in den Genuss der digitalen Radiovielfalt aus dem Orbit zu kommen. Geeignete Autoradios, die auch für den Empfang von UKW und Mittelwelle geeignet sind, werden anfangs rund 500 US$ kosten. Eine zusätzliche Flachantenne von der Größe eines Bierdeckels fängt die digitalen Signale auf dem Autodach ein. Trotz alledem strahlen die Betreiber neben ihren Programmen auch die Zuversicht aus, dass sich der Erfolg des Pay-TV auch im Radiobereich erzielen lässt. Dass diese Zuversicht nicht ganz unbegründet ist, zeigen vereinbarte Kooperationen mit führenden Autoherstellern auf dem nordamerikanischen Markt, die ihre neuen Modelle künftig ab Werk mit einem Autoradio für eines der beiden Satelliten-Systeme ausstatten wollen. Führende Hersteller von Autoradios ziehen mit und haben bereits erste Modelle vorgestellt.

Die erst im Juni 2000 gegründete Satellitenorganisation Global Radio will bereits im Jahr 2005 ebenfalls soweit sein, den Betrieb eines solchen Systems in Europa aufzunehmen. Möglich wird ein derart enger Zeitraum nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass man sich auf im Prinzip bekannte Technologien stützen kann und nicht selbst als Entwickler tätig werden muss. So will man sich im Bereich der Übertragungstechnik zu rund 80 % an der für das terrestrische Digitalradio (DAB) verwendeten EUREKA-147-Norm orientieren, wodurch die Integration des terrestrischen und des satellitengestützten Digitalradios in einem einzigen Empfangsgerät erheblich erleichtert wird. Nur bei der Codierung will man eigene Wege gehen und die voranschreitende Weiterentwicklung durch den Einsatz einer effizienteren Variante nutzen, die trotz einer deutlich geringeren Datenrate eine ähnliche Audioqualität wie heute bereits DAB bieten soll. Bis das System steht, wird mit Anfangsinvestitionen von bis zu 1,5 Milliarden Euro gerechnet, von denen allein 800 - 900 Millionen Euro für den Aufbau der technischen Infrastruktur benötigt werden. Investoren für derartige Summen zu finden, wäre selbst in Zeiten einer Hochkonjunktur nicht einfach. Immerhin hat die Regierung Luxemburgs bereits die Zuteilung einer Sendelizenz in Aussicht gestellt, was die Argumentation gegenüber potenziellen Geldgebern erleichtert.

Programme und Telematik

Da Europa sprachlich weitaus weniger homogen ist als der nordamerikanische Bereich, muss man bei Global Radio andere Wege gehen, um ein möglichst großes Publikum adäquat mit Programmangeboten in der jeweils eigenen Sprache versorgen zu können. Hierfür wurde Europa in acht so genannte Sprachmärkte eingeteilt. An jedem Ort Europas sollen rund 70 digitale Radioprogramme empfangbar sein, wobei sich die Zusammensetzung in den unterschiedlichen Sprachmärkten unterscheiden wird. Dies wird möglich, da die von Global Radio eingesetzten Satelliten über Spotbeams (Richtstrahler) verfügen werden, mit denen sich verschiedene Regionen Europas recht gezielt versorgen lassen. Daher möchte man zunächst die großen nationalen Rundfunkanstalten für das Projekt gewinnen und an diese Übertragungskapazitäten vermieten. Ihre Programme wären im jeweiligen Zielgebiet frei empfangbar. Darüber hinaus denkt man bei Global Radio an das Angebot eines speziellen Programmpakets bestehend aus werbefreien Musik- und Informationskanälen, für dessen Nutzung eine monatliche Gebühr erhoben wird. Langfristig wäre auch die Produktion eigener Radioprogramme durch Global Radio denkbar, die frei empfangbar wären und sich durch Werbeeinblendungen finanzieren würden.

Ergänzend zur Aussendung von Radioprogrammen - und im Gegensatz zu den beiden nordamerikanischen Projekten - will Global Radio seine Satelliten auch für die Übertragung von Datendiensten nutzen. Und anders als im Falle von WorldSpace denkt man hierbei nicht an ausgewählte Inhalte aus dem Internet, sondern an den ständig an Bedeutung zunehmenden Bereich der (Verkehrs-)Telematik. So könnten in Fahrzeugen montierte Navigationssysteme quasi in Echtzeit per Satellit auf den aktuellen Stand gebracht werden, während man heute noch umständlich und in unregelmäßigen Abständen eine neue CD-ROM beschaffen muss. Autoclubs oder andere Dienstleister könnten per Satellit aktuelle Stauwarnungen und Umleitungsempfehlungen übermitteln, die man zuvor per Mobiltelefon angefordert hat. Automobilhersteller könnten Datenkanäle für Servicezwecke einsetzen. Schließlich ließe sich Global Radio auch für das Flottenmanagement einsetzen, um Standzeiten zu verkürzen. Zur raschen Verbreitung des Global- Radio-Systems sollen erneut Kooperationen mit Autoherstellern eingegangen werden, die geeignete Autoradios als Erstausstattung anbieten sollen.

Prognose

Paul Heinerscheid ist ein erfahrener Profi im Satellitenbereich und weiß ganz genau: Die Endverbraucher kaufen keine Technik, sondern Inhalte. Folglich kann ein neuer Übertragungsweg wie Global Radio nur dann zu einem Erfolg werden, wenn dieser attraktive und zuvor nicht zugängliche Programmangebote und Datendienste bietet. Zuvor ist noch die finanzielle Hürde zu nehmen, die den Bau der Satelliten, deren Verbringung in ihre Umlaufbahn, und die Errichtung einer terrestrischen Infrastruktur in Form eines Kontrollzentrums und einer Uplink-Station umfassen. Die Herstellung geeigneter Empfangstechnik ist noch das geringste Problem, da die Grundlagenarbeit bereits für DAB geleistet wurde. Hilfreich für einen möglichen Erfolg von Global Radio ist die Tatsache, dass man kein proprietäres Übertragungssystem anstrebt, sondern einen offenen Standard. Wie im Falle von DVB könnten also alle interessierten Hersteller von Empfangstechnik das Global Radio-System in ihre Geräte integrieren, mit der Folge schnell sinkender Endverbraucherpreise. Kommen beide Faktoren zusammen - ein attraktives Programmangebot und niedrige Empfängerpreise -, wäre ein Erfolg von Global Radio keine Überraschung.