Hörfunk der Zukunft

Hörfunk der Zukunft Niels Gründel

Spannend zu lesen, dass wir im Jahre 2001 ADR für ein Auslaufmodell gehalten haben, Bestrebungen DVB-T als Radiomedium einzusetzen eine Absage erteilten, das erfolglose Dümpeln von DAB mit Bedauern zur Kenntnis genommen hatten und bereits die Lust von DRM erkannten, den UKW-Bereich einer Digitalisierung zu unterziehen, quasi als Gegenmodell zu DAB. So gesehen hat das Buch aus heutiger Sicht einen hohen Unterhaltungswert und man kann erkennen, in welchen Bereichen in den vergangenen fünf Jahren die Entwicklung weiter fortgeschritten ist.

Darüber hinaus haben wir uns entschlossen, das Buch unter Creative Commons http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/de/deed.de zu stellen. Es kann aber nicht nur online gelesen, sondern auch fortgeschrieben werden, sodass es schon bald wieder dem aktuellen Stand entspricht - so hoffen wir.

Vorwort

Vorwort Mario Gongolsky

Die technische Fortentwicklung des Hörfunks kann mit den herkömmlichen, analogen UKW-Übertragungen nicht zu Ende sein. Seit über zehn Jahren versucht man neue Hörfunksysteme zu installieren, um das Radio gegen die Konkurrenz von Fernsehen und Internet zukunftsfähig zu machen. Das Ergebnis dieser Bemühungen ist wenig ermutigend.

Eine digitale Hörfunkschiene wird kommen, darin sind sich alle Fachleute einig. Nur das System beim Namen zu nennen, das wagt gegenwärtig kaum jemand. Der spektakulärste Flop der Digitalradiogeschichte ist das Digital-Satelliten-Radio, kurz DSR. Nach zehn Jahren des Herumdümpelns am Markt entschloss sich die Deutsche Telekom den Service via Satellitendirektempfang und Kabelanschluss wieder einzustellen. Schlappe 16 Programme konnten mit diesem System empfangen werden. CD-reine Klangqualität und die Belieferung aller Kabelhaushalte mit diesen Programmen sowie eine gute Marktdurchdringung mit Empfangsgeräten unterschiedlicher Hersteller, bewegte gerade einmal 100.000 Hörer einen solchen DSR-Tuner zu kaufen.

Der europäische Markt ist immer für 50.000 Innovatoren gut, findet ein Experte bei Bosch/Blaupunkt. Innovatoren sind Kunden, die als Käufer der ersten Stunde bereit sind, das Dreifache des späteren durchschnittlichen Ladenpreises für moderne Empfangstechnologie zu bezahlen. Doch im Augenblick gibt es an dieser These, zumindest im Bereich des digitalen Rundfunks, berechtigte Zweifel.

Nun buhlen inzwischen viele Systeme um die Gunst der potenziellen Radiohörer. Welche neue Technik hat möglicherweise Durchsetzungsvermögen am Markt? Diese Frage möchten wir eingehend beleuchten. Zwar haben wir auch keine Kristallkugel, um die Zukunft sicher vorher zu sagen, aber doch unsere Hand am Puls der unterschiedlichen Entwicklungen.

Trauen Sie niemandem, nicht einmal uns. Wenn Sie trotzdem neugierig und an unserer Einschätzung zu den diversen neuen Hörfunksystemen interessiert sind, lesen Sie dieses Buch. Danach wissen Sie Bescheid, von Kurzwelle bis Worldspace, von UKW bis DVB.

Der Hörfunk wird digital? Möglicherweise ist dieser digitale Hörfunk weder nur auf das Hören begrenzt, noch wird er gefunkt. Soviel Kristallkugel muss sein.

Hörfunk auf klassischen Wegen

Hörfunk auf klassischen Wegen Niels Gründel

Langwelle - völlig vergessen

Langwelle - völlig vergessen Mario Gongolsky

Der Rundfunk auf Langwelle zwischen 150 und 300 kHz ist die Wiege des nationalen Hörfunks. Der entscheidende Vorteil ist die gute Reichweite und hohe Flächenabdeckung. Immerhin kann das Deutschlandradio mit zwei Sendern (153 kHz und 207 kHz) das gesamte Bundesgebiet Tag und Nacht mit seinem Programm in Telefonqualität versorgen.

In den Nachtstunden ist wegen ausbreitungsphysikalischer Gründe sogar eine Versorgung in ganz Mitteleuropa gewährleistet. Durch die geringe und zudem sehr statische Frequenzbelegung ist hierbei die Empfangsqualität punktuell besser als auf Mittelwelle oder Kurzwelle. Jedoch nehmen nachts auch die Störungen durch andere Stationen zu.

Auf der Sollseite stehen die enormen Sendeleistungen mit bis zu zwei Millionen Watt und die damit verbundenen Stromkosten. Der Rundfunk auf Langwelle wird seine Daseinsberechtigung haben bis der nationale Hörfunk eine flächendeckende Versorgung per UKW erreicht hat. Während wir hier die Ablösung des UKW-Systems diskutieren, gibt es also immer noch weiße Flecken auf der Versorgungskarte.

Wer aber hört Radio auf Langwelle, mag man sich fragen? Die Stereoanlagen haben meist keinen Langwellenteil mehr und einfache Radios bieten hier trotz einer „LW-Taste” kaum brauchbaren Empfang. Um so erstaunlicher, dass über Jahre hinweg ein Gemeinschaftsprojekt von RTL und dem irischen Rundfunk mit dem Titel „Atlantic 252” erfolgreich als irische Popwelle geführt wurde. Inzwischen hat der staatliche irische Rundfunk die Frequenz übernommen. Die Frage nach dem Hörerpotenzial hat natürlich seine Berechtigung. Allein in Frankreich wird die Langwelle derzeit überdurchschnittlich genutzt. Hier nehmen die Privatsender Europe 1, RMC und RTL sowie das staatliche France Inter hohe Stromrechnungen in Kauf, um das Land flächendeckend zu versorgen. Auch die Weiten Russlands werden in einigen Bereichen allein durch Langwelle abgedeckt.

Der Langwelle könnte durch eine Digitalisierung nach dem DRM-Standard zu mehr Attraktivität verholfen werden. Eine digitale Langwelle verbindet eine hohe geografische Reichweite mit deutlich besserem Klang und weniger Sendeenergiekosten.

Mittelwelle - blüht im Verborgenen

Mittelwelle - blüht im Verborgenen Mario Gongolsky

„Wir haben keine Frequenzknappheit auf UKW, wir sind nur schlecht organisiert.”

Ein provokante These, finden Sie? Mitnichten. Schon vor Jahren, als der Streit um die ersten UKW-Frequenzen für Privatradios in Deutschland geführt wurde, hatten die Niederländer eine recht patente Lösung im Gepäck. Wortprogramme, deren Klangqualität nun nicht zwingend die HiFi-Norm erreichen muss, wechselten auf Mittelwelle und schafften auf UKW Platz für Musikprogramme.

In ganz seichten Ansätzen gibt es so etwas auch in Deutschland. Die Popwellen der ARD sind normalerweise nicht auf Mittelwelle vertreten, sondern eher die wortlastigen Infowellen. Auch die Bundestagsdebatten kommen nur über die Mittelwellensender. Nur keine Quote für den staatlichen Grundversorgungsauftrag opfern, lautet die Devise. Es geht also nicht um eine geschickte Frequenznutzung, sondern nur um Hörerzahlen. Wann haben Sie die letzte Bundestagsdebatte auf Mittelwelle gehört? Na eben! Die Angst, dass der Hörer auf ein anderes Programm „zappt”, ist einfach zu groß. UKW-Hörer, so weiß man aus Nutzungsanalysen, unternehmen keine Streifzüge durch das Programmangebot. Ein Senderwechsel erfolgt nur etwa zwei Mal die Woche. Ein Hörerverlust wäre schmerzlich und möglicherweise von längerer Dauer.

Nicht gerade sinnvoll auch die Taktik, Autofahrer für Verkehrsnachrichten in voller Länge auf die Mittelwelle zu lotsen, um auf UKW den Programmablauf nicht zu stören. Schließlich sendet manche Privatwelle keine Verkehrs- nachrichten aus und erkämpft sich damit einen geringeren Nervfaktor beim „zu Hause hören”. Das Ausweichen auf Mittelwelle ist also auch hier nicht mehr als eine Schadensbegrenzung für die Quote.

Warum wollen die Infowellen, ob Privatradios oder ARD-Anstalten, nicht auf die Mittelwelle? Ganz klar, aus kommerziellen Gründen verteidigt jeder seine UKW-Frequenzen bis auf das Messer. UKW ist Hörerzahl mal Werbeeinnahme. Dass ein Angebot Nachfrage nach sich ziehen kann, davon hat man zwar schon etwas gehört, aber warum sollte man den riskanten Anfang machen. Hier wäre entgegen zahlreicher anderer Stellen eine staatliche Regulierung heilsam.

Die stiefmütterliche Behandlung der Mittelwelle erzeugt langfristig natürlich weitere Schwierigkeiten. Nach und nach verschwinden mittelwellenfähige Empfangsgeräte aus den Haushalten. Empfänger, die in der Lage sind auf Mittelwelle mehr als nur knattern und pfeifen zu liefern, sind heute schon rar geworden.

Hier hilft nur ein Blick in die Niederlande und nach Großbritannien, denn dort gibt es nach wie vor eine ganz vitale Rundfunklandschaft auf Mittelwelle. Talkradios und Special-Interest-Musikprogramme erobern ihr Publikum per Mittelwelle, um im Erfolgsfall ihr UKW-Sendernetz zu spinnen. Grandios zum Beipiel der Erfolg von „Virgin 1215” in England. Die Behörden wollten den Plattenmulti „Virgin Records” nicht auf UKW lassen. Der Sender trat seinen Siegeszug auf der vermeintlich chancenlosen Mittelwelle an und mischte die Musikredaktionen der altehrwürdigen BBC-Lokalsender auf. Heute ist Virgin aus der Radiolandschaft der Insel nicht mehr wegzudiskutieren. Mit drei Frequenzen konnte die gesamte Insel versorgt werden und die dienen auch heute noch als Füller für zahlreiche unversorgte Gebiete. Auf der Frequenz 1.215 kHz kann das Programm nachts auch in Deutschland gut empfangen werden.

Ein Musiksender auf Mittelwelle? Wie passt das zusammen?

Zugegeben, ein Klangerlebnis ist die analoge Mittelwelle nicht gerade, doch wer genießt den Stereoklang im Badezimmer, in der Küche oder im Büro? Überall wo Radio als akustischer Hintergrund genutzt wird, und dies dürfte auf 80 % der täglichen Hördauer zutreffend sein, kann auch die Mittelwelle reichen, wenn ein ordentlicher Mittelwellenempfänger dafür zur Verfügung steht.

Technische Potenziale

Schon 1993 gab es einen deutschen Vorstoß, der Mittelwelle neues Leben einzuhauchen. Analog zum RDS auf UKW sollte ein AMDS für die Mittelwelle eingeführt werden. Zu den Funktionen zählte die Anzeige des Sendernamens in Klarschrift und der automatische Wechsel auf alternative Sendefrequenzen, wenn der Empfang dort besser ist. In langen praktischen Versuchen, die übrigens durchaus erfolgreich verliefen, wurde das Verfahren geprüft und international als Standard angemeldet.

Doch weder Veranstalter noch Geräteindustrie wollten einen Marktgang wagen. Nachdem die Pläne wieder in der Schublade verschwunden waren, prognostizierten viele Fachleute, dass ein Rettungsversuch für die Mittelwelle zu spät kommen würde. Doch der UKW-Frequenzmangel und die nutzbaren Mittelwellenkapazitäten mit der damit verbundenen Agilität der Mittelwellenszene sprechen eine latent andere Sprache.

Hören Sie Mittelwelle?

Vermutlich nicht. Dann wird es Sie überraschen, dass Rundfunkveranstalter und solche, die es werden wollen, in Deutschland bei den Landesmedienanstalten inzwischen Schlange stehen, um doch noch eine Mittelwellenfrequenz zu bekommen. Im UKW-Bereich ist die Hoffnung eine Frequenz zugeteilt zu bekommen eine völlige Illusion. Die neuen, kleinen Veranstalter wollen offensichtlich das Risiko der Nichtbeachtung eingehen: Lieber auf der Mittelwelle, als gar nicht auf Sendung. Da tröstet man sich zwischenzeitlich mit dem Faktor einer höheren geografischen Reichweite und dem Ausblick, dass mit der Digitalisierung der Mittelwelle goldene Zeiten über die mutigen Mittelwellenveranstalter hereinbrechen werden.

DRM

Nun könnte die Mittelwelle doch noch in den Genuss einer technischen Komplettrenovierung kommen. Das Verfahren, das die Kurzwelle für den weltweiten Radioempfang zukunftsfähig machen soll, kann auch für eine Digitalisierung des Rundfunks auf Mittelwelle sorgen.

Die Rede ist von „Digital Radio Mondiale”, einem digitalen Hörfunkverfahren, dem wir ein eigenes Kapitel gewidmet haben. Mittelwellensignale werden ebenso wie Kurzwellensignale in Amplitudenmodulation ausgestrahlt. Der Sender- beziehungsweise Kanalabstand ist auf Mittelwelle größer als auf der Kurzwelle, was schon heute einen besseren Klang der Mittelwelle im Vergleich zur Kurzwelle ausmacht. Im Digitalverfahren dürfte dieser Klangvorsprung dann erhalten bleiben und die Mittelwelle in die Nähe des heutigen UKW-Rundfunks bringen. Zugleich werden durch die Digitalisierung des abgestrahlten Signals Sendeleistungen und damit Betriebskosten eingespart.

Bis ein solches System europaweit eingeführt ist und ausreichend viele Empfänger verkauft wurden, wird aber sicher noch sehr viel Zeit vergehen.

Mittelwellen-Prognose

Totgesagte leben länger. Die Mittelwelle ist weder tot noch überflüssig. Sie ist nicht nur eine Frequenzreserve, sondern auch ohne Digitalisierung eine durchaus leistungsfähige Alternative zum UKW-Rundfunk. Wenigstens einen ordentlichen Mittelwellenempfänger im Haushalt sollte es geben.

Auf der Suche nach einem geeigneten Empfänger wird man bei hochwertigen Kofferradios fündig. Eine Gerätegattung die nicht gerade zu den Verkaufsschlagern zählt. Markengeräte in der Preislage von etwa 50 Euro sollten hier gute Dienste leisten können. Weiter kommen Weltempfänger in Betracht, doch diese sind deutlich kostspieliger (ab 150 Euro).

Alternativ sollten sich Interessenten auf den vorhandenen (Online-)Märkten nach alten Röhrenradios umsehen. Diese Geräte wurden noch für den Mittelwellenempfang konstruiert, sind fast immer sehr günstig zu haben (5 bis 50 Euro) und funktionieren hervorragend. Oft ist ein solches Gerät auch noch ein Schmuckstück in der Wohnung und bringt durch seine Ergonomie (Beleuchtete Skala, entprechend große und passend angeordnete Drehknöpfe für Lautstärke und Sendersuche sowie dem “Magischen Auge”) auch einen Spaßfaktor beim “Radiodrehen”, also beim Sender suchen.

 

Kurzwelle - Welt ohne Schranken

Kurzwelle - Welt ohne Schranken Mario Gongolsky

Der internationale Rundfunk hat seine eigenen Wünsche und Gesetze. Hier steht die flächige Verbreitung der Programme im Vordergrund, die auch nicht auf einen Kontinent begrenzt bleibt, sondern eine globale Empfangbarkeit erfordert. Um dem Programm eines Auslandsdienstes in der ganzen Welt Gehör zu verschaffen, gibt es bislang nur ein Medium: Die Kurzwelle. Doch mehr Hörer erreicht man heute in technisch entwickelten Regionen der Welt, wenn man den Verbreitungsweg wählt, auf dem die Hörermassen auch zuhören. Damit ist keinesfalls die Kurzwelle, sondern UKW gemeint. Doch leider ist eine weltweite Versorung mit allen Aulandsdiensten per UKW nicht möglich. Tatsächlich steht der Auslandsrundfunk vor dem Dilemma, per Gießkannenprinzip auf allen Verbreitungswegen Präsenz zu zeigen. Ein schwieriges Unterfangen, welches besonders in Fällen internationaler Krisen oder gar kriegerischer Auseinandersetzungen durch die Frage kompliziert wird, wer welchen Verbreitungskanal kontrolliert.

Ein „Gatekeeper” (= Torwächter) kann direkt oder indirekt politisch erpressbar sein und sperrt schlimmstenfalls Verbreitungswege der Auslandsdienste. UKW-Wiederaustrahlungen (Rebroadcasting), Satellitenausstrahlungen, Kabelaussendungen, überall liegen Stolpersteine auf dem Weg vom Sender in das Wohnzimmer des Hörers im Zielgebiet.

Besonders der Satellit wird gerne zur Verbreitung des Auslandsrundfunks benutzt. Für ihn sprechen unter anderem auch die Kosten, denn um einen Kontinent mit einem Radioprogramm versorgen zu können, reicht unter Umständen ein einziger Transponder, während auf anderen Verbreitungsmedien ein deutlich höherer Aufwand für eine zuverlässige Flächenabdeckung betrieben werden muss. Doch politisch motivierte Empfangsverbote für Satellitenausstrahlungen im Iran, Afghanistan und Nordkorea sprechen gegen den Satelliten als Radioversorger. Auch die Wirkung eines Torwächters, wie zum Beispiel die gesperrte Übertragung des serbischen Fernsehens während der NATO-Angriffe 1999, veranlasst durch die European Broadcasting Union (EBU), bei der Serbien sogar Mitglied ist, demonstriert eindrucksvoll die Unsicherheitsfaktoren für die internationale Programmverbreitung per Satellit.

Die Kurzwelle bleibt für die weltweite Hörfunkverbreitung durch Auslandsdienste eine gänzlich unverzichtbare Technik. Weder der Satellit noch das Internet kann etwas an dieser Tatsache ändern.

Wer hat schon einen PC mit funktionierender Telefon- und Internetverbindung im Keller, um im Kriegsfall Nachrichten zu hören? Welcher Flüchtling kann in seinem Bergversteck Satellitenradio hören? Ein Radio mit Kurzwellenteil funktioniert immer und überall. Aufziehbare Dynamoradios machen sogar teure Batterien überflüssig. Viele solcher Radios wurden 1999 an Kosovoflüchtlinge verteilt. 2001 warfen die US-Militärs derartige Radios über Afghanistan ab.

Auch umgekehrt finden politische Kräfte mit Sendungsbedürfnis aus Krisengebieten in der Kurzwelle ein geeignetes Medium. Ob Freischärler in Afghanistan oder die Untergrundbewegung für eine freie Sahelzone, mit einem kleinen Laster, einigen Metern Antennendraht, irgendwo in der Wildnis versteckt gehen sie auf Sendung und sind einige hundert bis viele tausend Kilometer weit zu empfangen.

So funktioniert die Kurzwelle

Die Radiowellen des Kurzwellenspektrums sind kurz genug, um nicht einfach in Bodennähe der Erdkrümmung zu folgen, aber nicht kurz genug, um die elektrisch geladenen Schichten der oberen Erdatmosphäre zu durchdringen. Die Wellen werden vielmehr oben von der Ionosphäre und unten vom Erdboden reflektiert. Derart zwischen Ionsophäre und Boden gefangen, können sie eigentlich die ganze Welt erreichen.

Soviel zur Theorie. In der Praxis entscheiden etliche andere wichtige Einflussparameter über die Güte der Wellenübertragung auf langen interkontinentalen Funkstrecken. Zum Beispiel die Frage, ob es Tag oder Nacht ist, Sommer oder Winter, und wieviel Sonnenflecke auf mehr oder weniger starke Erruptionsvorgänge der Sonnenoberfläche hinweisen. All diese Parameter verändern die Beschaffenheit der Ionosphäre und damit ihre Fähigkeit, Radiosignale der Kurzwelle zu reflektieren.

Beim Umgang mit einem Kurzwellenempfänger stellt sich ein brauchbarer Empfang meist erst dann ein, wenn die Auswirkungen solcher Parameter überhaupt bekannt sind. Um im Sommerurlaub in Übersee also erfolgreich die Deutsche Welle empfangen zu können, muss man die Frequenzen des Sommer- und Winterfrequenzplanes kennen und abhängig von Jahres- und Tageszeit mehrere Frequenzen ausprobieren.

Viele moderne Reiseempfänger haben Standardfrequenzen der großen Auslandsdienste vorprogrammiert und suggerieren damit Empfangserfolge auf Knopfdruck, die sich in der Praxis aber nicht immer einstellen wollen. Zu kompliziert in der Handhabung, zu schlecht in der Klangqualität, Millionen von durchaus leistungsfähigen Reisekurzwellenempfängern verstauben bis zum Urlaubseinsatz unter deutschen Badehosen.

Was ist zu hören?

Rund 3.000 verschiedene Sender können physikalisch gesehen in Mitteleuropa empfangen werden. Neben den großen Auslandsdiensten wie der Deutschen Welle, der BBC, der Voice of America oder Radio France Internationale tummeln sich insgesamt knapp 200 Länder auf der Kurzwelle und versuchen sich mit ihren Programmen Gehör zu verschaffen. Über 30 Sender strahlen übrigens auch Programme in deutscher Sprache aus.

Es sind aber nicht immer die Auslandsdienste, die Menschen im 21. Jahrhundert veranlassen, sich ein Hobby aus dem Radiohören auf Kurzwelle zu machen. Ein besonderer Reiz liegt sicher in den vielen auf Kurzwelle empfangbaren Inlandsstationen. Gerade für die nationale Rundfunkversorgung spielt die Kurzwelle in großflächigen Entwicklungs- und Schwellen- ländern eine Rolle. In eigens dafür eingerichteten Frequenzabschnitten, die gerne als Tropenbänder bezeichnet werden, kann man Zeuge brasilianischer Fußballübertragungen werden oder der Musik exotischer Länder lauschen.

Bin ich ein Kurzwellenhörer?

Der analoge Kurzwellenempfang spielt im Bewußtsein der Radiohörer heute keine Rolle mehr. Zugleich entwertet sich die Kurzwelle dadurch als politisches Instrument zur Meinungsbildung in Europa. Im deutschsprachigen Raum kann man von 50.000 bis 70.000 aktiven Kurzwellenhörern ausgehen, von denen der überwiegende Teil das Kurzwellehören als Hobby betrachtet.

Die theoretische, technische Reichweite ist dabei um ein Vielfaches höher, denn ein Reisekurzwellenempfänger findet sich in den meisten Haushalten. Genutzt werden diese Geräte aber in der Tat nur während der Urlaubszeit in fremden Gefilden, um damit die Deutsche Welle zu hören, oder Meldungen zu den Bundesligaergebnisse zu empfangen. Nicht immer sind diese Versuche von Erfolg gekrönt, denn die Kurzwelle benötigt kundige und informierte Benutzer, die Frequenztabellen lesen können und verstehen, zu welcher Tageszeit welche der angegebenen Frequenzen am besten zu empfangen ist. Selbst modernste Technik schützt vor Misserfolgen nicht. Die Wellenausbreitung hat ihre Unregelmäßigkeiten. Neben der schwierigen Handhabung ist auch der Klang weit davon entfernt befriedigend zu sein.

Tatsächlich ist bei Telefonqualität auch schon der klangliche Horizont der Kurzwelle erreicht. Besonders billige Reiseempfänger bringen viele Störgeräusche zu Gehör. Pfeifen und Kratzen von benachbarten Stationen, eine stark schwankende Lautstärke mit Verzerrungen. Kurzum, der Empfang bereitet kein akustisches Vergnügen.

Diese Faktoren führen dazu, daheim den Kurzwellenempfänger sofort wieder im Kleiderschrank einstauben zu lassen. Vergessen bis zur nächsten Fernreise.

Anders hören

Die Programme auf der Kurzwelle sind in aller Regel Wortprogramme. Einen Kurzwellen- empfänger schaltet man nicht einfach ein wie ein Küchenradio. Während man den Fernseher immer mit der Absicht einschaltet, fern zu sehen, schalten viele Menschen ihr Radio ein, ohne die Absicht zu haben, sich mit dem Hören der Radiosendung zu befassen. Radio ist vielfach eine Geräuschkulisse nebenbei. Wortprogramme auf Kurzwelle erfordern jedoch einen aufmerksamen Zuhörer.

Prognose

In den weniger entwickelten und weniger wohlhabenden Regionen der Erde, spielt die Kurzwelle sehr wohl eine Rolle. Da gibt es ein Radio im Dorf, um diese auf einer Holzplatte zusammengeschraubten Einzelteile und der alten Autobatterie versammelt man sich, um wenigstens einmal Nachrichten aus der Hauptstadt hören zu können.

In den Industriestaaten pflegt man einen wesentlich - sollte man sagen - unreligiöseren Umgang mit dem Radio? Seichtes auf Knopfdruck, in bester Klangqualität. Radio als akustischer Zierrat. Auch die Hörer von Informationssendungen erwarten Programme nach ihrem Geschmack im Handumdrehen. Die knisternde Kurzwelle ist da eine antiquierte technische Wissenschaft. Etwas für Freaks oder Nostalgiker. Erst im Krisenfall (Golfkrieg, Nato-Luftangriffe auf Jugoslawien), wenn die gewohnten, komfortablen Informationskanäle zusammen zu brechen drohen, ist das Know-How der Kurzwellenhörer wieder gefragt.

Von einer zukunftsfähigen Kurzwelle erwartet der Radiohörer in Europa beim Klang zumindest Telefonqualität und eine entscheidend einfachere Handhabung, die Empfangserfolge garantiert. Nichts von alledem kann die analoge Kurzwelle heute bieten.

Doch die herkömmliche Kurzwellentechnik bleibt selbst bei Einführung eines neuen digitalen Verfahrens noch für mindestens 15 Jahre unverzichtbar. Um jeden Winkel der Welt zu erreichen, kann der Rundfunkveranstalter nicht davon ausgehen, dass die Landbevölkerung in Entwicklungsgebieten in der Lage sein wird, ein neues Radio zu kaufen, dessen Preis etwa einem Jahreseinkommen entspricht.

Der Hörfunk wird digital und macht auch vor der rauschenden und pfeifenden Kurzwelle nicht halt.

UKW - Voll bis unters Dach

UKW - Voll bis unters Dach Mario Gongolsky

Seit über 30 Jahren ist die Abkürzung UKW das Synonym für Radio. Die Ultrakurzwelle mit ihrer breiten Frequenzmodulation brachte uns Radio in Stereoqualität ins Haus. Trotz der technischen Verbesserungen im Bereich des Handlings und zusätzlichen Diensten wie RDS (= Radio Daten System) entspricht der analoge Hörfunk auf UKW keineswegs mehr den technischen Möglichkeiten eines klangstarken Rundfunkempfangs.

Qualität

Im Vergleich zur Audio-CD hat der UKW-Rundfunk wenig Übertragungsbandbreite und vor allem einen kleinen Dynamikumfang. Das Rauschen ist in leisen Musikpassagen nicht zu überhören. Auch die Stereokanaltrennung und die damit verbundene Räumlichkeit des Klangeindrucks erscheint wenig zeitgemäß. Durch die Zulassung des privaten Hörfunks in Deutschland und anderswo sind zudem die Frequenzen knapp geworden. Der Anzahl der Genehmigungsanträge für UKW-Sendefrequenzen steht kein ensprechendes Frequenzangebot gegenüber. Durch die schon heute kritische Kanalbelegung ist der mobile Empfang häufig gestört. Undichte Kabelnetze, die im gleichen Frequenzbereich ebenfalls Radioprogramme in die Haushalte führen, haben den „Wellensalat” perfekt gemacht.

Frequenzchaos

Seit über 20 Jahren gibt es auch den privaten Rundfunk in Deutschland. Die Frequenzsituation hat sich dadurch weiter verschärft. Besonders die privaten Rundfunkanbieter reiben sich an den breit ausgebauten Programmschienen der öffentlich-rechtlichen Anstalten und werfen den Medienwächtern (= Landesrundfunkanstalten) in Deutschland vor, die ARD-Radios bei der Frequenzvergabe zu bevorzugen. Ohne sich an dieser Stelle auf eine solche Diskussion einzulassen, kann doch festgehalten werden, dass die privaten Radioketten durchaus Schwierigkeiten haben, genügend Frequenzen für eine flächendeckende Versorgung zugewiesen zu bekommen. In anderen Ländern Europas ist diese Situation des Frequenzmangels durchaus noch steigerungsfähig. Geringe Bevölkerungsdichten wechseln mit großen Ballungszentren ab. Beispiel Paris: Jede Bevölkerungsgruppe könnte einen Radiosender genehmigt bekommen, wenn hinreichend Frequenzen zur Verfügung ständen. Daran ist derzeit nicht zu denken. In den ländlichen Gebieten haben selbst private Radioketten wie Energy (NRJ) oder Fun-Radio kaum Interesse an Sendekapazitäten.

Ein alternatives Hörfunksystem muss neben technisch tadellosen und wohlklingenden Empfangsmöglichkeiten vor allem Kanalkapazitäten bieten. Den Anforderungen wird der bisherige UKW-Hörfunk natürlich längst nicht mehr gerecht.

Kurieren am Symptom

So etwa könnte man die Verbesserungen in der UKW-Hörfunk-Empfangstechnik umschreiben. Die wichtigste Neuerung ist sicher das Radio-Daten-System, kurz RDS genannt. Der Nutzen von RDS liegt vor allem beim mobilen Einsatz im Auto auf der Hand. So wird der Sender mit Namen und nicht mehr als Frequenz im Display angezeigt. Zugleich liest ein RDS-UKW-Empfänger die gesamte Frequenzliste eines Programms ein und vergleicht die Frequenzen auf ihre Empfangsgüte. In der Praxis bedeutet dies, dass ein einmal eingestellter Sender im gesamten Sendegebiet empfangen werden kann, ohne nochmals per Hand nach einer besseren Frequenz suchen zu müssen.

Die weiteren Dienste des RDS, wie Radiotext mit programmbegleitenden Textinformationen, Uhrzeitinformation und dergleichen mehr, werden weit weniger beachtet. Auch dauerte es enorm lange, bis Gerätehersteller und ARD-Rundfunkanstalten diese Dienste auch wirklich anboten. Der Durchbruch kam erst in den vergangenen drei Jahren. Und nun gibt es auch im Heimbereich eine Nachfrage nach RDS-tauglichen Empfängern.

Der Textdienst, Radiotext genannt, hat im SWIFT-Datendienst eine technische Fortsetzung gefunden, doch auch hierfür mahlen die Mühlen zur praktischen Einführung zäh und langsam. Sehr langsam kommt der RDS-Dienst „TMC” (= Traffic-Message-Channel) in Gang. Dort werden die Verkehrsnachrichten in Textform abgelegt und können durch den Autofahrer jederzeit abgerufen werden. Für TMC besteht jedoch definitiv Hoffnung.

Auf der Senderseite bieten „Soundkonditioner” akustische Kosmetik. Verstärkung im Bass- und Höhenbereich für Musik, Mittenbetonung für Sprachbeiträge, oder gleiche subjektive Lautstärkepegel zwischen Werbung und Programm. Wie gesagt, oberflächliche Kosmetik, aber kaum Möglichkeiten zu einer echten Klang- oder Empfangsverbesserung.

Zukunftsaussichten

Trotz aller Unzulänglichkeiten ist im digitalen Universum derzeit kein System in der Lage, den UKW-Hörfunk abzulösen. Nur per UKW ist die Bevölkerung flächendeckend in jedem Haushalt erreichbar. Es wird noch Jahre dauern, bis sich ein alternatives System herauskristallisiert, welches das Potenzial hat, UKW in ganz Europa abzulösen. Wer also sein Geld in einen hochwertigen Tuner investiert, wird damit in den kommenden zehn Jahren ein entsprechendes Hörfunkangebot empfangen können.

Hörfunk auf neuen Wegen: Satellit

Hörfunk auf neuen Wegen: Satellit Niels Gründel

Die große Unbekannte - Hörfunk per Satellit

Die große Unbekannte - Hörfunk per Satellit Niels Gründel

Für den Fernsehempfang hat sich die Satellitenübertragung inzwischen als hervorragender Standard in den deutschen und europäischen Haushalten etabliert. Vielen Besitzern einer Satellitenempfangsanlage ist dabei gar nicht bewusst, dass damit auch ein unkomplizierter und sehr vielfältiger Radioempfang möglich ist.

Technische Grundlagen

Ein Satellit für die Ausstrahlung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen ist eigentlich nichts anderes als ein Sender mit extrem hohem Standort. Der Vorteil gegenüber allen terrestrischen Sendern ist, dass sich aus dem Orbit ein sehr viel größeres Sendegebiet abdecken lässt.

Damit ein Signal auf der Erde empfangen werden kann, muss sich der Satellit immer an derselben Stelle befinden. Andernfalls müsste man ständig die Ausrichtung seiner Satellitenempfangsantenne ändern. Geostationäre Satelliten erfüllen diese Voraussetzung. Sie befinden in einer Höhe von 36.000 Kilometern und bewegen sich synchron zur Erddrehung. Für den Betrachter am Boden scheinen sie fest an einer Position zu stehen. In dieser Umlaufbahn heben sich zudem die Anziehungskraft der Erde und die Fliehkraft des künstlichen Himmelskörpers gegeneinander auf. Andernfalls würde der Satellit auf die Erde fallen oder im Weltraum verloren gehen.

Wie beim terrestrischen werden auch beim Satellitenrundfunk die Frequenzen, aber auch die Positionen im Orbit auf internationalen Funkverwaltungskonferenzen festgelegt. So wird ein geordneter Betrieb der Satelliten gewährleistet. Deutschland hat zusammen mit weiteren sieben europäischen Ländern die Orbitposition 19° West erhalten.

Kanalnutzung

Digitaler Stereokanal in MHz Analoger Stereokanal Analoger Monokanal Stereokanal
6,12 D01
6,30 D02
6,48 D03
6,56 D04
6,84 D05
7,02 A01 A01 TV-Stereo, links
7,20 A02 A02 TV-Stereo, rechts
7,38 D11 A03 Stereo 01, links
7,56 D12 A04 Stereo 01, rechts
7,74 D06 A05 Stereo 02, links
7,92 D07 A06 Stereo 02, rechts
8,10 D08 A07 Stereo 03, links
8,28 D09 A08 Stereo 03, rechts
8,46 D10 A09

Zielgruppe und Verbreitung

Ob analog oder digital, die Rundfunkvielfalt über Satellit ist schier grenzenlos. Nur das Internet kann seinen Hörer prinzipiell noch mehr Sender bieten.
In jedem Fall ist aber für jeden Radiofreund etwas dabei: Musikprogramme mit Pop, Rock, Oldies, Techno und Klassik sowie Informations- programme und Auslandsrundfunk.

Die wichtigsten Satelliten für den Fernseh- und damit auch für den Rundfunkempfang in Deutschland sind Astra und die 13°-Ost-Hot-Birds von Eutelsat.

In Deutschland empfangen 12,9 Millionen Haushalte Satellitenrundfunk, in Österreich sind es 1,45 Millionen und in der Schweiz 610.000. Davon können rund 98 % die Astra-Satelliten empfangen.

Weiterführende Links

Astra/Eutelsat

Astra/Eutelsat Niels Gründel

Die Société Européenne des Satellites (SES) in Luxemburg ist die Betreibergesellschaft von Astra. Das Unternehmen ist heute an der Luxemburger und der Frankfurter Börse notiert. Die Gesellschaft hat 1991 den Markt für den Direktempfang von Fernsehen und Radio über Satellit in Europa mit dem Einsatz eines leistungsfähigen Satelliten eröffnet. Er konnte mit einer kleinen Parabolantenne auf dem gesamten Kontinent empfangen werden. Vier Jahre später ko-positionierte die Astra-Betreibergesellschaft erstmals Satelliten in der Orbitalposition 19,2° Ost. Seither können die Zuschauer und Hörer alle Sender, die über sämtliche Astra-Satelliten übertragen werden, mit einer einzigen fest eingestellten Parabolantenne empfangen. Das System der Ko-Positionierung von Satelliten wurde danach auch von anderen Betreibern übernommen.

Astra ist inzwischen aber nicht nur in Europa aktiv. Anteile an der asiatisch-pazifischen AsiaSat, der skandinavischen Nordic Satellite Company NSAB und der brasilianischen Star One sowie die Übernahme der US-amerikanischen GE Americom unterstreichen die internationale Ausrichtung der Europäer.

Der europäische Markt wird von SES derzeit über elf Satelliten auf den Orbitalpositionen 19,2° Ost und 28,2° Ost mit über 1.000 unterschiedlichen Fernseh- und Radioprogrammen sowie Multimedia- und Internet-Diensten versorgt. Die Reichweite beträgt 87 Millionen Haushalte in Europa.

Gegenwärtig sind drei zusätzliche Satelliten im Bau, die vor Mitte des Jahres 2002 gestartet werden sollen. Von diesen wird der Satellit Astra 3 A die dritte Orbitalposition von SES auf 23,5° Ost belegen.

Eutelsat hat sich inzwischen zu einem führenden, global tätigen Satellitenbetreiber mit Sitz in Paris entwickelt. Ursprünglich wurde die Gesellschaft im Rahmen eines breit angelegten zwischenstaatlichen Vorhabens gegründet, um die Europäer in der Raumfahrt unabhängiger zu machen. Zuvor wurde auch die Europäische Raumfahrtagentur ESA gegründet, die mit der Entwicklung der kommerziellen Ariane- Träger-Rakete beauftragt war.

Nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Regime in Mittel- und Osteuropa traten die meisten Länder dieser Region Eutelsat bei, einschließlich der großen Raumfahrtnationen Russland und Kasachstan. Die Mitgliederzahl stieg so von 26 im Jahr 1989 auf 48 im Jahr 2001. Eutelsat hat dadurch eine wirklich paneuropäische Qualität erhalten und Zugang zu allen Märkten der Mitgliedsländer. Inzwischen ist die Organisation in ein unabhängiges Unternehmen umgewandelt worden, das auch privaten Beteiligungen offensteht.

Der erste große kommerzielle Schritt von Eutelsat aber war die Entscheidung, fünf Satelliten auf 13° Ost zu positionieren. Über die so genannten Hot Birds wird seither eine breite Palette von Fernsehdiensten für den Satellitendirektempfang und die Kabelnetzeinspeisungen ausgestrahlt. Die ersten beiden Satelliten (Eutelsat II-F 1 und Eutelsat II-F 6, später umbenannt in Hot Bird 1) waren seit 1995 über 13° Ost in Betrieb. Weitere Hot Birds folgten bis 1998. Gegenwärtig erreichen diese Satelliten die Haushalte in ganz Europa, im Mittelmeerraum und im Mittleren Osten. Eutelsat verstärkt die Marktposition in Europa durch neue Satelliten und treibt auch die globale Expansion voran. In den letzten Jahren wurden von Europa, Nordafrika und vom Mittelmeerraum aus neue Märkte in ganz Afrika, großen Teilen Südostasiens und Teilen Nordamerikas erschlossen. Für die weitere Ausdehnung hat sich die französische Firma bereits mehrere Positionen im geostationären Orbit gesichert.

Im Januar 2001 wurden über die Eutelsat-Flotte mehr als 850 digitale und analoge TV-Programme sowie über 500 Hörfunksender ausgestrahlt. Nach der letzten Reichweitenuntersuchung aus dem Sommer 2000 werden über 60 Millionen Kabel- und 24 Millionen Satellitenhaushalte erreicht.

Analogradio

Analogradio Niels Gründel

Die analoge Signalverarbeitung erfolgt nach folgendem Prinzip: Ein Mikrofon setzt die von einem Ton erzeugten Schallwellen je nach Tonhöhe und Lautstärke in eine elektrische Spannung unterschiedlicher Frequenz und Größe um. Sie kann verstärkt und aufgezeichnet werden. Das Verfahren ist jedoch mit einigen Verlusten behaftet, weshalb heute innerhalb der Sendeanstalten durchweg die digitale Tonverarbeitung Einzug erhalten hat. Nur der letzte Weg zum Empfänger führt noch über eine analoge Verbreitung.

Auf einem Satelliten sind alle Frequenzen für den Radioempfang mehrdimensional: Um nun die vorhandenen Bandbreiten besser auszunutzen, werden Programme via Satellit sowohl horizontal als auch vertikal gesendet. Dadurch wird die Anzahl der Transponder (Übertragungskanäle) verdoppelt. Über jeden analogen Transponder kann ein Fernsehprogramm ausgestrahlt werden. Satelliten verwenden Frequenzen ab 11 GHz. Auf der Erde werden die vom Satelliten ausgestrahlten Frequenzen in einen niedrigeren Frequenzbereich transformiert.

Die analoge Hörfunkübertragung per Satellit erfolgt nach dem Panda-Wegener-Verfahren auf den sogenannten Tonunterträgern und zwar in einem Frequenzbereich, der für die Bildübertragung nicht genutzt wird. Er beginnt mit 7,02 MHz im 180-kHz-Raster. Für einen Stereo-Ton werden zwei Frequenzbereiche benötigt, wobei die Bereiche 7,02 und 7,20 MHz immer für den Fernseh-Begleitton reserviert sind. Es ist aber ebenso möglich, über die verschiedenen Frequenzbereiche Fernseh- Begleittöne in unterschiedlichen Sprachen zu senden. Der paneuropäische Sportsender Eurosport nutzt diese Möglichkeit seit langem.

Technisch müssen sich also auch die Radiosender mit der Funktion eines Fernseh-Begleittons begnügen. Das ist wohl einer der Gründe, warum die Radioübertragung per Satellit noch immer ein Schattendasein fristet.

Für die öffentlich-rechtlichen Anstalten hatte die Hörfunkverbreitung per Satellit von Anbeginn den Vorteil, dass sie auf diese Weise die Tonunterträger der Transponder, die sie ohnehin für die Ausstrahlung ihrer Fernsehprogramme benötigten, preiswert mitnutzen konnten. Die privaten Rundfunksender müssen die Anmietung eines einzelnen Tonunterträgers meist teuer bei den Fernsehsendern bezahlen. Für Lokalsender mit einer verhältnismäßig kleinen Zielgruppe scheidet die Satellitenverbreitung ohnehin aus. Ihr originärer Vorteil liegt ja in der Erreichbarkeit eines begrenzten Zielpublikums innerhalb enger lokaler oder regionaler Grenzen.

Der erfolgreichste Vorstoß im Bereich des analogen Radioprogrammvertriebs über Satellit ist das englische World Radio Network. Hier wurden Programme von Anbietern in verschiedenen Sprachen zusammengefasst, die sich seit 1993 kostengünstig Frequenzen und Übertragungswege teilen, auch Satelliten-Tonunterträger.

Zur Wiedergabe von analogen Radioprogrammen benötigt man lediglich einen inzwischen sehr preiswerten analogen Satellitenreceiver, der üblicherweise zum Fernsehen erworben wird. Daneben benötigt man nur noch ein Cinch-Kabel, das am Satelliten-Receiver-Ausgang und an der Stereoanlage angeschlossen wird. Doch sind fast alle Satelliten-Receiver derart umständlich in der Bedienung, dass der Fernseher einschaltet werden muss, wenn Radiosender programmiert werden sollen.

Prognose

Das analoge Satellitenradio bietet heute eine breite Auswahl europäischer Radiosender in guter Qualität. Nicht nur Unterhaltungssender, auch Informationsprogramme sind in großer Auswahl verfügbar. Das vielfältige Angebot ist leider noch immer weitgehend unbekannt. Zu Unrecht, denn selbst gute analoge Satellitenreceiver kosten kaum mehr als 100 bis 150 Euro. Den Hörfunk der Zukunft wird das analoge Satellitenradio technisch allerdings nicht mehr mitbestimmen können.

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Digitalradio

Digitalradio Niels Gründel

Die digitale Übermittlung von Radioprogrammen nutzt die Möglichkeit, die am Mikrofonausgang anliegende Spannung, die sich mit dem Ton ständig ändert, zu messen und die ermittelten Werte in einen computergerechten Datenstrom umzuwandeln, da der Datenstrom sehr unempfindlich gegenüber möglichen Störungen ist. Spannungen dagegen können durch äußere Einflüsse vielfältig gestört und geändert werden. Zudem erzeugen analoge Verstärker auch dann ein Rauschen, wenn gar keine Spannung an ihrem Eingang anliegt, also gar kein Ton übertragen wird.

Digitale Datenströme bestehen jedoch aus immensen Datenmengen und könnten unbearbeitet nur mit sehr aufwendigen und kostspieligen Verfahren gesendet und empfangen werden. Daher bedient man sich so genannter Datenreduktionsverfahren. Sie sind auf die jeweiligen Datenströme ideal abgestimmt, immer mit dem Ziel, eine möglichst hohe Komprimierung zu erreichen. So wurden die Grundlagen des heute weitverbreiteten Standards ISO MPEG 1/2 Layer II, umgangssprachlich besser bekannt unter Musicam (Masking pattern UniverSal Integrated Coding And Multiplexing), am Institut für Rundfunktechnik zusammen mit den Partnern Centre Commun d’Etudes de Télédiffusion et Télécommunications und Philips entwickelt und bei internationalen Normungsgremien wie dem Comité Consultatif de la Radiodiffusion (CCIR), dem European Telecommunications Standards Institute (ETSI) und der International Telecommunication Union (ITU) ausgiebig getestet und anschließend standardisiert. Die Entwickler nutzten für die Entwicklung die Eigenschaften des menschlichen Hörens und der Psychoakustik in Verbindung mit digitalen Codierverfahren.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass das menschliche Gehör einem nichtlinearen Empfänger für auftreffende Schallwellen gleicht. So ist das menschliche Gehör nicht in der Lage, Töne wahrzunehmen, die nicht eine gewisse Mindestlautstärke aufweisen. Leise Töne werden außerdem von lauteren Tönen überdeckt, die in einer ähnlichen Tonhöhe liegen. Auch ein lauter Ton überdeckt einen zeitlich kurz zuvor eintreffenden leisen Ton; diese Zeitspanne beträgt 1 bis 20 ms vor einem lauteren Ton und bis zu 200 ms nach einem derartigen Ton.

Da solche leisen Töne ohnehin nicht vom menschlichen Gehör wahrgenommen werden können, entfallen sie ganz aus dem Datenstrom. Letztlich kann ein qualitativ hochwertiger Datenstrom um den Faktor 7 reduziert werden, ohne dass sich ein hörbarer Klangverlust ergibt. Je nach den Anforderungen an die Qualität des Audiosignals sind auch andere Kompressionsfaktoren denkbar.

Digitaler Hörfunk wird heute sowohl von den Astra- als auch Eutelsat-Satelliten abgestrahlt. Es gibt derzeit zwei Verfahren, die beide annähernde CD-Qualität bieten: ADR und DVB.

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ADR

ADR Niels Gründel

Die Übertragung erfolgt beim Astra-Digital-Radio (ADR) nach dem internationalen Musicam-Standard mit einer Datenrate von 192 kBit/s und ist damit deutlich besser als jede analoge Radio-Übertragung. Die reduktionsbedingten Qualitätsunterschiede machen sich lediglich bei akustisch sehr hochwertigen Sendungen wie klassischer Musik oder einigen Hörspielen bemerkbar. Allerdings führen Gewitter oder andere ungünstige Empfangsbedingungen zu digitalem Knistern oder zur Funkstille, während eine analog übertragene Sendung unter diesen Bedingungen immerhin noch mit begleitendem Rauschen wiedergegeben werden.

ADR nutzt ebenso wie die analoge Übertragung per Satellit den Frequenzbereich der Tonunterträger in einem 180 kHz breiten Raster, allerdings von 6,12 MHz bis 8,46 MHz. Ein einzelner Tonunterträger kann hier schon die vollen Stereo-Informationen übertragen oder eben zwei Mono-Programme. Abzüglich der beiden reservierten analogen Tonunterträger für den Stereo-Fernsehton, verbleiben zehn Frequenzen für die Stereo-Radioübertragung. Insgesamt ist die Übertragung von rund 600 Hörfunkprogrammen möglich. Eingeführt wurde das System anlässlich der Internationalen Funkausstellung 1995 in Berlin. ADR war anfangs fast ausschließlich bei den deutschen Radiostationen beliebt. Inzwischen ist das Angebot jedoch internationaler geworden. Genutzt wird es von rund 100 Hörfunksendern.

Für den Empfang der digitalen ADR-Angebote benötigt man weder eine neue Parabolantenne noch einen neuen LNB, einen Low Noise Block Converter, der die eigentliche Antenne eines Satellitenempfängers ist und im Brennpunkt des Parabolspiegels angebracht wird. Erforderlich ist aber ein besonderer Empfänger oder ein Kombigerät für den Analog- und ADR-Empfang, wie es heute die meisten Gerätehersteller anbieten. Die Geräte sind meist anwenderfreundlich. So unterstützen sie beispielsweise eine automatische Speicherung aller verfügbaren Programme. Zusätzlich werden Informationen wie Titel und Interpret, teilweise auch Nachrichtentexte mitübertragen. Viele Geräte bieten eine Auswahlmöglichkeit nach Programmkategorien wie Klassik, Nachrichten, Pop oder Rock.

Vor dem Kauf sollten Sie beachten, dass preiswerte ADR-Receiver durch Mobiltelefone, Mobilfunkstationen und vor allem die schnurlosen DECT-Telefone (Digital Enhanced Cordless Telecommunication), allerdings nur beim Telefonieren, gestört werden können. Selbst bei hochwertigen Geräten sind derartige Ärgernisse in Einzelfällen nicht ganz auszuschließen. Insofern sollten Sie die Störfestigkeit vor dem Kauf zu Hause testen.

Die Bestückung des Einzelhandels mit ADR-Receivern ist heute gut und das System inzwischen hinreichend eingeführt.

Das Astra-Digital-Radio bietet auch die Möglichkeit, Programme codiert auszustrahlen. Diese Möglichkeit wurde vom Pay-Radio-Anbieter DMX (Digital Musik eXpress) kommerziell genutzt. Er hat werbefreie aber mit einem eigenen Verschlüsselungsstandard codierte Spartenkanäle ausgestrahlt, welche die Kunden gegen eine monatliche Abogebühr von 10 Euro empfangen konnten.

DMX konnte jedoch nicht genügend Kunden begeistern, die bereit waren, für den Radioempfang Geld zu bezahlen, und so wurde das europäische Programm in der Nacht vom 10. auf den 11. Juli 1997 abgeschaltet. In den USA besteht das System noch heute fort.

Im Sommer 1999 gab es einen Versuch, die ADR-/DMX-Empfänger der ersten Generation mit einem speziellen Radioprogramm für Arztpraxen, dem Umwelt- und Gesundheitsradio (UG-Radio), zu nutzen. Es wurde aber noch vor der durch die zuständige Landesrundfunkanstalt gesetzten Frist für den Beginn der Verschlüsselung abgeschaltet, wohl weil keine Einigung mit den Patentinhabern des DMX-Verschlüsselungsverfahrens gefunden wurde. Zuvor war das Sparten-Programm einige Zeit unverschlüsselt zu empfangen.

Prognose

Die ADR-Programme bestehen in der Gesamtheit vorwiegend aus musikorientierten Angeboten, die von der hohen Klangqualität profitieren können. ADR ist daher weit davon entfernt, ein lebendiges Abbild der europäischen Radioszene zu sein. 
Kurz, ein klangorientierter Special-Interest-Verbreitungkanal mit treuer Fangemeinde, aber kein Hörfunksystem der Zukunft, das in dem Ruf stehen könnte, einmal den Radiomarkt zu revolutionieren. Im internationalen Hörfunk mit seinen nachrichten- und wortorientierten Programmen spielt ADR keine Rolle. 

Über ADR wird es auch kein weiteres Pay-Radio mehr geben, schon weil die heutigen Geräte überhaupt kein Verschlüsselungsmodul mehr enthalten und die älteren Geräte lediglich über das des abgeschalteten DMX-Systems verfügen.

DVB-S

DVB-S Niels Gründel

Die digitale Übertragung nach dem internationalen Standard DVB (Digital Video Broadcasting), genauer MPEG 2, ermöglicht für die Übertragung der Toninformationen ein variables Mehrkanalsystem. Einzelne Tonkanäle lassen sich den Erfordernissen entsprechend variabel kombinieren, die gängige Mono- und Stereoübertragung etwa ebenso wie Sourround-Informationen für Kinoeffekte beim Fernseh-Begleitton. DVB ist wegen eines anderen Trägersignals auf der Empfängerseite zu ADR leider inkompatibel.
Eutelsat startete bereits 1995 von 13° Ost die ersten digitalen Fernsehübertragungen in Europa mit dem DVB-Standard. Astra folgte ein Jahr später.

DVB ist zwar nicht ungeeignet für die Hörfunkverbreitung, ganz im Gegenteil, aber der Schwerpunkt liegt sowohl bei den Sendeanstalten als auch bei den Satellitenbetreibern in der Übertragung von Fernsehprogrammen. Die Einführung des Digitalstandards ermöglicht höhere Übertragungskapazitäten, denn pro Transponder können jetzt fünf bis acht Programme ausgestrahlt werden, nicht mehr nur ein einziges, weil unveränderte Bildanteile nicht mehr ständig neu ausgesendet werden. Die Audio-Programme sind jedoch immer an den Anbieter des TV-Paketes gekoppelt. Einige kostenpflichtige Digital-TV-Pakete setzen auf die Nonstop-Unterhaltung mit Spartenkanälen, auch im Musikbereich. In einigen Fällen, wie dem britischen Sender XtraMusic auf Astra, werden spezielle Musikrichtungen ohne Moderation und Werbung geboten, vornehmlich aber für die kommerzielle Nutzung beispielsweise für die Unterhaltung der Kundschaft in Geschäften oder Gastronomie- betrieben. Privatpersonen kostet der Empfang rund 50 Euro pro Jahr.

Für den Empfang digitaler Satellitenangebote wird eine so genannte Set-Top-Box benötigt, in die jedoch fast immer auch ein Satellitenreceiver eingebaut ist. Set-Top-Boxen übernehmen häufig auch die Entschlüsselung codierter Pay-Angebote über einen speziellen Einschubschacht für die Decodierkarten der Betreiber an der Gerätefront, das Common-Interface (CI). Viele private Betreibergesellschaften sehen durch die preiswerten Transponderkosten auch erstmals die Möglichkeit, Geld zu verdienen, obwohl sie viele Transponder mit ihrem Angebot belegen, z. B. bei Cinema-on-Demand.

Neben einer Set-Top-Box muss auf der Empfängerseite die vorhandene Satellitenempfangsanlage möglicherweise noch mit einem Universal-LNB aufgerüstet werden, weil die digitalen Transponder in einem Bereich senden, dem sogenannten Ku-High-Band, der von älteren LNB-Einheiten nicht mehr empfangen werden kann.

Diese günstigen Übertragungskosten versprechen einen sehr hohen Verbreitungsgrad für Hörfunkprogramme.

Bereits heute sind viele Programme zu empfangen. Über Astra beispielsweise im ARD-Digital-Paket die Hörfunkprogramme hr1 plus, hr2, hr2 plus, hr XXL, Radio 3 (NDR), NDR 4 Info, Radio Bremen 2, Bayern 4 Klassik, B5 aktuell, EinsLive (WDT), WDR 2, WDR 3, WDR Radio 5, MDR Kultur, MDR Info, MDR Sputnik, MDR Life, SWR 2, Fritz!, SFB 4 Multikulti. Und im ZDF-Paket sind die Radioprogramme Deutschlandradio Berlin und Deutschlandfunk vertreten. Der österreichische Rundfunk ORF nutzt das Angebot ähnlich stark mit den Programmen Ö1, Ö Regional (Radio Wien, Radio Niederösterreich, Radio Burgenland, Radio Oberösterreich, Radio Tirol, Radio Voralberg, Radio Steiermark und Radio Kärnten), Ö3, FM4, ROI Wien. Aber auch einige Privatsender sind bereits vertreten wie etwa Antenne Bayern, Rock Antenne, Hitradio Antenne, Hundert,6 Berlin und RTL Radio.

Eutelsat bedient vor allem ein internationales Publikum mit Radioprogrammen wie Deutsche Welle, Hellenic Radio Europa 1, France Inter, France Info, Fip, France Culture, France Musique, Radio Bleue, Le Mouv, Hector, Elisa und Radio RAI.

Doch die sehr viel preiswerteren Transponderkosten bei gleichzeitig hoher Reichweite nutzen auch immer mehr kleine Radiosender ohne einen lokalen Bezug. Häufig scheitert ihre bundesweite terrestrische Verbreitung an mangelnden Frequenzen und das Zielpublikum verfügt ohnehin bereits über einen Satellitenreceiver oder ist bereit, die Investition dafür zu übernehmen.

Ein Beispiel ist das „!F. A. Z. Business-Radio” der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, das bereits am 20. November 2000 in Berlin auf Sendung gegangen ist. Wenige Monate später war das Programm bereits europaweit digital über die Hot Birds von Eutelsat zu empfangen. Der Sender bezeichnet sein Programm als „innovatives, privates Nachrichten-, Wirtschafts- und Serviceradio mit interaktiven News- und Businessprogrammen in einem 100%igen Wortformat.” Halbstündlich gibt es aktuelle Nachrichten aus Deutschland und der Welt. Dazu kommen alle 15 Minuten Live-Schaltungen, Analysen, Expertengespräche und Berichte von weltweiten Börsenplätzen. Am Wochenende werden die Hörer mit Sport, Wochenrückblicken und Diskussionsforen versorgt. Die Zielgruppe sind Führungskräfte, Meinungsmacher und anspruchsvolle Konsumenten.

Eine ähnlich ausgesuchte Zielgruppe hat das JazzRadio als Hörerschaft. JazzRadio bietet als einziger Sender in Kontinentaleuropa melodischen und klassischen Jazz, 24 Stunden am Tag. Der Sender ist ebenfalls in Berlin gestartet, allerdings schon im Jahr 1997. Zwei Jahre später konnte er bereits einen ersten kleinen Gewinn ausweisen. Laut Umfrage weist sich die Hörerschaft des Jazz-Senders als besonders gebildet und einkommensstark aus. Inzwischen ist auch das JazzRadio europaweit digital über Hot Bird 5 zu empfangen.

Prognose

Der Empfang digitaler Angebote im DVB-Standard wäre zwar prinzipiell auch heute schon in großem Stil möglich, da fast alle Programme auch digital abgestrahlt werden, doch im Jahr 2000 nutzten diese Möglichkeit lediglich 1,09 Millionen Haushalte in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Die geplante Umstellung der analogen auf eine digitale Rundfunkverbreitung in Deutschland bis 2010 gibt dem digitalen Satellitenempfang zweifellos künftig noch Auftrieb. Die benötigten Set-Top-Boxen sind aber noch immer recht teuer, so dass sich der Trend nur langsam durchsetzen wird. Aufgrund der immensen Möglichkeiten könnte sich in einigen Jahren jedoch ein ungeheures Potenzial entwickeln. Wirtschaftliche Pay-Radio-Angebote für Privatkunden sind eher unwahrscheinlich.
Die Zukunft für ADR sieht mit DVB eher düster aus, weil die neuen Set-Top-Boxen das Programmangebot nicht mehr empfangen können. Allerdings hat ADR heute die weiteste Verbreitung in der digitalen Radiowelt, und es dürfte schwierig werden, die Kunden davon abzubringen.

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DSR - gescheitert trotz optimaler Technik

DSR - gescheitert trotz optimaler Technik Niels Gründel

In Zusammenarbeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit dem Institut für Rundfunktechnik wurde das Digitale Satelliten Radio (DSR) entwickelt. Es war die erste und älteste in Deutschland verfügbare Digital-Radio-Norm.

DSR startete zur Internationalen Berliner Funkausstellung 1990 mit großem Presseaufgebot. Zu empfangen war das Angebot über den Satelliten Kopernikus 1 FM 3 auf 23,5° Ost. Mit einer Mini-Sat-Antenne von nur 19 cm Durchmesser war das DSR-Paket bis Ende 1994 zusätzlich auch noch wesentlich einfacher über den Satelliten TV-Sat-2 zu empfangen.

Über die analogen Transponder konnten parallel zu einem analogen Fernsehprogramm jeweils sechzehn Hörfunkprogramme in CD-Qualität übertragen werden. Durchgängig wurde jedoch lediglich ein DSR-Paket gesendet. Wegen der unübertroffenen Qualität bevorzugte die ARD vorwiegend ihre Klassik- und Kulturprogramme. So bildete sich eine elitäre, für ein Überleben nicht tragfähige DSR-Hörer-Gemeinde.

Zusätzliche programmbegleitende Informationen erreichten den Benutzer über ein kleines Display. Auch die Bedienung war simpel, weil den sechzehn übertragenen Programmen in einem DSR-Paket feste Tasten am Receiver zugeordnet waren. Mit dem Abstimmvorgang entfiel auch die Programmsuche. Die Lautstärke ließ sich für Sprache und Musik getrennt einstellen.

Allerdings war für den Empfang ein spezieller Receiver erforderlich. Letztlich wurden die von der Deutschen Telekom prognostizierten Gerätezahlen nicht annähernd erreicht. Das wundert kaum, wenn man bedenkt, dass auch fünf Jahre nach Einführung die Preise für einen Receiver noch zwischen 250 und 500 Euro lagen. Nach Abschaltung des Satelliten TV-Sat-2 wurden die DSR-Receiver dann zwischen 75 und 250 Euro angeboten, weil sich zeitgleich alle Hersteller aus der Geräte-Produktion zurückgezogen hatten und sich hartnäckig Gerüchte hielten, das ganze DSR-System werde schon Ende 1996 abgeschaltet. Als dann auch noch immer mehr DSR-Programme über ADR empfangen werden konnten, war es vor allem für die Hörer zunehmend uninteressant, für das kleine Angebot von nur sechzehn Programmen in einen speziellen Satelliten-Receiver zu investieren und die Satellitenempfangsanlage auf einen ansonsten uninteressanten Satelliten auszurichten. Dabei bedeutete der Umstieg auf ADR für die Hörer einen Qualitätsverlust.

Die Abschaltung des ersten deutschen Satellitenradios erfolgte kaum zehn Jahre nach Aufnahme des Betriebs, am 15. Januar 1999. Weder ADR noch DVB können jedoch mit der DSR-Übertragung mithalten.

Worldspace - Radio für die ganze Welt

Worldspace - Radio für die ganze Welt Niels Gründel

Die ungeheuren Möglichkeiten der Rundfunkverbreitung über Satellit macht sich ausgerechnet ein Unternehmen zu eigen, das über drei geostationäre Satelliten Hörfunk in Entwicklungsländer verbreiten will: WorldSpace mit Sitz in New York.

Die drei Satelliten heißen entsprechend ihren Ausleuchtzonen über Afrika AfriStar, über Mittel- und Südamerika AmeriStar und über Asien AsiaStar.
Bereits im Oktober 1998 wurde AfriStar als erster WorldSpace-Satellit im All positioniert. Er versorgt seitdem den gesamten afrikanischen Kontinent, den Nahen Osten und Teile Europas mit digitalem Rundfunk. Die drei sich teilweise überlappenden Sendestrahlen (Beams) des AfriStar decken ein Gebiet von mehr als 100 Millionen Quadratkilometern ab. Gesendet wurden von Beginn an mehr als 40 nationale und internationale Programme sowie Multimedia-Informationen. Theoretisch kann jeder Beam 96 Programme, ein Satellit damit 288 Programme abstrahlen.
Das verzerrte Rauschen der in den Entwicklungsländern weit verbreiteten Kurz- und Mittelwellensender ist damit vorbei. Ein kleines Radio mit abnehmbarer Flachantenne und integriertem Decoder genügt, damit man auch in den entlegensten Regionen eine Vielzahl von Programmen in hoher Qualität empfangen kann.
Die Grundlage der Übertragungstechnik basiert auf dem vom Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen IIS-A entwickelten Datenkompressionsverfahren MPEG 1/Layer 3, besser bekannt als MP3.

Neben Ton und Sprache können auch Standbilder und kleinformatige Videoclips gesendet und empfangen werden. Damit eröffnet das WorldSpace-System für den Fortschritt von Rundfunk und Multimedia eine Vielzahl neuer Einsatzgebiete. In Erlangen ist man stolz auf eines der größten Projekte der Fraunhofer-Gesellschaft. „Wir freuen uns, dass Technologie aus unserer Region so wichtige Beiträge zum WorldSpace-System leistet und mit einer Schlüsselkomponente vertreten ist”, so Institutsleiter Prof. Dr. Heinz Gerhäuser.

Den technischen Gegebenheiten entsprechend, kann über die Kanalnutzung die jeweilige Radiostation selbst entscheiden. Ein Programm in HiFi-Qualität mit 128 kBit/s kann in acht Mono-Programme mit jeweils 16 kBit/s oder in vier Stereo-Programme zerlegt werden. Dadurch kann ein Programmanbieter sein Angebot ideal auf die Hörer in der Zielregion abstimmen, indem er beispielsweise für manche Gebiete Informations- und Nachrichtensendungen parallel in verschiedenen Sprachen produziert und sendet.
AfriStar ist mit seinem nordwestlichen Beam aber auch in Deutschland gut zu empfangen. Die Mehrzahl der Programme wird in Englisch ausgestrahlt. Damit bietet sich jedem Afrika-Interessierten eine einfache Möglichkeit, sich aus erster Hand zu informieren. Allerdings erfordert der Empfang einen speziellen WorldSpace-Empfänger. Die Geräte ähneln einer Mischung aus Weltempfänger und kleiner Stereoanlage und enthalten eine winzige Satellitenantenne für die Ausrichtung auf AfriStar 21° Ost und ein Empfangsteil für terrestrische Sender. Auf dem Markt sind bisher Geräte von den Herstellern Hitachi, JVC, Panasonic und Sanyo. Eine aktuelle Übersicht bietet der WorldSpace-Betreiber.
Der Preis bewegt sich je nach Hersteller und Ausstattung des Gerätes zwischen 200 und 400 Euro.

Nach dem bisherigen Erfolg des WorldSpace-Projektes wollen die Betreiber nun ihre ursprüngliche Planung für die Entwicklungsländer auch auf die Industrieländer ausweiten. Im Jahr 2003 soll ein Satellit für Europa starten. Dabei sollen nicht nur bis zu 100 digitale Hörfunk-Programme verfügbar sein. Besonders für die mobile Nutzung des Dienstes denken die Entwickler an die Übertragung von sinnvollen Zusatzangeboten wie multimedialen Diensten, also begleitende Bildinformationen, Navigationshilfen, Verkehrsnachrichten und Wetterberichte.

Prognose

In Europa würde es sich bei einem WorldSpace-Satelliten um den ersten reinen Hörfunksatelliten handeln. Der Blick auf die derzeitige Akzeptanz bei den bereits verfügbaren Angeboten von Astra und Eutelsat sollte aber nicht zu allzu großer Euphorie verleiten. Vielleicht hat aber auch nur ein reiner Hörfunksatellit gefehlt, damit die Hörer dem Satellitenhörfunk wirklich eine angemessene Bedeutung zukommen lassen?

Weiterführende Links

Worldspace - Sat-Hörfunk ohne Schüssel

Worldspace - Sat-Hörfunk ohne Schüssel Harald Kuhl

Hörfunkempfang per Satellit ist derzeit noch eine Angelegenheit für das Wohnzimmer. Primär verantwortlich hierfür ist die für den Empfang notwendige Offset-, Cassegrain- oder Flachantenne, die möglichst exakt auf das zu empfangende Satellitensystem auf seiner geostationären Position auszurichten ist. Bereits eine leichte Abweichung vom Optimum sorgt bei analogen Empfangsanlagen für eine deutliche Verschlechterung des Empfangs bzw. macht diesen bei digitalen Anlagen komplett unmöglich. Zwar gibt es portable Sat-Anlagen für den Campingbereich und nachführende Spezialantennen für den mobilen Empfang beispielsweise in Bussen oder auf Schiffen, die vom Autoradio oder tragbaren Transistorradio gewohnte Mobilität erreicht der Hörfunkempfang per Satellit damit jedoch längst nicht. Mit der Einführung neuer Übertragungssysteme für den digitalen Satelliten-Hörfunk wird sich dieses Bild schon bald ändern.

Der Pionier: WorldSpace

Als 1999 WorldSpace mit seinem Satelliten AfriStar auf Sendung ging, nahm davon hier zu Lande nur eine Minderheit von Fachleuten Notiz. In der Hauptsache richtet sich das WorldSpace-System nämlich an eine Hörerschaft außerhalb der Industrienationen des Nordens. Auf der Berliner Internationalen Funkausstellung präsentierte man im Technisch Wissenschaftlichen Forum am Stand der Fraunhofer Gesellschaft dennoch erstmals neuartige Satellitenempfänger für den portablen Empfang des neuen Systems. In vielen Ländern des Südens ist es für die dortigen Hörfunkstationen kaum möglich, mit herkömmlichen Sendemitteln eine landesweite Reichweite in guter Empfangsqualität zu gewährleisten. Mit herkömmlichen Sendemitteln sind UKW-Senderketten gemeint oder ein Netz von Mittel- oder Kurzwellensendern. Kaum eine privatwirtschaftlich organisierte Sendeanstalt und nur wenige staatliche Stationen sind in der Lage, die für den Aufbau und die Wartung einer technischen Infrastruktur notwendigen finanziellen Mittel auf die Dauer aufzubringen. In Zimbabwe hatte man beispielsweise über viele Jahre hinweg versucht, die landesweite Hörfunkversorgung allein über den Aufbau eines Netzes von UKW-Sendern zu gewährleisten, während man gleichzeitig die zuvor hierfür eingesetzten und ohnehin überalterten Kurzwellensender nach und nach abschaltete. Allerdings erfordert eine landesweite UKW-Versorgung aufgrund der im Vergleich zur Mittel- und Kurzwelle geringen Reichweite ein relativ dichtes Netz von Sendeanlagen. Da sich dies auf die Dauer nicht finanzieren ließ, kehrte der staatliche Rundfunk schließlich zur Kurzwelle zurück und reaktivierte die über etliche Jahre hinweg ungenutzten Frequenzen. Mittlerweile sind jedoch auch diese wieder weitestgehend verstummt. Die inzwischen bestehende Möglichkeit, sämtliche Programme der Zimbabwe Broadcasting Corporation weltweit über das Internet zu hören, hat für die überwiegend ländliche Bevölkerung des Landes keine Relevanz, für die bereits der Kauf von Batterien für das dörfliche Transistorradio eine nicht unerhebliche Investition darstellt.

Der gebürtige Äthiopier Noah Samara, der sein Projekt 1990 in Washington startete und trotz aller Zweifler knapp zehn Jahre später mit dem Start des Satelliten AfriStar in die Praxis umsetzte, will mit WorldSpace dem Hörfunk als dem in vielen Ländern des Südens nach wie vor wichtigsten elektronischen Medium eine adäquate Plattform verschaffen. In der aktuellen Aufbauphase sind drei geostationäre Satelliten mit unterschiedlichen Zielregionen geplant: AfriStar sendet seit 1999 für den afrikanischen Kontinent und den Nahen Osten, AsiaStar wendet sich seit 2000 an den riesigen asiatischen Markt. Noch folgen soll der Satellit AmeriStar, der in Lateinamerika und der Karibik zu empfangen sein wird. Jeder dieser Satelliten verfügt über drei Beams (Richtstrahler), über die die jeweiligen Regionen mit unterschiedlichen Programmen versorgt werden können. Diese stammen von einer bunten Mischung bestehend aus nationalen und internationalen Sendeanstalten, wobei öffentlich-rechtlich und privatwirtschaftlich organisierte Anbieter ebenso vertreten sind wie staatliche. Darüber hinaus sind auch Programme vertreten, die entwicklungspolitische Ziele wie die Bekämpfung von Aids verfolgen, einem von Beginn an wichtigen Anliegen Noah Samaras. Neben frei empfangbaren Programmen sieht das System auch die Möglichkeit vor, zu weiteren Inhalten nur gegen Bezahlung Zugang zu erhalten. Über die Tastatur des Empfängers muss dann eine Schlüsselzahl eingegeben werden. Zusätzlich zu Hörfunksendungen werden auch reine Datendienste übertragen. Die Ausstrahlung erfolgt digital im MP3-Verfahren in einem Frequenzbereich mit dem Namen L-Band (1.453, 384 - 1.490,644 MHz), für dessen Empfang spezielle Empfangsgeräte notwendig sind.

Die Besonderheit des WorldSpace-Projektes besteht aber weniger in der Ausstrahlung, die sich bis hierhin nur wenig von anderen geostationären Satellitensystemen unterscheidet, sondern vielmehr auf der Empfangsseite. Denn anders als beim hierzulande verbreiteten Empfang von Satellitensystemen wie Astra oder Eutelsat ist für den Empfang der WorldSpace-Satelliten keine starr ausgerichtete Empfangsantenne notwendig. Stattdessen sind die vier Empfangsgeräte der ersten Generation mit einer ca. 10 x 10 Zentimeter kleinen Flachantenne ausgestattet, die entweder direkt am Gerät oder auch etwas abgesetzt betrieben werden kann. Zwar gestattet auch das WorldSpace-System nicht den Satellitenempfang ohne eine direkte Sichtverbindung zwischen dem Satelliten und der Empfangsantenne, jedoch ist deren Ausrichtung deutlich unkritischer als man es bisher gewohnt war. Es reicht bereits aus, die Antenne lediglich in die grobe Richtung des ausstrahlenden Satelliten zu schwenken, damit die Programme in UKW-ähnlicher Qualität empfangen werden können, teilweise sogar in Stereo. Selbst der Empfang durch die geschlossene Fensterscheibe klappt - im Gegensatz übrigens zum hierzulande verbreiteten DVB-System - in vielen Fällen problemlos. In Ländern in der Nähe des Äquators, in denen der jeweilige WorldSpace-Satellit fast senkrecht über der Empfangsantenne steht und somit kaum Hindernisse den Empfangsweg versperren, ist zudem der mobile Empfang von Satellitenhörfunk bereits heute Realität.

Bedeutung für Europa

Sie mögen sich nun fragen, ob dies alles auch eine Bedeutung für den Hörfunkempfang in Europa hat? In der Tat: Noch während der Erprobungsphase des AfriStar stellte sich heraus, dass aufgrund der höher als erwartet ausfallenden technischen Reichweite ein Teil der dort übertragenen Programme auch in weiten Teilen Europas (bis Südskandinavien) in einwandfreier Qualität gehört werden kann (Beam 1 bzw. Westbeam). Für europäische Radiohörer bietet sich auf diesem Weg eine sonst nicht bestehende Möglichkeit, lokale oder regionale Radiostationen aus Afrika und Nahost in UKW-Qualität zu empfangen, teilweise sogar in stereo. Darüber hinaus strahlen auch einige internationale Sender ihre Programme über AfriStar aus, darunter die Vollprogramme von BBC London, RFI Paris und REE Madrid. Im Rahmen der Programmpakete von World Radio Network (WRN) sind zahlreiche weitere englisch- und deutschsprachige Programme von internationalen Auslandssendern über AfriStar in einer Audioqualität zu empfangen, die bislang weder Kurzwelle noch Internet bieten können. Eine Auflistung der in Europa empfangbaren Programme findet sich im Internet und wird ständig auf dem aktuellen Stand gehalten.

Mittlerweile hat man bei WorldSpace das Potenzial erkannt und bietet nun auch europäischen Inlandssendern die Möglichkeit an, Übertragungskapazitäten anzumieten. Ein deutscher Musiksender hat das Angebot bereits angenommen, ein kirchlicher Sender aus München zögerte bei Abschluss dieses Beitrags entgegen ursprünglicher Ankündigungen noch. Sogar beim ehemaligen Seesender Radio Caroline besteht eine gewisse Chance, dass man künftig per WorldSpace ins Äthermeer zurückkehrt. Gleichzeitig sind WorldSpace-Empfänger nun auch offiziell in Europa erhältlich, nachdem diese zunächst nur auf Umwegen den Weg hierher fanden. Anfang 2001 kündigte WorldSpace sogar den Start eines eigenen Satelliten für Hörer in Europa an.

Prognose

Dass es für den Erfolg eines neuen Übertragungssystems nicht ausreicht, eine gut funktionierende Technologie zu entwickeln, wissen wir nicht erst seit dem Niedergang von DSR und den andauernden Verbreitungs- schwierigkeiten von DAB. Ein Produkt kann noch so gut sein, doch sobald sich dem Kunden dessen Mehrwert nicht erschließt oder die Endgeräte zu teuer sind, wird es problematisch. Nach dem Start des AfriStar wurden die für dessen Empfang notwendigen Empfangsgeräte zunächst in einigen Ländern Süd- und Ostafrikas angeboten, um den Markt zu testen. Ursprünglich war davon die Rede gewesen, dass für WorldSpace geeignete Empfangsgeräte nicht mehr als 100 US$ kosten würden, doch die Realität sah anders aus: Man musste kein Wirtschaftsanalyst sein, um angesichts von zunächst bei 300 US$ startenden Verkaufspreisen dem System eine schleppende Verbreitung zu prognostizieren. Insbesondere in den ländlichen Regionen kann eine solche Summe für ein Radiogerät nicht aufgebracht werden, wenn bereits der Kauf von Batterien gut überlegt sein will. Erst die seit Herbst 2001 in Indien produzierten WorldSpace-Empfänger der zweiten Generation nähern sich dem ursprünglich angestrebten Endverbraucherpreis.

Auch der Verkauf von Übertragungskapazitäten an Programmanbieter blieb bislang hinter den Erwartungen zurück, von einem ursprünglich diskutierten Ersatz der Kurzwelle kann keine Rede mehr sein. Internationalen Sendeanstalten wie beispielsweise die Deutsche Welle stehen heute vor dem Problem, dass immer neue Vertriebswege entstehen. Erreichen diese eine große potenzielle Hörerschaft, müssen sie zur Sicherung von Marktanteilen genutzt werden, ohne dass man die alten Vertriebswege einfach aufgeben kann. Neben der Kurzwelle sind heute die weltweite Ausstrahlung per Rundfunksatellit und Internet unverzichtbare Vertriebswege, die von den internationalen Sendeanstalten trotz sinkender Budgets finanziert werden müssen. Technisch noch so ausgereifte und sinnvolle Sonderlösungen wie der von WorldSpace geebnete Weg werden folglich weniger gut angenommen, sobald deren Massenwirksamkeit hinter den Erwartungen bzw. im Vergleich zu den anderen Vertriebswegen zurück bleibt. Als WorldSpace 1990 an den Start ging, waren die derzeitige Neuorientierung des internationalen Auslandsrundfunks und dessen sinkende Etats allerdings noch nicht abzusehen. Für nationale Sendeanstalten bietet die Ausstrahlung über einen der WorldSpace-Satelliten hingegen eine gute Möglichkeit, die eigene Reichweite erheblich zu steigern. Auch in vielen Ländern Afrikas ist die nationale Rundfunklandschaft in den zurückliegenden Jahren deutlich vielfältiger geworden, nachdem das staatliche Rundfunkmonopol aufgegeben wurde. Problematisch ist aber offenbar auch hier die Finanzierung der Übertragung, so dass eine regelmäßige Fluktuation der per AfriStar ausgestrahlten Programme festzustellen ist.

Wohl auch deshalb ist in jüngster Zeit bei WorldSpace ein Strategiewandel festzustellen: Neben digitalen Hörfunkdiensten werden nun auch verstärkt Datendienste ausgestrahlt. Ein Testmarkt ist zunächst das ostafrikanische Land Kenia, wo seit Sommer 2001 eine spezielle PC-Einsteckkarte angeboten wird. Über eine daran angeschlossene Flachantenne ist gegen Entrichtung einer Monatsgebühr ein spezieller Dienst namens WorldSpace Direct Media zugänglich, der neben den Hörfunkprogrammen auch den Empfang von Daten, Bildern und ausgewählten Inhalten aus dem Internet unabhängig von der lokalen Infrastruktur gestattet. Das Produkt soll bald auch in anderen Ländern Afrikas und in Indien verfügbar sein. Angesichts einer maximal möglichen Übertragungsgeschwindigkeit von 128 kBit/s ist dies sicherlich kein vollwertiger Ersatz für den herkömmlichen Datenempfang, dürfte aber für viele kommerzielle und private Kunden durchaus interessant sein. Bei WorldSpace betrachtet man diese neue Initiative übrigens nicht als Abkehr von dem Vorhaben, für einen Großteil der Weltbevölkerung auch ohne das Vorhandensein einer lokalen Infrastruktur einen Zugang zu Informationen zu schaffen. Dem mag man entgegnen, dass Computer in den Regionen noch weniger Verbreitung haben werden, in denen bereits die Anschaffung eines WorldSpace-Empfängers nicht finanzierbar ist. Die bei Redaktionsschluss jüngste Initiative umfasst eine Kooperation zwischen WorldSpace, der UNESCO und dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) zur Unterstützung humanitärer Projekte in Flüchtlingscamps in Tansania durch die Errichtung von so genannten Telezentren. Durch eine Verbesserung der Kommunikation soll unter anderem die Zusammenführung von durch Bürgerkriegswirren getrennter Familien unterstützt werden. Mittelfristig wird mit der Beteiligung weiterer UN-Organisationen gerechnet, darunter vielleicht sogar United Nations Radio.

Ob es tatsächlich zur Realisierung des angekündigten WorldSpace-Satelliten für Hörer in Europa kommt, lässt sich derzeit schwer abschätzen. Eine technisch bedingte Tatsache ist, dass ein geostationärer Satellit wie der AfriStar eine gute Lösung für den portablen oder mobilen Empfang in südlichen Breiten ist. Denn dort befindet sich der Satellit in einem hohen Erhebungswinkel (Elevation) über dem Empfänger. Je weiter man jedoch nach Norden kommt, desto flacher wird der Empfangswinkel, und desto öfters sorgen Bäume, Berge oder Gebäude für Empfangsstörungen. Nur mit Hilfe einer großen Zahl von terrestrischen Füllsendern ließe sich in Europa dieses Problem umgehen, wodurch die Systemkosten jedoch deutlich steigen würden.

Weiterführende Links

Global-Radio - DAB aus dem All

Global-Radio - DAB aus dem All Harald Kuhl

Untersuchungen der Branche bestätigen es regelmäßig: In den Industrienationen wird Radio am häufigsten im Auto gehört. Und so sind es auch die Autofahrer Europas, die sich der Luxemburger Paul Heinerscheid zur Zielgruppe seines ambitionierten Projektes auserkoren hat: Der Aufbau eines Satellitensystems namens Global Radio, über das digitale Hörfunkprogramme und Datendienste an mobile und portable Empfangsgeräte gesendet werden.

Was sich zunächst wie eine Variante von WorldSpace anhören mag, ist in Wirklichkeit doch ganz anders: Anstelle eines geostationären Satelliten mit seiner festen äquatorialen Position zur Erde und einem in Europa flachen Empfangswinkel soll Global Radio aus drei beweglichen Satelliten bestehen. Diese drei Satelliten werden in elliptischen Umlaufbahnen um den Globus kreisen und sich während des europäischen Überflugs alle acht Stunden mit ihren Übertragungen abwechseln. Auf diese Weise wird in weiten Teilen Europas ein nahezu senkrechter Sendewinkel zwischen dem umlaufenden Satelliten und dem Empfänger auf der Erde erreicht (Elevation: 70 - 90°), so dass Häuserschluchten oder bergiges Gelände den Empfang kaum beeinträchtigen können. Und bei Tunneldurchfahrten soll ein im Empfangsgerät integrierter Datenpuffer dafür sorgen, dass keine Empfangsunterbrechungen auftreten.

Die Idee ist so neu nicht und hat Vorbilder in den USA, der wohl derzeit größten Nation von Autofahrern. 2001 gingen dort mit Sirius Radio und XM Radio zwei konkurrierende Anbieter an den Start: Jeweils bis zu 100 digitale Radiokanäle werden per Satellit an mobile Empfänger ausgestrahlt. Für den Empfang der Programme wird eine monatliche Gebühr erhoben, die rund 13 US$ beträgt und von den autofahrenden Nordamerikanern ein Umdenken verlangt. Denn bisher war man es dort zwar gewohnt, für das allgegenwärtige Kabelfernsehen zu bezahlen, nicht aber für den Hörfunk. Dieser war weitestgehend kostenfrei empfangbar, abgesehen natürlich von den zu ertragenen extensiven Werbezeiten des werbefinanzierten Kommerzradios oder von den freiwillig entrichteten Mitgliedsbeiträgen für den Bürgerfunk. Und wie bei allen neuen digitalen Übertragungssystemen der Fall, muss jeweils auch ein neues Empfangsgerät angeschafft werden, um in den Genuss der digitalen Radiovielfalt aus dem Orbit zu kommen. Geeignete Autoradios, die auch für den Empfang von UKW und Mittelwelle geeignet sind, werden anfangs rund 500 US$ kosten. Eine zusätzliche Flachantenne von der Größe eines Bierdeckels fängt die digitalen Signale auf dem Autodach ein. Trotz alledem strahlen die Betreiber neben ihren Programmen auch die Zuversicht aus, dass sich der Erfolg des Pay-TV auch im Radiobereich erzielen lässt. Dass diese Zuversicht nicht ganz unbegründet ist, zeigen vereinbarte Kooperationen mit führenden Autoherstellern auf dem nordamerikanischen Markt, die ihre neuen Modelle künftig ab Werk mit einem Autoradio für eines der beiden Satelliten-Systeme ausstatten wollen. Führende Hersteller von Autoradios ziehen mit und haben bereits erste Modelle vorgestellt.

Die erst im Juni 2000 gegründete Satellitenorganisation Global Radio will bereits im Jahr 2005 ebenfalls soweit sein, den Betrieb eines solchen Systems in Europa aufzunehmen. Möglich wird ein derart enger Zeitraum nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass man sich auf im Prinzip bekannte Technologien stützen kann und nicht selbst als Entwickler tätig werden muss. So will man sich im Bereich der Übertragungstechnik zu rund 80 % an der für das terrestrische Digitalradio (DAB) verwendeten EUREKA-147-Norm orientieren, wodurch die Integration des terrestrischen und des satellitengestützten Digitalradios in einem einzigen Empfangsgerät erheblich erleichtert wird. Nur bei der Codierung will man eigene Wege gehen und die voranschreitende Weiterentwicklung durch den Einsatz einer effizienteren Variante nutzen, die trotz einer deutlich geringeren Datenrate eine ähnliche Audioqualität wie heute bereits DAB bieten soll. Bis das System steht, wird mit Anfangsinvestitionen von bis zu 1,5 Milliarden Euro gerechnet, von denen allein 800 - 900 Millionen Euro für den Aufbau der technischen Infrastruktur benötigt werden. Investoren für derartige Summen zu finden, wäre selbst in Zeiten einer Hochkonjunktur nicht einfach. Immerhin hat die Regierung Luxemburgs bereits die Zuteilung einer Sendelizenz in Aussicht gestellt, was die Argumentation gegenüber potenziellen Geldgebern erleichtert.

Programme und Telematik

Da Europa sprachlich weitaus weniger homogen ist als der nordamerikanische Bereich, muss man bei Global Radio andere Wege gehen, um ein möglichst großes Publikum adäquat mit Programmangeboten in der jeweils eigenen Sprache versorgen zu können. Hierfür wurde Europa in acht so genannte Sprachmärkte eingeteilt. An jedem Ort Europas sollen rund 70 digitale Radioprogramme empfangbar sein, wobei sich die Zusammensetzung in den unterschiedlichen Sprachmärkten unterscheiden wird. Dies wird möglich, da die von Global Radio eingesetzten Satelliten über Spotbeams (Richtstrahler) verfügen werden, mit denen sich verschiedene Regionen Europas recht gezielt versorgen lassen. Daher möchte man zunächst die großen nationalen Rundfunkanstalten für das Projekt gewinnen und an diese Übertragungskapazitäten vermieten. Ihre Programme wären im jeweiligen Zielgebiet frei empfangbar. Darüber hinaus denkt man bei Global Radio an das Angebot eines speziellen Programmpakets bestehend aus werbefreien Musik- und Informationskanälen, für dessen Nutzung eine monatliche Gebühr erhoben wird. Langfristig wäre auch die Produktion eigener Radioprogramme durch Global Radio denkbar, die frei empfangbar wären und sich durch Werbeeinblendungen finanzieren würden.

Ergänzend zur Aussendung von Radioprogrammen - und im Gegensatz zu den beiden nordamerikanischen Projekten - will Global Radio seine Satelliten auch für die Übertragung von Datendiensten nutzen. Und anders als im Falle von WorldSpace denkt man hierbei nicht an ausgewählte Inhalte aus dem Internet, sondern an den ständig an Bedeutung zunehmenden Bereich der (Verkehrs-)Telematik. So könnten in Fahrzeugen montierte Navigationssysteme quasi in Echtzeit per Satellit auf den aktuellen Stand gebracht werden, während man heute noch umständlich und in unregelmäßigen Abständen eine neue CD-ROM beschaffen muss. Autoclubs oder andere Dienstleister könnten per Satellit aktuelle Stauwarnungen und Umleitungsempfehlungen übermitteln, die man zuvor per Mobiltelefon angefordert hat. Automobilhersteller könnten Datenkanäle für Servicezwecke einsetzen. Schließlich ließe sich Global Radio auch für das Flottenmanagement einsetzen, um Standzeiten zu verkürzen. Zur raschen Verbreitung des Global- Radio-Systems sollen erneut Kooperationen mit Autoherstellern eingegangen werden, die geeignete Autoradios als Erstausstattung anbieten sollen.

Prognose

Paul Heinerscheid ist ein erfahrener Profi im Satellitenbereich und weiß ganz genau: Die Endverbraucher kaufen keine Technik, sondern Inhalte. Folglich kann ein neuer Übertragungsweg wie Global Radio nur dann zu einem Erfolg werden, wenn dieser attraktive und zuvor nicht zugängliche Programmangebote und Datendienste bietet. Zuvor ist noch die finanzielle Hürde zu nehmen, die den Bau der Satelliten, deren Verbringung in ihre Umlaufbahn, und die Errichtung einer terrestrischen Infrastruktur in Form eines Kontrollzentrums und einer Uplink-Station umfassen. Die Herstellung geeigneter Empfangstechnik ist noch das geringste Problem, da die Grundlagenarbeit bereits für DAB geleistet wurde. Hilfreich für einen möglichen Erfolg von Global Radio ist die Tatsache, dass man kein proprietäres Übertragungssystem anstrebt, sondern einen offenen Standard. Wie im Falle von DVB könnten also alle interessierten Hersteller von Empfangstechnik das Global Radio-System in ihre Geräte integrieren, mit der Folge schnell sinkender Endverbraucherpreise. Kommen beide Faktoren zusammen - ein attraktives Programmangebot und niedrige Empfängerpreise -, wäre ein Erfolg von Global Radio keine Überraschung.

Hörfunk auf neuen Wegen: Antenne

Hörfunk auf neuen Wegen: Antenne Niels Gründel

Digital Radio DAB - Die ewige Ablösung

Digital Radio DAB - Die ewige Ablösung Mario Gongolsky

Wenn von der Ablösetechnik für den herkömmlichen UKW-Rundfunk die Rede ist, fiel in den zurückliegenden Jahren immer wieder das Kürzel DAB. Mit dem Codenamen „Eureka 147” startete ein Firmenkonsortium 1987 die Entwicklung von DAB, mit dem Ziel ein digitales Hörfunksystem mit einem einheitlichen Standard in ganz Europa zu etablieren. Inzwischen hat DAB den Sprung zum Weltstandard schon geschafft. Einzig die USA halten noch an ihrem Konkurrenzsystem IBOC fest. Weltweit wurden zwei Frequenzbereiche für DAB ausgewiesen. Nun soll DAB in Europa laufen lernen.

Was man sich da etwa 1987 ausgedacht hat, ist technisch durchaus richtungsweisend. Annähernd CD-reine Klangqualität, einfachste Bedienbarkeit, optimaler, störungsfreier, mobiler Empfang und genügend Kapazität für programmbegleitende Datenanwendungen. Auch die Industrie der Gerätehersteller stieg mit in den DAB-Zug und produziert die Endgeräte nunmehr in der zweiten Generation. Während die ersten Radios an die Teilnehmer der Pilotprojekte ausgegeben wurden, sind die heutigen DAB-Empfänger frei im Handel erhältlich, wobei die Einstiegspreise für DAB-Autoradios bei derzeit 370 Euro angesiedelt sind. In etlichen Bundesländern wurde der Regelbetrieb ausgerufen und um Verwechslungen mit der Biermarke zu vermeiden, wurde das System zum Digital Radio umgetauft. Die Programme sind heute tatsächlich empfangbar. Die Senderabdeckung gleicht zwar noch einem Flickenteppich, soll aber schon ab 2003 flächendeckend entlang der Hauptverkehrsachsen sein.

Das leistet DAB

DAB erlaubt pro Senderblock die Übertragung von fünf bis sechs Hörfunkprogrammen in bester Klangqualität oder von bis zu zwanzig Programmen in einfacher Monoqualität.

Weil praktisch keine Frequenzen auf dem UKW Band mehr verfügbar sind, ist der TV Kanal 12 (223 - 230 MHz) für DAB vorgesehen. Da aber mit Sicherheit nur ein Kanal für die DAB-Zukunft nicht ausreichen wird, wurde bereits der Frequenzbereich von 1.452 – 1.467,5 MHz (L-Band) für terrestrische (z. B. Autoradio) DAB-Sendungen international reserviert.

Interessant ist die Möglichkeit für den Gleichwellenbetrieb, das heißt ein Senderblock mit seinem Programm- und Datenensemble könnte regional und überregional immer auf dem gleichen Kanal zu finden sein. Das sich ergebende Problem eines störenden Mehrwegeempfangs, der zum Beispiel in Überlappungsgebieten zwischen zwei Sendern entsteht oder durch die Reflexion von Radiowellen an Bergen oder hohen Gebäuden, wird vom DAB-Empfangssystem erkannt und ausgeglichen. Selbst in engen Häuserschluchten gewährleistet DAB somit einen klaren, störungsfreier Empfang.

Die Sendetechnik im Detail

Um Töne bis zu 20 kHz zu digitalisieren, wird nach dem Abtasttheorem eine Abstastfrequenz von mindestens 40 kHz benötigt. Um Rauschanteile des Signals unterhalb der Hörbarkeitsgrenze zu halten, ist eine Auflösung von 16 Bit notwendig. Für ein Stereokanalpaar ergibt sich hierdurch eine Abtastfrequenz von 44,1 kHz. Zwei Kanäle zu je 44.1 kHz mal 16 Bit ergibt wiederum einen Datenstrom von 1,41 Mbit/s. Um ein solches Signal zu übertragen, wäre eine Frequenzbandbreite von 1 MHz erforderlich.

Die Klangdaten werden auch bei DAB komprimiert. Hierfür wird das Musicam-Verfahren eingesetzt, inzwischen besser bekannt als MPEG 1 Layer II, einer Entwicklung des deutschen Fraunhofer-Instituts und gleichwohl die Grundlage für das Internetradio und jene Internetmusikdateien, die als MP3 für Furore sorgen. Die Datenbreite zwischen 8 kbit pro Sekunde und 192 kbit pro Sekunde und Stereokanal bezeichnet zugleich die Qualitätsstufe für den Klang. Schon mit 32 kbit/s klingt ein solches Signal wesentlich besser als Mittelwelle und etwa bei 100 kbit/s kann man getrost von CD-naher Klangqualität sprechen.

Das Quellcodierungsverfahren MPEG-1172-3 Layer II zur Datenreduktion berücksichtigt psychoakustische Phänomene der Wahrnehmung. Trotz einer 80 % geringeren Bitrate ist das komprimierte Signal akustisch nicht vom Quellsignal zu unterscheiden.

Zur Quellcodierung kommt die Kanalcodierung, die für eine störungsfreie Funkübertragung des digitalen Sendesignals sorgt. Dabei wird das COFDM-Verfahren zur Vermeidung von Datenfehlern durch Mehrwegeempfang eingesetzt.

Im Sendebetrieb spricht man von Sendeblöcken. Ein Sendeblock hat eine Mittenfrequenz und eine Gesamtbreite von 1,536 MHz auf der 1,536 Trägerfrequenzen mit kleinstmöglichem Abstand zueinander Platz finden. Auf einem solchen Block werden sechs Hörfunkprogramme übertragen.

COFDM ist ein recht breitbandiges Verfahren. Die Bruttobitrate eines DAB-Blocks liegt bei 2,4 Mbit/s, die nutzbare Signalbreite für die Musikübertragung hingegen nur 1,5 Mbit/s

Die codierten Musikquelldaten werden zusammen mit dem Fehlerschutz und den integrierten Datendiensten über einen Multiplexer zu einem Datenstrom zusammengepackt.

DAB arbeitet mit einem Gleichwellennetz. Ein Frequenzwechsel bei mobilem Empfangsbetrieb ist somit nicht erforderlich.

Datendienste

Neben der Tonübertragung finden im DAB-System auch Datenanwendungen Platz. Derartige Anwendungen können grob in programmbegleitende Datendienste und unabhängige Datenkanäle unterteilt werden. Die programmbegleitenden Daten (PAD = Programm Associated Data) beinhalten etwa das, was vom Radio-Daten-System auf UKW bereits bekannt ist, allerdings mit deutlich mehr Kapazität und Geschwindigkeit, also Musiktitel, Programmhinweise, Telefonnummern und dergleichen mehr. Die programmbegleitenden Daten sind in die Tonübertragung mit eingebunden. Bei den unabhängigen Daten (IDS) gibt es Anwendungen wie die Textübertragung von Verkehrsnachrichten, die Übermittlung von GPS-Korrekturdaten zur Fahrzeugnavigation, Personenrufdienste und elektronische Zeitungen. Diese Datendienste bekommen auf einem DAB-Kanal eine eigene Kapazitätszuweisung, sind also unabhängig vom eigentlichen Radiodatenangebot. Mit der Funktion Service-Information (SI) kann ein Rundfunkveranstalter den Hörer in die Lage versetzen, auf bestimmte Datenangebote zuzugreifen.
Radioprogramme und Datendienste zusammen bilden einen Sendeblock oder ein Ensemble.

DAB? Noch nie gehört.

Falls Sie noch niemals von DAB gehört haben, sind wir dem Hauptproblem schon auf der Spur. Ein neues Rundfunksystem kann nicht staatlich verordnet werden. Es hat sich mit seinen technischen und praktischen Vorzügen seinen Platz auf dem Markt zu erkämpfen. Die bevorzugt mit DAB-Kapazitäten gesegneten öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten scheinen nicht im Stande zu sein, das Produkt DAB zu promoten. Die Industrie informiert Händler und Messebesucher, erzeugt damit aber eigentlich kaum Außenwirkung. Die Presse ist dem Thema DAB weitgehend abgeneigt. Wenn eine Technik so wenig Publicity bekommt, ist das Thema für Publikumszeitschriften nicht weiter von Interesse. Die Händler verkaufen nur Geräte, für die eine Nachfrage besteht. Insgesamt gibt es weder in Deutschland, noch in der Schweiz, Frankreich oder Großbritannien eine wirklich koordinierte und erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit zu sehen.

Kein Interesse

Die Veranstalter sind sich einig, dass das Radio eine technische Frischzellenkur brauchen könnte. Die sehr interessierten privaten Veranstalter sind in einigen Bundesländern bei der Vergabe von DAB-Plätzen leer ausgegangen, weil der Ausbau der Senderkapazitäten schon jetzt finanziell auf schwachen Füßen steht, heißt es offiziell zur Begründung. Nach diesem politischen Laienspiel und nicht einmal 23.000 verkauften DAB-Endgeräten bis Herbst 1999 in ganz Europa, sind einige namhafte Privatrundfunkveranstalter schon auf Distanz zu DAB gegangen und setzen eher auf DVB-T als digitale Verbreitungsmöglichkeit ihrer Programme.

Nicht einmal bei den ARD-Rundfunkanstalten oder bei den Landesmedienanstalten ist ein einheitliches Vorgehen in der DAB-Einführung erkennbar. Der Hessische Rundfunk machte zum Start des DAB-Regelbetriebes Mitte 2001 in Hessen nicht mit, der Norddeutsche Rundfunk zeigte ebenso eine regelrechte DAB-Lustlosigkeit, die in der Idee einiger Bundesländer mündete, ein Moratorium für DAB bis 2003 zu erlassen. Im Süden der Republik, allen voran in Bayern, sendet man auf DAB und bewirbt dieses neue Rundfunksystem sogar. In Sachsen-Anhalt beschloss die Landesmedienanstalt bis zum 1.1.2010 ausschließlich digital senden zu wollen und herkömmliche UKW-Frequenzen sukzessiv abzuschalten.

Systemkritik?

Auf der Vermarktung von Mehrwertdiensten (Datendienste) lagen große Hoffnungen zur Teilrefinanzierung des Sendernetzes. Ob eine Vermarktung dieser Plattform im Internetzeitalter erfolgreich sein kann, darf bezweifelt werden.

Bei der zur Verfügung stehenden Frequenzkapazität und der Geschwindigkeit des Sendernetzausbaus wird DAB kurzfristig keine ausreichende Kapazität bieten können, das bisherige UKW-Rundfunkband abzubilden und zeitgleich Platz für neue Programme zu schaffen.

Ein Problem stellt aus meiner Sicht auch die mögliche Zerschneidung lokaler Kommunikationsräume dar. In Rheinland-Pfalz könnte man keine regionalen Programme aus Nordrhein-Westfalen empfangen und umgekehrt. Das System verhält sich wie man es vom Mobiltelefon her kennt: Nur wenige hundert Meter hinter der Landesgrenze wird man auf einen neuen Netzbetreiber umgebucht. Was zwischen einzelnen Bundesländern per Absprache zu lösen wäre, wird aber an Staatsgrenzen gewiss ein Problem. Keine deutschen DAB-Programme in Ostbelgien, keine belgischen DAB-Programme in der Eifel? Wird der akustische Blick über den Gartenzaun des Nachbarn mit „Digital Radio” erschwert?

Für die Veranstalter hat diese Systemeigenschaft den Vorteil, dass sie ihr Verbreitungsgebiet ganz klar umreißen können. Doch gerade im Narrowcasting-Bereich, das betrifft Sender mit einer lokalen, kleinen Zielgruppe, ist die Platzierung der Angebote zur Erlangung einer DAB-Frequenzzuweisung derzeit gefährdet. Nationale, landesweite und schließlich lokale Radioangebote durch DAB empfangbar zu machen erfordert so gesehen eine dreifache Flächenabdeckung, doch die erforderlichen Frequenzkapazitäten sind erst gar nicht in Sichtweite.

Alle technischen Probleme gelöst?

Zum DAB-Empfang benötigen Sie einen speziellen DAB-Empfänger und zumindest für L-Band-Übertragungen eine besondere Empfangsantenne. Nähere Auskünfte sollte Ihr Radiohändler liefern können. Falls nicht, hilft eine Anfrage bei den Herstellern, wie zum Beispiel Blaupunkt, Grundig oder Sony.

Für DAB ist ein Fernsehkanal bei 225 Mhz und das besagte L-Band vorgesehen. Das L-Band liegt in einem Frequenzbereich von 1,5 Ghz und somit auf einer deutlich höheren Frequenz als das bisherige UKW-Rundfunkband. Dabei sind besonders hohe Frequenzen nicht ganz unproblematisch beim Radioempfang in geschlossenen Räumen: Je höher die Sendefrequenz, desto kleiner ist die Wellenlänge. Kleine Wellenlängen neigen dazu, stärker von Mauern und Fenstern reflektiert zu werden. In der Folge werden Radiowellen in ihrer Stärke gedämpft, was den Empfang mit kleinen Teleskop- oder Drahtantennen innerhalb der Wohnung negativ beeinflusst.

Worin liegt der Anreiz, sein Radio zu wechseln?

Darüber rätseln die Verantwortlichen offenbar selbst noch. Der Empfangsbetrieb im Fahrzeug soll Lust machen, auch zu Hause auf DAB-Empfang zu wechseln. Im Auto ermöglicht DAB glasklaren Empfang ohne lästiges Sendersuchen und verspricht bestmöglichen, störungsfreien Empfang, selbst in dicht bebauten Gebieten. Die Zusatzdienste, wie zum Beispiel Stauwarnkarten und lokale Verkehrsinformationen, die das künftige DAB-Autoradio vorlesen kann, zielen auf einen Mehrwert im Auto. Dumm nur, monieren Kritiker, dass man ausgerechnet im Auto mit den Fahr- und Nebengeräuschen nur wenig von dem tollen CD-reinen Klang profitieren kann.

Worin der Reiz liegen soll, die heimische Stereoanlage auf DAB-Empfang umzustellen, ist auch den Herstellern nicht recht klar. Außer einer besseren Klangqualität können kaum Argumente ins Feld geführt werden. Ob das allerdings zum großen Durchbruch reichen wird? Die meisten Radiohörer nutzen das Radio nicht so sehr zur Befriedigung audiophiler Gelüste, sondern mehr nebenbei als Informations- und Unterhaltungsmedium.

Solche Zweifel sind auch am Gerätemarkt leicht abzulesen. Tatsächlich spielen DAB-Radios derzeit allenfalls im Segment der hochwertigen Autostereoanlagen eine Rolle, die Suche nach passenden Heimempfängern ist schwierig. Bei Sony ließ sich 2001 ein passender Tuner finden, weitere Hersteller zogen mit einzelnen Modellen nach. Die meisten Heimgeräte werden von kleinen Audioschmieden für den britischen Markt gefertigt, denn Großbritannien verfügt als einziges Land in Europa über so etwas wie einen Markt für DAB. Firmen wie TAG oder Robertson sind auf alle Fälle hierzulande nicht eben bekannt.

In die Lücke springen eher Hersteller von PC-Peripherie, wie der deutsche Soundkartenhersteller Terratec oder der Palmtop-Hersteller Psion mit seinem Wavefinder. Keine Produkte für einen breiten Markt also.

Trotzdem, eine gute, komfortable Programm- auswahl, bessere Klangqualität und sinnvolle Zusatzdatendienste können DAB sehr wohl attraktiv machen. Doch bis einfache DAB-Radios für Küche und Bad auf dem Markt sind, wenn solche Geräte überhaupt ernsthaft geplant sind, werden wohl noch etliche Jahre ins Land gehen.

Die Konkurrenz schläft nicht

Heute, wo das L-Band fest für Rundfunkaussendungen vorgesehen ist, ohne das der DAB-Markt in Europa richtig in Schwung kommt, wittern Industriekonsortien neue Marktchancen. Ausgerechnet der Satellit wird zum Erzrivalen von DAB. Worldspace und Alcatel haben einen Vertrag geschlossen, der die Einführung eines Radiosatellitensystems ab 2003 vorsieht. Dabei wird das System um bodengebundene Sendernetze ergänzt und ungenutzte DAB-Kapazitäten kämen da gerade recht. Zusammen mit dem Fraunhofer-Institut in Erlangen wird daran gearbeitet, den Empfang des Satellitensignals auch im Fahrzeugbetrieb zu ermöglichen. Während normalerweise Bäume und Brücken beim Satellitenempfang für Empfangsaussetzer sorgen würden, soll die Systemerweiterung weitgehend ausfallsichere Signalversorgung gewährleisten. Von Luxemburg aus versucht die Firma Global Radio ebenfalls ein satellitengestütztes Radiosystem aus der Taufe zu heben. Gleich drei kleine Satelliten sollen Mittel- und Osteuropa mit Radioprogrammen versorgen.

Getreu dem Motto: „Wo sich zwei streiten, freut sich der Dritte”, wird auch der Hinweis des internationalen DRM-Konsortiums lauter, dass an Stelle des DAB-Systems auch das DRM-Verfahren für UKW genutzt werden könnte. DRM soll dem AM-Rundfunk, also Lang-, Mittel- und Kurzwelle zur digitalen Renaissance verhelfen. Das System hat den Vorteil, wesentlich weniger Frequenzen zu verbrauchen als DAB. Zugleich wäre ein neuer Frequenzbereich, wie das L-Band, nicht wirklich erforderlich. Ebenfalls sinnvoll erscheint die Umsetzung eines digitalen Modulationsverfahrens für alle Wellenbereiche, würde es doch den technischen Aufwand in der Geräteproduktion deutlich reduzieren. Selbst bestehende Sendeanlagen ließen sich auf DRM-Betrieb umrüsten.

Prognose

Noch zum Start der Pilotprojekte 1995 als Ablöse des UKW-Rundfunks gefeiert, werden die Töne nun immer leiser. Dass DAB seinen Platz auf dem Markt erstreitet, halte ich bislang für unwahrscheinlich. Eine vollständige digitale Ablösung des UKW-Radios erfolgt durch DAB jedenfalls sicher nicht. So viel Dilettantismus bei der Vermarktung kann nur zu einem Totalversagen des DAB-Systems führen. Zu oft als die Radiozukunft zitiert, entpuppt sich DAB als Radioflop Nummer zwei des Digitalzeitalters und droht in die Fußstapfen des wenig rühmlich verblichenen Digitalen-Satelliten-Radio (DSR) zu treten.

Eigentlich schade, denn der DAB-Standard bietet aus heutiger Sicht alle technischen Merkmale, die an ein richtungsweisendes Rundfunksystem zu stellen sind. Es funktioniert auf verschiedenen Verbreitungswegen (Satellit, Kabel, Ätherwelle), bietet ein hohes Maß an Klangqualität, ist uneingeschränkt für den mobilen Empfang geeignet, arbeitet mit geringem Sendeenergieaufwand, bietet Mehrwertdienste, die durch unterschiedliche Sendeformate sogar noch technische Möglichkeiten zu einer Crossover-Nutzung mit dem Internet denkbar erscheinen lassen.

Hätte man 1995 den Marktstart geschafft und nicht erst mit sinnlosen Pilotprojekten Geld und Zeit verschwendet, DAB hätte schon längst Fakten in der Radiolandschaft schaffen können. Statt dessen wird das hämische Gelächter der Beobachter zu jeder Funkausstellung in Berlin lauter, wenn einmal mehr die Radiozukunft über DAB eingeläutet werden soll. Das System ist, staatlicher Regelungswut und förderaler Uneinigkeit sei Dank, technisch angestaubt, bevor der Hörer auch nur Notiz davon genommen hat.

Aus der Beobachtung der vergangenen Jahre lässt sich ablesen, dass die Konkurrenz dem Hörer schneller ein attraktives, marktfähiges Angebot machen wird. Das Resultat ist eine weitere Aufsplitterung von Verbreitungswegen. Eine Aufsplitterung, die immer höhere Kosten nach sich zieht, um den Hörer auch morgen zu erreichen.

DVB-Terrestrisch

DVB-Terrestrisch Mario Gongolsky

Wie der Name des Systems schon sagt, handelt es sich bei DVB-T um ein neues Fernsehverfahren. Die Entwicklung von DVB wird parallel zu DAB, der Norm für den digitalen Hörfunk, vorangetrieben. Daraus ergibt sich, schon bevor das eine oder andere Verfahren mit messbarem Effekt am Markt installiert ist, Streit und Lagerbildung.

Die Einführung von DVB-T ist durch einen Beschluss des Bundeskabinetts vom August 1998 festgelegt worden, wobei auch hier ein Zeitplan bis 2010 in Aussicht gestellt wird. Der Streit der Fachleute und Gremien schwelt wohl vor allem, weil die Mittel für den Sendernetzausbau DVB und DAB aus dem gleichen Topf finanziert werden sollen. Da sagen die Vertreter der DVB-Liga natürlich, dass man DAB nicht mehr benötige. Im Gefolge von fünf TV-Programmen könnte man zeitgleich noch 30 Hörfunkprogramme mit übertragen.

Doch der Reihe nach: Während DAB einen Regelbetrieb ohne Hörer ausgerufen hat, befindet man sich beim Digitalfernsehen derzeit noch in der Feldversuchsphase. Wenn die zeitlichen Maßstäbe der DAB-Entwicklung angelegt werden, ist man befürchtenswerterweise noch Jahre von einer Markteinführung entfernt.

DVB-T technisch betrachtet

DVB-T ermöglicht die Übertragung von 18 bis 24 Fernsehprogrammen je nach Region. Zusätzlich können Hörfunkprogramme mittels DVB-T transportiert werden. Als weitere Anwendung werden Mediendienste gesehen, also DVB als digitale Arbeitsplattform. Dabei wird klar an einer direkten Integration des Internet und der Mobilfunkstandards GPRS und UMTS gearbeitet.

Und tatsächlich ist die erreichbare Datengeschwindigkeit von DVB-T deutlich höher als beim Hörfunkstandard DAB. Durch die Wahl der Betriebsparameter von DVB-T kann eine nutzbare Datenrate zwischen 10 Mbit/s knapp 30 Mbit/s erzielt werden. Bei DAB sind es hingegen nur 2,4 Mbit/s.

Die Kehrseite der Medaille ist aber, dass hohe Datenraten und ein bewegter mobiler Betrieb, zum Beispiel im Auto, sich einander widersprechen. Um die Fehlerrate im Fahrzeugbetrieb in praktikable Bereiche zu lenken, sinkt die nutzbare Datenrate erheblich. DAB wurde hingegen für eine fehlerfreie mobile Nutzung entwickelt.

Fernseh- und Radiosignale unterscheiden sich dramatisch in der erforderlichen Frequenzbandbreite. So benötigt ein DVB-Satellitentransponder 27,5 MHz Bandbreite. Zum Vergleich, das gesamte UKW-Rundfunkband umfasst 20 MHz und DAB bringt auf 1,5 MHz Bandbreite immerhin sechs bis acht Hörfunkprogramme unter.

So kann man DVB-T empfangen

Zur Zeit der Drucklegung dieses Buches, sind die geplanten Settop-Boxen erst vereinzelt im Handel. Das Angebot soll sich in Kürze weiter beleben.

Den vorhandenen Fernseher soll man weiter benutzen können. Wie jede technische Innovation im Fernsehen beginnt alles mit einem „Kästchen”; das war so bei der Einführung des Zweiten Deutschen Fernsehens und auch bei der Einführung des Kabelanschlusses. Die eingebaute Antenne der Settop-Box soll die digitalen TV-Signale empfangen und in ein analoges, für den Fernseher auswertbares Signal verwandeln. Zusätzlich kann die Settop-Box auch mit der Stereoanlage verbunden werden, um Radioprogramme zu empfangen.

DVB wird kein Hörfunkrenner

Die Möglichkeit Radio zu hören gibt es ja auch schon beim analogen Satellitenempfang. Die Quote der Satellitenanlagenbesitzer, die auch Radioprogramme empfangen, liegt deutlich unterhalb von 10 %. Für den Durchschnittsnutzer sind Radio und Fernsehen zwei ganz unterschiedliche Dinge. Bis die allgegenwärtige Konvergenz der Systeme auch in den Köpfen der Hörer verankert ist, wäre DVB ein Radiovertriebsweg ohne wirtschaftlichen Wert.

Doch es gibt weitere Argumente gegen DVB als Radiomedium. So ist zum Beispiel eine Settop-Box nur ein Zwischenschritt zum digitalen DVB-Empfänger, der den analogen Fernsehapparat ablösen wird. Ein Kombinationsgerät von Digital-TV und Digital-Radio dürfte zu groß, zu schwer und keinesfalls billiger werden als getrennte digitale Empfangsgeräte. Wenn ich eine Trennung der Empfangsgeräte von Radio und Fernsehen als wahrscheinliches Szenario unterstelle, ist es faktisch ohne Bedeutung, ob Radio und Fernsehen die gleiche Sendenorm verwenden oder verschiedene.

Darüber hinaus sind die Versorgungszellen für die TV-Verbreitung in ihrem Flächenmaß erheblich größer bemessen als Versorgungszellen für den Hörfunk, der ja auch lokale und regionale Inhalte transportiert. Die Auslegung der gesamten Rundfunklandschaft in große, fernsehgerechte Versorgungsgebiete reflektiert nur sehr unzureichend die Bedürfnisse des Hörfunks, ist doch gerade der lokale Bezug des Hörfunks eine Stärke des Radios schlechthin.

Technisch ist vor allem der hohe Sendeenergieverbrauch zu kritisieren. Hier summieren sich Zellengröße, Frequenzbandbreite und die erforderliche Feldstärke für einen uneingeschränkten mobilen Empfang zu einem satten Nachteil von DVB-T als Hörfunkcarrier.

DVB-T-Zukunft

Die ersten DVB-T-Empfangsinseln entstanden in den norddeutschen Ballungsräumen: Hannover, Braunschweig, Bremen/Bremerhaven, Hamburg, Kiel/Schleswig, Berlin und Schwerin/Rostock. Ausgehend von diesen Großräumen wird das Sendernetz bis zum Jahr 2010 nach und nach weiter ausgebaut, um am Ende das analoge PAL-Sendernetz ganz zu ersetzen.

Der Norddeutsche Rundfunk hat sich klar zugunsten von DVB-T entschieden und betreibt zusammen mit der Telekom ein Sendernetz für den Pilotbetrieb. Genau der gleiche NDR verhält sich beim Ausbau des Rundfunksystems DAB zurückhaltend bis ablehnend.

Da alle ARD-Rundfunkanstalten ja ein Fernsehsignal auszustrahlen haben, macht die DVB-Vorrangpolitik Sinn, denn die Sendekosten für das digitale Fernsehen der Zukunft müssen ohnehin erbracht werden. Dafür hätte man die Gewähr einer digitalen landesweiten Verbreitung der eigenen Hörfunkprogramme inklusive. Also scheiden sich hier sogleich die Geister bei der Frage, wie die regionalen und lokalen Programme zum Hörer kommen sollen. Auch den privaten Hörfunkketten, die kein Fernsehvollprogramm zu verbreiten haben, treibt diese Entwicklung Sorgenfalten auf die Stirn.

Für eine DVB-T-Prognose ist es noch zu früh.

DRM - von global bis lokal

DRM - von global bis lokal Harald Kuhl

Neben dem UKW- Hörfunk gibt es nach wie vor ein großes analoges Hörfunkangebot in den so genannten AM-Rundfunkbereichen (Amplitudenmodulation auf Lang-, Mittel-, Kurzwelle). Allerdings wird dieses Angebot hierzulande nur noch von einer Hörerminderheit genutzt. Der Grund liegt auf der Hand: Im Zeitalter der Audio-CD und angesichts einer flächendeckenden UKW-Hörfunkversorgung möchte sich kaum noch jemand mit der oftmals geringen Audioqualität des analogen AM-Hörfunks zufrieden geben. Diese Entwicklung musste sich auch auf die Hersteller von Empfangstechnik auswirken: Viele der heute produzierten Radiogeräte sind gar nicht mehr mit AM-Frequenzbereichen ausgestattet oder erfassen allenfalls noch einen Teil davon.

Damit geht einem Großteil der Radiohörer ein bestehendes Programmangebot verloren, das im wahrsten Sinne des Wortes grenzenlos ist: Auslandssender aus bis zu 50 Ländern senden auf Kurzwelle täglich Programme in deutscher Sprache in Richtung Mitteleuropa. Die Zahl der per Kurzwelle hörbaren Fremdsprachenprogramme geht in die Hunderte. Und auf Mittel- und Langwelle sind in den Abendstunden Programme aus ganz Europa und angrenzenden Regionen vertreten. Wäre nur die Empfangsqualität besser.

Es ist Abhilfe in Sicht: Als letzte noch verbliebene analoge Bastion soll in den kommenden Jahren auch in den AM-Hörfunkbereichen eine digitale Übertragungstechnik Einzug halten und dem guten alten Dampfradio so zu neuem Glanz verhelfen. Werden die Pläne für eine Digitalisierung des AM-Hörfunks erfolgreich umgesetzt, könnte dies vergleichbare Auswirkungen haben wie in den 1950er Jahren der Übergang von der Röhre zum Transistor, als das tragbare und mit Batterien betriebene Transistorradio seinen Siegeszug um die Welt antrat.

Eine Idee gewinnt Konturen

Konkrete Bemühungen zur Gründung eines Forums mit dem Ziel der Digitalisierung des AM-Hörfunks fanden erstmals Ende 1996 mit der Gründung des europäischen Projektes NADIB (Narrow Bandwidth Digital Broadcasting) statt. Bereits im Vorfeld hatten Sendetechniker seit 1994 entsprechende Überlegungen angestellt und die Planung in Arbeitsgruppen aufgenommen, nachdem das Militär die zuvor geheim gehaltene Technologie frei gegeben hatte. Als Mitte der 1990er Jahre verschiedene digitale Satellitenprojekte (u. a. WorldSpace) aus dem Planungsstadium in eine konkretere Phase eintraten und sich als ein potenzielles Ersatzsystem insbesondere für die Mittel- und Kurzwelle präsentierten, legten die Befürworter digitaler AM-Systeme eine Entwicklungspause ein. Im Rahmen von Studien stellte sich jedoch heraus, dass es der Satellitentechnologie aufgrund der dort realisierbaren Strahlungsleistungen in absehbarer Zeit nicht gelingen würde, den terrestrischen AM-Hörfunk in seiner Gesamtheit abzulösen. Nach wie vor ist eine direkte Sichtverbindung zwischen Satellit und Empfangsantenne notwendig; Berge, Gebäude oder Bäume sorgen für Signaldämpfungen und Empfangsbeeinträchtigungen. Dies bestätigt mittlerweile auch die Praxis.

Daraufhin stieg bei Rundfunkveranstaltern und Herstellern von Sende- und Empfangstechnik erneut das Interesse an der Einführung digitaler Übertragungstechniken für Hörfunksendungen in den AM-Rundfunkbereichen. Auf der von der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) veranstalteten Weltradiokonferenz von 1997 (WRC-97) wurde eine offizielle Empfehlung ausgesprochen, die Entwicklung von frequenzsparenden terrestrischen Sendesystemen für die Abstrahlung von Hörfunksendungen unterhalb von 30 MHz durch die Nutzung digitaler Techniken künftig verstärkt zu verfolgen. Gleichzeitig wurden die noch im Raum stehenden Pläne zur weltweiten Einführung der Einseitenbandtechnologie (SSB) für den AM-Hörfunk endgültig aufgegeben.

Das Gründungstreffen des internationalen Konsortiums Digital Radio Mondiale (DRM) fand im März 1998 in der südchinesischen Wirtschaftsmetropole Guangzhou statt. China wurde als Gründungsort ausgewählt, weil sich dort nach wie vor der weltweit größte Radiomarkt befindet. In der Folgezeit arbeiteten die beteiligten Partner mit Hochdruck an der Entwicklung geeigneter digitaler Übertragungsverfahren. Anders als zuvor im Falle der europäischen NADIB-Initiative, war DRM von vornherein als ein internationales Projekt angelegt. Zu den mittlerweile rund 70 Mitgliedern aus fast 30 Ländern des Konsortiums zählen internationale und nationale Rundfunkanstalten, Medienorganisationen, Hersteller von Sendetechnik, Forschungseinrichtungen und Universitäten, Betreiber von Sendeanlagen, und führende Produzenten von Empfangsgeräten.

Globale Perspektive

Zu den wesentlichen Anliegen des DRM-Konsortiums zählte von Beginn an die Beibehaltung eines weltweit einheitlichen und frei verfügbaren technischen Standards für die Ausstrahlung und den Empfang von digitalen Rundfunksendungen unterhalb von 30 MHz. Die Entwicklung und Einführung unterschiedlicher und untereinander inkompatibler Übertragungssysteme, wie sie im Bereich des Fernsehens und insbesondere bei den diversen bislang vorgestellten digitalen Hörfunkprojekten zur Ausstrahlung auf Frequenzen oberhalb von 30 MHz bzw. per Satellit stattgefunden hat, sollte in den AM-Bereichen weitestgehend verhindert werden. Auf diese Weise wollte man den traditionell globalen Charakter des AM-Rundfunks auch künftig erhalten: Ein heute in Europa erworbenes Transistorradio versieht seinen Dienst in Asien ebenso wie in Afrika oder in Lateinamerika. Umgekehrt kann ein nordamerikanischer Auslandssender auf Kurzwelle in Europa mit jedem Weltempfänger gehört werden.

Auch trägt ein weltweit einheitliches Übertragungssystem dazu bei, die Kosten für dessen Entwicklung und Einführung auf einem möglichst geringen Niveau zu halten. Zudem ist nur im Falle einer Einigung auf einen weltweit gültigen technischen Standard die massenhafte Produktion und der anschließende Verkauf künftiger Radiogeräte zu einem für den Endverbraucher attraktiven Einzelpreis möglich. Und wie am Beispiel DAB nach wie vor zu beobachten ist, stellen zu hohe Empfängerpreise eine fast unüberwindliche Barriere für den Erfolg einer neuen Hörfunktechnologie dar, sei sie auch noch so gut.

Den grenzüberschreitenden Kurzwellenrundfunk betreffend hat DRM das Ziel eines weltweit einheitlichen Systems erreicht. Für den Hörfunk auf Mittelwelle wird es künftig hingegen wohl zwei digitale Standards geben, da die U.S.-amerikanische Radioindustrie an einer eigenen Lösung arbeitet. Dies wird sich jedoch auf die Verbreitung von DRM kaum auswirken.

Das DRM-System

Im Gegensatz zum analogen AM-Hörfunksignal mit seinem einzelnen Träger und den beiden Seitenbändern, handelt es sich bei DRM um ein Mehrträgerverfahren. Genauer: Ein DRM-Signal setzt sich aus rund 200 Einzelträgern zusammen, die gemeinsam die ausgesendete (Audio-)Information enthalten. Selbst wenn mehrere dieser Träger gestört werden sollten, ist das Signal weiterhin robust genug für eine störungsfreie Übertragung. DRM stehen drei verschiedene Systeme für die Quellcodierung zur Verfügung: MPEG-4 AAC (Advanced Audio Coding) mit einem robusten Fehlerschutz für Audioübertragungen in mono und stereo; MPEG-4 CELP (Code Excited Linear Prediction) für die Codierung von Sprachsendungen in mono mit einem robusten Fehlerschutz; das Sprachcodierungssystem HVXC (Harmonic Vector Exitation Coding) für die Ausstrahlung mehrerer Sprachprogramme gleichzeitig auf einer Frequenz oder eines Nachrichtenkanals parallel zum Hauptprogramm. Die mit MPEG-4 AAC und MPEG-4 CELP erzielbare Audioqualität kann mit Hilfe eines spektralen Banderweiterungsverfahrens (Spectral Band Replication - SBR) selbst bei niedrigen Bitraten von bis zu 24 kbit/s auf die nahezu volle Audiobandbreite erweitert werden: Während man früher lediglich eine Audiobandbreite von maximal 4,5 kHz je Seitenband in einem AM-Sendekanal (HF) unterbringen konnte, gelingt mit Hilfe dieser digitalen Technologie eine Audiobandbreite von nun bis zu 15,2 kHz pro Sendekanal (HF). Dies entspricht dem Unterschied zwischen Telefon- und UKW-Mono-Qualität. Die höchste mit dem DRM-Verfahren erreichbare Netto-Bitrate für Audioübertragungen beträgt 24 kbit/s in einem 9 oder 10 kHz-Kanal. Dieser Wert wird allerdings in der Praxis nicht immer erreicht, da er in Abhängigkeit des benötigten Fehlerschutzes, der verfügbaren Bandbreite und der Fehlerkorrektur nach unten variiert. Letzteres betrifft hauptsächlich die Ausstrahlung auf Kurzwelle, bei der es im Fernbereich häufiger zu Beeinträchtigungen der Signalqualität kommen kann.

DRM bietet auch die speziell für Mittelwelle interessante Möglichkeit des Simulcast-Betriebs, also die Nutzung nur einer Frequenz durch mehrere Sender an verschiedenen Standorten, die das gleiche Programm ausstrahlen. Beim analogen AM-Hörfunk würde dies zu starken gegenseitigen Beeinträchtigungen führen, so dass die Verwendung verschiedener Frequenzen notwendig ist, selbst wenn über diese ein identisches Programm ausgestrahlt wird. Als Modulationsverfahren wird Quadratur-Amplituden-Modulation (QAM) von 16 und 64 QAM eingesetzt, wobei auch QPSK-Modulation (Quadratur Phase Shift Keying) möglich ist.

Durch die Einhaltung der bisher geltenden ITU-Vorgaben bezüglich Frequenzbereich, Kanalraster und Schutzabstände sind durch die Einführung von DRM keine zusätzlichen Frequenzkoordinationen notwendig, so dass unmittelbar nach Freigabe des Systems ein fließender Übergang von der analogen zur digitalen Ausstrahlung möglich ist. Zudem können viele der bisherigen Sender für die Abstrahlung von DRM-Signalen modifiziert und damit weiterhin verwendet werden. Gleiches gilt für die Antennenanlagen.

Argumente für DRM

Weltweit gibt es derzeit rund 12.000 Lang- und Mittelwellensender sowie zahlreiche Kurzwellensender niedriger Leistung für die Inlandsversorgung. Zudem werden allein für Hörer in Europa täglich 4.000 - 6.000 Programmstunden von internationalen Sendern auf Kurzwelle ausgestrahlt. Die BBC schätzt ihre weltweite Hörerschaft auf 150 Millionen Menschen wöchentlich (davon 80 % auf Kurzwelle), gefolgt von der Voice of America mit 80 Millionen und der Deutschen Welle mit 28 Millionen Hörern. Es ist also bereits eine immense Hörerzahl für schon bestehende Programminhalte vorhanden, die sich die internationalen Sendeanstalten durch einen baldigen Umstieg auf DRM erhalten möchten.

Für den Radiohörer steht die gegenüber den heutigen analogen Übertragungen wesentlich verbesserte Empfangs- und Audioqualität an erster Stelle der von DRM gebotenen Vorteile. Wie im Rahmen von Feldtests nachgewiesen werden konnte, ist die mit DRM erzielbare Audioqualität durchaus vergleichbar mit UKW-Hörfunk in mono. Die Empfangsqualität wird sogar besser sein als bei UKW, da es sich bei DRM um ein robustes Mehrträgerverfahren handelt. Darüber hinaus haben sich digitale Signale als deutlich unempfindlicher gegenüber den stetig zunehmenden elektromagnetischen Störungen erwiesen. Insbesondere der Empfang auf Lang- und Mittelwelle wird heute vielerorts durch Störsignale von industriellen Anlagen oder durch ungenügend abgeschirmte Computer oder gar Geräte der Unterhaltungselektronik (z.B. Schaltnetzteile von Sat-Empfängern) mitunter empfindlich beeinträchtigt.

Ein wichtiger Effekt für die Programmanbieter ist die deutliche Reduzierung der für die digitale Ausstrahlung anfallenden Energiekosten: Digitale Sendesysteme gehen sehr viel sparsamer mit Sendeenergie um: Mit nur 25 % der heute für analoge Ausstrahlungen aus dem Stromnetz entnommenen Energie erzielt DRM die gleiche Reichweite, was langfristig zu einer Entlastung der in vielen Sendeanstalten angespannten Haushaltslage beitragen wird. Die anfänglich notwendigen Investitionen in neue digitale Sender bzw. in die Erweiterung bestehender Sendeanlagen refinanzieren sich somit im Laufe der Zeit über eingesparte Energiekosten.

Durch eine Teilung des DRM-Datenstroms besteht die Möglichkeit, durchgängig oder zu bestimmten Zeiten beispielsweise auf einer Mittelwellenfrequenz gleichzeitig in zwei unterschiedlichen Sprachen zu senden, einer angesichts der in Europa voranschreitenden Entstehung von Regionen insbesondere im grenznahen Bereich interessanten Option. Bis zu einem gewissen Grad ist zudem die Reichweite einer Ausstrahlung steuerbar: Soll diese gesteigert werden, so lässt sich die Übertragung bei etwas herabgesetzter Audioqualität robuster gestalten, was insbesondere im Falle von Ausstrahlungen im Kurzwellenbereich häufig wünschenswert ist.

Unter dem Strich verspricht das DRM-System aus sendetechnischer Sicht eine Reihe von Vorteilen, die die Eigenheiten der analogen Lang-, Mittel- und Kurzwelle (Signalschwankungen, Verzerrungen, Störungen) abstellen werden. Gleichzeitig wird der größte Vorteil der AM-Rundfunkbereiche beibehalten: Die Versorgung ausgedehnter Gebiete und die Überbrückung großer Distanzen mit nur einem Sender.

Perspektive Inlandsrundfunk

Dass in den Hörfunkanstalten das künftige Potenzial von DRM auch für den inländischen Bereich bereits erkannt wurde, ist unter anderem an der hierzulande mittlerweile erheblich gestiegenen Nachfrage nach Mittelwellenfrequenzen zu erkennen. In den zurückliegenden Jahren waren in Deutschland eine ganze Reihe von Mittelwellensendern stillgelegt worden, nicht zuletzt aufgrund der für die Ausstrahlung anfallenden hohen Betriebskosten und der niedrigen Hörerzahlen. Wenn diese Frequenzen nun von den zuständigen Landesrundfunkanstalten zur Neuvergabe ausgeschrieben werden, ist die Liste der Interessenten regelmäßig lang. Denn wer sich heute eine AM-Frequenz auf Lang- oder Mittelwelle sichern kann, könnte in einigen Jahren zu den Vorreitern einer neuen Radioära gehören.

Auch für den lokalen Hörfunk bietet DRM eine Reihe interessanter Optionen. Über Mittelwellensender geringer Leistung und Reichweite eröffnen sich künftig neue Möglichkeiten für Lokalradios, die zuvor angesichts eines vielerorts überfüllten UKW-Hörfunkbereichs kaum eine Chance auf Zuteilung einer Sendefrequenz hatten. Aufgrund der durch die Einführung von DRM verbesserten Audioqualität könnte die Zahl solcher Lokalsender im Mittelwellenbereich merklich ansteigen und zur Entwicklung einer neuen Bürgerfunkkultur beitragen, auch im Rahmen des so genannten Veranstaltungsfunks. Ähnliche Überlegungen bestehen für den Frequenzbereich um 26 MHz am oberen Ende der Kurzwelle: Das dortige 11-m-Rundfunkband wird von internationalen Auslandssendern nur noch sporadisch genutzt und liegt daher weitestgehend brach. Nach einer Freigabe durch die nationalen Regulierungsbehörden könnte der Frequenzbereich künftig durch den Einsatz von DRM-Sendern geringer Reichweite auch für den lokalen Hörfunk eingesetzt werden, auf Wunsch sogar in stereo.

Trotz dieses möglichen Einsatzes für den Inlandsrundfunk betonen DRM-Verantwortliche ausdrücklich, dass man DRM keinesfalls in Konkurrenz zu DAB sieht. Vielmehr würden sich DRM und DAB bei der Digitalisierung des Hörfunks in geradezu idealer Weise ergänzen.

DRM-Empfänger

Die Einführung neuer Übertragungstechnologien erfordert immer auch die Anschaffung neuer Empfangsgeräte bzw. von Zusatzgeräten zur externen Signaldecodierung, damit die übermittelten Inhalte dem Rundfunkteilnehmer auch tatsächlich zugänglich sind. Beispielsweise wird für DAB-Empfang ein entsprechendes Autoradio benötigt, während für den Empfang des digitalen Satellitenrundfunks eine so genannte Settop-Box dient, die zwischen der Satellitenantenne und dem Fernseher bzw. der HiFi-Anlage geschaltet wird. Auch für den Empfang künftiger DRM-Aussendungen auf Lang-, Mittel- und Kurzwelle ist die Anschaffung eines neuen Empfangsgerätes unvermeidbar.

Zur Unterstützung einer raschenVerbreitung des DRM-Systems auch auf Seiten der Radiohörer verfolgt DRM mehrere Strategien: Bereits vor der offiziellen Einführung von DRM auf Kurzwelle, die für das Jahr 2003 während einer Weltradiokonferenz (WRC-2003; die Freigabe für Lang- und Mittelwelle soll im Rahmen von Regionalkonferenzen erfolgen) vorgesehen ist, soll an private Interessenten eine Softwarelösung abgegeben werden. Diese Software wird in der Lage sein, die DRM-Signale in einem modernen Multimedia-PC zu decodieren und in hörbare Radioprogramme umzuwandeln. Die zu decodierenden DRM-Signale werden von einem herkömmlichen Kommunikationsempfänger für analoge Lang-, Mittel- und Kurzwelle zur Verfügung gestellt und dem PC über dessen Soundkarte zugeführt. Das Empfangsgerät bedarf dabei einer technischen Modifikation, damit das DRM-Signal in der benötigten Bandbreite verfügbar ist. Mit dieser Lösung, die sich hauptsächlich an technisch interessierte Anwender mit entsprechender Ausrüstung wendet, werden die für das Jahr 2002 angekündigten DRM-Pilotsendungen bereits decodierbar sein. Stellt man heute mit einem herkömmlichen Empfangsgerät die Frequenz einer DRM-Testsendung ein, so hört man dort lediglich ein intensives Rauschen. Die für die Decodierung von DRM-Signalen notwendige Software sowie eine Anleitung zur Modifikation des Empfängers sollen über das Internet vertrieben werden. Nähere Informationen darüber werden sobald diese verfügbar sind unter www.drm.org bekannt gegeben.

Für eine allgemeine Einführung von DRM sind derartige Sonderlösung jedoch kaum geeignet. Es werden vielmehr einfach zu bedienende Komplettlösungen benötigt, die sich hinsichtlich ihrer Bedienung nicht wesentlich von herkömmlichen Radiogeräten unterscheiden. Und da man offenbar aus den Fehlern gelernt hat, die bei der Einführung von DAB auftraten, sollen künftige DRM-Empfänger weder deutlich teurer sein als bisherige Radiogeräte, noch soll man lange nach ihnen in den Fachgeschäften suchen müssen. Konkret bedeutet dies, dass ein DRM-taugliches Empfangsgerät den Endverbraucher im Vergleich zur herkömmlichen Technik rund 50 Euro mehr kosten soll. Da auch einige bedeutende Hersteller von Weltempfängern zu den Mitgliedern des DRM-Konsortiums zählen, stehen die Chancen auf eine Einhaltung dieser Ankündigung gar nicht schlecht. Bei den ersten Geräten wird es sich um Allbandempfänger handeln, die neben DRM auch weiterhin die analogen Übertragungen empfangen. Im Gegensatz zu DAB will man sich bei DRM von Beginn an nicht auf die Unterstützung bestimmter Gerätearten beschränken, es wird also portable, mobile und stationäre Empfänger geben.

Für Hersteller und Handel bietet ein sich künftig entwickelnder DRM-Empfängermarkt ein gewaltiges Potenzial: Geschätzte weltweit 2,5 Milliarden Empfangsgeräte, davon rund 700 Millionen mit Kurzwellenbereich, könnten langfristig gegen DRM-taugliche Modelle ausgetauscht werden. Erste Empfangsgeräte im Hochpreissegment werden für das Jahr 2003 zur Internationalen Funkausstellung erwartet. Ein Jahr später sollen bereits Billigversionen mit eingebauten DRM-Chipsätzen den weltweiten Markt erobern.
Zusatzdienste

Neben einer verbesserten Empfangs- und Audioqualität bietet DRM eine Reihe weiterer Möglichkeiten, die vor allem die Praxis des internationalen Radioempfangs erleichtern. Dies betrifft insbesondere das Auffinden eines bestimmten Hörfunksenders auf Kurzwelle: Während man heute noch dessen Sendefrequenz kennen muss, damit man diese manuell über eine Tastatur dem Gerät mitteilt, reicht künftig die Eingabe einer kurzen Senderkennung (z. B. DWD für „Deutsche Welle, deutsches Programm“ oder BBCE für „BBC World Service, englisches Programm“). Der DRM-Empfänger sucht daraufhin selbst nach der Frequenz, die am jeweiligen Standort die beste Signalqualität für das gewünschte Programm bietet. Gleichzeitig werden im Hintergrund über den DRM-Datenstrom empfangene Informationen über weitere Frequenzen gespeichert, auf denen dieses Programm ebenfalls ausgestrahlt wird. Verschlechtert sich die Empfangsqualität auf der aktuell von der Automatik des Empfängers eingestellten Frequenz, wechselt diese umgehend auf einen anderen Kanal mit besserer Signalqualität. Auf diese Weise sorgt das System selbst für optimale Empfangsergebnisse, ohne dass hierfür manuelle Bedienvorgänge notwendig sind oder wie bisher Alternativfrequenzen auswendig gelernt und eingegeben werden müssen. Damit werden für eine effektive Nutzung des Mediums Kurzwelle künftig weniger Spezialkenntnisse verlangt.

Zusätzlich zu Audio- und Frequenzdaten können weitere Informationen über den DRM-Datenstrom an das Empfangsgerät übermittelt werden. Hierzu zählen programmbegleitende Texte wie Programmhinweise, Musiktitel, Verkehrs-, Wetter- und Wirtschaftsinformationen. Diese werden intern gespeichert und stehen auf Knopfdruck für die Wiedergabe auf einem Display bereit. Ein Großteil dieser Zusatzdienste ist bereits vom analogen UKW-Hörfunk bekannt und finden sich nun bei DRM wieder. Denkbar wären neben kostenlosen auch kostenpflichtige Informationsdienste für spezielle Anwendungen. Selbst Bilder könnten auf diesem Weg in den Speicher des DRM-Empfängers übertragen werden.

Prognose

Der angestrebte Zeitrahmen für die weltweite Verbreitung von DRM wird von Mitgliedern des Konsortiums mit 15 - 20 Jahren angegeben. Während dieser Zeitspanne wird es in den heutigen AM-Hörfunkbereichen neben den digitalen auch weiterhin analoge Ausstrahlungen geben, so dass die heute verbreiteten analogen AM-Empfänger ihren Nutzwert keinesfalls von heute auf morgen verlieren werden. Angestrebt wird ein sanfter Übergang von der alten auf die neue Technik. Es ist kaum damit zu rechnen, dass innerhalb weniger Jahre sämtliche Betreiber von analogen AM-Sendeanlagen auf DRM umstellen. Dagegen spricht einerseits die in vielen Sendeanstalten angespannte Haushaltslage, wodurch Investitionen erschwert werden. Andererseits lassen sich gar nicht alle Sendeanlagen für die neue Technik ohne weiteres umrüsten. Zudem müssen insbesondere die internationalen Sendeanstalten darauf achten, dass diese nicht durch einen überstürzten Umstieg auf digitale Ausstrahlungen einen Großteil ihres Hörerstamms einbüßen. Speziell außerhalb der Industrienationen ist kaum mit einer raschen Verbreitung von DRM-tauglichen Empfangsgeräten zu rechnen, da dort oftmals die Kaufkraft fehlt (siehe das Beispiel WorldSpace). Es wird also für Auslandssender wie die Deutsche Welle notwendig sein, über einen längeren Zeitraum hinweg gleichzeitig analog und digital auszustrahlen, um die bisherige Hörerschaft auch weiterhin zu erreichen. Wahrscheinlich ist ein je nach Zielgebiet unterschiedlicher Zeitrahmen für die Umstellung der Kurzwellenausstrahlungen von analog auf digital.

Anders stellt sich die Situation in solchen Ländern dar, in denen Lang-, Mittel- und Kurzwelle aufgrund einer flächendeckenden Versorgung mit UKW-Hörfunk und einer vielfältigen Medienlandschaft ohnehin nur noch wenig genutzt werden. Dort wird die Digitalisierung der AM-Hörfunkbereiche und die damit verbundene Steigerung der Audioqualität nicht zuletzt angesichts knapper UKW-Frequenzen eine deutliche Wiederbelebung dieser Wellenbereiche für die Inlandsversorgung auslösen. Speziell für Programme mit hohem Wortanteil stellen die von DRM gebotenen Leistungen eine geradezu ideale Lösung dar.

Nur solche neuen Projekte und Produkte haben eine reelle Erfolgschance beim Endverbraucher, die diesem einen eindeutigen Vorteil gegenüber einer bisherigen Lösung bieten. Diese Erkenntnis auf DRM angewendet, stehen die Chancen auf eine rasche und zudem breite Akzeptanz aus derzeitiger Sicht ähnlich gut wie vor rund zehn Jahren für die Musik-CD: Die Vorteile des digitalen gegenüber des analogen Hörfunks auf Lang-, Mittel- und Kurzwelle sind derart offensichtlich, dass ein Erfolg des neuen Systems beim Endverbraucher kaum ausbleiben wird. Dies gilt allerdings unter der Voraussetzung, dass die notwendigen DRM-Empfänger tatsächlich nur unwesentlich teurer sind als bisherige Radiogeräte.

Da zudem für die Sendeanstalten geringere Ausstrahlungskosten bei gleichzeitig identischer Reichweite geboten werden, dürfte das lokale und überregionale Programmangebot für DRM-taugliche Empfangsgeräte nach der offiziellen Einführung des Systems zumindest in den Industrienationen rasch ansteigen. Im deutschsprachigen Raum werden die Deutsche Welle (Kurzwelle) und Deutschlandradio (Mittel- und Langwelle) zu den ersten Nutzern von DRM gehören.

Hörfunk auf Abwegen?

Hörfunk auf Abwegen? Mario Gongolsky

Die Revolution der medialen Wirklichkeit hat schon begonnen. Wer über Medien spricht, kommt am Internet nicht vorbei. Vielleicht überholt das Internet sogar den Aufhänger für dieses Buch. Wir trennen hier feinsäuberlich Fernsehen und Radio, nationale Verbreitung und internationale Verbreitung, während das Internet sich anschickt, genau diese Grenzlinien zur Unkenntlichkeit zu verwischen.

Technik

Zum Radiohören benötigt man derzeit noch einen Computer, in der Regel einen gewöhnlichen Personalcomputer. Hiermit ist schon die erste Zugangshürde aufgebaut. Bunter Piktogramme und Plug-and-Play-Systemen (= einstecken und spielen) zum Trotz bedarf der Umgang mit dem Computer einer ganzen Menge Vorkenntnisse. Dem Anfangserfolg des Online-Rundfunks ist diese erste Sperre wenig abträglich. Wer junge Zielgruppen bis 35 Jahre bedienen möchte, kommt als Veranstalter voll auf seine Kosten. Schon heute sind 75 % dieser Zielgruppe im Internet aktiv, wobei im Bereich privater Internetzugänge immer noch enorme Zuwachsraten zu verzeichnen sind.

Hinzu kommt, dass immer mehr Applikationen auf den Markt kommen, die den Abruf von Internetdiensten genauso einfach machen wie das Telefonieren.

Die Technik der Audio- und Videoübertragung hat gewaltige Entwicklungssprünge gemacht. Schon heute können mit einem einfachen ISDN-Telefonanschluss Audiodaten abgerufen werden, die in ihrer Klangqualität weitaus besser sind als Rundfunkdienste auf Mittelwelle. In den kommenden zwei bis vier Jahren kommen die Internetdaten aus dem TV-Kabelnetz, der Stromleitung oder via Satellit in einer Bandbreite, die CD-Klangqualität ermöglichen wird. Bei den derzeitig anfallenden Gebühren für die heute erforderliche Telefonleitung wird es gewiss nicht bleiben. Zum Pauschalpreis bekommen wir „Internet - All you can eat”. Einmal gebucht, ist es dann unerheblich, ob der PC eine Verbindung ins Internet hält oder nicht.

Solange das Internet in Konkurrenz mit vorhandenen oder künftigen Hörfunksystemen steht, muss der Onlinerundfunk mit Interaktivität ködern. Das Internet ist nämlich das bislang einzige System, das den Hörer zum eigenen Programmgestalter machen kann: wann der Hörer will, was der Hörer will. Im Gegensatz zu anderen Systemen hat der Hörer von Internetradio einen ständigen Rückkanal zum Sender und kann sein eigenes Programm zusammenstellen. Alle anderen Systeme sind als „Einwegdienst” ausgelegt. Also wird gehört, was gerade gespielt wird. Über die Nische „Interaktivität” hat der Onlinerundfunk ein Alleinstellungsmerkmal.

Veränderte Hörgewohnheiten

Heute hat das Radio den Status eines Sekundärmediums. Es wird manchmal ganz unbewusst eingesetzt. Der Griff zum Autoradio, kaum mehr als eine liebgewordene Angewohnheit. In der Küche oder im Bad, ein passiver Konsum von Musik und Nachrichten.

Das Internet bietet nun die Möglichkeit, die Hörer zu einer aktiven Auseinandersetzung mit dem Programm zu animieren und erfordert dadurch andere Hörgewohnheiten. Wieviel eigene Aktivität der Onlineradiohörer aufzubringen bereit ist, wird die Zukunft zeigen müssen. Interaktive und passive Radioangebote werden sicher eine Koexistenz führen. Manchmal möchte man schliesslich nur das Radio einschalten und Musik hören.

Gestritten wird in der Fachwelt darüber, wann Interaktivität eigentlich erreicht ist. Die Zusammenstellung eines persönlichen Musikprofils ist eine isolierte Anweisung an den Sender, die passenden Musiktitel zusammenzustellen. Ist es aber interaktiv, also eine stete Handlung zwischen Hörer und Sender? Vielleicht kommt die einmalige Einrichtung eines Profils aber dem Maß an Beteiligungsbegeisterung des Hörers schon recht nahe.

Neu auf dem Markt ist eine Software, bei der man nach bestimmten Musiktiteln suchen kann. Die Software fragt mit der Titelsuche nahezu alle Radiostreams ab und zeichnet eine passende Ausstrahlung automatisch auf der PC-Festplatte auf. Hat das noch etwas mit dem Begriff des Radiohörens zu tun? Das Internet mit seinen technischen Möglichkeiten stellt Begriffsbedeutungen auf den Kopf und züchtet einen neuen Hörertypus.

Konvergenz der Systeme

Schon heute verzichten viele Onlineradios nicht auf die Möglichkeit, neben dem Ton auch ein Bild mitzuliefern. Mag die Videoqualität heute noch keine höheren Ansprüche befriedigen, so ist die Trennline zwischen Radio und Fernsehen schon nicht mehr klar zu erkennen. Ein moderiertes Studiogespräch ist nichts anderes als ein Fernsehtalk. Die Nachrichten des koreanischen Rundfunks in englischer Sprache präsentieren sich mit kleinen Filmberichten nicht anders als unsere Tagesthemen.
Wenn die erforderlichen Datenbandbreiten Realität geworden sind und diese technische Infrastruktur in den Haushalten preisgünstig zur Verfügung steht, wird „Internetradiotv” zu einer völligen Selbstverständlichkeit.

Konvergenzen gibt es auch bei den Verbreitungskanälen. Ein großer Teil der Netzausstrahlungen sind nur eine Verdoppelung der bereits per Funk ausgestrahlten Programme. Ihr Mehrwert ist allenfalls in der geografischen Reichweitenerhöhung und der Archivierung von Sendungen zu finden. Internet-Only-Sender gehen den umgekehrten Weg und verbreiten ihre Sendungen via Satellit, mit dem Ziel die technische Reichweite und damit die Hörerzahl zu erhöhen.

Eine weitere Konvergenz lässt sich aus dem Treiben des Piratensenders Radio90 ablesen: Studenten der Universität von Banff wollten endlich einen guten Radiosender haben, der den neuesten „Drum ´n Bass” aus London spielt. Natürlich findet man im Internet Programme, die den gewünschten Clubsound liefern, aber die kann man nur hören, wenn man am Computer sitzt. Kurzerhand kaperten die Studenten eine UKW-Frequenz, an denen es wenigstens in den kanadischen Rocky-Mountains nicht mangelt, um ihre Form eines „World-Service” zu installieren. Unter dem Namen „Radio 90” verbreitet der Sender Internet-Musik aus der ganzen Welt und versorgt damit das schöne Bow-Valley in Kanada. Eine „Best-of-Programmzusammenstellung”, bei dem die Hörer per Webformular den Sendeplan modifizieren können. Binnen kürzester Zeit hatten alle Jugendlichen das Radio auf ihren neuen Sender abgestimmt, in der Dorfbar wird es ebenso gehört und auch aus den Taxis dröhnt das Radio90-Programm. Um den Kreislauf perfekt zu machen, ist das Programm heute natürlich auch im Internet unter http://www.radio90.fm zu empfangen.

Das Ende der Flüchtigkeit

Das Internet bietet noch einen weiteren, ganz wesentlichen Vorteil gegenüber anderen Hörfunksystemen. Es hebt die Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes auf. Wenn Sie den Inhalt eines Zeitungsartikels weitererzählen, besteht für den Informationsempfänger stets die Möglichkeit in der Zeitung selbst nachzulesen. Bei einem Radiobericht bleibt es in der Regel eine mündliche Überlieferung. Das Internet bietet den Rundfunkmachern eine perfekte Möglichkeit zur Archivierung gesendeter Beiträge. Verbunden mit dem Angebot, verpasste Radiosendungen später abzurufen (Audio-On-Demand), werden Radiobeiträge jederzeit verfügbar.

Das digitale Funkhaus

Die Zeiten, in denen Radiobeiträge mit Tonbandmaterial zusammengeschnitten werden, gehören der Vergangenheit an. Bei der vielerorts bereits vollzogenen Digitalisierung der Produktionsabläufe wird das Ziel verfolgt, auf einer einzigen Arbeitsplattform arbeiten zu können. Moderne Produktionssysteme erzeugen dabei Datenströme, die mit minimalem Aufwand dem Internet zur Verfügung gestellt werden können. Ganz unabhängig von der Frage, ob das Internet selbst zum Rundfunkmassenmedium wird oder nicht, werden alle Rundfunkveranstalter die Möglichkeiten zur Archivierung und zum späteren Abruf einzelner Sendungen über das Internet nutzen. Mit kleinem technischen Aufwand erhält das Programm durch jederzeitige Abrufbarkeit einen zusätzlichen Servicecharakter, also einen fassbaren Mehrwert für alle Hörer mit Internetanschluss.

So funktioniert das Internetradio

Man benötigt einen PC und ein Internetkonto, welches der PC über die Telefonleitung anrufen kann. Der PC ist hierzu mit einem Modem, einer ISDN-Karte oder sogar mit einem DSL-Modem ausgerüstet. Zur Tonausgabe ist ferner eine „Soundkarte” mit passenden Lautsprechern zu installieren. Für den Empfang der Internetradioprogramme wird zudem Software benötigt, die das komprimierte Datenformat der Tondateien umwandelt und der Soundkarte zur Wiedergabe anbieten kann.

Zwei Softwareprogramme beherrschen dabei den Markt: Der „Realplayer” und der „Mediaplayer” von Microsoft. Letzterer wird bereits mit den modernen Windows-Betriebssystemen zusammen ausgeliefert.

Bei den Radioangeboten im Internet unterscheidet man „Radio-On-Demand”, Programme auf Abruf, sowie „Livestreams”, Sendungen, die live im Internet ausgestrahlt werden.

Auf der Senderseite wird das Tonsignal in die Codersoftware eingespielt und in Internetdaten umgewandelt. Diese Daten werden durch einen Internetserver, also einem Datenverteiler des Internets, auf Anfrage eines Hörers versendet.
Und so funktioniert das Internetradio (noch) nicht

Das ungezügelte Wachstum des Internet bringt einen ganzen Strauß von Problemen mit sich. Immer mehr abrufbare Inhalte und immer mehr Benutzer erfordern eine immer höhere Netzkapazität. Zudem sind Audio- und Videoinhalte, trotz der Datenkompressionsmöglichkeiten, die Streamingtechnik heute bietet, ziemlich datenintensiv. Das heißt, die Internetverbindungen müssen stabil sein und einen hohen Nettodatendurchsatz gewähren, wenn das Hören von Netzradios ein Genuss sein soll.

Die Streaming-Technik reflektiert die Probleme beim Datendurchsatz nur sehr unzureichend, denn jeder Hörer, der sich in ein Radioprogramm einschaltet, erhält einen eigens für ihn generierten Datenstrom. Die hierdurch verbrauchten Netzbandbreiten sind immens.

In der Folge kann bei Internetradio heute noch nicht von einem Massenmedium gesprochen werden. Trotz anderslautender Rekordversuche von Microsoft liegt die praktikable Größenordnung eines Internetradio-Programms kaum jenseits von 20.000 Hörern.

Um diese zeitgleich bedienbare Hörerschaft nennenswert zu vergrößern, müssten zahlreiche technische Voraussetzungen flächendeckend geschaffen werden. Dazu gehört eine besondere Protokollunterstützung, die Echtzeit-Audiodaten einen Transportvorrang vor anderen Datendiensten des Netzes einräumt. Zudem träumen die Techniker von einem Wechsel zum „Multicasting”. Im Gegensatz zum heute gebräuchlichen Unicast-Verfahren muss beim Multicasting nicht mehr jede Höreranfrage einzeln beantwortet werden. Ein Audiodatenstrom wird weiter vervielfacht und über das Netz verbreitet. Die Höreranfrage landet erst gar nicht mehr beim aussendenen Rechner, sondern wird an beliebiger Stelle des Netzes einfach angezapft.

Eine durchgängige Architektur des Netzes für dieses Verfahren ist ganz klar noch Zukunftsmusik. Es ist kaum zu vermuten, dass ein Durchbruch mit der Multicast-Technik in den kommenden fünf Jahren Realität wird.

Andere Zielgruppen, andere Zugangsmöglichkeiten

Mit diesen Einschränkungen ist das Webradio eine Randerscheinung. Sinnvolle Anwendungen, wie das Hören von Sendungen aus einem Programmarchiv, werden sich bestimmt durchsetzen. Das Webradio mit dem Internet als einzigen Verbreitungskanal wird sich dauerhaft nur für Special-Interest-Programme anbieten.

Passende Programme sind in Deutschland auch schon auf Sendung. Musikrichtungen, die nicht mehr dem Massengeschmack entsprechen und sich auf den umkämpften Radio-Massenmärkten nicht platzieren lassen, bekommen mit dem Internet ein neues Refugium. Zum Beispiel ein Bluesradio, mit qualifizierter Moderation und Online-CD-Shop, dürfte in dieser Nische ein treues Publikum finden können und vielleicht sogar eine wirtschaftliche Überlebenschance haben.

Es zeichnet sich beim derzeitigen Stand der Technik ab, dass die Radioübertragung per Internet ein Medium für kleine oder geschlossene Nutzergruppen sein kann. Einkaufsradios von Supermarktketten, Firmenradios in Großbetrieben als Medium der internen Firmenkommunikation, Schulungs- und Fortbildungsanbieter, die nur für ihre Studenten senden. All dies sind schon heute sinnvolle und wohl auch geschäftsfähige Anwendungen.

Sicher müssen auch Alternativen zum Computer als Zugangsgerät geschaffen werden. Nicht jeder möchte einen Computer zu Hause verwenden. Eine Feststellung, die für alle Internetdienste seine Gültigkeit hat. Die Dienstleistungen müssen mobil, flexibel und ohne PC-Kenntnisse zur Verfügung stehen. Hierfür zeichnen sich passende technische Möglichkeiten schon heute ab, die das Internet von morgen mitbestimmen werden.

Die Entwicklung wird man noch beobachten müssen. Vor allem die Frage, aus welchen Geldquellen sich Internetradios finanzieren können. Aus Werbeeinnahmen funktioniert das bisher nämlich nicht.

Geld gesucht

Die großen Internet-Only-Sender suchen Geldquellen. Da werden Internetradioangebote für Webportale produziert (wie für Web.de oder Yahoo-Deutschland), Messeradios ausgerichtet, wie auf der CeBit und weitere Messen werden sicher bald folgen. In der Zwischenzeit suchen die großen deutschen Vollprogramme im Internet, wie Daswebradio.de, ihr Heil auf dem Satelliten. Nur so können Hörerzahlen erreicht werden, die eine Werbevermarktung lohnend erscheinen lassen.

Internetradio weltweit

Ein Webradioprogramm kann überall in der Welt empfangen werden, wo ein Telefonanschluss zur Verfügung steht, um sich ins Internet einzuwählen. So eignet sich das neue Medium natürlich auch für weltweit aussendende Auslandsdienste, die heute mehrheitlich auf Kurzwelle und via Satellit aktiv sind. Genutzt werden diese Möglichkeiten vor allem für die Abrufbarkeit von Radiosendungen aus dem Programmarchiv.

Mit der schwindenden Akzeptanz für den Rundfunk auf Kurzwelle haben einige Auslandsdienste das Internet für ihre Aufgaben entdeckt. Im Jahr 2001 stellte der Schweizer Rundfunk International seine Aktivitäten auf Kurzwelle ein und versucht nun ganz auf das Internet zu setzen.
Ob sich dieses Vorhaben bewähren kann, ist umstritten. Wer seine Landsleute in aller Welt sicher mit Informationen versorgen will, kann auf die Kurzwelle kaum verzichten. Unabhängig von der örtlichen Telekommunikationsinfrastruktur funktioniert der Kurzwellenrundfunk, selbst bei Stromausfall und Netzmanipulation, mit einem einfachen batteriebetriebenen Kurzwellenradio.

Fraglich zudem der Ansatz in Ländern der Dritten Welt, nur noch eine wohlhabende und gebildete Schicht mit Radioprogrammen anzusprechen; eine Tendenz, die bei der Wahl der Verbreitungswege immer häufiger zu beobachten ist. In zahlreichen Zielgebieten des Auslandsrundfunks steht das Internet jedenfalls nur einer privilegierten Schicht zur Verfügung. Die Schweiz kann es sich möglicherweise leisten, weil sie im Ausland keine politischen Einflusssphären zu verteidigen hat. Für Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, die Niederlande oder die USA kann das Internetradio nur eine willkommene Ergänzung darstellen. Gerade einmal 5 % der Weltbevölkerung kann auf das Internet zugreifen. Um sich international Gehör zu verschaffen und seiner Stimme Gewicht zu verleihen, ist dieser Wert noch viel zu gering. All die schillernden Wachstumszahlen über die Internetnutzung hierzulande suggerien eine mediale Schlagkraft, über die das Internet global betrachtet in Wahrheit überhaupt nicht verfügt.

Wir mussten lernen, dass in diktatorisch geführten Staaten das Internet ein ungeeignetes Mittel zur Informationsversorgung darstellt. In zahlreichen fundamental-islamistischen Ländern ist das Internet praktisch nicht existent. Selbst in halboffenen Gesellschaften bleibt das Netz angreifbar. Die Architektur des Internet ist in seinem Ursprung sehr wohl auf eine militärische Nutzung optimiert worden, was das Netz recht unanfällig gegen stellenweise Leitungsausfälle macht und auch die Ortung eines Ursprungsrechners, von dem aus Inhalte erstellt wurden, erschwert. In der Folge wurde das Internet in Serbien zum medialen Schlupfloch gegen Zwangsmaßnahmen des Milosevic-Regimes. Doch lange währte der Triumph des Internet gegen staatliche Zensur und Unterdrückung nicht. Am Wahltag wurden alle Internetseiten der Opposition manipuliert. Das Regime übte erfolgreich Druck auf den Verwalter der nationalen Internetadressen aus. Alle Landesadressen im Internet müssen von dort aus auf den richtigen Rechner verweisen. Nach der Manipulation des „Domain-Name-Server” landete man auf Pornoseiten statt auf Wahlergebnissen und die Webcams aus Belgrad zeigten leere Plätze statt Massenproteste. Das Internet ist also sehr wohl verletzbar, auch wenn man nicht im Handstreich das gesamte Netz manipulieren kann. Für den Auslandsrundfunk bedeutet die bloße Möglichkeit zur Einflussnahme natürlich schon eine Gefahr.

Größenordnungen eines neuen Marktes

Mitte 2001 zählte ich 214 deutschsprachige Internetradio-Angebote. Weltweit sind nach Erhebungen von BRS-Media, einer recht zuverlässigen Quelle in Fragen Webradio, etwas über 5.000 Sender im Internet empfangbar. Dabei ist die explosionsartige Entwicklung wirklich bemerkenswert. Vor fünf Jahren registrierte BRS gerade einmal 56 Stationen, die ihr Programm in Internet verbreiteten. Im April 2000 waren es schon 3.537 Stationen und nur zwölf Monate später bereits 5.038. Diese Steigerungen sind sogar um Geschäftsaufgaben und Sendeunterbrechungen wegen rechtlicher Unsicherheiten bereinigt. Damit ist das Radio von allen Anwendungen, bei denen gestreamte Internetinhalte zum Einsatz kommen können, immer noch das wachstumstärkste Anwendungssegment.

Rechtliche Einordung noch ungeklärt

Ist Internetradio Rundfunk im herkömmlichen Sinne? Die Experten bewerten das Radiotreiben im Netz mit argwöhnischer Zurückhaltung. Mit 20.000 erreichbaren Hörern fehlt dem Netzradio die meinungsbildende Kraft. Eine Lizenz zum Betreiben eines Internetradios benötigt man demnach noch nicht. Ausstrahlungsgebühren für Musikstücke hingegen schon. Hier wird derzeit ein kleiner Pauschalbetrag an die GEMA abgeführt, der den Künstlern zu Gute kommen soll. Um tüchtiger abzukassieren fehlen verbindliche, zuverlässige Messmethoden für die tatsächlichen Hörerzahlen. Das kann sich aber schnell ändern. Die Frage, ob ein PC mit Soundkarte ein Rundfunkgerät darstellt, wurde ebenfalls lange diskutiert. Die Entscheidung ist nun gefallen. Eine Pauschalabgabe für den Computer kommt.

Zahlreiche Fragen sind also derzeit noch unbeantwortet. Hoffentlich lässt sich das Internetradio als Biotop für Radioexperimente konservieren. Jeder sollte die Möglichkeit haben, sein eigenes Radioprogramm auszusenden.

Das Internet ist und bleibt ein schutzbedürftiger Raum der Meinungsfreiheit in Wort und Schrift des Digitalzeitalters.

Prognose

Bei aller Begeisterung muss man doch einmal festhalten, dass Internetradio, wenn man darunter die Nutzung des Internets als Übertragungsmedium für Radioprogramme, so wie wir sie heute kennen und nutzen, versteht, nach dem derzeitigen Stand der Technik und Vermarktbarkeit keine wirkliche Chance hat, mehr zu sein, als eine Ergänzung bestehender Hörfunkangebote.

Ein erheblicher Teil der Bevölkerung hat immer noch keinen Internetanschluss. Selbst wenn jeder einen Internetanschluss nutzen könnte, stellt sich immer noch die Frage nach der technischen Reichweite, also wieviel Hörer tatsächlich zeitgleich eine Livesendung verfolgen können. Für den Hörer bedeutet die Kapazitätsgrenze Abstriche in der Programmverfügbarkeit oder Übertragungs- qualität.

Nur die noch zu beobachtenden Einschränkungen bei der Klangqualität, der regulären Datengeschwindigkeit im Netz und die Kosten für die Internetnutzung erscheinen kurzfristig, innerhalb von drei Jahren, technisch lösbar.

Wenn man den Radiobegriff deutlich erweitert und darunter personalisierte Musik- und Informationsangebote, eine interaktive Auseinandersetzung mit dem Programm und den Empfang weiterer Servicedienste wie Musikbox, Individual-CD-Erstellung und Musikträgerverkauf verstehen möchte, ergeben sich für die Veranstalter tragfähige Geschäftsmodelle.

Auch die Empfangsmöglichkeit von Internetradio ohne PC könnte eine wichtige Rahmenbedingung sein, dem Netzradio eine festere Marktverankerung zu geben. Passende technische Modelle hierfür sind in greifbarer Nähe.

Das Internetradio kommt und es wird vielleicht die Begriffsbedeutung Radio neu definieren. Es ist aber eine Frage der Zeit und der Nutzungsgewohnheiten. Heute ist es kaum mehr, als ein - zugegebenermaßen spannendes - Radioexperimentierfeld.

Bitcasting als Hörfunk

MP3, das Zauberwort für komprimierte, digitale Musikdateien, hat seine Wurzeln in den MPEG-Algorithmen, denen das psychoakustische Modell des unhörbaren Weglassens von Toninformationen zu Grunde liegt. Somit ist MP3 nichts anderes als ein Kompressionsformat, wie es bei allen digitalen Sendeformaten zur Anwendung kommt. Tatsächlich liegt MP3, ein Algorhithmus des deutschen Fraunhofer-Insituts in Erlangen, außerhalb der MPEG-Norm und wird deshalb als MPEG 2.5 bezeichnet, die es genau genommen gar nicht gibt. Dem weltweiten Erfolg des Formats tat dieser Umstand keinen Abbruch.

Im Bereich des Webradio-Streamings spielt MP3 als Audioformat eine eher untergeordnete Rolle. Der Wunsch, Musikprogramme per MP3 abzustrahlen und auf der eigenen Festplatte zu speichern, ist aber natürlich da. Die Internet-Musiktauschbörse Napster ermöglichte in ihren besten Tagen fast 63 Millionen Benutzern weltweit den Austausch von Musikstücken im MP3-Format und begründete einen neuen Endgerätemarkt von MP3-Playern und MP3-fähigen CD-Spielern für daheim und unterwegs.

Als alternative Form des Webradios und Netz-Filesharings à la Napster, zeigte die Münchner Firma MusicPlay mit ihrem Sender RadioMP3 eine neue Form des Bitcasting.
Verwendet wurde hierbei die so genannte vertikale Austastlücke des Fernsehprogramms NBC-Giga. Normalerweise wird diese Austastlücke dazu verwendet, Videotext auszustrahlen. Da NBC Europe keinen Videotext anbietet, stand die Austastlücke für ein Bitcasting zur Verfügung.

In der Austastlücke wurde nun ein Musikkanal betrieben, der MP3-Audiodaten und internettypische HTML-Seiten mit programmbegleitenden Inhalten übertrug.
Empfangen ließ sich das Programm kostenlos über den TV-Kabelanschluss. Mit einem PC und einer einfachen Fernsehtunerkarte konnte die Empfangssoftware MP3-Daten abfiltern. Fortan stand ein Musikprogramm in CD-naher Klangqualität auf dem PC zur Verfügung. Eine Internetverbindung wurde nicht benötigt.

Die Software verfügte auch über eine Aufnahmefunktion. Die Musikstücke konnten so per Knopfdruck einfach auf die Festplatte übertragen werden.

RadioMP3 besaß eine Rundfunklizenz und durfte somit Musik ausstrahlen. Und der Hörer konnte Musik aus dem Radioprogramm in einer Klangqualität aufnehmen, die seinerzeit wohl konkurrenzlos war.

Das Experiment RadioMP3 scheiterte an dem Versuch, sich aus Werbeeinnahmen finanzieren zu wollen. Eine gute Idee allein garantiert heute offensichtlich nicht automatisch Erfolg. Bewiesen ist mit diesem Bitcasting, dass Techniken des Internets sich auch auf anderen technischen Plattformen ansiedeln können. Die Technik des „Webradios” wird uns auch ohne „Web” noch oft begegnen.

Radio der Zukunft

Radio der Zukunft Mario Gongolsky

Studenten des Fachbereichs Technikjournalismus an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg hatten zwei Tage die Gelegenheit sich intensiv mit dem Thema Radio im Digitalzeitalter zu befassen. Nach einem Überblick und Vorführungen moderner digitaler Radiolösungen glichen die Studenten im Alter zwischen 20 und 32 Jahren ihre eigenen Nutzungspräferenzen mit den technischen Potenzialen der diskutierten digitalen Radiovertriebssysteme ab; mit teilweise überraschenden Ergebnissen.

Das Radio ist in einer Krise. In Deutschland wurde der frühe Migrationsprozess über DAB in das Digitalradio-Zeitalter verschlafen. Mit dem Resultat, dass Radio in den jungen Zielgruppen von 14 bis 29 Jahren im Verlauf von nur acht Jahren rund ein Drittel seiner durchschnittlichen Hördauer verloren hat. Die Teilnehmer der Workshops „Radio der Zukunft“ gehört im Wesentlichen selbst in diese Altersgruppe, bei der das Radio nicht mehr recht punkten kann. Schon bei der ersten Frage zur Radionutzung offenbart sich, dass 30 Prozent der Teilnehmer kein Radio hören, kein UKW-Radio haben oder Radio allenfalls als Webstream aus dem Internet konsumieren.

Im Verlauf des Workshops werden dem Radio allerdings einige Vorteile zuerkannt. Dazu gehört die begleitende Nutzung und die zeitliche Linearität. Radio soll live sein. Das Gefühl vermitteln, dass dort im Funkhaus ein Moderator sitzt, der den Hörer persönlich anspricht. Der reine Musikstream vermag ein solches Gefühl nicht zu vermitteln. Schon das ist ein Apell an das Radio, auch im digitalen Zeitalter sich auf seine Stärken zu berufen.

Interessant ist auch, dass die Studenten in der Regel Radio nur als UKW oder Webradio indentifizieren. Das Hörfunkverfahren DAB war weitgehend unbekannt, Radioübertragungen über DMB/Handy-TV ebenso. Das DRM-Verfahren war ebenso unbekannt. Das Kürzel wurde erwartungsgemäß als Digital Rights Management übersetzt.

Nach eingehender Befassung mit den digitalen Hörfunksystemen konnten die Teilnehmer insbesondere der Funktion „ReVu“/„Pause Plus“ einen gewissen Reiz abgewinnen. Mit solchen Funktionen ist es möglich, das DAB-Radioprogramm zu unterbrechen, fortzusetzen und innerhalb des Zwischenspeichers vor- und zurückzuspulen. Auch der EPG, also die Radioprogrammzeitschrift wurde als nützlich empfunden.

Die Ergebnisse des Workshops - das sei an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt - ist aufgrund der beruflichen Disposition der Studenten als Technikjournalisten nicht repräsentativ und auch der Abgleich zwischen Systemmöglichkeiten und Nutzerpräferenzen sollte nicht als wissenschaftlich-methodisches Ergebnis fehlinterpretiert werden. Es handelt sich nur um ein Diskussionsergebnis des Workshops, wobei die Ergebnisse allerdings für alle Beteiligten einigermaßen überraschend waren. Lesen Sie im Folgenden, was die angehenden Technikjournalisten vom Digitalradio halten.

Die Systeme

Die Systeme Mario Gongolsky

DAB

Das digitale Radioformat DAB (Digital Audio Broadcasting) ist in Deutschland seit 1999 verfügbar. Derzeit erreicht es eine Flächenabdeckung von 85 Prozent. Das System konnte sich aber nicht durchsetzen. Lediglich 350.000 DAB-Radiogeräte gingen bisher über die Ladentheke – das ist bei 250 Millionen UKW-Radios in deutschen Haushalten verschwindend wenig.

Das Projekt DAB ist gescheitert. Dafür gibt es viele Gründe. Ein wichtiger ist, dass derzeit an einem Standort selten mehr als acht Sender in akzeptabler Audioqualität empfangbar sind, die größtenteils auch per UKW hörbar sind. Ein überzeugender Vorteil in Form einer neuen Programmvielfalt gegenüber dem alten Radio fehlt also.

Technisch ist die digitale Radiotechnik der herkömmlichen jedoch überlegen. Viele der digitalen Radiogeräte ermöglichen neben dem Hören zeitgleiches Aufzeichnen, so dass der Hörer im Radioprogramm vor- und zurückspulen kann.

Ein neues Projekt zu Digitalisierung des Radios ist aktuell „DAB+“. Das funktioniert weitgehend wie DAB, hat jedoch hinsichtlich der Audiocodierung deutliche Vorteile. Im Verbund mit den 2006 zugewiesenen Frequenzressourcen wäre die Übertragung von 100 Radioprogrammen in realisierbarer Reichweite.

DMB und DVB-H

Die digitalen Übertragungsformate DMB (Digital Multimedia Broadcasting) und DVB-H (Digital Video Broadcasting Handheld) können Fernseh- und Radioprogramme übertragen. Das ist ein Problem: Denn für ein einfach zu bedienendes Radiogerät dürfte die Möglichkeit der Fernsehübertragung nicht genutzt werden. Dass Hersteller aber Geräte anbieten, bei denen bewusst auf die Fernsehfunktion verzichtet wird, ist unwahrscheinlich.

Zudem gibt es noch kein schlüssiges Konzept für Fernseh- und Radioprogramme, die per DMB oder DVB-H verschickt werden.

WLAN

Radio über WLAN (Wireless Lan) hat eine Eigenschaft, die alle anderen Übertragungstechniken fehlen: eine scheinbar unbegrenzte Anzahl von Radiosendern aus der ganzen Welt. Auch Geräte gibt es schon, die per drahtlosem Internet Webradiosender empfangen und einem normalen Küchenradio sehr ähneln. Die Übertragungsqualität hängt von der Internet-Bandbreite und dem angebotenen Stream ab - es können also durchaus Aussetzer auftreten, auch über einen längeren Zeitraum.

Last-fm

Das Internetangebot Last-fm ist kein klassisches Radioprogramm, da jeglicher Wortanteil fehlt. Der Nutzer kann seine bevorzugten Interpreten und Musikrichtungen angeben. LastFM findet anhand dieser Daten Musik, die der angegeben Musikrichtung entspricht. Vorteil: Man hört in der Regel nur die Musikrichtung, die gefällt. Nachteil: Der Nutzer hört nur dann Musik aus fremden Genres, wenn er sich vorher dafür entschieden hat.

DRM

DRM (Digital Radio Mondiale) ist die digitale Form der Kurzwellen-Radioübertragung. DRM ermöglicht das Versenden von Radioprogrammen über lange Strecken – mit ein bisschen Glück kann man so in Deutschland auch Sender aus Südamerika empfangen, die Empfangsqualität ist jedoch nicht immer einwandfrei. Zwar sind in Deutschland circa 30 Sender per DRM zu empfangen, das sind in der Regel jedoch Auslandsdienste, die eine sehr spezielle Zielgruppe ansprechen. Interessant ist DRM als Möglichkeit das heutige UKW-Rundfunkband zu digitalisieren. Da aber kein Hybridbetrieb, also der simultane Empfang von analogem UKW-Programm oder digitalem Programm nicht vorgesehen ist, bleibt die Einführungsstrategie hierfür noch unklar.

Vor- und Nachteile

Vor- und Nachteile Mario Gongolsky

Der Zustand des heutigen Radios ist ein universell verfügbares Massenmedium, dass ohne großen Kostenaufwand von jedem empfangen werden kann. Es dient als Begleitmedium, wird zeitlich linear genutzt und der Hörer empfängt es, ohne das Programm direkt beeinflussen zu können.

Das Radio hat jedoch technisch und inhaltliche einige Schwächen:

  • Rauschen bei schlechtem Empfang
  • einseitig, kein Nutzereingriff möglich
  • keine deutschlandweiten Sender verfügbar (außer DLF/Deutschlandradio)
  • zu wenig programmliche Vielfalt
  • zu viel Werbung, Gewinnspiele, Call-ins
  • keine Möglichkeit zum „Vorspulen“ oder „Zurückspulen“
  • zeitunabhängige Nutzung nicht möglich
  • Informationen + Programme werden nicht zielgerichtet versendet (Stau-Meldungen, Interpret-Info, …)
  • Streckenweise nervige Moderator ohne sachliche Kompetenz

Das Radio hat dennoch auch seine Vorzüge:

  • Hintergrundnutzung
  • mobile Nutzung
  • Zeitvertreib
  • Nachrichten
  • Aktualität
  • Lokalbezug

Die Problematik ist, dass immer weniger junge Menschen das Medium Radio nutzen. Das liegt unter anderem daran, dass die Jugendlichen heutzutage gewöhnt sind, sich ihre Musik und Informationsinhalte selbst zusammenstellen zu können. Die Programmwelt ist nicht vielfältig genug um den individuellen Geschmack des Einzelnen zu treffen. Dennoch wünschen wir uns einen Moderator der Inhalte vermittelt und Empfehlungen ausspricht. Für die reine Aussendung einer Musik-Playlist wird das klassische Radio nicht benötigt.

Um die Hintergrundnutzung des Radios - die als Stärke gesehen wird - zu schützen, ist eine ausgewogene Balance zwischen Musik und Wort wichtig. Zu viel Information und Werbung wird als nachteilig empfunden. Mit dem Radio konkurrieren das Mobiltelefon, das Fernsehen und natürlich das Internet.

Was sagen die Nutzer?

Was sagen die Nutzer? Mario Gongolsky

Drei Arbeitsgruppen zu drei Personen sollten die technischen Möglichkeiten der Radio-Systeme UKW, DAB(+), DMB/DVB-H, WLAN-Webradio, LastFM und DRM mit ihren Nutzungspräferenzen vergleichen. In der Summe der technischen Möglichkeiten machte das WLAN-Webradio klar das Rennen, aber in der Gewichtung mit den gewünschten Eigenschaften des künftigen Radiosystems stellten die Studenten fest, dass das Webradio viele Funktionen bietet, auf die keinen großen Wert gelegt wird.

Musikkauf uninteressant

So fiel die Funktion „Abruf von Inhalten on demand“ praktisch durch. Nur eine Gruppe wollte auf das Feature nicht verzichten. On-Demand-Inhalte gibt es als Podcast im Internet. Im Radio ist diese Funktion verzichtbar, lautete das Votum. Keine Gruppe hatte Interesse am Onlinekauf von Musik über das Radio. Recht folgerichtig ist auch die Möglichkeit der verlustfreien Aufnahme nicht besonders gefragt.

Skalierbarer Informationsabruf

Eine Gruppe entwarf als Wunsch die Funktion eines Info-Buttons. Mit dem lässt sich der Radiotext speichern, weitere Informationen zu Titel und Interpret lassen sich herunterladen und das Musikstück kann in geringerer Audioqualität nochmals nachgehört werden. Derart umfänglich informiert, wäre eine Kauffunktion zur Nutzung eventuell interessant.

UMTS nicht abschreiben

Die Studenten haben an der Bewertungsmatrix noch mehr Erweiterungen angebracht. So war eine Gruppe der Ansicht das Thema Mobilfunk / UMTS sei keinesfalls außer Acht zu lassen. Mit sinkenden Datentransferpreisen hat UMTS in gut versorgten Ballungsgebieten durchaus Chancen. In Hinblick auf HSDPA und 4G könnte der Radioempfang per Mobilfunk ein Ernst zu nehmendes Thema sein.

DAB/DMB durchaus auf Höhe der Zeit

Beim Abgleich der Nutzerpräferenzen mit den verfügbaren Digitalradiosystemen siegt in der Ausgewichtung das Handy-TV (wegen der einmalig gewünschten Bildoption) mit einem Punkt vor dem Digitalradio-System DAB(+). Technisch betrachtet bietet die DAB-Familie also immer noch die Funktionen, die auch von in einer recht jungen Zielgruppe gewünscht wird. Doch eines ist ebenso klar: Über den Anziehungskraft des Radios entscheiden nicht allein technische Systemparameter, sondern die Qualität und Präsentation des Programmangebots.